6Ob530/85 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin R*** Ö*** (Bundesstraßenverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wider die Antragsgegner 1.) S*** LINZ, vertreten durch den Bürgermeister Prof.Hugo Schanovsky, Linz, Hauptplatz, 2.) Josef und Hermine P***, Gastwirtsehegatten, Linz, Rudolfstraße 78, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz,
3.) Mag.Franz S***, Professor, Linz, Berggasse 35, und Aloisia S***, Geschäftsfrau i.R., Linz, Sonnenpromenade 50, beide vertreten durch Dr.Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, sowie der Nebenbeteiligten auf Seite der 3.Antragsgegner Waltraud P***, Geschäftsfrau, 4240 Grünbach, Oberrauchenöd 49, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen Festsetzung einer Enteignungsentschädigung, infolge Revisionsrekurse der Antragstellerin und der 2.Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 23.November 1984, GZ.13 R 389/84-91, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 2. März 1984, GZ.1 Nc 18/79-80, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird dem Revisionsrekurs der Zweitantragsgegner teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß, der in seinen Punkten I.)1.) und 3.), II.) und III.) unberührt bleibt, wird in seinem Punkt I.)2.) dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes, der hinsichtlich des Zuspruches von insgesamt S 1,500.000,-- an die Zweitantragsgegner als unangefochten unberührt bleibt, im übrigen in seinem Punkt I.)2.) zur Gänze aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wird.
Text
Begründung:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes für Oberösterreich vom 6. April 1978 sowie dem Berichtigungsbescheid vom 28.April 1978 hat die R*** Ö*** für die Umgestaltung der B 127
Rohrbacherstraße im Baulos "Urfahrwände-Puchenau", Einbindung Rudolfstraße, erste Ausbaustufe, gemäß den §§ 17 und 20 Abs.1 Bundesstraßengesetz 1971, BGBl. Nr.286, das dauernde und lastenfreie Eigentum an den nachangeführten Grundstücken und Grundstücksteilen einschließlich des darauf befindlichen Bewuchses und der darauf befindlichen baulichen Anlagen im Wege der Enteignung rechtskräftig in Anspruch genommen und dafür folgende Enteignungsentschädigungen festgesetzt:
I.) Von der S*** LINZ
1.) EZ.107, KG. Pöstlingberg, Grundstück Nr.1284/1,
3.330 m 2 a S 300,--,
2.) in der KG. Urfahr
a) KG. Pöstlingberg, EZ.107, Grundstück
Nr.1284/1 im Ausmaß von 3.330 m 2 a S 712,--,
somit S 2,370.960,--
b) KG. Urfahr, EZ.734, Grundstück Nr.30/2,
119 m 2 , EZ.354, Grundstück Nr.61, 103 m 2 ,
Grundstück Nr.31, 246 m 2 , EZ.353, Grundstück
Nr.32, 112 m 2 , EZ.351, Grundstück Nr.34/2,
81 m 2 , EZ.350, Grundstück Nr.34/1, 186 m 2 ,
Grundstück Nr.64/1, 61 m 2 , Grundstück Nr.64/2,
71 m 2 , EZ.348, Grundstück Nr.37, 34 m 2 ,
zusammen 1.013 m 2 a S 962,--, somit
zusammen S 974.506,--
c) KG. Urfahr, EZ.33, Grundstück Nr.85/2,
100 m 2 a S 1.282,-- S 128.200,--
d) für das Haus Rudolfstraße 118 auf
dem Grundstück Nr.30/2 (ohne Grund) S 833.500,--,
somit insgesamt für die Erstantragsgegnerin S 4,307.166,--.
