9ObA45/88 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Dieter Waldmann und Mag. Günter Köstelbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Monika R***, Diplomkosmetikerin, Wiener Neustadt, Emmerich Kalman-Gasse 19, vertreten durch Dr. Norbert Kosch, Dr. Ernst Schilcher, Dr. Jörg Beirer und Dr. Roman Kosch, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Dagmar A***, Friseurin, Baden, Beethovengasse 2, vertreten durch Dr. Ruth E. Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 22.665,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. November 1987, GZ 33 Ra 124/87-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 27. August 1987, GZ 4 Cga 519/87-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.719,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 247,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte führt insgesamt 4 Friseurgeschäfte. Das Hauptgeschäft befindet sich in Baden, Beethovengasse 2; Filialbetriebe bestehen in Baden, Wassergasse 1, in Bad Vöslau und in Altmünster. Die Klägerin war bei der beklagten Partei ab 23. März 1982 im Geschäft Baden, Beethovengasse 2, beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörte es vorwiegend, Manikürarbeiten im Hauptgeschäft und fallweise auch im Geschäft in Baden, Wassergasse 1, zu verrichten. Daneben leistete sie fallweise Rezeptionsdienste und Kosmetikarbeiten.
Bei einer Personalbesprechung Anfang April 1986, an der auch die Klägerin teilnahm, wies die Beklagte auf die ungünstige personelle Situation hin - drei Beschäftigte befanden sich im Karenzurlaub - und erklärte, daß die einzelnen Beschäftigten in der Sommerzeit nur einen ununterbrochenen Urlaub von 14 Tagen nehmen und daß sich die Urlaube von mehreren Beschäftigten nach Möglichkeit nicht überschneiden sollen; die Beschäftigten sollten "hintereinander in den Urlaub gehen". Die Klägerin äußerte bei dieser Urlaubsbesprechung noch keinen konreten Urlaubswunsch. Sie hatte im Jahr 1986 bereits einen Urlaub vom 7. Jänner bis 11. Jänner 1986 konsumiert und damit ihren Urlaubsanspruch für das Jahr 1985/86 verbraucht. Ein weiterer Urlaub in der Zeit vom 17. März bis 22. März 1986 bezog sich auf das Urlaubsjahr 1986/87. Ende Mai 1986 suchte die Klägerin die Beklagte in deren Büro auf und teilte ihr mit, daß sie im Zeitraum vom 25. Juli bis 10. August auf Urlaub gehen wolle; die Beklagte behielt sich eine Stellungnahme vor. Am folgenden Tag erklärte sie der Klägerin, daß sich dieser Zeitraum mit ihrem Urlaub überschneide und dies nicht möglich sei. Ende Mai 1986 rief die Beklagte die Klägerin neuerlich zu sich und teilte ihr mit, daß sie selbst in der Zeit vom 7. Juli bis 21. Juli 1986 in Urlaub gehen werde. Zugleich erklärte sie ihr, daß die Klägerin nun die Möglichkeit habe, ab 25. Juli 1986 einen Urlaub anzutreten, sie müsse aber von diesem Urlaub am 8. August 1986 zurückkehren. Sie forderte sie ausdrücklich auf, vom Urlaub so zurückzukehren, daß sie noch am 8. August 1986 im Geschäft in Baden arbeiten könne. Zugleich wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, daß sämtlichen Beschäftigten ein Urlaub bloß im Ausmaß von 14 Tagen eingeräumt worden sei. Bereits bei diesem Gespräch wies die Klägerin die Aufforderung der Beklagten zur Aufnahme der Dienstleistung am 8. August 1986 zurück und erklärte, daß sie erst am 10. August 1986 vom Urlaub zurückkehren werde. Mitte 1986 führten die Streitteile ein weiteres Gespräch. Dabei ersuchte die Beklagte die Klägerin, sie möge rücksichtsvoll sein und stellte ihr in Aussicht, zu einem späteren Zeitpunkt nach Maßgabe des Geschäftsbetriebes einen längeren Urlaub konsumieren zu können. Die Klägerin antwortete: "Es ist mir egal was passiert, ich gehe in Urlaub." Am 24. Juli 1986 sprach die Beklagte nochmals mit der Klägerin, wünschte ihr einen schönen Urlaub und sagte zur ihr: "Frau Mona, Sie wissen, wann ihr Urlaub endet." Hierauf erwiderte die Klägerin nichts und entfernte sich. Die Beklagte ging davon aus, daß die Klägerin am 8. August (einem Freitag) und am 9. August 1986 ihren Dienst verrichten werde. Die Klägerin erschien jedoch erst am 12. August 1986 (Montag der 11. August war arbeitsfrei). Als die Beklagte die Klägerin fragte, was sie zu ihrer Entschuldigung vorzubringen habe, antwortete die Klägerin: "Na im Urlaub war ich." Hierauf sprach die Beklagte die Entlassung aus.
Die Klägerin begehrt die Zahlung eines (der Höhe nach unbestritten gebliebenen) Betrages von S 22.665,-- brutto. Sie habe der Beklagten gegenüber ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, daß sie bis 10. August ihren Urlaub verbringen werde; die Beklagte habe dem nicht widersprochen. Die Entlassung sei daher unberechtigt erfolgt. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Urlaub sei der Klägerin nur bis 7. August 1986 genehmigt worden. Die Klägerin habe sich hierüber hinweggesetzt, eigenmächtig ihren Urlaub darüber hinaus ausgedehnt und damit einen Entlassungsgrund gesetzt. Das Erstgericht wies das Begehren der Klägerin ab. Sie habe die Anordnungen der Beklagten ignoriert und ungeachtet der eindeutigen Erklärungen der Beklagten den Urlaub um zwei Tage überzogen. Die Entlassung sei daher gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. Aus den Gesprächen habe der Klägerin klar sein müssen, daß die Beklagte die Zustimmung zu einer längeren als vierzehntägigen Urlaubsdauer verweigert habe. Im Betrieb der Beklagten habe eine angespannte Personalsituation bestanden, die sich während der Urlaubszeit und an den Wochenenden verschärft habe, sodaß die Urlaubsüberschreitung um 2 Tage als Auflösungsgrund nach dem Tatbestand des § 82 lit f GewO zu qualifizieren sei. Auch wenn die Klägerin bereits einen Teil des ihr zustehenden Urlaubes verbraucht habe, sei sie nicht berechtigt gewesen, nach eigenen Gutdünken und entgegen dem Willen des Dienstgebers für den folgenden Urlaub die Urlaubsdauer selbst zu bestimmen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar zulässig (§ 46 Abs 2 Z 1 ASGG), sie ist aber nicht berechtigt.
Gemäß § 4 Abs 3 UrlG kann der Urlaub in zwei Teilen verbraucht werden, doch muß ein Teil mindestens 6 Werktage betragen. Diese Bestimmung soll eine dem Erholungszweck widersprechende Aufsplitterung des Urlaubs auf mehrere kleine Teile verhindern, ermöglicht jedoch abweichend vom § 2 Abs 1 UrlG einen Verbrauch des Urlaubs in zwei Teilen (Cerny, Urlaubsrecht, 74). Ein unzulässiger Verbrauch des Urlaubes in Teilen, die dem Gesetz nicht entsprechen, ist keine ordnungsgemäße Erfüllung des gesetzlich zustehenden Urlaubsanspruches. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn die Initiative zur Mehrfachteilung vom Arbeitgeber ausgegangen ist, die Teilung von ihm verlangt, bestimmt oder beeinflußt wurde. Der Arbeitnehmer kann in solchen Fällen auf die Nichtigkeit der Vereinbarung gestützt den gesetzlichen Urlaubsanspruch ungeteilt oder so geteilt fordern, wie es den Teilungsvorschriften entspricht (Klein-Martinek, Urlaubsrecht, 71). Die Bestimmung des § 4 Abs 3 UrlG enthält zwingendes Recht (§ 12 UrlG); hieraus können allerdings die von der Revision gezogenen Schlüsse nicht abgeleitet werden.
