14Os97/87 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Juli 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hermine M*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 24. April 1987, GZ 10 Vr 1317/86-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die jetzt 74-jährige Pensionistin Hermine M*** von der wegen des Finanzvergehens der (vorsätzlichen) Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG gegen sie erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen begab sich die Angeklagte am 19.August 1981 zu der in "Oberzausen" (richtig: Obertshausen), Bundesrepublik Deutschland, etablierten Pelzkonfektionsfirma W.M. K***, auf deren Austellungskoje sie beim früheren Besuch einer Modemesse in Salzburg aufmerksam geworden war. Im Zuge der Auswahl einer Bisamjacke, die sie schließlich um den Betrag von 2.300 DM kaufte, wurde als essentielle Vertragsbedingung vereinbart, daß der Angeklagten die Jacke in Österreich ausgefolgt werde, zumal sie die mit der Einfuhr der Jacke nach Österreich verbundenen Abgaben nicht selbst bezahlen, sondern letztlich erreichen wollte, und dies ihres Erachtens auch erreicht hatte, daß die damit im Zusammenhang stehenden Eingangsabgaben von der Firma K*** bezahlt würden. In der Folge behob die Angeklagte die Pelzjacke im Depot (Auslieferungslager) der Firma K*** in Salzburg, wo sie auch den restlichen Kaufpreis in der Höhe von 800 DM beglich.
In Ansehung der subjektiven Tatseite ging das Erstgericht davon aus, daß unter den zuvor wiedergegebenen Umständen Bedenken in die Richtung, die Jacke könnte nach Österreich eingeschmuggelt worden sein, für die Angeklagte nicht indiziert gewesen seien und gelangte solcherart zur Überzeugung, daß ihr weder das unter Anklage gestellte Vorsatzdelikt (§ 37 Abs 1 lit a FinStrG) noch das Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 3 FinStrG angelastet werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Den Freispruch bekämpft das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit einer auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In dieser rügt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit, daß sich das Erstgericht bei Würdigung der Verantwortung der Angeklagten - obwohl die "Bindungswirkung" des § 55 FinStrG zu beachten gewesen wäre - mit der Frage des Eintritts der Rechtskraft des vom Zollamt Salzburg am 12.Dezember 1984 erlassenen (sachgleichen) Abgabenbescheides nicht auseinandergesetzt hat. Demzufolge sei auch unerörtert geblieben, daß dessen Begründung den Passus enthalte, die Angeklagte habe ihren am 8.November 1983 gemachten Angaben zufolge die Pelzjacke im Herbst 1981 von der Firma K*** gekauft und übernommen, obwohl sie wußte, daß die Ware ohne Stellung beim Grenzzollamt in das Zollgebiet eingebracht wurde; auch fehle eine Auseinandersetzung mit dem Umstand, daß die bescheidmäßig vorgeschriebenen Eingangsabgaben von 4.990 S (einschließlich des Säumniszuschlages) von der Angeklagten entrichtet worden sind. Die Rüge versagt.
Dem Beschwerdevorbringen zuwider hat das Schöffengericht - wie sich zunächst schon aus der ausdrücklichen Bezugnahme im Urteil (vgl. S 277) auf die Anzeige und die Erhebungen des Zollamtes Salzburg, aber auch aus der weiteren Passage ergibt, wonach die Angeklagte erst anläßlich ihrer Vernehmung durch den Beamten des Zollamtes am 8.November 1983 erfahren hat, "daß die Jacke nicht verzollt, sondern nach Österreich geschmuggelt wurde" (S 278) - ohnedies mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß eine Hehlerei begründende Vortat - hier ein Schmuggel - in objektiver Hinsicht jedenfalls vorliegt. Da das Erstgericht aber auf Grund einer Gesamtbeurteilung der Verfahrensergebnisse - bei der es auch den Umstand, daß es sich bei dem sogenannten Auslieferungslager der Firma K*** in Salzburg, wo der Angeklagten die Jacke ausgefolgt wurde, um eine Schneiderei handelte, einer ausdrücklichen Erörterung unterzogen hat (S 278 f) - letztlich im Wege der ihm gemäß § 258 Abs 2 StPO zukommenden Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangte, daß der Angeklagten in subjektiver Hinsicht insoweit weder Vorsatz (§ 8 Abs 1 FinStrG) noch fahrlässiges Handeln (§ 8 Abs 2 leg. cit.) zum Vorwurf gemacht werden kann, war es nicht gehalten, sich gesondert auch noch mit der Frage des Eintritts der Rechtskraft des Abgabenbescheides und der (Art der) Begleichung der Abgabenschuld durch die Angeklagte, der die beschlagnahmt gewesene Pelzjacke nach sicherstellungsweiser Entrichtung der Eingangsabgaben und Erlag eines Geldbetrages von 12.300 S am 9.Dezember 1983 wieder ausgefolgt wurde (vgl. S 173), auseinanderzusetzen.
Zudem übersieht die Beschwerde in diesem Zusammenhang zum einen, daß sich die im § 55 FinStrG statuierte Sperrwirkung für die Durchführung der Hauptverhandlung nur auf die in der zitierten Gesetzesstelle taxativ aufgezählten Abgaben und Steuern bezieht, zu denen Eingangsabgaben jedenfalls nicht gehören (SSt. 51/32; EvBl 1981/8, 1979/65 u.a.); sie läßt zum anderen in Ansehung selbst der von § 55 FinStrG betroffenen Abgaben unberücksichtigt, daß die rechtskräftige, bescheidmäßige und endgültige Abgabenfestsetzung durch die Finanzbehörden zwar in Ansehung der Höhe der Abgabenschuld absolut präjudiziell ist, daß aber das Strafgericht bei der Beurteilung der Strafbarkeit des Verhaltens der Angeklagten völlig frei ist und selbständig und unabhängig die objektiven Tatbestandsmerkmale sowie, uneingeschränkt, die innere Tatseite einschließlich des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit selbst zu prüfen
hat (vgl. 13 Os 28/76 verstärkter Senat = SSt. 48/36 =
EvBl 1977/166 = RZ 1977/71).
Demzufolge war das Erstgericht auch zu der von der Beschwerde vermißten Erörterung der zuvor wiedergegebenen Begründung des Abgabenbescheides nicht gehalten, ganz abgesehen davon, daß dieser Begründung jene Untersuchungsergebnisse (bis zur Bescheiderlassung am 12.Dezember 1984) zugrunde liegen, die vom Schöffengericht bei der abschließenden Beurteilung der gesamten Verfahrensergebnisse ohnedies mitberücksichtigt worden sind.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO).