JudikaturOGH

10Os42/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Juni 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Juni 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stöger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.Oktober 1984, GZ. 3 c Vr 2684/84-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann und des Verteidigers Dr. Kassal, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Vorhaftanrechnung dahin ergänzt, daß dem Angeklagten auch die polizeiliche Verwahrungshaft vom 29.Dezember 1983, 15.30 Uhr, bis 30.Dezember 1983, 13.00 Uhr, gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB auf die Strafe angerechnet wird.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.September 1959 geborene, zuletzt beschäftigungslose Tischlergeselle Alfred A des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 27.Dezember 1983 in Wien mit Gewalt und durch gefährliche Drohung Karin B in zwei Angriffen zum außerehelichen Beischlaf (Punkt 1 des Urteilssatzes) und in wiederholten Angriffen zur Unzucht (Punkt 2) genötigt hat. Er wurde hiefür nach §§ 28 Abs. 1, 202 Abs. 1 StGB unter Bedacht gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25.Jänner 1984, AZ. 3 c Vr 12.405/83, (sechs Monate Freiheitsstrafe) zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die Wiederholung der Angriffe, das Zusammentreffen von Delikten, die einschlägigen Vorverurteilungen und den raschen Rückfall des Angeklagten nach dem letzten Strafvollzug sowie während eines anhängigen Strafverfahrens und nur wenige Tage nach der in jenem Verfahren erfolgten Versetzung auf freien Fuß als erschwerend; mildernd war kein Umstand. Die gegen den Schuldspruch erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 14. Mai 1985, GZ. 10 Os 42/85-6, dem auch der maßgebliche Sachverhalt entnommen werden kann, in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen. Gegen den Strafausspruch richtet sich seine Berufung, in der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes mit der Begründung anstrebt, daß er 'unter Aggressionen leide, welche ihm das Einordnen in ein normales, durchschnittlich angepaßtes Verhalten sehr erschweren'.

Rechtliche Beurteilung

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Dem Vorbringen des Angeklagten zuwider manifestiert sich in seiner erhöhten Aggressionsbereitschaft kein abnormer Geisteszustand im Sinne des von ihm offenbar reklamierten Milderungsgrundes der Z. 1 des § 34 StGB, sondern ein krimineller Persönlichkeitszug, der nicht zu entlasten vermag (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , § 32 RN. 7), vielmehr seine personale Täterschuld gerade mit Rücksicht auf die Wirkungslosigkeit mehrerer, zum Teil empfindlicher Vorstrafen wegen Gewaltdelikten besonders beschwert. Im übrigen sind die richtig aufgezählten Erschwerungsgründe noch durch das - dem Angeklagten erkennbare (S. 21) - der Unmündigkeit nahe Alter des Tatopfers und die diesem zugefügten leichten Verletzungen (US. 10 iVm dem Gutachten S. 25) zu ergänzen. Diesen Erschwerungsgründen steht kein einziger Milderungsgrund gegenüber, zumal die Art der Verantwortung des Angeklagten (S. 79 ff.) weder als reumütiges Geständnis noch als wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung Anerkennung zu verdienen vermag. Der Oberste Gerichtshof erachtet die vom Schöffengericht innerhalb der unteren Hälfte der durch die gegebenen Voraussetzungen des § 39 StGB fakultativ erweiterten Strafausdehnungsbefugnis ausgemessene (zusätzliche) Freiheitsstrafe von drei Jahren (zu sechs Monaten) insbesondere auch unter Bedacht auf die Vorschrift des § 40 StGB als die der Schuld des Angeklagten und dem Unwert seiner Taten durchaus entsprechende und keineswegs überhöhte Unrechtsfolge und findet demnach keinen Anlaß zu deren Ermäßigung.

Die Berufung mußte somit erfolglos bleiben.

Bereits anläßlich der Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich jedoch der Oberste Gerichtshof davon überzeugen, daß das Erstgericht zum Nachteil des Angeklagten durch die Nichtanrechnung der polizeilichen Verwahrungshaft vom 29.Dezember 1983, 15.30 Uhr (vgl. S. 5, 7 und 31 in ON. 3) bis zu seiner Einlieferung am 30. Dezember 1983, 13.00 Uhr (vgl. S. 49 in ON. 3) gegen § 38 StGB verstoßen hat. Dieser Teil der Vorhaft wurde auch nicht in dem abgesondert geführten, im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Verfahren AZ. 3 c Vr 12.405/84 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gemäß § 38 Abs. 1 (richtig:) Z. 2 StGB angerechnet (siehe dort S. 134), weshalb der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung gemäß § 290 Abs. 1 StPO insoweit zu ergänzen war; dies ungeachtet des Umstandes, daß das Erstgericht entgegen seiner eigenen Berechnung des Endes der (ausschließlich durch Vorhaftanrechnung vollzogenen) Strafe im Parallelverfahren mit 21.Mai 1984, 20.10 Uhr (siehe S. 166 im zitierten Beiakt ON. 32) die (weitere) Vorhaft im angefochtenen Urteil bereits ab 12.00 Uhr dieses Tages (somit um 8 Stunden und 10 Minuten zuviel) angerechnet hat, was aber mangels Anfechtung seitens der Staatsanwaltschaft nicht mehr korrigiert werden konnte.

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