3Ob127/85 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien Friedrich G*** und "andere Miteigentümer", 1120 Wien, Meidlinger Hauptstraße 84, alle vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Maria K***, Pensionistin, 1060 Wien, Gumpendorferstraße 118a/19, wegen Versteigerung eines Liegenschaftsanteiles gem. § 22 Abs.3 WEG infolge Rekurses des Verbotsberechtigten Dr.Friedrich Wilhelm K***, Richter i.R., derzeit Justizanstalt Mittersteig Nr.25, 1050 Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 17.Mai 1985, GZ. 46 R 406/85-55, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 7. Februar 1985, GZ. 1 E 115/83-83, (7 E 1/85), zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird aufgehoben und diesem die neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Verbotsberechtigten unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung:
Zur Hereinbringung von S 704.100,-- s.A. wurde der betreibenden Partei "RAIFFEISEN" B*** G*** mbH die Exekution
durch Zwangsversteigerung der 137/8983-Anteile der Liegenschaft EZ 1081 KG Meidling der verpflichteten Partei bewilligt (rechtskräftiger Beschluß ON 18). Zur Hereinbringung von S 180.427,10 s.A. wurde der betreibenden Partei WOHNHAUS-WIEDERAUFBAUFONDS die Exekution durch Beitritt dieser Zwangsversteigerung bewilligt (ON 4 und 18).
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien als Titelgericht vom 18.Dezember 1984 wurde den betreibenden Parteien Friedrich G*** und anderen Miteigentümern zur Erwirkung des Ausschlusses der verpflichteten Partei aus der Gemeinschaft der Miteigentümer der Liegenschaft EZ 1081 KG Meidling hinsichtlich derselben 137/8983-Anteile der verpflichteten Partei "unbeschadet des laut TZ 1243/1980 einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten des Sohnes Dr.Friedrich Wilhelm K***" sowie zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrages die Zwangsversteigerung bewilligt.
Das Erstgericht als Exekutionsgericht verfügte mit Beschluß vom 7. Februar 1985 die Vollziehung dieser Exekution durch Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens und sprach aus, daß die bewilligte Versteigerung als Beitritt zu dem eingangs genannten Versteigerungsverfahren geführt werde.
Dieser Beschluß wurde dem schon genannten Verbotsberechtigten Dr. Friedrich Wilhelm K*** am 13.Februar 1985 zugestellt. Am 25.Februar 1985 übergab der Verbotsberechtigte Dr. Friedrich Wilhelm K*** der Anstaltsleitung der Justizanstalt Mittersteig, in der dieser auf Grund strafgerichtlicher Verfügung in Untersuchungshaft angehalten wird, einen schriftlichen Rekurs gegen den Beschluß des Exekutionsgerichtes vom 7.Februar 1985, den die Anstaltsleitung am 28.Februar 1985 zur Post gab, damit er an das Erstgericht übersendet werde, wo der Rekurs tatsächlich am 1. März 1985 einlangte.
Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs als verspätet zurück, weil der 27.Februar 1985 der letzte Tag der Rechtsmittelfrist gewesen sei, an dem das Rechtsmittel zur Post gegeben werden hätte müssen.
Infolge Auftrages des Obersten Gerichtshofes sprach das Gericht zweiter Instanz aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Rekurs zulässig sei.
Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Rekurs des Verbotsberechtigten mit dem Antrag, ihn aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz die neuerliche Entscheidung über den Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 7.Februar 1985 aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Diesem Rekurs kommt Berechtigung zu.
Wie der Oberste Gerichtshof schon im gleichgelagerten Verfahren 3 Ob 110/85 (das einen Rekurs des Verbotsberechtigten gegen den Beschluß des Bewilligungsgerichtes vom 18.Dezember 1984 betraf), ausgesprochen hat, ist ein Rechtsmittel einer Partei, die im Sinne des § 14 ZustellG einer Anstaltsordnung untersteht und die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen Briefe nur durch den Leiter der Anstalt oder eine von diesem bestimmte Person oder durch den Untersuchungsrichter absenden darf, dann rechtzeitig, wenn es innerhalb der Rechtsmittelfrist dem Leiter der Anstalt oder der von diesem bestimmten Person zum Zwecke der Absendung an das Gericht übergeben wird. § 89 Abs.1 GOG ist in einem solchen Fall so anzuwenden, daß dem Postenlauf auch die Zeit zuzurechnen und daher nicht in die Rechtsmittelfrist einzurechnen ist, die zwischen der Übergabe des Rechtsmittels an das dazu berufene Organ der Anstalt und der wegen der Überwachung der Post von diesem erst zu einem späteren Zeitpunkt veranlaßten tatsächlichen Übergabe zur Post vergeht. Diese Auffassung deckt sich mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Strafsachen (SSt 30/3 u.a., ebenso: VwGH 18. Juni 1984 Zl. 84/10/0084, Nr.174 in ÖJZ 1985,317) und nur sie wird auch den Grundprinzipien und dem Geiste des Rechtsmittelverfahrens des österreichischen Zivilprozesses gerecht. Da der Verbotsberechtigte im vorliegenden Fall den strittigen Rekurs innerhalb der Rechtsmittelfrist der Anstaltsleitung übergeben hat, ist der Rekurs rechtzeitig und durfte daher vom Gericht zweiter Instanz nicht als verspätet zurückgewiesen werden.
Die Entscheidung der zweiten Instanz verstößt in der bezüglichen Verfahrensfrage gegen die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, sodaß mit Recht ausgesprochen wurde, daß der Rekurs zulässig ist. Diesem war stattzugeben und der Zurückweisungsbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz aufzuheben.