JudikaturOGH

10Os211/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. November 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.November 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Hörburger, Dr. Reisenleitner sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Regen als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dipl.Ing. Dr.Ernst

A und andere wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Untreue nach §§ 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Dipl.Ing. Dr.Ernst A, Dkfm.Horst B, Ignaz C, Helmut

D und Dkfm.Wilhelm Michael E, über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf F sowie über die Berufungen der Angeklagten Johann G, Dipl.Ing.Raimund C und Dipl.Ing.Klaus Otto H, über die Nichtigkeitsbeschwerden aber nur, soweit sie nicht schon in nichtöffentlicher Sitzung erledigt wurden, wider das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 9.April 1984, GZ 7 Vr 487/83-969, nach der am 18. November 1985 (als Schriftführerin: Richteramtsanwärter Dr.Stupka) und am 20.November 1985 (als Schriftführerin: Richteramtsanwärter Dr.Regen) durchgeführten öffentlichen Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Kodek, der Angeklagten Dipl.Ing. Dr.Ernst A, Johann G, Dkfm.Horst B, Ignaz C,

Dipl.Ing.Raimund C, Helmut D, Rudolf F und Dkfm.Wilhelm Michael E sowie der Verteidiger Dr.Fasan (für Dipl.Ing. Dr.A), Dr.Mühl (für G), Dr.Zimmert (für Dkfm.B), Dr.Klinner (für Ignaz C und Dipl.Ing.Raimund C), Dr.Breuer (für D), Dr.Schmidt (für Dipl.Ing.H) und Dr.Orator (für Dkfm.E), jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Dipl.Ing.H, zu Recht erkannt:

Spruch

A. Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Dipl.Ing. Dr.Ernst A, Dkfm.Horst B und Dkfm.Wilhelm Michael

E wird, soweit sie nicht schon in nichtöffentlicher Sitzung erledigt wurden, Folge gegeben, und zwar der des Angeklagten Dkfm.E im Umfang der Anfechtung und den übrigen teilweise:

1. Das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, wird zum Teil aufgehoben, und zwar

a) hinsichtlich Dipl.Ing. Dr.A und Dkfm.B - im Schuldspruch laut den Pkten A. I. 2. und C. II. 1., jedoch nur wegen des Abzweigens von Schecks über 470.000 S vom 10.April 1980, über 250.000 S vom 19.Februar 1980, über 300.000 S vom 31.März 1980, über 155.001 S vom 24.April 1980 und über 100.000 S vom 24. September 1980, aus dem Vermögen der "WOHNBAU-OST, gemeinnützige Baugenossenschaft reg.Gen.m.b.H." (I) durch Dipl.Ing. Dr.A und wegen des von Dkfm.B hiezu geleisteten

Tatbeitrags sowie in der über den Ausspruch, daß der durch die Tat herbeigeführte Schaden 100.000 S übersteigt, hinausgehenden Bezifferung der Höhe der abgezweigten Geldbeträge mit 23,700.000 S demgemäß aber auch in dem diese beiden Angeklagten betreffenden Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB;

Text

Gründe:

I. Über die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Johann G, Dipl.Ing.Raimund C, Dipl.Ing.Klaus Otto H und Dr.Matthäus K zur Gänze sowie zum Teil auch über jene der Angeklagten Dipl.Ing. Dr.Ernst A, Dkfm.Horst B, Ignaz C, Helmut D, Rudolf F und Dkfm.Wilhelm Michael

E gegen das oben bezeichnete Urteil gleichwie über die dagegen erhobene Berufung des Angeklagten F hat der Oberste Gerichtshof bereits in nichtöffentlicher Sitzung entschieden (10 Os 211/84-15 vom 2.Juli 1985); insoweit ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf dieses allen Rechtsmittelwerbern zugestellte Erkenntnis zu verweisen.

Als Gegenstand des Gerichtstages verblieben darnach die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Dipl.Ing. Dr.A, Dkfm.B, Ignaz C, D, F und Dkfm.E in

ihren noch unerledigten Teilen sowie die Berufungen der Angeklagten

Dipl.Ing. Dr.A, G, Dkfm.B, Ignaz C,

Dipl.Ing.Raimund C, D, Dipl.Ing.H und Dkfm.E.

