JudikaturOGH

9Os76/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Juli 1986

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Weitzenböck als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Friedrich Wilhelm K*** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten, die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Mutter des Angeklagten und der Ehefrau des Angeklagten sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Privatbeteiligten Dr. Robert P*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Korneuburg vom 18.Dezember 1984, GZ 10 Vr 949/82-570, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Knob, der Verteidiger Dr. Bruckner und Dr. Mühlgassner sowie des Vertreters des Privatbeteiligten, DDr. Moser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

II. Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und der Angeklagte zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

III. Den zugunsten des Angeklagten von dessen Mutter und dessen Ehefrau erhobenen Berufungen wird insoweit Folge gegeben, als der Ausspruch über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten gemäß § 21 Abs. 2 StGB in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aufgehoben und der diesbezügliche Antrag der Staatsanwaltschaft abgewiesen wird; im übrigen werden diese Berufungen auf die zu Punkt II. getroffene Entscheidung verwiesen.

IV. Der Angeklagte wird mit seiner Berufung (zur Gänze) auf die zu den Punkten II. und III. getroffenen Entscheidungen verwiesen.

V. Der Berufung des Privatbeteiligten Dr. Robert P*** wird nicht Folge gegeben.

VI. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der Angeklagte Dr. Friedrich Wilhelm K*** wurde mit dem angefochtenen Urteil auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen (zu 1.) des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und (zu 2.) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. b WaffenG schuldig erkannt; er wurde hiefür nach §§ 28, 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 (zwanzig) Jahren verurteilt; weiters wurde gemäß § 21 Abs. 2 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet und gemäß § 26 Abs. 1 StGB der Revolver Marke Smith Wesson, Nr. 799448, eingezogen. Die Privatbeteiligten Verlassenschaft nach Dr. Viktor Franz P*** und Dr. Robert P*** wurden mit ihren Ersatzansprüchen gemäß § 366 Abs. 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat Dr. Friedrich Wilhelm K***

(zu 1.) am 13.Dezember 1982 auf der Landeshauptstraße Nr. 12 zwischen Kleinengersdorf und Korneuburg den Dr. Viktor Franz P*** durch zwei Revolverschüsse aus geringer Entfernung in die rechte Halsseite (Abstand ca. 5 cm) und die rechte Schläfe (Abstand ca. 1 cm) vorsätzlich getötet und

(zu 2.) zumindest zeitweise ab 13.Dezember 1982 bis 16. Dezember 1982 in Wien, Kleinengersdorf, Korneuburg und bei Fahrten zwischen diesen Orten den Revolver der Marke Smith Wesson, Nr. 799448, Kaliber 32 long, sohin eine Faustfeuerwaffe, unbefugt geführt.

Die Geschwornen hatten die ihnen (anklagekonform) gestellten Hauptfragen nach § 75 StGB (1/a) und nach § 36 Abs. 1 lit. b WaffenG

(7) jeweils stimmeneinhellig bejaht und die (auch) zu diesen Hauptfragen gestellte Zusatzfrage (8) nach dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 StGB ebenso stimmeneinhellig verneint. Im Hinblick auf die Bejahung der Hauptfrage nach Mord in der Tatvariante 1/a unterblieb folgerichtig die Beantwortung dieser Frage in der (alternativen) Variante 1/b sowie der den Geschwornen des weiteren vorgelegten Eventualfragen nach §§ 15, 75 StGB (2), nach § 76 StGB (3), nach §§ 15, 76 StGB (4), nach § 80 StGB (5) und nach § 88 Abs. 1 und Abs. 4 erster Fall StGB (6).

Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte als auch dessen Mutter Maria K*** und dessen Ehefrau Dr. Stanislava K*** Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen; der Angeklagte stützt dieses Rechtsmittel auf die Z 1, 4, 5, 6 und 8 des § 345 Abs. 1 StPO, während seine genannten Angehörigen in ihrer (gemeinsam ausgeführten) Beschwerde die Z 5 und 8 der zitierten Gesetzesstelle geltend machen. Der Strafausspruch wird vom Angeklagten sowie (zu seinen Gunsten) auch von seiner Mutter und von seiner Ehefrau, zu seinem Nachteil hingegen von der Staatsanwaltschaft jeweils mit Berufung angefochten. Der Privatbeteiligte Dr. Robert P*** schließlich bekämpft mit seiner Berufung das Adhäsionserkenntnis.

Rechtliche Beurteilung

Zu den Nichtigkeitsbeschwerden:

