3Ob82/86 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Hule, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Exekutions(Rechts)sache der betreibenden (gefährdeten) Partei Dr. Siegfried B***, Medizinaldirektor, D-8014 Neubiberg, Josef Kyreinstraße 16, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die verpflichtete Partei (Gegnerin der gefährdeten Partei) Katharina G***, Hausfrau, 6330 Kufstein, Kienbergstraße 33, vertreten durch Dr. Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen 124.721,-- DM, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 13. Juni 1986, GZ. 3 a R 328/86-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 28. April 1986, GZ. E 3775/86-1, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der vom Rechtspfleger des Erstgerichtes erlassene Beschluß vom 28. April 1986, E 3775/86-1, als nichtig aufgehoben wird. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Antrag der gefährdeten Partei vom 17. April 1986 durch den Richter aufgetragen.
Die Gegnerin der gefährdeten Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Provisorialverfahrenskosten.
Text
Begründung:
Im Punkt 1. der einstweiligen Verfügung des Bezirksgerichtes Kufstein vom 27. März 1986, 4 C 79/86-3, wurde Katharina G*** zur Sicherung des Anspruches Dr. Siegfried B*** auf Zahlung von 124.721,-- DM s.A. verboten, über ihre angebliche Forderung von 600.000,-- S s.A. gegen Josef J*** aus dem Verkauf der Liegenschaft EZ 297 II KG Thiersee zu verfügen, insbesondere diese gänzlich oder teilweise einzuziehen. Für den Fall, daß sie diese Forderung bereits eingezogen hätte, wurde ihr der sofortige Erlag von 600.000,-- S beim Bezirksgericht Kufstein aufgetragen. Am 17. April 1986 stellte Dr. Siegfried B*** beim Bezirksgericht Kufstein einen "Antrag auf Vollzug einer einstweiligen Verfügung mittels Fahrnisexekution". Darin beantragte er auf Grund der genannten einstweiligen Verfügung "zum Vollzug der einstweiligen Verfügung, und zwar zum Erlag von 600.000,-- S", die Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der beweglichen Sachen der "verpflichteten Partei".
Der Rechtspfleger des Erstgerichtes bewilligte diesen Antrag mit gekürzter Urschrift, wobei er die gekürzte Beschlußausfertigung mit der allgemeinen Exekutionsbewilligungsstampiglie (braun) anordnete. Beim Vollzugsversuch am 13. Mai 1986 wurden keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden. Katharina G*** gab dabei bekannt, daß die 600.000,-- S auf einem auf ihren Sohn Wilhelm G*** lautenden Sperrkonto bei der Raiffeisenkasse Unterlangkampfen lägen. Gegen den Bewilligungsbeschluß erhob Katharina G*** einen auf dessen Aufhebung gerichteten Rekurs, den sie unter anderem damit begründete, daß der in der einstweiligen Verfügung erteilte Erlagsauftrag im Provisorialverfahren ohne Exekutionsbewilligung zu vollstrecken sei.
Das Rekursgericht änderte den angefochtenen Beschluß durch Abweisung des Antrages mit der Begründung ab, daß der in der einstweiligen Verfügung erteilte Auftrag zum sofortigen gerichtlichen Erlag von 600.000,-- S nicht durch Fahrnisexekution, sondern vorerst nur durch Abnahme und Verwahrung durch den Gerichtsvollzieher im Provisorialverfahren durchgesetzt werden könne. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs Dr. Siegfried B***, der die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Das nach den §§ 78 und 402 Abs. 2 EO und den §§ 502 Abs. 4 Z 2 und 528 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsmittel ist im Ergebnis begründet. Aus der wiedergegebenen Formulierung des Antrages vom 17. April 1986 ergibt sich, daß Dr. Siegfried B*** damit keine Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung auf das bewegliche Vermögen Katharina G*** nach den §§ 249 ff. EO beantragte, sondern die Vollziehung des seiner Gegnerin in der einstweiligen Verfügung vom 27. März 1986 erteilten Auftrags, beim Erstgericht 600.000,-- S zu erlegen.
Da der Wirkungskreis des Rechtspflegers in Zivilprozeß- und Exekutionssachen einstweilige Verfügungen und deren Vollziehung nicht umfaßt (§ 17 Abs. 2 Rechtspflegergesetz, BGBl. Nr. 560/1985), war das Erstgericht bei der Erledigung des Antrages der gefährdeten Partei vom 17. April 1986 auf Vollziehung der einstweiligen Verfügung vom 27. März 1986 nicht vorschriftsgemäß besetzt. Dies stellt den im nach den §§ 78 und 402 Abs. 2 EO anzuwendenden § 477 Abs. 1 Z 2 ZPO bezeichneten Nichtigkeitsgrund dar (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 155 und 1578).
Das Rekursgericht hätte diese im zulässigen Rekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei nicht geltend gemachte Nichtigkeit aus Anlaß dieses Rekurses von Amts wegen wahrnehmen, den erstgerichtlichen Beschluß als nichtig aufheben und die Sache an das Erstgericht zur Entscheidung durch den Richter zurückverweisen müssen, nicht aber über den Antrag selbst entscheiden dürfen.
Der angefochtene Beschluß ist daher in diesem Sinn abzuändern. Da die seinerzeitige Rekurswerberin die Nichtigkeit des von ihr bekämpften erstgerichtlichen Beschlusses in ihrem Rekurs nicht geltend gemacht hat, hat sie nach den §§ 78 und 402 Abs. 2 EO sowie den §§ 40, 41 und 50 ZPO die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Provisorialverfahrenskosten (§ 393 Abs. 1 EO).