JudikaturOGH

9ObA94/87 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. September 1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Günther Schön und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Klagebegehren des Inhaltes, die beklagte Partei sei schuldig, dem Erstkläger den Betrag von S 30.629,-- brutto, der Zweitklägerin den Betrag von S 40.861,-- brutto, der Drittklägerin den Betrag von S 24.914,-- brutto, der Viertklägerin den Betrag von S 43.412,-- brutto und der Fünftklägerin den Betrag von S 30.629,-- brutto, jeweils samt 4 % Zinsen seit 9. Oktober 1984 zu bezahlen, abgewiesen wird.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 67.967,72 (darin S 4.584,-- Barauslagen und S 5.762,16 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, ferner die mit S 16.790,88 (darin S 2.638,-- Barauslagen und S 1.286,63 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und schließlich die mit S 6.793,05 (darin S 617,55 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu je einem Fünftel zu ersetzen, all dies binnen 14 Tagen bei Exekution.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagenden Parteien sind bei der Beklagten als Sachbearbeiter in der Abteilung für Unfallverhütung und Berufskrankheitenbekämpfung (HUB) beschäftigt und in Gehaltsgruppe C, Dienstklasse I der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A) eingestuft. Die für die Einreihung der klagenden Parteien in Betracht kommenden Bestimmungen der DO.A lauten:

"Abschnitt III

Bezugsrecht

......

§ 36

Allgemeine Bestimmungen über die Einreihung

(1) Die Angestellten sind auf Grund ihrer dauernden Verwendung einzureihen, und zwar

1. Die Verwaltungsangestellten in die Gehaltsgruppen und Dienstklassen gemäß § 37;

.....

§ 37

Einreihung der Verwaltungsangestellten

(1) Die Verwaltungsangestellten sind unter Bedachtnahme auf § 36 ausschließlich nach den folgenden Bestimmungen in die nachstehend angeführten Gehaltsgruppen und Dienstklassen einzureihen:

Hilfsdienst-Gehaltsgruppe A:

......

Kanzleidienst-Gehaltsgruppe B:

......

Verwaltungsdienst-Gehaltsgruppe C:

Dienstklasse I

......

3. Angestellte, denen im Rahmen einer Organisationseinheit oder Arbeitsgruppe die Erledigung von Arbeiten aus dem Aufgabenbereich dieser Organisationseinheit oder Arbeitsgruppe übertragen ist, sofern hiefür nicht die Einreihung in Dienstklasse II oder in die Gehaltsgruppen A oder B vorgesehen ist; darunter fallen insbesondere:

......

Dienstklasse II

3.7 Mitwirkung bei der Durchführung organisatorischer Maßnahmen

......

3.10 Feststellung in Melde- und Versicherungsangelegenheiten oder in

Beitragsangelegenheiten;

3.11 Auskunftserteilung in Melde- und Versicherungs-, in

Beitrags- oder Leistungsangelegenheiten einschließlich Erledigung

der damit zusammenhängenden Korrespondenz;

......

3.15 Feststellung des Bestandes und des jeweiligen Umfanges der

Leistungen im Bereich der innerstaatlichen Unfall- oder

Pensionsversicherung;

......

3.17 Verrechnung der Ersätze für Leistungsaufwendungen;

......

Erläuterungen

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zu Recht wendet sich die Revisionswerberin hingegen gegen die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist, wenn man die Einreihung der klagenden Parteien nach der entsprechend den Erläuterungen (einvernehmliche Auslegung der Vertragspartner) als taxative Aufzählung der für die Einreihung maßgeblichen Tätigkeitsmerkmale auszulegenden Bestimmung des § 37 DO.A vornimmt, eine Einstufung der klagenden Parteien in Gehaltsgruppe C Dienstklasse II nicht berechtigt. Die nach § 37 DO.A maßgebenden Tatbestandsmerkmale bestehen nur bei einem Teil der dort genannten Verwendungen in einer Beschreibung der (typischen) Einzeltätigkeiten, während viele andere durch die Bestimmung einer Funktion definiert werden, wozu dann im Einzelfall noch zusätzliche formale Einreihungsvoraussetzungen treten. Da die DO.A als Einstufungsnorm die Voraussetzungen für die Einstufung in eine bestimmte Gehaltsgruppe und Dienstklasse ausdrücklich festlegt, kommt der sonst geltende Grundsatz, daß sich die Einstufung nach den tatsächlich geleisteten Diensten richtet, hier nicht zur Anwendung (so zur DO.AnG: SozM I C 829; ähnlich Arb. 9.510; zur Besoldungsordnung für VB Wien bzw. VBO: Arb. 8.111, 8.189; zum VBG Arb. 8.185; zur DO der Österreichischen Bundesforste: Arb. 8.252 u. a.; zuletzt 14 Ob 2/86 und 14 Ob 121/86).

Eine nähere Analyse der von den klagenden Parteien angeführten,

in Gehaltsgruppe C Dienstklasse II Z 3 genannten Tätigkeiten ergibt

folgendes:

3.7 - Mitwirkung bei der Durchführung organisatorischer

Maßnahmen:

Würde man diesem Begriff die alljährliche routinemäßige

Veranlassung der FSME-Impfungen zuordnen, fiele darunter fast jede Verwaltungstätigkeit. Damit ist aber weder der Einordnung dieser Tätigkeit in einem umfangreichen Katalog diversester Verwaltungstätigkeiten noch dem Begriff der organisatorischen Maßnahme Rechnung getragen. Die Kläger würden nicht bei Gestaltung der Organisation der Zeckenimpfung, sondern im Rahmen einer bereits verhandenen Organisation dieser Impfaktion tätig.

3.10 - Feststellungen in Melde- und Versicherungsangelegenheiten oder in Beitragsangelegenheiten:

Hiebei ist vor allem auf die Begriffe des von der beklagten Partei zu vollziehenden ASVG abzustellen.

Als Meldeangelegenheit ist die vor allem in die Kompetenz der

Krankenversicherungsträger fallende Prüfung der Meldungen zur

Versicherung sowie der Erfüllung der Meldepflicht im Sinne der

§§ 33 ff ASVG, als Versicherungs- oder Beitragsangelegenheit die

Feststellung der Versicherungspflicht bzw. Versicherungsberechtigung

im Sinne der §§ 4 ff ASVG sowie die Bemessung der Beiträge der

Versicherten und ihrer Dienstgeber zu verstehen. Die in diesem

Zusammenhang festgestellten Tätigkeiten der klagenden Parteien,

insbesondere die bloße Anfrage an den Hauptverband der

Sozialversicherungsträger, ob die für eine vorbeugende Maßnahme

vorgesehene Person dort als versichert aufscheint, sind den in

diesem Punkt genannten Angelegenheiten nicht zuzuordnen.

3.11 - Auskunftserteilung in Melde- und Versicherungs-, in

Beitrags- oder in Leistungsangelegenheiten einschließlich Erledigung

der damit zusammenhängenden Korrespondenz:

Unter Leistungen der Unfallversicherung sind die im § 173 ASVG

genannten, nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erbringenden

Leistungen anzusehen, nicht aber die in den §§ 186 und 188 a ASVG

genannten vorbeugenden Maßnahmen, sodaß die Auskunftserteilung über

derartige Maßnahmen nicht zu den in diesem Punkt genannten

Angelegenheiten gehört.

3.15 - Feststellung des Bestandes und des jeweiligen Umfanges

der Leistungen im Bereich der innerstaatlichen Unfall- oder

Pensionsversicherung;

3.17 - Verrechnung der Ersätze für Leistungsaufwendungen:

Da sich die festgestellten Tätigkeiten der klagenden Parteien,

wie oben ausgeführt, nicht auf die Erbringung von Leistungen der Beklagten im Sinne des § 173 ASVG beziehen, ist auch die Einreihung unter diese beiden Verwendungskategorien nicht gerechtfertigt. Da den klagenden Parteien im Rahmen ihrer Arbeitsgruppe (eigene und fremde Untersuchungen) die Erledigung von Arbeiten aus dem Aufgabenbereich dieser Arbeitsgruppe übertragen ist und für sie nicht die Einreihung in Dienstklasse II der Gehaltsgruppe C oder in die Gehaltsgruppen A und B (Hilfsdienst und Kanzleidienst) vorgesehen ist, wurden sie von der Beklagten zu Recht in die Gehaltsgruppe C Dienstklasse I Z 3 eingestuft, selbst wenn sie (auch) andere als die dort lediglich demonstrativ aufgezählten Tätigkeiten verrichten. Eine Einreihung in Dienstklasse II ist hingegen mangels Erfüllung der dort taxativ aufgezählten Tatbestandsmerkmale und infolge Ausschlusses der Zulässigkeit von Analogieschlüssen nicht berechtigt.

Der Revision war daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Rückverweise