A/ Was zunächst das der Ausführung der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe vorangestellte weitwendige Vorbringen des Angeklagten betrifft, mit dem er die mangelnde Gerichtsqualität der Geschwornengerichte und damit die mangelnde Kompetenz des Obersten Gerichtshofes, über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der - nach Meinung des Beschwerdeführers - in Wahrheit als Verwaltungsbehörde zu beurteilenden Geschwornengerichte zu erkennen, einwendet und darzutun sucht, daß deshalb die Vorschrift des § 344 erster und zweiter Satz StPO in Verbindung mit § 280 zweiter Satz StPO verfassungswidrig sei, und mit dem er des weiteren behauptet, in der von der Strafprozeßordnung normierten bloß eingeschränkten Möglichkeit der Anfechtung von Geschwornengerichtsurteilen, insbesondere aber im Fehlen einer dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO entsprechenden Regelung im geschwornengerichtlichen Rechtsmittelverfahren, liege eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 7 B-VG) und damit gleichfalls eine Verfassungswidrigkeit, so genügt es, den Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß er nach der geltenden Rechtslage nicht befugt ist, ein Vorgehen gemäß § 89 Abs. 2 B-VG zu begehren (vgl. EvBl. 1980/191; EvBl. 1982/35; EvBl. 1983/114 uam). Auf das bezügliche Beschwerdevorbringen ist daher nicht weiter einzugehen. Nur der Vollständigkeit halber sei der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang einerseits auf das - auf Grund einer von ihm erhobenen Beschwerde - ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 1985, B 13/85, zur Frage der Gerichtsqualität des Geschwornengerichtes und andererseits darauf verwiesen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in der verschiedenartigen Anfechtbarkeit von Strafurteilen, insbesondere in Ansehung der Überprüfbarkeit der Beweisfrage, eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes ebensowenig erblickt werden kann wie etwa ein Verstoß gegen Art. 6 MRK (vgl. EvBl. 1980/220 = JBl. 1980, 607; 11 Os 106/84), wovon abzugehen sich der Oberste Gerichtshof auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Einwendungen nicht veranlaßt sieht. Daß der Beschwerdeführer durch die gemäß § 40 Abs. 1 des Geschwornen- und SchöffenlistenG über Antrag einzelner Geschworner erfolgte Enthebung derselben von der Dienstleistung und die dadurch noch vor dem Beginn der Hauptverhandlung bewirkte Änderung der Zusammensetzung der Geschwornenbank auf Grund einer Anordnung des zuständigen Gerichtshofpräsidenten keine ihn zu einer Anfechtung legitimierende Rechtsposition erlangt hat, ist durch ein weiteres, ebenfalls über eine von ihm erhobene Beschwerde ergangenes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (vom 14.März 1985, B 125-128/85) klargestellt. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß Personen als Geschworne tätig geworden seien, die von Rechts wegen nicht als Geschworne beigezogen werden hätten dürfen; er wendet sich vielmehr lediglich gegen die Auswahl der Geschwornen in einem Verfahren, das seiner Meinung nach mit Verfassungswidrigkeit belastet ist, sowie gegen die Annahme, daß Geschworne in Ausübung ihres Amtes unabhängige Richter sind. Den bezüglichen Beschwerdeausführungen vermag der Oberste Gerichtshof indes nicht beizutreten. Die Beteiligung von Geschwornen in bestimmten Strafverfahren ist im Art. 91 B-VG vorgesehen. Die Richterqualität der Geschwornen wird in der Strafprozeßordnung unmißverständlich festgelegt. Ihre Auswahl erfolgt, was die Ur- und die Jahresliste betrifft, nach rechtsstaatlichen Kriterien, unter anderem nach der Eignung für dieses Amt; die Dienstliste hinwieder wird durch Auslosung gebildet. Der Einwand, daß die Parteien des Verfahrens überhaupt keine Möglichkeit haben, auf die Bildung der Geschwornenbank Einfluß zu nehmen, ist nicht richtig. Immerhin steht dem Ankläger und dem Angeklagten - ebenso wie bei den Berufsrichtern, auf deren Ernennung und Verwendung im Rahmen der Geschäftsverteilung sie ja auch keinen Einfluß haben - das Recht auf Geltendmachung eines Ausschließungsgrundes und auf Ablehnung wegen individuell dargetaner Befangenheit zu, wobei die Teilnahme eines ausgeschlossenen Geschwornen als Nichtigkeit nach § 345 Abs. 1 Z 1 StPO gerügt werden kann (vgl. SSt. 25/77 ua), während bei der Beteiligung eines abgelehnten Geschwornen an der Entscheidung eine Anfechtung des Urteils aus der Z 5 der zitierten Gesetzesstelle in Betracht kommt. Die Bestimmungen der §§ 324 ff StPO - wonach die Geschwornen allein über die Schuldfrage und gemeinsam mit dem Schwurgerichtshof auch über die zu verhängenden Sanktionen abzustimmen haben - stehen nicht in Widerspruch zum Abs. 2 des Art. 91 B-VG, in welchem nur von der Entscheidung der Geschwornen über die Schuld des Angeklagten die Rede ist. Denn es enthalten die Art. 82 ff B-VG keinesfalls eine abschließende Kompetenzregelung, sondern ein Kompetenzmindestprogramm, aus dem lediglich abgeleitet werden kann, daß die Geschwornen bei bestimmten Delikten über die Schuld jedenfalls allein entscheiden müssen, was allerdings nicht besagt, daß der Gesetzgeber den Aufgabenkreis der Geschwornen nicht erweitern kann. Insoweit ließ die Bundesverfassung der einfachen Gesetzgebung demnach einen relativ großen Spielraum offen, der durch § 338 StPO im Sinne einer umfassenderen Beteiligung des Volkes an der Rechtsprechung geschlossen worden ist (vgl. hiezu auch Walter-Mayer, Grundriß des österr. Bundesverfassungsrechtes, 192, 197; Walter, Verfassung und Gerichtsbarkeit, 160; Ringhofer, Die österr. Bundesverfassung, 286 f).

Nicht gesondert eingegangen zu werden braucht aber auch auf jenes weitere (einleitende) Beschwerdevorbringen des Angeklagten, mit welchem er unter Berufung auf Art. 13 MRK darzutun sucht, daß er das Recht haben müsse, im erstinstanzlichen Verfahren seiner Meinung nach unterlaufene Verletzungen (mehrerer) verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens geltend zu machen, auch wenn durch die (behaupteten) Verstöße (gegen Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) keiner der im § 345 Abs. 1 StPO bezeichneten Nichtigkeitsgründe verwirklicht wurde. Denn den von der Beschwerde im gegebenen Zusammenhang reklamierten Rechtsverletzungen (: Verletzung des Verbotes unmenschlicher Strafe; Verletzung des Grundsatzes der Unparteilichkeit des erkennenden Gerichtes; Verletzung des Grundsatzes des "fair trial", durch Äußerungen eines Sachverständigen; Verletzung des Rechtes, sich selbst zu verteidigen) kann ohnedies mit dem Instrumentarium der geltenden Strafprozeßordnung (sowohl im Verfahren erster Instanz als auch im Wege eines Rechtsmittels im Instanzenzug) wirksam begegnet werden, womit aber insoweit dem Gebot des Art. 13 MRK durchaus entsprochen wird (vgl. zum Rechtsmittelbegriff des Art. 13 auch Matscher in FS Kralik, Wien 1986, 257 ff, insb. 266 f): Die Straffrage ist, auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer herausgestellten Gesichtspunkte, im Wege der Berufung durch das Instanzgericht (autonom) überprüfbar; vermeint der Angeklagte, daß das Gericht (ein Richter) befangen sei, so hat er das Recht, einen Ablehnungsantrag zu stellen und - worauf schon verwiesen wurde - eine insoweit erfolgte Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten durch ein hierüber in der Hauptverhandlung ergangenes Zwischenerkenntnis als Nichtigkeit gemäß § 345 Abs. 1 Z 5 (§ 281 Abs. 1 Z 4) StPO zu rügen, was gleichermaßen auch für Einwendungen des Angeklagten gegen einen Sachverständigen gilt; die Vorschriften über die Beigebung eines Verteidigers und darüber, daß die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten (soweit sie nicht zu Protokoll gegeben wird) von einem Verteidiger unterschrieben sein muß, dienen ausschließlich dem Schutz des Angeklagten vor prozessualen Nachteilen, ohne ihm jedoch das Recht zu nehmen, sich nach seinem Gutdünken selbst zu verteidigen und gegebenenfalls auch selbst eine Nichtigkeitsbeschwerde zu verfassen.