Auch zur Darstellung der für diese Entscheidung maßgebend gewesenen Erwägungen werden die Beschwerdegründe nach einleitender Prüfung einer nicht auf ein Einzelfaktum bezogenen Rechtsrüge aus Zweckmäßigkeitsgründen in faktenweiser Zusammenfassung erörtert; die Überlegungen zur Straffrage werden im Anschluß daran dargetan. In Ansehung der bekämpften Schuldsprüche und des hier wesentlichen Sachverhalts wird, soweit es nicht einer speziellen Wiedergabe der maßgebenden Entscheidungsgründe bedarf, gleichfalls zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf die erste Rechtsmittelentscheidung verwiesen; ebenso wie dort wird auch hier zur Vereinfachung bei sämtlichen Angeklagten (außer fallweise bei den Angeklagten C) im folgenden von der Wiedergabe ihrer Vornamen und allfälliger akademischer Titel abgesehen. II. Zur Rechtsrüge des Angeklagten A gegen

sämtliche ihn betreffende Schuldsprüche

(Faktengruppen A. und B.)

Der genannte Angeklagte vertritt unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach Z 9 lit a - der Sache nach indessen Z 9 lit b - des § 281 Abs. 1 StPO die Auffassung, seine Verurteilung wegen Untreue sei im vorliegenden Verfahren bereits deswegen zur Gänze unzulässig gewesen, weil seine hier erfaßten und seine im "ersten I-Prozeß" (AZ 7 Vr 841/82 des Landesgerichtes Eisenstadt) dahingehend abgeurteilten Tathandlungen nach den jeweiligen Urteilsfeststellungen unter Bedacht auf die gerade beim Verbrechen nach § 153 StGB anzunehmende "Einheitlichkeit des Tatbilds für einen bestimmten Zeitraum" insgesamt als ein einheitliches "fortgesetztes Delikt" anzusehen seien, "hinsichtlich dessen also eine schon entschiedene Strafsache vorliege". Mit dieser Schlußfolgerung ist er jedoch nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Das vom Beschwerdeführer relevierte, vorerst temporäre Verfolgungshindernis ("res iudicata") ergibt sich aus jenen Bestimmungen des XX. Hauptstücks der StPO, wonach ein mit rechtskräftigem Urteil abgeschlossenes Strafverfahren nur unter den dort vorgeschriebenen Bedingungen und Förmlichkeiten wieder aufgenommen werden kann; es wird sogleich mit der betreffenden (ersten) Entscheidung wirksam, entfällt mit deren Aufhebung und mündet ansonsten inandt Sperrwirkung ihrer materiellen Rechtskraft (EvBl 1981/117, 1980/186 ua).

Die Reichweite dieser prozessualen Verfolgungssperre erstreckt sich, wie aus § 358 StPO erhellt, auf diejenige "strafbare Handlung", über die geurteilt wurde, also auf jene - im Straf-Urteil oder in der mit dem freisprechenden Erkenntnis (§ 259 StPO) abschlägig beschiedenen Anklage als "strafbar" bezeichnete und demgemäß einer rechtlichen Beurteilung (§§ 260 Abs. 1 Z 2, 207 Abs. 2 Z 3 StPO) unterzogene - "Handlung"="Tat" (im Sinn einer - physiologisch allerdings regelmäßig aus mehreren Akten bestehenden - faktischen Verhaltens-Einheit), auf die sich der Schuldspruch (§§ 353, 356 StPO) oder Freispruch (§ 355 StPO) bezieht. Im Interesse ihrer zweifelsfreien Bestimmbarkeit in einem späteren Verfahren, aber auch schon in Konsequenz des verfassungsrechtlich (Art 90 Abs. 2 B-VG) verankerten Anklagegrundsatzes (§ 2 StPO), demzufolge der in Rede stehende Entscheidungsgegenstand tatsachenmäßig durch das Verfolgungsbegehren des Anklägers determiniert und zugleich begrenzt wird (§§ 262, 267; 281 Abs. 1 Z 7 und 8 StPO), ist diese dem Angeklagten zur Last gelegte "Tat" - in der Anklageschrift (§ 207 Abs. 2 Z 2 StPO) gleichwie - im Straf-Urteil nach Zeit, Ort und Gegenstand etc bei sonstiger Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 3 iVm § 260 Abs. 1 Z 1 StPO) soweit zu individualisieren, als das zu ihrer deutlichen, also unverwechselbaren Bezeichnung notwendig ist (vgl auch § 312 Abs. 1 StPO iVm der Nichtigkeitssanktion nach § 345 Abs. 1 Z 6 StPO): dabei kommt es in erster Linie auf den Urteils-Tenor an, doch kann zu dessen Auslegung auch auf die Gründe zurückgegriffen werden; im Fall einer Divergenz prävaliert der Spruch, bei einem (unangefochten gebliebenen) Fehlen jeglicher Tatbeschreibung im Tenor ist die abgeurteilte Tat aus den Gründen zu ermitteln (vgl JBl 1983, 608 ua).

