JudikaturOGH

10ObS120/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Juni 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Alfred Hoppi und Dr. Karlheinz Kux (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Michaela S***, ohne Beschäftigung, 1180 Wien, Kreuzgasse 59, vertreten durch Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** DER

G*** W***, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Jänner 1988, GZ 31 Rs 246/87-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10. September 1987, GZ 17 Cgs 2005/87-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 3. Dezember 1986 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitspension nach § 132 GSVG mit der Begründung ab, daß die Voraussetzungen des § 133 Abs 2 GSVG nicht erfüllt seien. Ferner sei am Stichtag die Gewerbeberechtigung nicht erloschen gewesen (§ 130 Abs 2 lc). In der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage behauptete die Klägerin, den Gewerbeschein zum 31. Dezember 1986 zurückgelegt zu haben und infolge von Krankheit, Gebrechen und Schwäche ihrer körperlichen Kräfte dauernd außerstande zu sein, jener selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die sie zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate allein ausgeübt habe. Sie beantragte daher, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr ab 1. Jänner 1987 eine Erwerbsunfähigkeitspension im gestzlichen Ausmaß zu gewähren. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht wies die Klage ab.

Nach seinen wesentlichen Feststellungen kann die am 22. Mai 1931 geborene Klägerin wegen des im einzelnen festgestellten Gesundheitszustandes während der normalen Arbeitszeit mit den üblichen Pausen leichte Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen verrichten. Ausgeschlossen sind dauernde Nässe und Kälte, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, dauerndes Bücken, überdurchschnittlicher Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeit und Fabriksmilieu.

Die Klägerin war vom 4. April 1978 bis 31. Dezember 1986 in ihrer Tabak-Trafik selbständig tätig, wobei sie alle anfallenden Arbeiten ganztägig selbst verrichtete und ihre persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war. Nachdem sie das 55. Lebensjahr vollendet hatte, beantragte sie am 26. Juni 1986 die nunmehr eingeklagte Leistung.

Trafikanten verkaufen in Trafiken Zeitungen, Zeitschriften, Zigaretten und andere Tabakprodukte, Brief- und Stempelmarken, nehmen Spielscheine entgegen, leiten sie weiter etc, kassieren und verrichten einschlägige kaufmännische Tätigkeiten. Dabei handelt es sich um leichte Arbeiten, die nicht unter den oben erwähnten Bedingungen zu leisten sind.

Daraus zog das Erstgericht den rechtlichen Schluß, daß die Klägerin noch der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit nachgehen könne.

Dagegen erhob die Klägerin Berufung, in der sie unter Benennung der Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend machte, sie habe schon in der Klage behauptet, daß sie in ihrem Gewerbe ständig schwere Lasten, zB die in Paketen angelieferten Zeitungen, zu heben und zu tragen gehabt habe. Dies hätte sich durch ihre Vernehmung als Partei herausgestellt. Weil sie schwere Lasten nicht mehr heben und tragen könne, sei sie erwerbsunfähig. Sie beantragte, das erstgerichtliche Urteil im "klageabweisenden" Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben. Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.

Es erachtete die Parteienvernehmung wegen Unerheblichkeit der dadurch zu beweisenden Umstände für entbehrlich und führte zu § 133 Abs 2 GSVG aus, daß ein selbständig Erwerbstätiger erst dann erwerbsunfähig sei, wenn er eine selbständige Erwerbstätigkeit innerhalb seiner Berufsgruppe nicht mehr im Ausmaß der üblichen persönlichen Mitarbeit verrichten könne. Es sei daher nicht auf die konkreten Verhältnisse im Betrieb des Versicherten, sondern nur allgemein auf die innerhalb der Berufsgruppe vorkommenden Belastungen beim Heben und Tragen von Waren abzustellen. Daß die Klägerin aber bei dem in Trafiken üblicherweise vorkommenden Warenangebot (Zeitungen, Zeitschriften, Tabakprodukte) Lasten über 10 kg tragen müßte, sei auszuschließen. Wenn sie dies jedoch wegen eines atypischen Warenangebotes hätte tun müssen, wäre dies eine unbeachtliche Besonderheit ihres Betriebes gewesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das Urteil der ersten Instanz im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder das angefochtene Urteil aufzuheben.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs 2 lc zulässige Revision ist nicht berechtigt.

§ 133 Abs 2 GSVG hatte vor der 9. GSVGNov folgenden Wortlaut:

"Als erwerbsunfähig gilt ferner der (die) Versicherte,

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