Daher trifft es nicht zu, daß es - unter dem Blickwinkel der MRK - einer Erweiterung der dem Angeklagten im vorliegenden Fall zustehenden Anfechtungsmöglichkeiten bedürfte, um jene Rechtsverletzungen einer Überprüfung durch das Höchstgericht zugänglich zu machen, welche der Beschwerdeführer behauptet; konnte doch der Angeklagte die von ihm reklamierten Verletzungen von Bestimmungen der MRK ohnedies in seiner Rechtsmittelausführung prozeßordnungsgemäß geltend machen (was er der Sache nach auch getan hat, wobei im folgenden auf die jeweiligen Beschwerdeeinwände eingegangen werden wird). Auf welche Art aber innerstaatlich sichergestellt ist, daß ein Angeklagter sich über (behauptete) Verletzungen der in der MRK festgelegten Rechte und Freiheiten wirksam beschweren kann, ist Sache des nationalen Gesetzgebers (vgl. Klecatsky-Morscher, Bundesverfassungsrecht, E 7 zu Art. 13 MRK). B/ Gestützt auf die Z 1 des § 345 Abs. 1 StPO wendet der Angeklagte ein, es hätten nicht alle Richter der ganzen Verhandlung beigewohnt und es sei überdies der Schwurgerichtshof nicht gehörig besetzt gewesen; die Rüge ist weder in der einen noch in der anderen Richtung hin berechtigt.

Den erstbezeichneten Verfahrensmangel erblickt der Angeklagte darin, daß sich das Mitglied des Schwurgerichtshofes Richter Dr. F*** im Zuge des am 15.November 1984 in der Franz-Josefs-Kai-Garage durchgeführten Lokalaugenscheines (während der rund 25 Minuten in Anspruch nehmenden Aufstellung eines PKW und dessen Vermessung durch den Sachverständigen Bernhard R***) für etwa 10 Minuten ca. 6 bis 10 Meter (vom Aufstellungsort) entfernt und dort ein Gespräch mit Journalisten geführt habe. Die im gegebenen Zusammenhang in Betracht kommende Nichtigkeitssanktion soll sicherstellen, daß jeder dem erkennenden Gericht angehörende Richter (Geschworne) das gesamte Geschehen in der Hauptverhandlung unmittelbar sinnlich wahrzunehmen in der Lage ist und ihm solcherart alle Vorgänge in der Verhandlung (und damit insbesondere im Zuge der Beweisaufnahme) aus eigener Wahrnehmung zugänglich sind, wie dies dem Grundsatz der Unmittelbarkeit entspricht. Daraus folgt, daß ein Richter (Geschworner) nur dann im Sinn des § 345 Abs. 1 Z 1 StPO nicht der (ganzen) Verhandlung beiwohnt, wenn ihm zumindest in einer ihrer Phasen eine solche unmittelbare sinnliche Wahrnehmung infolge räumlicher Abwesenheit vom Ort des Verhandlungsgeschehens nicht möglich ist. Davon kann aber - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - in Ansehung des Mitgliedes des Schwurgerichtshofes Richter Dr. F*** nicht gesprochen werden. Denn aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich, daß der Vorsitzende des Schwurgerichtshofes dessen Mitglied Dr. F*** (zwar) - nach dem Beschwerdevorbringen deshalb, weil der Angeklagte die Abwesenheit dieses Richters gerügt hatte - zur Aufmerksamkeit ermahnte, jedoch gleichzeitig feststellte, daß Dr. F*** (von seinem Standort aus) "eindeutig sieht, wie das Auto steht" (vgl. S 472/Bd. XVI), wozu er - nachdem der Angeklagte später (abermals) eine vorübergehende Abwesenheit Dris. F*** "zur Wahrung des Nichtigkeitsgrundes des § 345 Abs. 1 Z 1 StPO" moniert hatte - ergänzend im Protokoll festhielt, daß sich Dr. F*** "in einer maximalen Entfernung von ca. 2 1/2 bis 3 Meter vom Vorsitzenden befunden hat und sowohl vom Sachverständigen R*** als auch vom Vorsitzenden die Naturmaße laut und deutlich wiederholt (zu ergänzen: wurden)" und daß Dr. F*** "von seinem Standpunkt aus, zumal er einen Blick Richtung zum Auto hatte, Sicht auf die Stellung des PKW" gehabt hat (S 485/Bd. XVI). Selbst wenn man aber entsprechend dem Beschwerdevorbringen annehmen wollte, Dr. F*** habe sich während der ca. 25 Minuten dauernden Aufstellung des PKW für ca. 10 Minuten in einer Entfernung von ca. 6 bis 10 Meter (und nicht von 2 1/2 bis 3 Meter) aufgehalten und gleichzeitig ein Gespräch (mit Journalisten) geführt, wäre damit nach Lage des Falles nicht dargetan, daß es ihm unmöglich war, die Vorgänge um die Aufstellung des PKW unmittelbar sinnlich wahrzunehmen, weil die notwendige Beobachtung der in Rede stehenden Vorgänge auch aus eigener Entfernung (und selbst während eines gleichzeitig geführten Gespräches) erfolgen konnte.