Gemäß § 4 Abs 1 UrlG ist der Zeitpunkt des Urlaubsantrittes, aber auch die Dauer des Urlaubes zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebes und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers unter Bedachtnahme auf die Abs 2 und 3 des § 4 UrlG zu vereinbaren. Ein Verfahren über die Durchsetzung des Urlaubsanspruches für den Fall, daß eine Einigung nicht erzielt werden kann, ist in diesem Gesetz nur in Ansehung von Betrieben vorgesehen, in dem ein für den betreffenden Arbeitnehmer zuständiger Betriebsrat errichtet ist (§ 4 Abs 4 leg. cit.). In den anderen Fällen kann der Arbeitnehmer zur Durchsetzung seines Anspruches nur den Rechtsweg beschreiten und den Arbeitgeber auf Duldung eines bestimmten Urlaubsantrittes klagen. Wenn ein Betriebsrat nicht besteht und daher die Voraussetzungen für das im § 4 Abs 4 UrlG geregelte Verfahren nicht vorliegen, ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, den Urlaub eigenmächtig, also ohne Vorliegen einer Urlaubsvereinbarung im vorerwähnten Sinn, anzutreten (Klein-Martinek, Urlaubsrecht, 79, 82; Kuderna, Das Verfahren bei Nichtzustandekommen einer Einigung über den Urlaubsantritt, ZAS 1977, 83 ff, insbesonders 84, Basalka in Adametz-Basalka-Mayr-Stummvoll, Kommentar zum Urlaubsgesetz, 58; Arb. 10.379).
Unbestritten ist, daß für den Betrieb der beklagten Partei ein Betriebsrat nicht besteht.
Bei der im § 4 Abs 3 UrlG normierten Regelung über den Verbrauch des Urlaubs in höchstens zwei Teilen handelt es sich um ein Recht des Arbeitnehmers, den Urlaub in der dort bestimmten Form zu verbrauchen. Wenn die Klägerin, die einen Teil des für das laufende Jahr zustehenden Urlaubes bereits im März verbraucht hatte, den Wunsch gehabt hätte, den gesamten Urlaubsrest im Sinn des § 4 Abs 3 UrlG in einem Zug im Sommer zu verbrauchen - tatsächlich ergibt sich, daß auch mit der von ihr angestrebten Regelung eine über § 4 Abs 3 UrlG hinausgehende Stückelung verbunden gewesen wäre -, so hätte für sie mangels einer Einigung mit der Beklagten nur die Möglichkeit bestanden, den Rechtsweg zu beschreiten und die Beklagte auf Duldung des ungeteilten Verbrauches des noch offenen Urlaubes in Anspruch zu nehmen. Eine Einigung über den Urlaubsverbrauch kam zwischen den Streitteilen nur für die Zeit vom 25. Juli 1986 bis 7. August 1986 zustande. Mangels einer die Zustimmung der Beklagten zu einem längeren Urlaubsverbrauch ersetzenden Gerichtsentscheidung war die Klägerin nur berechtigt, in dieser Zeit ihren Urlaub zu verbrauchen. Im Hinblick auf die ausdrückliche, einen längeren Urlaub ablehnende Erklärung der Beklagten mußte der Klägerin auch klar gewesen sein, daß sie mit der Überschreitung der vereinbarten Urlaubszeit dem Willen der Beklagten entgegenhandelte. Daraus folgt, daß die Klägerin nach Ablauf der vereinbarten zweiwöchigen Urlaubszeit der Dienstleistung während zweier Tage unbefugt ferngeblieben ist. Diesem Umstand kommt aber erhebliche Bedeutung zu, zumal der Klägerin die angespannte Personalsituation im Betrieb der Beklagten sowie die Tatsache, daß gerade an den Tagen vor den Wochenenden intensiver Kundenbetrieb herrschte und sie daher in dieser Zeit besonders benötigt wurde, bekannt war. Die Vorinstanzen sind daher mit Recht davon ausgegangen, daß die Entlassung der Klägerin gerechtfertigt ist. Dem auf einer ungerechtfertigten Entlassung beruhenden Klagebegehren fehlt daher die Berechtigung.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.