2.) Josef und Hermine P***:
a) KG. Urfahr, EZ.337, Grundstück Nr.107/1,
164 m 2 , EZ.272, Grundstück Nr.87, 131 m 2 ,je
Quadratmeter S 1.282,-- S 378.190,--
b) für das auf diesen Grundstücken er-
richtete Gasthaus mit Wohnung S 804.655,--
für Zubau (WC und Kühlraum) S 174.166,--
für Gastgartenverbauung S 33.200,--
für Bruchsteinstützmauer S 45.640,--
Betonstützmauer S 6.840,--
Eisengitter auf Betonsockel S 2.240,--
Holzplanke auf Betonsockel S 5.830,--
Betonplattenpflaster im Vorhof S 3.920,--
Bäume S 4.000,--
c) Vertragserrichtungs- und Verbüche-
rungskosten für Ersatzerwerb
2 % des Liegenschaftswertes von
S 1,458.681,-- S 29.174,--
d) Verlust von Inventar S 133.195,--
e) für Adaptierungsarbeiten des neu
erworbenen Gaststättenbetriebes im Hause
Linz, Rudolfstraße 42 S 764.037,--
f) für Verdienstentgang S 72.350,--
g) für Werbekosten für Inserate und
Einführungsangebote S 22.000,--
insgesamt somit S 2,479.437,--.
3.) Mag.Franz und Aloisia S***:
a) für KG. Urfahr, EZ.336, Grundstück
Nr.84, 87 m 2 inklusive darauf errichteter
Baulichkeiten (Ertragswert) S 627.350,--
b) für Wertverlust Inventar S 26.874,--
c) für Inventarübersiedlung S 11.239,--
d) für die Mieterin Waltraud P***,
und zwar
für Wertverlust Inventar S 11.367,--
für Übersiedlung S 5.230,--
für Lagerung S 7.700,--
für Verdienstentfall S 18.000,--
für Einführung eines neuen Geschäftes S 20.000,--
e) für Vertragserrichtungs- und Ver-
bücherungskosten für Ersatzbeschaffung
(2 % des Liegenschaftswertes) S 12.547,--,
insgesamt daher S 740.307,--.
Rechtliche Beurteilung
Wenn im Revisionsrekurs vorgebracht wird, bei der Entschädigung der Gastgartenverbauung (Punkt I.)2.)b) des erstgerichtlichen Beschlusses) sei zu Unrecht davon ausgegangen worden, daß dieser Teil des Grundstückes verbaut sei, übersieht die Antragstellerin, daß mit der dafür zugesprochenen Entschädigung ausschließlich der Wert der vorhandenen Unterkellerung und des Holzaufbaues entsprechend der von den Sachverständigen nach dem Sachwertverfahren vorgenommenen Schätzung (Bd.I ON 29 Seite 463) abgegolten werden sollte.
Zur Frage der vom Rekursgericht vorgenommenen Definition des Begriffes "Bauland" meint die Antragstellerin, es könne ungeachtet der Qualifikation als Bauland im Rahmen der Bewertungshöhe nicht egal sein, ob nach dem erforderlichen Abbruch eines bestehenden Gebäudes kein Gebäude mehr errichtet werden dürfe oder ob nach der Rechtslage im Bewertungszeitpunkt das Grundstück auf unabsehbare Zeit hinaus bebaut werden könne. Die Sachverständigen hätten auf diesen Unterschied Rücksicht nehmen müssen.
Entscheidend für die Bewertung der enteigneten Grundflächen ist nicht deren tatsächliche Verwendung, sondern die objektive Verwendungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Enteignung (Brunner, Enteignung für Bundesstraßen 140 f.; Rummel in Rummel-Schlager Enteignungsentschädigung 144 f.; Klang in seinem
Kommentar 2 II 195; SZ 51/23; SZ 51/175 u.a.). Allerdings sind Vorwirkungen der Enteignung, etwa die Verfügung einer Bausperre oder die Widmung als Verkehrsfläche und die dadurch bewirkte Wertminderung der enteigneten Fläche bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, weil diese Maßnahmen gleichsam eine - wenn auch nicht vom Bund gesetzte - teilweise Vorwegnahme der Enteignung darstellen (Brunner, a. a.O. 159 f.; Rummel in Rummel-Schlager, a.a.O. 120 f. und 144 f.). Die Enteignungsentschädigung ist vielmehr auf diejenige fiktive Nutzungsmöglichkeit abzustellen, die sich für die enteignete Fläche am Wertermittlungsstichtag ergeben hätte, wenn die Verkehrsflächenwidmung oder Bausperre nicht erfolgt wäre (Brunner, a. a.O. 160). Es wäre dann zu prüfen, wie die als Verkehrsfläche gewidmeten Grundstücke für den Fall, daß keine Verkehrsfläche benötigt worden wäre, wahrscheinlich gewidmet worden wären (SZ 51/175 u.a.).