Aber auch von einer nicht gehörigen Besetzung des Schwurgerichtshofes - wie sie der Angeklagte der Sache nach unter Bezugnahme auf ÖJZ-LSK 1983/183 = EvBl. 1984/94 mit der Begründung behauptet, es sei nicht erkennbar gewesen, welcher Richter des Kreisgerichtes "in der vorliegenden Strafsache als Mitglied bzw. als Ersatzmitglied des Schwurgerichtshofes fungiert hat" - kann keine Rede sein. Nicht der Personalsenatsbeschluß vom 19.September 1984, Jv 2371-7b/84, mit welchem Vorsitzender, Beisitzer und Ersatzbeisitzer bestellt worden waren (vgl. S 43/Bd. XV), sondern nur die (einen den Ersatzbeisitzer betreffenden Abschreibfehler enthaltende) Bekanntgabe dieses Beschlusses vom 28.September 1984 (S 1 nnn des Antrags- und Verfügungsbogens) wurde am 22.Oktober 1984 (zulässig) dahin berichtigt, daß Richter Dr. P*** als Beisitzer und Richter Dr. P*** als Ersatzbeisitzer zu fungieren habe (und nicht umgekehrt). Von dieser vor Beginn der Hauptverhandlung (5.November 1984) erfolgten Richtigstellung wurde der Verteidiger des Angeklagten (vor Verhandlungsbeginn; vgl. S 1 eeee verso des Antrags- und Verfügungsbogens) verständigt. Damit war aber - worauf allein es entscheidend ankommt (vgl. 9 Os 181/85) - bereits vor Beginn der Hauptverhandlung (nach außen hin, insbesondere aber für den Angeklagten erkennbar, weil ihm ausdrücklich - im Wege seines Verteidigers - zur Kenntnis gebracht) klargestellt, welcher (Berufs )Richter an der Verhandlung als Ersatzrichter teilnehmen werde. Daß sodann im Hauptverhandlungsprotokoll nicht für jeden einzelnen Verhandlungstag, sondern nur gelegentlich Richter Dr. P*** ausdrücklich als "Ersatz"-Richter bezeichnet wurde (vgl. etwa S 479 und 631/Bd. XVI sowie S 1417/Bd. XVI), ist demgegenüber ohne Relevanz.

C/ In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 345 Abs. 1 StPO behauptet der Angeklagte die Verletzung mehrerer Vorschriften, deren Beobachtung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt; auch damit ist er nicht im Recht.

Was zunächst den Einwand betrifft, anläßlich der (fortgesetzten) Vernehmung des Zeugen Christian M*** in der Hauptverhandlung sei die Öffentlichkeit aus einem im § 229 StPO nicht vorgesehenen Grund ausgeschlossen (und damit die Vorschrift des § 228 StPO verletzt) worden, so war vorliegend der Ausschluß der Öffentlicheit aus Gründen der öffentlichen Ordnung berechtigt: Der Zeuge M*** ist Finanzbeamter und war mit Bescheid der zuständigen Finanzlandesdirektion vom 31.August 1984 von der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit entbunden worden, wobei es allerdings in dem betreffenden Bescheid (unter anderem) heißt: "Als Zeuge in der Strafsache Dr. K*** bei der Hauptverhandlung dürfen Sie nur dann über Verhältnisse Dritter Aussagen machen, wenn während ihrer Aussage die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird" (S 590/Bd. XVI). Unter Bezugnahme darauf begründete das Erstgericht den Ausschluß der Öffentlichkeit damit, daß die (weitere) Aussage des Zeugen ein konkretes, nicht öffentliches Abgabenverfahren betreffe, wobei Vorgangsweisen der Finanzverwaltung bei der Erforschung und Verfolgung in Finanzstrafsachen zu erörtern und sohin Eingriffe in öffentliche Interessen zu besorgen seien, und daß der Zeuge im übrigen ohne Ausschluß der Öffentlichkeit im Hinblick auf den erwähnten Bescheid überhaupt nicht weiter (über [zu ergänzen: abgabenrechtliche] Verhältnisse Dritter) vernommen werden könne (S 598/Bd. XVI). Dem ist im wesentlichen beizupflichten. Da im Zuge der Einvernahme des Zeugen M*** Umstände zur Sprache kommen konnten, welche einerseits die verwaltungsinterne Tätigkeit der Finanzbehörden zum Gegenstand haben und andererseits ihrer Art nach der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht unterliegen könnten (vgl. §§ 48 a BAO, 251 FinStrG), war der Ausschluß der Öffentlichkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt. Daß nur die Erörterung solcher der amtlichen Geheimhaltungspflicht unterliegender Tatsachen die öffentliche Ordnung zu gefährden geeignet wären, die den Charakter eines Staatsgeheimnisses haben, ist - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - für den Ausschluß der Öffentlichkeit aus dem angeführten Grund nicht erforderlich. Von all dem abgesehen hätte aber, wie nach Lage des Falles unzweifelhaft erkennbar ist, selbst eine Verletzung der Vorschrift des § 228 StPO auf die Entscheidung keinen dem Beschwerdeführer nachteiligen Einfluß üben können (§ 345 Abs. 3 StPO). Lag doch die (weitere) Einvernahme des (vom Angeklagten beantragten) Zeugen M*** im Interesse des Angeklagten und es wäre diese Einvernahme ohne Ausschluß der Öffentlichkeit im Hinblick auf den Inhalt des oben erwähnten Bescheides der Finanzlandesdirektion überhaupt nicht möglich gewesen.