Daraus ergibt sich zunächst, daß die eigentliche, rein prozessual bedingte Sperrwirkung eines Urteils nicht über jenes Täterverhalten hinaus reicht, welches damit - sei es als Einzeltat, sei es in Form enumerativer Bezeichnung einer Tatenmehrheit oder sei es durch die pauschalierende Beschreibung einer (nach Zeit, Ort und sonstigen Umständen ihrer Begehung bestimmten) Tatengesamtheit (vgl ÖJZ-LSK 1979/80, 1982/100, 10 Os 48/84 ua; Nowakowski, Fortgesetztes Verbrechen und gleichartige Verbrechensmenge, Bonn 1950, 59-68; Wegscheider, Echte und scheinbare Konkurrenz, Berlin 1980, 292-294; Triffterer, AT, 459) - auf Grund seiner Individualisierung als faktisches Geschehen erfaßt wird. (Vgl SSt 36/26, EvBl 1962/448, SSt 27/78 uva; bei gleichartiger Idealkonkurrenz in Ansehung derselben Handlung zwar eine darüber hinausgehende Individualisierung nach deren mehrfachem faktischem Bedeutungsgehalt verlangend, eine so weitgehende Beschränkung der Sperrwirkung allerdings bezweifelnd, JBl 1983,659 mit insoweit kritischer Glosse von Burgstaller; und weiters, obgleich teilweise auf verschiedene Individualisierungskriterien abstellend, Wegscheider aaO 98-100, 132; Bertel, Die Identität der Tat, Wien-New York 1970, 10 f., 172 f.; sowie Kadecka, Handlungseinheit und Identität der Tat, JBl 1932, 49 ff.)

Eben diese prozessuale Rechtslage gilt auch für die Aburteilung bloß eines Teilbereichs aus einem unter materiellrechtlichen Aspekten als "Handlungseinheit" anzusehenden mehraktigen Verhalten:

ist der verfahrensrechtlich den Gegenstand der Entscheidung bildende Verhaltensbereich mit einem anderen, der materiellrechtlich eine Handlungseinheit darstellt - und im materiellen Recht ebenfalls als "Tat" oder "Handlung" bezeichnet wird (vgl etwa §§ 21, 167 StGB) -, solcherart nicht deckungsgleich (vgl Triffterer aaO 458 f.; Nowakowski aaO 59; Kadecka aaO 49 f.), dann kann sich jedenfalls die prozessuale Sperrwirkung des Erkenntnisses als solche nach dem zuvor Gesagten prinzipiell nur auf eben jenes faktische Geschehen erstrecken, auf welches das Urteil infolge der Individualisierung des ihm unterzogenen Täterverhaltens beschränkt ist. (Vgl hiezu Wegscheider aaO 96-100, 132, 291 f., 308; Geerds, Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht, Hamburg 1961, 357-360, 398-400, 405-409; aM Bertel aaO 134-142, der bei der Eingrenzung des Prozeßgegenstandes und der Sperrwirkung auf die Qualität der "Tat" als Rechtsgut-Verletzung abstellt und dabei in bezug auf die Einheit der Verletzung ohne nähere Prüfung undifferenziert von der materiellrechtlichen "Handlungseinheit" schlechthin ausgeht. Zur Frage, welche Konsequenzen für die materiellrechtliche Beurteilung des abgeurteilten gleichwie des nicht abgeurteilten Teiles der betreffenden Handlungseinheit aus der aufgezeigten Begrenzung der prozessualen Sperrwirkung resultieren, ist damit, wie zur Klarstellung vermerkt sei, noch nichts gesagt.)