Soweit die Antragstellerin meint, das Erstgericht werde die Prüfung, ob es sich beim Grundstück Nr.1284/1 um Wald handle, nicht auf die Bestimmung des § 3 Forstgesetz 1975 zu beschränken haben, ist ihr beizupflichten. Als Wald im Sinne dieser Bestimmung gilt eine Grundfläche, die im Grundsteuerkataster der Kulturgattung Wald oder im Grenzkataster der Benützungsart Wald zugeordnet ist und für die eine Rodungsbewilligung nicht erteilt wurde, solange die Behörde nicht festgestellt hat, daß es sich nicht um Wald handelt. Wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, müßte als Vorfrage geprüft werden, ob es sich bei dem Grundstück um Wald im Sinne des § 1 Forstgesetz 1975 gehandelt hat.
Der Antragstellerin ist auch beizupflichten, daß die Heranziehung von in anderen Enteignungsverfahren vereinbarten oder festgesetzten Entschädigungen dann als Hilfsmittel möglich ist, wenn es an geeigneten Vergleichspreisen mangelt (JBl.1974, 202; 5 Ob 658/79; 2 Ob 524/83 u.a.). Allerdings wird dabei zu berücksichtigen sein, daß die Entschädigungssummen in anderen Entschädigungsfällen durch außergewöhnliche Umstände beeinflußt sein können (vgl. Rummel in Rummel-Schlager, a.a.O. 112 und Brunner, a. a.O. 175). Es ist daher Aufgabe des Sachverständigen, nach seinen Erfahrungen und nach den anerkannten Regeln seines Faches zu beurteilen, ob eine Einbeziehung derartiger Entschädigungsbeträge in die Vergleichswertermittlung vorzunehmen ist (2 Ob 524/83). Die Sachverständigen haben dazu auch teilweise Stellung genommen (Bd.II ON 42 S.5). Das Erstgericht ist jedoch darauf überhaupt nicht eingegangen und das Rekursgericht unter grundsätzlicher Ablehnung der Einbeziehung (Bd.II S.377 f. und S.391) nur teilweise. Gleiches gilt für Geschäfte zwischen zwei Gebietskörperschaften. Auch hier kann nicht generell gesagt werden, daß die dabei vereinbarten Preise nicht den üblichen Preisen am freien Grundstücksmarkt entsprechen.
Vielmehr haben auch hier die Sachverständigen genau zu prüfen, ob
und aus welchen Gründen die in einem konkreten Fall zwischen
Gebietskörperschaften vereinbarten Preise aus dem Rahmen der auf dem
freien Grundstücksmarkt üblichen Preise herausfallen oder doch als
Vergleichsgrundlage herangezogen werden können.
Das Schwergewicht der Ausführungen im Revisionsrekurs der
Antragstellerin liegt in der geäußerten Rechtsansicht, dem
Enteigneten dürfe für die Notwendigkeit der Betriebsverlegung nicht
mehr zugesprochen werden, als wenn das Unternehmen selbst enteignet
worden wäre, also der Liquidationsschaden.
Dem kann nicht beigepflichtet werden.