Aber auch die Rüge, wonach die Vorschrift des § 250 Abs. 2 StPO verletzt worden sei, weil der Angeklagte nicht von jenen Vorgängen, insbesondere den gutächtlichen Aussagen der Sachverständigen Dr. G*** und Dr. Q***, in Kenntnis gesetzt wurde, die seinem (mit kurzfristiger Bewußtlosigkeit verbundenen) Zusammenbruch anläßlich der Hauptverhandlung am 8.November 1984 folgten, versagt. Denn aus dem Protokoll über diese Hauptverhandlung geht eindeutig hervor, daß der Zusammenbruch des Angeklagten - ebenso wie die folgenden gutächtlichen Stellungnahmen der genannten Sachverständigen hiezu - nach einer Unterbrechung (vgl. S 254/Bd. XVI) und demnach außerhalb der Hauptverhandlung erfolgten. Die betreffenden Vorgänge wurden daher folgerichtig auch in einem Amtsvermerk (S 255, 256/Bd. XVI) festgehalten. Daß dieser Amtsvermerk dem Hauptverhandlungsprotokoll angeschlossen ist und unter anderem auch eine die Fortsetzung der (unterbrochenen) Hauptverhandlung am 12.Dezember 1984 9 Uhr, betreffende prozeßleitende Verfügung enthält, ändern nichts daran. Da sich die Vorschrift des § 250 Abs. 1 zweiter Satz StPO und damit auch jene (unter Nichtigkeitssanktion stehende) des Abs. 2 des § 250 StPO nur auf Vorgänge während der Hauptverhandlung bezieht, kann somit von einer Nichtigkeit bewirkenden Verletzung der zuletzt zitierten Vorschrift keine Rede sein.

Eine (Nichtigkeit gemäß § 345 Abs. 1 Z 4 StPO bewirkende) Verletzung der Vorschrift des § 310 StPO erblickt der Angeklagte darin, daß - nachdem nach Wiedereröffnung der Verhandlung eine Änderung der an die Geschwornen zu richtenden Fragen erfolgte - die geänderten Fragen nicht (zur Gänze) neu geschrieben, sondern lediglich die (bereits zuvor) abgefaßten Fragen korrigiert und den Parteien (sowie den Geschwornen) sodann nur in dieser mit handschriftlichen Korrekturen versehenen Form ausgehändigt worden seien, wiewohl nach dem Gesetz das den Geschwornen ausgehändigte Exemplar des Fragenschemas keine Korrekturen aufweisen dürfe. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß sich die Nichtigkeitssanktion des § 310 Abs. 3 StPO (ebenso wie im übrigen jene des § 310 Abs. 1 zweiter Satz StPO) ausdrücklich bloß auf die nochmalige Verlesung der (geänderten oder ergänzten) Fragen bezieht, nicht aber darauf, daß die Fragen von neuem schriftlich abgefaßt und vom Vorsitzenden unterfertigt werden müssen. Nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls wurde - was letztlich auch der Beschwerdeführer einräumt - das geänderte (korrigierte) Fragenschema vom Vorsitzenden verlesen (S 1418/Bd. XVI), mithin jener Vorgang eingehalten, dessen Beobachtung § 310 Abs. 3 StPO bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt.

Nicht berechtigt ist schließlich auch der Einwand, es sei die Bestimmung des § 439 Abs. 2 StPO deshalb verletzt worden, weil die Sachverständigen Dr. G*** und Dr. Q*** bei der Hauptverhandlung am 23.November 1984 (S 663/Bd. XVI) nicht anwesend waren und weil auch an mehreren folgenden Verhandlungstagen in Abwesenheit des Sachverständigen Dr. G*** verhandelt wurde. Denn die zitierte Bestimmung verlangt lediglich die Beiziehung (zumindest) eines Sachverständigen und nicht - wie dies § 439 Abs. 1 StPO in Ansehung des Verteidigers vorschreibt, der während der ganzen Hauptverhandlung anwesend sein muß - dessen (ununterbrochene) Anwesenheit während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung (EvBl. 1982/151 ua). Daß § 439 Abs. 2 StPO in diesem Sinn zu verstehen ist, folgt nicht nur aus der in bezug auf Sachverständige und Verteidiger unterschiedlichen Formulierung der gesetzlichen Anordnung und dem Zitat des § 429 Abs. 2 Z 2 StPO, sondern auch aus der grundsätzlichen Vorschrift des § 241 Abs. 2 StPO, deren Geltung durch § 439 Abs. 2 StPO nicht berührt wird.

Der Beschwerdeführer vermag somit in keiner Richtung hin eine Verletzung von Bestimmungen darzutun, deren Beobachtung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit fordert, weshalb die auf die Z 4 des § 345 Abs. 1 StPO gestützte Verfahrensrüge zur Gänze unbegründet ist. D/ Den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO erachtet der Angeklagte dadurch verwirklicht, daß das Gericht

Zu den Berufungen:

Das Geschwornengericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend, daß der Täter mehrere strafbare Handlungen verschiedener Art begangen hat (§ 33 Z 1 StGB) und daß er gegen den vertrauensvoll in seinem PKW mitfahrenden Dr. Viktor Franz P*** heimtückisch gehandelt hat (§ 33 Z 6 StGB), als mildernd hingegen, daß der Täter die Tat unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustandes begangen hat (§ 34 Z 1 StGB), daß er bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (§ 34 Z 2 StGB) und daß er, wenn auch im Vorverfahren, ein reumütiges Geständnis abgelegt hat, mag es auch in der Folge widerrufen worden sein (§ 34 Z 17 StGB); die Selbststellung hielt das Gericht dem Angeklagten deshalb nicht als mildernd zugute, weil er selbst angegeben hat, angenommen zu haben, daß er bereits von der Exekutive verfolgt werde.

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen hielt das Gericht die eingangs angeführte Freiheitsstrafe als dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Täters angemessen.

Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 2 StGB erachtete das Gericht deshalb für geboten, weil sich aus den Gutachten der psychiatrischen und des psychologischen Sachverständigen ergebe, daß der Angeklagte die Mordtat unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer schweren Persönlichkeitsstörung, begangen hat, ohne zurechnungsunfähig gewesen zu sein, und weil auf Grund dieser Gutachten weiters Grund zur Annahme bestehe, daß nach der Person des Angeklagten, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat zu befürchten ist, er werde sonst unter dem Einfluß seiner genannten geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen.