Eine derartige Inkongruenz kommt nun allerdings in

denjenigen - eben darum (entgegen Nowakowski, aaO 13-20, 45) mit

einer (bloß) "rechtlichen" Handlungseinheit nicht

vergleichbaren - Fällen einer "natürlichen (tatbestandlichen) Handlungseinheit" nicht in Betracht, in denen es bei den (unter anderem) zeitlich und räumlich sehr eng beisammenliegenden mehreren Tathandlungen bloß um die (einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogene) Intensität der einheitlichen Tatausführung geht und deren Teilakte deswegen auch materiellrechtlich nicht nebeneinander (als selbständige Gesetzesverletzungen) zurechenbar sind (vgl Wegscheider aaO 34-38; Bertel aaO 171 f., Rüping in Goltdammer's Archiv für Strafrecht 1985, 441, 444; Schmidhäuser, Studienbuch 2 , 439-442; Jescheck 3 579-581); werden doch letztere durch die Individualisierung des urteilsgegenständlichen Ereignisses auch ohne ihre ausdrückliche Erwähnung allesamt erfaßt (vgl Wegscheider aaO 99; Bertel aaO 173 sowie vor allem Geerds aaO 364, 409, 421).

Wohl aber liegt ein in diesem Sinn zu unterscheidender (faktischer) Verhaltensbereich begriffsnotwendig bei der urteilsmäßigen Erfassung lediglich einzelner von mehreren Teilakten eines "fortgesetzten Delikts" vor, von denen jeder als "an sich selbständige" Tat auch die materiellrechtlichen Voraussetzungen gesonderter Strafbarkeit in objektiver gleichwie in subjektiver Hinsicht vollauf erfüllt; denn diese sind zwar (neben hier nicht erörterungsbedürftigen weiteren Prämissen: vgl EBRV 117; Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 1 zu § 28; Kienapfel AT, E 8 RN 58 bis 61; Triffterer aaO 456 bis 458; Rüping aaO 439 f., 442 f.) durch die - jeweils in normspezifisch differenzierender teleologischer Auslegung (vgl SSt 51/46, RZ 1979/61 sowie Mann, Materielle Rechtskraft und fortgesetzte Handlung, ZStW 1963 263 f.) zu ermittelnden - rechtlichen Konsequenzen eines sie alle umfassenden, auf einen einheitlichen Gesamterfolg ausgerichteten (Gesamt-) Vorsatzes (vgl Rüping aaO 439) zu einer in verschiedenen Belangen des materiellen Rechts (vgl etwa §§ 21, 28, 42, 57, 58, 61, 62, 167 StGB) relevanten (materiell-)rechtlichen (Handlungs ) Einheit verbunden, prozessual hingegen durchaus nebeneinander als gesonderte Vorgänge erfaßbar.

(IdS Wegscheider aaO 247 f., 292, 307; Geerds aaO 260, 296-299, 312, 365-368, 414, 419 f.; Mann aaO 258-262; Herzberg, Ne bis in idem - Zur Sperrwirkung des rechtskräftigen Strafurteils, JuS 1972, 118 f.; ohne Stellungnahme Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1978, 395 f.; aM unter unkritischer Übernahme der ihrerseits auf der unüberprüften Annahme einer prozessualen Unteilbarkeit materiellrechtlicher Handlungseinheiten beruhenden älteren materiellrechtlchen Lehre - vgl Altmann-Jacob 122; Ritter I 2 , 347 f.; Malaniuk I 278; Nowakowski aaO 45 f. - Bertel aaO 137, 174, 181 f.; desgleichen die - in bezug auf die Sperrwirkung soweit ersichtlich in keinem Fall aktuell gewordene - vereinzelte Judikatur, mit der allerdings regelmäßig die materiellrechtlichen Voraussetzungen eines "fortgesetzen Delikts" weitgehend denen einer natürlichen Handlungseinheit angeglichen wurden, wie insbesondere in SSt 28/45, EvBl 1964/395 und JBl 1965/96, jeweils mit Bezug auf SSt 17/28; sowie, bei unterschiedlicher Rechtslage im Sanktionenbereich, die Rechtsprechung und die herrschende Lehre in der Bundesrepublik Deutschland.)