In der Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, wenn nur
die Standortliegenschaft, nicht aber das Unternehmen Ziel der
Enteignung und die Übersiedlung des Betriebes zumutbar sei, sei
neben der Entschädigung für das verlorene Eigentum auch noch der
Schaden zu vergüten, der durch die Nötigung zur Verlegung des
Gewerbebetriebes entstehe, also die Betriebsverlegungs- und
Übersiedlungskosten, der Ertragsausfall während der Verlegung, die
Anlaufverluste und die Einbußen wegen Verlustes von
Standortvorteilen (SZ 55/175; SZ 49/123; SZ 48/54 u.a.). Ein
Vergleich mit dem Erlös aus einem angenommenen freiwilligen Verkauf
der enteigneten Objekte sei wegen der durch den hoheitsrechtlichen
Enteignungsakt geschehenen Nötigung des Enteigneten zum Sonderopfer
des betroffenen Vermögens unzulässig (SZ 49/123; SZ 48/54 u.a.).
Dagegen vertrat Brunner (a.a.O. 208 f.) die Auffassung, der
Liquidationsschaden, das ist die Differenz zwischen dem
Unternehmenswert und dem Liquidationswert aller nicht enteigneten
Unternehmensbestandteile, sei auch dann maßgebend, wenn die Summe
von Verkehrswert des Enteignungsobjektes zuzüglich Verlegungskosten
und Verlegungsschäden den Liquidationsschaden übersteige, da der
Enteignete durch den Ersatz des Liquidationsschadens in abstracto in
die Lage versetzt werde, sich mit dieser Entschädigung zuzüglich des
erzielbaren Liquidationserlöses der nicht enteigneten
Betriebsbestandteile ein gleichwertiges Unternehmen wieder zu
verschaffen. Für Rummel in Rummel-Schlager (a.a.O. 209 f.) kommt es
vor allem darauf an, ob der Verkehrswert der bebauten Liegenschaft
auf Grund des Sachwertverfahrens oder des Ertragswertverfahrens
bestimmt wird. Rummel meint, bei ersterem Verfahren blieben alle
ortsgebundenen Firmenbestandteile unberücksichtigt, während beim
Ertragswertverfahren der erzielbare Reinertrag von den
ortsgebundenen Firmenwertfaktoren bestimmt werde. Neben dem
durchschnittlichen Ertragswert seien dabei nur solche
Firmenwertbestandteile zusätzlich zu erstatten, die von einem
hypothetischen Käufer nicht übernommen werden könnten, mit Hilfe der
übrigen bezahlten Entschädigung aber auch nicht am neuen Standort
wieder herstellbar seien.
Bei Beurteilung der vorliegenden Frage ist davon auszugehen, daß
dem Enteigneten nach § 18 Abs.1 BStG 1971 Schadloshaltung im Sinne
des § 1323 ABGB gebührt. Es ist ständige Rechtsprechung zu
§ 1323 ABGB, daß der Geschädigte in die Lage versetzt werden muß,
sich eine Ersatzsache anzuschaffen. Demnach ist nicht der
Verkaufswert, sondern der Ankaufswert maßgebend (Koziol,
Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 194 f.; Brunner, a.a.O. 139;
SZ 51/175; SZ 48/89; SZ 37/165; SZ 35/87 u.a.). Dies entspricht auch
der bisherigen Rechtsprechung zum Enteignungsrecht (SZ 51/175 u.a.).
Allerdings ist der Anspruch auf Ersatz der Wiederbeschaffungskosten
nicht dahin zu verstehen, daß der Enteignete tatsächlich in der Lage
sein muß, sich einen gleichwertigen Ersatzgegenstand zu beschaffen.