Die Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg schließlich gründete das Gericht darauf, daß die Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht ausreichten, um über die Höhe der (bestrittenen) Ansprüche mit Zuverlässigkeit entscheiden zu können, was insbesondere für die Angemessenheit der vom Privatbeteiligten Dr. Robert P*** geltend gemachten Begräbniskosten gelte. Gegen den Strafausspruch richten sich einerseits die Berufungen des Angeklagten (der dieses Rechtsmittel jedoch nicht ausgeführt hat) sowie seiner Mutter und seiner Ehefrau, welch letztere die Herabsetzung der Strafe unter Anwendung des § 41 StGB bzw. auf 10 Jahre sowie überdies die Abweisung des Antrages auf Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher begehren, und andererseits die Berufung der Staatsanwaltschaft, welche die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe anstrebt. A/ Was zunächst die Strafzumessungsgründe betrifft, so kann der zugunsten des Angeklagten ergriffenen Berufung insoweit nicht gefolgt werden, als sie den Erschwerungsgrund des § 33 Z 6 StGB mit der Begründung negiert, heimtückisches Handeln sei nicht nur durch Schläue, sondern auch durch Brutalität gekennzeichnet, wofür es aber vorliegend an hinreichenden Anhaltspunkten mangle. Denn heimtückisch im Sinn der zitierten Gesetzesstelle handelt, wer die Tat heimlich oder überraschend unter einem verwerflichen Vertrauensbruch begeht (vgl. ÖJZ-LSK 1977/261; 9 Os 11/78; 13 Os 2/79; 12 Os 58/84 ua; Foregger-Serini StGB MKK 3 115; Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 33 RN 12); daß der Täter darüber hinaus auch brutal vorgegangen sein müsse, kann - entgegen Pallin (Strafzumessung Rz. 48), auf den sich die Rechtsmittelwerber berufen - weder mit den Intentionen des Gesetzes (vgl. EBRV 125) noch auch - und vor allem - mit der Bedeutung des Begriffes "Heimtücke" im allgemeinen Sprachgebrauch in Einklang gebracht werden, wird doch darunter gemeiniglich eine "hinterhältige" bzw. "hinterlistige Bösartigkeit" verstanden (vgl. Duden, Bedeutungswörterbuch 323; Meyers Lexikon Bd. 9, 255), für welche der Einsatz gefühlloser roher Gewalt keineswegs essentiell ist. Da der Angeklagte den ahnungslos in seinem PKW sitzenden Dr. Viktor Franz P*** für diesen völlig überraschend und ohne die gerinste Chance, dem Angriff auszuweichen oder gar sich dagegen zur Wehr zu setzen, somit unter verwerflichem Bruch des ihm entgegengebrachten Vertrauens des Tatopfers, tötete, hat er heimtückisch im Sinn des § 33 Z 6 StGB gehandelt, sodaß der betreffende Erschwerungsgrund zu Recht angenommen worden ist. Nicht beigetreten werden kann dieser Berufung aber auch, soweit sie - neben dem vom Geschwornengericht ohnedies angenommenen Milderungsgrund des § 34 Z 1 (zweiter Fall) StGB - überdies jenen des § 34 Z 11 StGB zugunsten des Angeklagten reklamiert, weil dieser die Tat unter Umständen begangen habe, die dem Schuldausschließungsgrund des § 11 StGB nahekommen. Wenngleich der zuletzt bezeichnete mildernde Umstand grundsätzlich neben jenem des § 34 Z 1 zweiter Fall StGB zur Anwendung kommen kann (vgl. zum Meinungsstand Eder-Rieder, Die freiheitsentziehenden vorbeugenden Maßnahmen, 81 f), so setzt er jedenfalls voraus, daß die Schuldfähigkeit des Straftäters im Tatzeitpunkt in einem solchen Ausmaß vermindert gewesen ist, das im Grenzbereich zur Zurechnungsunfähigkeit angesiedelt ist und demnach qualitativ an der oberen Grenze einer (noch) verminderten (und nicht bereits ausgeschlossenen) Zurechnungsfähigkeit liegt. Davon kann aber beim Angeklagten weder nach dem bezüglichen Berufungsvorbringen noch nach den Gutachten der beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen gesprochen werden. Die von den Sachverständigen attestierte Verminderung der Einsichtsfähigkeit des Angeklagten (vgl. etwa S 1151/Bd. XVI), auf welche sich die Rechtsmittelwerber berufen, rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluß, daß die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten in einem solchen Ausmaß herabgesetzt gewesen sei, auf das § 34 Z 11 StGB - recht besehen - abstellt. Dem Umstand, daß der Angeklagte die Tat unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustands verübt hat, wurde aber durch die Annahme des Milderungsgrundes des § 34 Z 1 zweiter Fall StGB hinreichend - und vollständig - Rechnung getragen. Was schließlich den Einwand anlangt, es wäre vorliegend die besondere Strafempfindlichkeit des Angeklagten als mildernd zu berücksichtigen gewesen, zumal den Angeklagten die Freiheitsstrafe "im Hinblick auf seine bisherige berufliche und soziale Stellung besonders schwer" treffe und die rechtskräftige Verurteilung überdies zum Verlust seiner Pensionsansprüche führe, wozu komme, daß das besondere Verhältnis des Angeklagten zu seiner Ehefrau durch die Verbüßung einer Freiheitsstrafe "eine besondere, über das normale Maß hinausgehende Belastung erfährt", sodaß der Angeklagte die Tatsache der Verbüßung einer solchen Strafe als wesentlich schwerer empfindet als dies bei anderen Verurteilten der Fall sei, so werden mit den bezüglichen Berufungsausführungen in Wahrheit Umstände, die bei der Gewichtung der Strafzumessungsschuld des Rechtsbrechers und damit für die Ausmessung der verwirkten Strafe (§ 32 StGB) als mildernd ins Gewicht fallen könnten, nicht aufgezeigt. Wäre doch das wesentliche Ziel des Schuldstrafrechts verfehlt, würde die Schuld darnach beurteilt werden, ob es sich beim Straftäter um einen sozial höher- oder einen sozial niederstehenden, einen bislang sozial integrierten oder nicht sozial integrierten, einen verheirateten oder einen ledigen Menschen handelt, und es liefe die Berücksichtigung derartiger Unterschiede letztlich auf eine Klassenjustiz hinaus, für welche in der geltenden Strafrechtsordnung kein Raum ist (vgl. auch Pallin aaO Rz. 76). Der geistig-seelische Zustand des Angeklagten hinwieder ist - gesehen unter dem Blickwinkel einer speziellen Strafempfindlichkeit des Angeklagten - nicht derart beschaffen (vgl. hiezu insb. S 1072/Bd. XVI), daß die Verbüßung einer langen Freiheitsstrafe von vornherein mit einer akuten Gefahr für ihn verbunden wäre, zumal für eine entsprechende ärztliche Betreuung während der Strafhaft ohnedies vorgesorgt werden muß (vgl. §§ 66 ff StVG).