In solchen Fällen erstreckt sich daher die prozessuale Sperrwirkung des Urteils ausschließlich auf jene Einzelakte, die darin als historische Ereignisse individualisiert werden (vgl Wegscheider aaO 291; 308; Geerds aaO 417, 420, 422; Mann aaO 264; Herzberg aaO 114).

Folgerichtig können in derartigen Fällen (ungeachtet der Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs zwischen den betreffenden Taten) Anklage und Urteil auf bestimmte Einzelfakten präzisiert und damit beschränkt sein; eine (insbesondere pauschale) Aburteilung des "fortgesetzten Delikts" in seiner Gesamtheit trotz einer dahingehenden Beschränkung der Anklage ist dementsprechend (auch) nach § 281 Abs. 1 Z 8 StPO anfechtbar, und zwar in diesem Fall gleichermaßen von Seiten des Anklägers, der ein durchaus legitimes Interesse an einer erst künftigen Verfolgung weiterer Teilakte der betreffenden "rechtlichen Handlungseinheit" haben kann (vgl 10 Os 160/84 = ÖJZ-LSK 1985/22, SSt 41/7; ohne spezielle Begründung aM SSt 38/12, 44/20); auch Ausscheidung (§ 57 StPO) sowie Verfolgungsvorbehalt (§ 263 Abs. 2 StPO) sind darnach zulässig und wirksam.

Die aufgezeigte Beschränkung der prozessualen Sperrwirkung auf Teilakte der in Rede stehenden "rechtlichen Handlungseinheit" tritt im übrigen augenscheinlich in jenen Fällen zutage, in denen sich der materiellrechtliche Fortsetzungszusammenhang (nach den insoweit maßgebenden Feststellungen im späteren Urteil - vgl hiezu Stratenwerth, Zum Verbrauch der Strafklage bei Fortsetzungszusammenhang, JuS 1962, 222) auch auf erst nach der (ersten) Entscheidung gesetzte Einzelakte erstreckt, die von deren Sperrwirkung keinesfalls erfaßt werden (vgl hiezu Stree, Teilrechtskraft und fortgesetzte Tat, Engisch-Festschrift, Frankfurt/Main 1969, 676 ff.; idS auch Nowakowski aaO 47 f.; Triffterer aaO 459).

Daß dem Beschwerdeführer mit dem "ersten I-Urteil"

(GZ 7 Vr 841/82-885 des Landesgerichtes Eisenstadt) - anders als etwa mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung beim Faktum A.II.1. - nur die dort durchwegs enumerativ bezeichneten Untreue-Handlungen angelastet worden sind, wird in der hier aktuellen Rechtsrüge gar nicht bezweifelt. Davon ist ungeachtet der (von der Anklageformulierung abweichenden) irreführenden Verwendung des (im allgemeinen auf eine pauschalierende Tatenbeschreibung hinweisenden) Wortes "insbesondere" im Tenor - mit dem jedoch die im folgenden konkret bezeichneten Tathandlungen zwar in Ansehung der damit bewirkten Vermögensschädigung, nicht aber auch in bezug auf den tatbestandsmäßigen Befugnismißbrauch als bloße Exemplifizierungen ausgewiesen werden - und trotz eines Hinweises in den Entscheidungsgründen darauf, daß sich der Urteilsspruch nicht auf alle von A, G und B im Rahmen eines