Er soll vielmehr das volle fiktiv errechnete Äquivalent für das enteignete Gut in Form einer Geldsumme erhalten (SZ 51/175 u.a.). Die durch eine Enteignung hervorgerufenen Nachteile können aber über den Substanzwert und die Verkehrswertminderung hinaus auch in weiteren Vermögensfolgeschäden bestehen. Solche Enteignungsfolgeschäden können dem Enteigneten insbesondere daraus erwachsen, daß er infolge der Enteignung genötigt ist, ein auf dem von der Enteignung betroffenen Grundstück betriebenes Unternehmen zu verlegen (Rummel, a.a.O. 205; SZ 55/133, SZ 48/54). Die Feststellung der enteignungsbedingten Nachteile hat konkret unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Enteigneten und unter Heranziehung eines objektiven Maßstabes bei der Wertermittlung (objektiv-konkret) zu erfolgen (Rummel, a.a.O. 83 ff., insbesondere 94; SZ 55/133; 5 Ob 512/83; 6 Ob 789/83). Zu diesen Folgeschäden gehören auch die Kosten der Betriebsverlegung und Übersiedlung, die durch die Übersiedlung verursachte Wertminderung und die durch die Unterbrechung und die Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebes verursachten Nachteile. Würde man den ersatzfähigen Schaden mit dem Liquidationswert des nicht enteigneten Gewerbebetriebes beschränken, wäre der Enteignete nicht voll schadlos gehalten, da ihm damit vor allem weder der Verdienstentgang in der Zeit zwischen der Enteignung des Grundstückes und der Aufnahme der Gewerbetätigkeit an dem neuen Standort noch die Aufwendungen und Ausfälle ersetzt würden, die mit jeder Aufnahme des Betriebes an einem anderen Standort verbunden sind, wie geringere Anfangserträge, höhere Werbungskosten aber auch alle mit der Aufnahme der Tätigkeit an einem anderen Standort verbundenen Gebühren etc.
Bei einer solchen Betriebsverlegung wären daher im Sinne der zitierten Rechtsprechung alle durch die Verlegung entstandenen Kosten und Ertragsausfälle zu berücksichtigen. Richtig ist, daß bei durch die Betriebsverlegung unbrauchbar gewordenen Einrichtungen und Anlagen nur deren Zeitwert zuzüglich der Finanzierungskosten für die Wertdifferenz zwischen dem Zeitwert der unbrauchbar gewordenen Anlagen und den Anschaffungskosten der neuen Anlagen für die Dauer der Restnutzungszeit der alten Anlagen in Rechnung zu stellen wäre (Rummel in Rummel-Schlager, a.a.O. 206). Dies gilt allerdings nur, wenn die im neuen Betrieb nicht brauchbaren alten Anlagen und Einrichtungsgegenstände verwertbar sind. Andernfalls müßte der Anschaffungspreis der neuen Gegenstände unter Berücksichtigung der gegenüber den alten verlängerten Lebensdauer ersetzt werden. Unter den besonderen Aufschließungskosten sind die Kosten zu verstehen, die auch bei einer schon aufgeschlossenen Liegenschaft für Versorgungs- und Entsorgungsanlagen aufgewendet werden müssen, die für den betreffenden Gewerbebetrieb erforderlich sind (vgl. Rummel in Rummel-Schlager, a.a.O. 212). Zu den zu berücksichtigenden Kosten zählen entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch die Kosten von unbedingt erforderlichen baulichen Veränderungen des Ersatzobjektes. Ob der Enteignete das Ersatzobjekt besonders günstig erwerben konnte, ist ohne Bedeutung, da nur die sich aus der konkreten Betriebsverlegung ergebenden Aufwendungen ersetzt werden. Was die Drittantragsgegner anlangt, wendet sich die Antragstellerin gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, bezüglich nicht eigengenutzter Gebäude biete sich zur Ermittlung des Verkehrswertes das Ertragswertverfahren an. Entscheidend sei der Sachwert des Gebäudes. Der Ertragswert könne nur unterstützend zur Ermittlung des Verkehrswertes herangezogen werden.
Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht beigepflichtet werden. Der zu ersetzende Wert der enteigneten Liegenschaft kann nach verschiedenen Methoden ermittelt werden, nämlich nach der Vergleichswertmethode, der Ertragswertmethode und dem Sachwertverfahren (Brunner, a.a.O. 168 f.; Rummel in Rummel-Schlager, a.a.O. 203 f.; SZ 55/56;
vgl. Liegenschaftsbewertungsrichtlinien (LBR), abgedruckt bei Brunner, a.a.O. Anhang 3). In der Rechtsprechung wurde dazu die Auffassung vertreten, bei Gebäuden scheide das Vergleichswertverfahren wegen der großen Individualität von Baulichkeiten in der Praxis meist aus und das Ertragswertverfahren komme vor allem bei nicht eigengenutzten Gebäuden zur Anwendung, deren Ertrag sich aus den Zinseingängen aus Vermietung oder Verpachtung abzüglich der Aufwendungen für die Erhaltung zusammensetze. Leichtere Überprüfbarkeit, größere Klarheit, einfachere Berechnung und Vermeidung von Doppelentschädigungen sprächen jedoch für die Anwendung des Sachwertverfahrens zum Zwecke der Feststellung des Verkehrswertes (SZ 55/56). Die Wahl der Ermittlungsmethode im Einzelfall ist ein Problem der Betriebswirtschaftslehre. Es muß jene Wertermittlungsmethode herangezogen werden, die am besten geeignet erscheint, dieses Ziel zu erreichen (5 Ob 512/83). Bei einem Auseinanderfallen der nach den einzelnen Methoden errechneten Werte ist jedoch zu beachten, daß der Verkehrswert kaum je niedriger sein wird als der nach der Ertragswertmethode berechnete Wert, ist doch die Ertragsfähigkeit eines Gutes ein wesentliches Kriterium für die Bildung des Verkehrswertes, wenn auch nicht das einzige (Brunner, a.a.O. 140). Wie weit im Wertermittlungsverfahren auch auf den Sachwert Bedacht genommen werden kann, ist nach § 3 der Liegenschaftsbewertungsrichtlinien zu beurteilen. Bei der Schätzung wird nämlich auf die Liegenschaftsbewertungsrichtlinien als Niederschlag des gegenwärten Standes des Schätzungsfachwissens in Österreich (Brunner, a.a.O. 169) Bedacht zu nehmen und ein Abweichen von diesen Richtlinien von den Sachverständigen zu begründen sein. Was aber die Höhe des Ertragswertes anlangt, hat das Rekursgericht ohnehin eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens angeordnet. Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin, der sich was den Spruch betrifft, nur gegen die Entschädigung für die Liegenschaft EZ.107 KG. Pöstlingberg wendet, war daher nicht Folge zu geben.
Zum Revisionsrekurs der Zweitantragsgegner:
Soweit die Zweitantragsgegner sich dagegen wenden, daß das Rekursgericht es abgelehnt hat, in anderen Entschädigungsfällen vereinbarte oder festgesetzte Entschädigungen in den Kreis der Vergleichspreise aufzunehmen, kann auf die Ausführungen zum Revisionsrekurs der Antragstellerin verwiesen werden. Dies gilt mit den oben angeführten Einschränkungen auch für von der Antragstellerin nicht bekämpfte Festsetzungen von Entschädigungen durch die Verwaltungsbehörde im selben Enteignungsverfahren, soweit sie vergleichbare Grundstücke betrafen.