Im Recht ist die zugunsten des Angeklagten ergriffene Berufung gegen das Strafmaß lediglich insoweit, als sie rügt, daß der Milderungsgrund des § 34 Z 16 StGB nicht angenommen worden ist. Entscheidend ist nämlich, daß im Zeitpunkt der Selbststellung des Angeklagten tatsächlich gegen ihn noch keine sicherheitsbehördlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Ermordung des Dr. Viktor Franz P*** gepflogen worden sind und - objektiv - jedenfalls die Möglichkeit bestanden hat, zu fliehen bzw. unentdeckt zu bleiben. Daß der Angeklagte subjektiv der Meinung war, bereits entdeckt zu sein, schließt die Annahme einer als mildernd zu wertenden Selbststellung nicht aus und kann lediglich insoweit von Bedeutung sein, als es darum geht, welches Gewicht dem in Rede stehenden Milderungsgrund bei der Abwägung aller Strafzumessungsgründe (§ 32 Abs. 2 StGB) zukommt.

Der Berufung des öffentlichen Anklägers ist, soweit sie sich dagegen wendet, daß dem Angeklagten dessen im Vorverfahren abgelegtes Geständnis als mildernd zugute gehalten wurde, zu entgegnen, daß nach ständiger Rechtsprechung auch ein (bloß) im Vorverfahren abgelegtes, später aber widerrufenes Geständnis einen Milderungsgrund darstellt, sofern dieses, mag es gegebenenfalls auch nicht reumütig gewesen sein, jedenfalls - wie im gegebenen Fall - zur Wahrheitsfindung wesentlich beigetragen hat (vgl. Leukauf-Steininger aaO § 34 RN 26). Daß aber den geständigen Bekundungen des Angeklagten im Vorverfahren diese Eignung zukam, ist evident. Das Gericht hat somit dem Angeklagten den Milderungsgrund des § 34 Z 17 StGB zutreffend zugute gehalten. Daß die (später gewählte) Verantwortung des Angeklagten ein sehr aufwendiges Hauptverfahren zur Folge hatte, hat bei der Strafbemessung - was die Anklagebehörde verkennt - außer Betracht zu bleiben, und zwar auch unter dem Gesichtspunkt, ob das ursprünglich abgelegte Geständnis einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung dargestellt hat oder nicht. Denn hiefür kommt es allein auf dieses (ursprüngliche) Geständnis und dessen Auswirkungen auf die Wahrheitsfindung, nicht aber auf ein nachfolgendes prozessuales Verhalten des Angeklagten an, dem es (sanktionslos) freisteht, in den einzelnen Verfahrensstadien jene Verantwortung zu wählen, die ihm am zweckmäßigsten erscheint.

Zusammenfassend zeigt sich sohin, daß die vom Geschwornengericht angenommenen besonderen Strafzumessungsgründe lediglich insoweit einer Korrektur bedürfen, als dem Angeklagten auch der Milderungsgrund des § 34 Z 16 StGB zugute zu halten ist; im übrigen wurden aber die relevanten Strafzumessungstatsachen im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt.

Bei der Ausmessung der verwirkten Strafe hat das Erstgericht aber, wie die Staatsanwaltschaft im Ergebnis zutreffend aufzeigt und worin auch der Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zu den Berufungen im Gerichtstag beizupflichten ist, die besondere Schwere der personalen Täterschuld des Angeklagten in Verbindung mit dem objektiven Gewicht der verschuldeten Rechtsgutverletzung, wie sie der (vorsätzlichen) Tötung eines Menschen unter den gegebenen Umständen innewohnt, zu wenig berücksichtigt. Manifestiert sich doch in der heimtückischen, nachgeradezu einer "Liquidierung" des ahnungslosen und dem Angeklagten vertrauenden Mordopfers gleichkommenden Tatbegehung, um die Aufdeckung eigener finanzieller Verfehlungen des Angeklagten zu verhindern, mithin aus verwerflichen Motiven, eine derart negative Einstellung des Rechtsbrechers (im Sinn einer niedrigen Gesinnung) und damit ein solcher Grad an Schuld, daß die Verhängung einer zeitlichen Freiheitsstrafe (oder gar, wie dies die zugunsten des Angeklagten ergriffene Berufung anstrebt, die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung) nach Lage des Falles nicht (mehr) gerechtfertigt ist. Daß der Angeklagte zur Tatzeit sich in einem abnormen Geisteszustand befand, unter dessen Einfluß er die Mordtat beging, fällt demgegenüber nicht so sehr ins Gewicht und vermag daher die übrigen, den Angeklagten belastenden Komponenten seiner Strafzumessungsschuld nicht aufzuwiegen. Die schuldangemessene Reaktion auf das Tatverhalten des Angeklagten kann daher nur in der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe bestehen, weshalb der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge zu geben und insoweit spruchgemäß zu erkennen war. Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang - zum Vorbringen des Angeklagten in dessen Nichtigkeitsbeschwerde - beigefügt, daß weder in der Verhängung einer langjährigen noch einer lebenslangen Freiheitsstrafe, wie sie das Strafgesetzbuch beim Verbrechen des Mordes androht, ein Verstoß gegen Art. 3 MRK erblickt werden kann.