(angenommenen) "fortgesetzten Delikts" zum Nachteil der I begangenen Untreue-Handlungen erstrecke (US 4, 739), in der Tat schon deswegen auszugehen, weil dem öffentlichen Ankläger, sei es aus welchen Gründen immer (US 762), in Ansehung einer Reihe weiterer dahingehender Anklagevorwürfe gemäß § 263 Abs. 2 StPO die selbständige Verfolgung vorbehalten wurde (US 25 f.); damit ist objektiviert, daß das Erstgericht keinesfalls über sämtliche Einzelakte, also nicht über das angenommene "fortgesetzte Delikt" in seiner Gesamtheit (vgl abermals ÖJZ-LSK 1985/22) entschieden hat. Jedenfalls die prozessuale Sperrwirkung des "ersten I-Urteils" erstreckt sich daher nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, uneingeschränkt auf alle Untreue-Handlungen, die er in den dort relevierten Zeiträumen zum Nachteil der Genossenschaft begangen hat. Aus den in der Rechtsrüge zitierten Entscheidungen vermag er keine für seine Ansicht sprechenden Argumente zu entnehmen. Eine "konsumierende" Wirkung des ersten Urteils im materiellrechtlichen Sinn mit Bezug auf die Strafbarkeit auch der nicht abgeurteilten Einzelakte aber kann, wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei, in den Fällen der bloß teilweisen Aburteilung eines "fortgesetzten Delikts" - entgegen einer seinerzeit in der Lehre mißverständlich gebrauchten Wendung (vgl etwa Rittler I 2 347, Malaniuk I 278), die (ohne tatsächliche Effektuierung) vereinzelt auch in der Judikatur Niederschlag gefunden hat (vgl zuletzt SSt 45/30) - deswegen nicht angenommen werden, weil tragfähige Argumente dafür, warum durch die strafrechtliche Erfassung bloß einzelner Teilakte dieser rechtlichen Handlungseinheit auch der von deren Bestand unabhängige, durchaus eigenständige Strafanspruch hinsichtlich aller übrigen ihr zuzuordnenden Gesetzesverletzungen aus Gründen des materiellen Rechts abgegolten sein sollte, nicht zu erkennen sind. Aus der Zugehörigkeit sämtlicher Einzelakte zu dieser Handlungseinheit allein ist nämlich dafür im Hinblick auf ihre bereits aufgezeigte materiellrechtliche Doppelnatur (als zudem "an sich selbständig" strafbare Handlungen) nichts zu gewinnen. Vor der Erreichung des geplanten Gesamterfolgs befindet sich darnach das "Gesamtdelikt" im Stadium unbeendeter, in Ansehung der realisierten Teilerfolge jedoch gleichsam (zur jeweils tatbestandsmäßigen Deliktsvollendung) "qualifizierter" Versuche (vgl Nowakowski aaO 44), von denen jeder für sich tateinheitlich mit der außerdem darin gelegenen Vollendung der betreffenden Einzel-Straftat zusammentrifft; für ein Prävalieren von deren Qualität als bloße Teilakte (vgl Nowakowski aaO 17 f., 26, 31, 45; Triffterer aaO 459), also für die Annahme eines Zurücktretens der jeweiligen Deliktsvollendung in bezug auf den Teilerfolg gegenüber dem in jedem Fall außerdem darin gelegenen) Versuch des "Gesamtdelikts" - wodurch die (urteilsmäßige) Erfassung bloß einzelner Teilakte bei anderen, die zur selben derartigen Handlungseinheit gehören, tatsächlich zum Entfall von deren Versuchs-Strafbarkeit führen könnte, und zwar unter der weiteren Voraussetzung, daß man dieser Zugehörigkeit (anders als nach der dargestellten prozessualen Rechtslage) materiellrechtlich eine unbedingt vereinheitlichende Bedeutung beimäße - ist daher in dieser Phase schon deswegen kein Raum (vgl allgemein Leukauf-Steininger aaO RN 13 zu § 16, ähnlich RN 62 zu § 28; ferner Burgstaller aaO 400, bei und in Anm 49; sowie speziell für die hier aktuelle Problematik Kadecka, JBl 1951, 47 f.).