Richtig ist, daß der auf das Gutachten, ON 15, gestützte Hinweis des Erstgerichtes, der Ertragswert der Liegenschaft sei mit S 620.126,-- geringer als der Zeit-Sachwert, deshalb nicht zutreffend ist, weil der Sachverständige Dr.P*** in seinem Gutachten sowohl bei Errechnung des Substanzzeitwertes als auch des Ertragswertes nur die betriebsgenutzten Teile der Liegenschaft berücksichtigt und nach der Mittelwertmethode daraus den Unternehmenswert errechnet hat. Der Einwand der Zweitantragsgegner in ihrem Rekurs ON 81, das Erstgericht habe es verabsäumt, das Gutachten der Sachverständigen Dipl.Ing.Franz H*** und Ing.Max B*** durch Ermittlung des Ertragswertes ergänzen zu lassen, konnte daher nicht unter Hinweis auf die Feststellung des Erstgerichtes aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr.P*** erledigt werden. Vielmehr war es - da sich die Antragsgegner bereit erklärt hatten, die von den Sachverständigen Dipl.Ing.Franz H*** und Ing.Max B*** zur Ermittlung des Ertragswertes
erforderlichen Urkunden vorzulegen - zur einwandfreien Beurteilung erforderlich, diese Gutachten durch Errechnung des Ertragswertes zu ergänzen. Erst dann wird eine verläßliche Berechnung der Höhe der Entschädigung nach den Grundsätzen des § 3 LBR möglich sein. Was die Frage der Restnutzungsdauer des Zubaues anlangt, ist das Rekursgericht entgegen dem Sachverständigengutachten davon ausgegangen, daß dessen fiktive Restnutzungsdauer nicht größer als jene des Hauptgebäudes sein könne. Die Sachverständigen haben in ihrem Ergänzungsgutachten (Bd.II ON 42 S.14) ausdrücklich begründet, warum für den Zubau eine geringere Abschreibung gewählt wurde. Der Hinweis auf die fehlende Mindestbauplatzgröße gemäß § 4 Abs.5 der oö.Bauordnung (nunmehr in der Fassung der oö.Bauordnungsnovelle vom 1. Juli 1983, LGBl. Nr.82: § 4 Abs.4) ist deshalb nicht durchschlagend, weil es darin heißt, "ein Bauplatz darf in der Regel nicht kleiner als fünfhundert Quadratmeter sein", und eine Unterschreitung dann zulässig ist, wenn Interessen an einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung hiedurch nicht verletzt werden, und die diesbezügliche Praxis der Baubehörde nicht feststeht. Ohne Ergänzung des Sachverständigengutachtens kann auch nicht beurteilt werden, ob die bestehende WC- und Kühlanlage in einen Neubau integriert werden könnte. Sollte allerdings weder eine selbständige Nutzung dieses Gebäudeteiles möglich sein (vgl. Punkt 2, 8 der Sonderrichtlinien für die Bewertung von unbebauten und bebauten Liegenschaften) noch ein Neubau des Hauptgebäudes unter Einbeziehung des Zubaues, dann wäre auch für den Zubau von der fiktiven Restnutzungsdauer des Hauptgebäudes auszugehen.
Wenn die Zweitantragsgegner schließlich meinen, dem Enteigneten sei sowohl für die alte, nicht in das neue Geschäftslokal passende Einrichtung als auch für die neue Einrichtung Ersatz zu leisten, kann ihnen nicht beigepflichtet werden. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zum Revisionsrekurs der Antragstellerin verwiesen werden. Soweit aber die Antragsgegner Josef und Hermine P*** an den Ausführungen des Rekursgerichtes Anstoß nehmen, wonach es der ständigen Judikatur entspreche, daß die Nebenkosten des Ersatzerwerbes mit einem Betrag von je 1 % des Verkehrswertes für die Kosten der Errichtung des Kaufvertrages und die Kosten der grundbücherlichen Einverleibung desselben zu entschädigen seien, verkennen sie die darin zum Ausdruck gebrachte Ansicht des Rekursgerichtes. Damit wurde nicht gesagt, daß durch den Zuspruch der 2 % auch die Kosten der Adaptierung des Betriebes am neuen Standort abgegolten seien, sondern nur, daß die Kosten des Kaufvertrages und der grundbücherlichen Durchführung desselben mit diesem Prozentsatz zu entschädigen seien.
Da die grundsätzliche Art der Berechnung der Entschädigung noch offen ist, war in Stattgebung des Revisionsrekurses der Zweitantragsgegner der angefochtene Beschluß in seinem Punkt I.)2.) dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes in seinem Punkt I.)2.), abgesehen vom unbekämpft gebliebenen Zuspruch von S 1,500.000,-- im übrigen zur Gänze, also auch in den an sich nicht bekämpften Punkten aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wird.