B/ Berechtigt ist die zugunsten des Angeklagten ergriffene Berufung insoweit, als sie sich gegen die vom Geschwornengericht angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 2 StGB mangels entsprechend konkretisierter Gefährlichkeitsprognose wendet. Das Erstgericht begründete den bezüglichen Ausspruch lediglich damit, daß "Grund zur Annahme" bestehe, der Angeklagte werde ohne Anhaltung in einer Anstalt abermals in schwerer Weise delinquieren. Eine solche (einfache) Annahme neuerlicher Delinquenz (unter dem Einfluß der beim Täter bestehenden geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad) reicht jedoch nicht aus, um jene Befürchtung zu begründen, auf welche § 21 Abs. 2 StGB abstellt, und die mit einer bloßen Besorgnis, der Rechtsbrecher könnte neuerlich eine Straftat (mit schweren Folgen) begehen, nicht gleichgesetzt werden kann. Die Anordnung der in Rede stehenden freiheitsentziehenden vorbeugenden Maßnahme setzt vielmehr - in gleichem Maße wie jene nach § 21 Abs. 1 StGB - voraus, daß der Rechtsbrecher infolge seiner Abartigkeit die Begehung einer neuen (gravierenden) Straftat mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit befürchten lassen muß (vgl. Foregger-Serini StGB MKK 3 86; Leukauf-Steininger aaO § 21 RN 23 iVm RN 12; Mayerhofer-Rieder StGB 2 § 21 Anm. 5 sowie Anm. zu ENr. 12a; Pallin im Wr. Kommentar § 21 Rz. 14; s. zusammenfassend zum Ganzen auch Eder-Rieder aaO 69 ff). Somit genügt die bloß hypothetisch-abstrakte Besorgnis einer (abermaligen) Delinquenz nicht; die Besorgnis muß vielmehr zu einer real-konkreten Befürchtung verdichtet sein, also mit so hoher Wahrscheinlichkeit vorliegen, daß bei realistischer Betrachtung mit ihrer Aktualität als naheliegend zu rechnen ist (RZ 1984/67 = ÖJZ-LSK 1984/3). Daher muß das Gericht Feststellungen darüber treffen, welche konkreten besonderen Umstände im Verfahren hervorgekommen sind, die die Annahme einer naheliegenden, eminenten, nicht bloß auf einer Wahrscheinlichkeit geringen Grades beruhenden Gefahr rechtfertigen, der Betroffene werde in Hinkunft abermals in schwerwiegender Weise straffällig werden (13 Os 59/77). Feststellungen dieser Art wurden indes, wie die Berufung zugunsten des Angeklagten im Ergebnis richtig aufzeigt, nicht getroffen und können auch nach der Aktenlage, insbesondere auf Grund der Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen nicht mit der gebotenen Sicherheit getroffen werden. Wenngleich die Sachverständigen die Möglichkeit eines neuerlichen Zusammenbruchs und einer depressiven Verstimmung (vgl. S 1093/Bd. XVI) bzw. eine starke Fremdgefährlichkeit des Angeklagten für die Zukunft (S 1140/Bd. XVI) nicht ausschlossen, so haben sie andererseits aber auch darauf hingewiesen, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt die Befürchtung einer weiteren strafbaren Handlung gering ist und es nur im Fall einer Verschlechterung des psychischen Zustands abermals zu krimineller Reaktion kommen könnte (S 1097/Bd. XVI) und daß sich der Zustand des Angeklagten inzwischen auffallend (und ersichtlich unter dem hier maßgebenden Gesichtspunkt zukünftiger Gefährlichkeit positiv) geändert hat (S 1072 ff/Bd. XVI). Nach alldem besteht zwar sicherlich eine hypothetisch-abstrakte Besorgnis abermaliger Delinquenz unter dem Einfluß einer Abartigkeit, die indes im gegenwärtigen Stadium nicht den Grad einer real-konkreten Befürchtung im Sinn des § 21 Abs. 2 StGB erreicht. Daß der Angeklagte in extremen Situationen allenfalls neuerlich eine Straftat begehen könnte, reicht für sich allein für die Annahme der geforderten Gefährlichkeitsprognose nicht aus.

In Stattgebung der gegen die Maßnahme ergriffenen Berufung zugunsten des Angeklagten war daher der bezügliche Ausspruch aufzuheben und der ihm zugrunde liegende Antrag des öffentlichen Anklägers abzuweisen.

C/ Nicht berechtigt ist schließlich die Berufung des Privatbeteiligten Dr. Robert P*** gegen die Verweisung mit seinen gegen den Angeklagten geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg. Denn im Hinblick auf die Einwendungen des Angeklagten gegen die Höhe der einzelnen von Dr. Robert P*** erhobenen Ersatzansprüche, zum Teil auch gegen den Anspruch selbst, wie etwa in bezug auf Todesanzeigen in Salzburger Zeitungen, kann nicht gesagt werden, daß die vorliegenden Ergebnisse des Strafverfahrens ausreichten, um auf Grund ihrer über die Ersatzansprüche des Berufungswerbers (zur Gänze oder auch nur mit einem Teilbetrag) verläßlich urteilen zu können. Eine derartige verläßliche Urteilsgrundlage kann aber im gegebenen Fall auch nicht nach Durchführung bloß einfacher zusätzlicher Erhebungen erzielt werden. Dazu kommt, daß der Vertreter des Privatbeteiligten im Gerichtstag vorbrachte, zur Abstattung der dem Privatbeteiligten erwachsenen Begräbniskosten sei von dritter Seite ein Betrag von 25.000 S geleistet worden, der mithin von dem geltend gemachten Gesamtbetrag abzuziehen sei, wobei aber offen bleibt, für welche einzelnen Posten diese Zuwendung erfolgte und ob bzw. welche Beträge für die einzelnen geltend gemachten Ansprüche mithin überhaupt noch zu Lasten des Privatbeteiligten aushaften.

Im Ergebnis erfolgte daher die Verweisung des Privatbeteiligten Dr. Robert P*** auf den Zivilrechtsweg zu Recht, sodaß seiner Berufung ein Erfolg versagt bleiben mußte. Da der Privatbeteiligte durch seine mithin erfolglose Berufung so gut wie keinen (zusätzlichen) Aufwand im Rechtsmittelverfahren verursacht hat, war von der Verfällung (auch) des Privatbeteiligten in den Ersatz von Kosten des Rechtsmittelverfahrens abzusehen (vgl. 11 Os 95/85). D/ Über die ergriffenen Berufungen war sohin insgesamt teils stattgebend, teils nicht Folge gebend, teils verweisend zu erkennen. Die Entscheidung über die Verfällung des Angeklagten in den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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