Nach einer Vollendung des "Gesamtdelikts" dagegen mag zwar nach allgemeinen Grundsätzen (vgl Burgstaller aaO 400; Leukauf-Steininger aaO RN 59-61 zu § 28) gewiß eine Verdrängung der Strafbarkeit auch solcher (qualifizierter) Versuche durch diese Vollendung in Betracht kommen, jedoch keinesfalls umgekehrt eine Verdrängung der Deliktsvollendung durch (bereits abgeurteilte) einzelne Versuche, sodaß die Problematik einer urteilsmäßigen Erfaßbarkeit der übrigen sowie der Vollendung auf der prozessualen Ebene verbleibt; denn die Aburteilung (einzelner Teilakte) als solche vermag als bloß prozessualer Akt eine derartige materiellrechtliche Konsumtionswirkung nicht herbeizuführen (vgl Nowakowski aaO 48; Triffterer aaO 459).

Auch in den Fällen eines "fortgesetzten Delikts" werden demnach durch eine Verurteilung nur dann alle Einzelakte (einschließlich der zur Zeit der Urteilsfällung noch nicht bekannten) "erfaßt und abgegolten" (vgl Leukauf-Steininger aaO RN 41 und mit Bezug darauf, ohne konkrete Aktualität, 9 Os 91/85; Kienapfel aaO E 8 RN 63; Triffterer aaO 459; Rüping aaO 440), wenn die betreffende Taten-Gesamtheit auf Grund ihrer (taxativen oder) pauschalen Individualisierung Gegenstand der Entscheidung ist (nur bei diesem Verständnis folgerichtig: Lohsing-Serini 4 462 sowie Roeder, Lehrbuch 2 , 20; vgl auch Maurach-Gössel-Zipf, AT 2 6 , 382 f.); lediglich auf die pauschalierende Erfassung eines gesamten "fortgesetzten Delikts" bezieht sich des weiteren auch die Folgerung, daß der Anführung von Einzelfakten in Anklage und Urteil speziell bei der Untreue (§ 153 StGB) nur "exemplifizierende" oder "illustrative" Bedeutung zukommt (vgl SSt 35/42, 29/54 ua). Bei nur teilweiser Aburteilung eines "fortgesetzten Delikts" hingegen sind dessen noch nicht erfaßte Teilakte weiterhin sowohl materiellrechtlich als auch prozessual vollauf erfaßbar, und zwar entweder ebenfalls in ihrer Qualität als Einzelakte, diesfalls unter Beachtung allenfalls aktueller materiellrechtlicher Konsequenzen des Fortsetzungszusammenhangs (insoweit unter Überdehnung der Reichweite prozessualer Vorgänge auch auf den Bereich des materiellen Rechts aM für das Finanzstrafrecht die vereinzelt gebliebene E. SSt 43/43 sowie allgemein Mezger, NJW 1952, 437, wonach die Trennung des prozessualen Zusammenhangs überhaupt zum Erlöschen auch des materiellrechtlichen Fortsetzungszusammenhangs führe) oder aber durch eine Entscheidung über das restliche "fortgesetzte Delikt" (in seiner verbliebenen Gesamtheit) im Weg einer (nunmehr) pauschalierenden Tatenbeschreibung unter Ausklammerung (vgl Nowakowski aaO 67, Lohsing-Serini 4 462) der bereits abgeurteilten Teilakte.

Die Beschwerdeansicht, daß die prozessuale Sperrwirkung des mit dem "ersten I-Urteil" gefällten Schuldspruchs wegen Untreue alle damit in einem Fortsetzungszusammenhang gestandenen, denselben Tatbestand verwirklichenden Straftaten (ohne Rücksicht auf die Tatenbeschreibung in jener Entscheidung) allein schon wegen dieses Konnexes generell erfasse, trifft demnach nicht zu, sodaß es keiner Erörterung der die Annahme eines derartigen Zusammenhangs im vorliegenden Fall betreffenden materiellrechtlichen Problematik (einschließlich der in der Beschwerde der Sache nach relevierten Gleichartigkeit des Täterverhaltens) bedarf.

Wohl aber wird die vom Beschwerdeführer gleichwie vom Angeklagten B zudem erhobene Behauptung einer zum Teil konkreten Faktenidentität zwischen dem jeweiligen Gegenstand der Entscheidung in jenem und im vorliegenden Verfahren in Erledigung der faktenbezogenen Beschwerdegründe an Hand der soeben dargestellten Kriterien zu prüfen sein.

III. Zu den faktenbezogenen Rechtsrügen.

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