9Os57/85 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17.April 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Schwab als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter A undd andere wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Kurt B, Doris C (geborene D) und Franz E und über die Berufung der Staatsanwaltschaft Innsbruck hinsichtlich der Angeklagten Peter A, Kurt B, Doris B und Franz E gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5.Juni 1984, GZ 26 Vr 3683/84-89, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
über die Berufungen der Angeklagten Kurt B, Doris B (geborene D) und Franz E sowie der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich der genannten Angeklagten und des Peter A) wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Kurt B, Doris B und Franz E auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der 31-jährige Peter A, der 32- jährige Kurt B, die 28-jährige Doris B (geborene D) und der 29- jährige Franz E (zu I) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und (zu II) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG sowie Peter A überdies (zu VI) des Vergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit a, 38 Abs. 1 lit a FinStrG, (zu VIII) des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht nach § 209 StGB und (zu IX) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit a WaffG, Kurt B (zu III) des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG, (zu IV) des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit a FinStrG und (zu X) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, ferner Doris B (zu III) des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG und (zu V) des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit a FinStrG sowie schließlich Franz E (zu VII) des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit a FinStrG schuldig erkannt. Darnach haben die Genannten - zusammengefaßt wiedergegeben - (zu I) Suchtgifte in solchen Mengen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, eingeführt bzw in Verkehr gesetzt, indem Kurt und Doris B als Mittäter im März und August 1983
mindestens 51,7 Gramm Heroin von Thailand nach Österreich einführten und davon 50 Gramm dem Dealer Peter A überließen, Peter A gewerbsmäßig zwischen April und Oktober 1983 mindestens 60 Gramm Heroin an eine Vielzahl von Personen überließ und in der Zeit von Winter 1982/83 bis Herbst 1983 Cannabis-Harz in unbekannter Menge an namentlich angeführte Personen überließ und Franz E in der Zeit von Anfang 1983 bis Mai 1983 20 Gramm Heroin an den Dealer Peter A überließ. Darüber hinaus haben sie (zu II) unberechtigt Suchtgift erworben und besessen, und zwar Kurt B zwischen März 1982 und Oktober 1983 insgesamt 14,4 Gramm Heroin, Doris B gleichfalls zwischen März 1982 und Oktober 1983
mindestens 3,5 Gramm Heroin (teilweise gemeinsam mit Kurt B), Peter A zwischen April und Oktober 1983 mindestens 44 Gramm Heroin und 80 Gramm Cannabis-Harz sowie Franz E im März 1984 3 Gramm Cannabis-Harz. Weiters haben Kurt B und Doris B (zu III) 51,7 Gramm Heroin nach Österreich geschmuggelt und sämtliche Angeklagten (zu IV bis VII), Abgabenhehlerei begangen, und zwar Kurt B bezüglich 11,4 Gramm Heroin, Doris B hinsichtlich 0,5 Gramm Heroin, Peter A in Ansehung von mindestens 100 Gramm Heroin und 85 Gramm Cannabis-Harz sowie Franz E bezüglich 20 Gramm Heroin und 3 Gramm Cannabis-Harz. Endlich verwirklichte Peter A (zu VIII) das Verbrechen nach § 209 StGB dadurch, daß er mit dem damals 16-jährigen Andreas F im Oktober 1983 durch Handverkehr gleichgeschlechtliche Unzucht trieb, (zu IX) das genannte Vergehen nach dem Waffengesetz dadurch, daß er im Oktober 1983 unbefugt eine Pistole besaß und (zu X) Kurt B das Vergehen der Sachbeschädigung, indem er im Februar 1983 eine Tür zur Wohnung des Roland G gewaltsam aufdrückte, wodurch ein Schaden in der Höhe von ca 1.000 S entstand.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Angeklagten Kurt B, Doris B und Franz E aus der Z 5, von Kurt B auch aus der Z 4 und von Doris B aus der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind teils offenbar unbegründet, teils entbehren sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.
Zur Beschwerde des Kurt B:
Der Mängelrüge (Z 5) dieses Angeklagten zuwider, kann in den erstgerichtlichen Annahmen, er und seine (spätere) Ehefrau Doris hätten im März und am 17.August 1983 insgesamt mindestens 51,7 Gramm Heroin von Thailand nach Österreich geschmuggelt und im Zeitraum von Frühjahr bis August 1983 hievon rund 50 Gramm in Teilmengen an A als Zwischenhändler weiterverkauft (Band II S 183), ein Widerspruch nicht gefunden werden, da der solcherart umschriebene Zeitraum durchaus übereinstimmt.
Mit der Erklärung des A, er habe kein Zeitgefühl, es könne jedoch auch Ende April oder Mai gewesen sein, als ihn B besucht habe, mußte sich das Gericht nicht weiter auseinandersetzen, da sich A mit dieser ohnedies in der Möglichkeitsform gehaltenen Angabe in zeitlicher Hinsicht keineswegs von seinem diesbezüglichen Vorbringen wesentlich abweichend festgelegt hat.
Angesichts des durch den Hinweis auf die kontinuierliche Weitergabe in Teilmengen zum Ausdruck gebrachten Fortsetzungszusammenhanges konnte es auch auf sich beruhen, welche Heroinmengen bei den beiden Transporten aus Thailand im einzelnen eingeführt wurden und ist es belanglos, daß sich die Tatrichter außerstande erklärten, insoweit exakte Feststellungen zu treffen (Band II S 186 f). Daß sich A - wie die Beschwerde behauptet - anläßlich der zweiten Thailandreise der Eheleute B gar nicht mehr in Tirol aufhielt, findet in den Akten keine Stütze;
hat doch A angegeben (vgl Band I S 170), er habe bis anfangs September 1983 versucht (in Innsbruck) Arbeit zu bekommen und sei erst Mitte September nach Wien gefahren (wo er sich aber auch nicht lange aufhielt, weil er sich im Oktober 1983 bereits wieder in Innsbruck befand, wo er festgenommen wurde); auch bekundete er bei einer anderen Gelegenheit (vgl Band I S 139), er sei Ende August oder Anfang September 1983 nach Wien gefahren, habe dort Heroin erstanden und einen Teil davon an Innsbrucker Suchtgiftkonsumenten weiterveräußert. Daß A bei seiner (ersten) Einvernahme durch die Polizei am 17.Oktober 1983 unter Drogeneinfluß stand, mußte keiner besonderen Erörterung unterzogen werden, weil er die dort gemachten Angaben in der Folge beim Untersuchungsrichter (vgl Band I ON 4) wiederholte und detaillierte.
Die gesetzlich normierte gedrängte Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) machte es auch entbehrlich, im Rahmen der Würdigung der Verantwortung des Angeklagten A gesondert darauf einzugehen, daß er einmal im Vorverfahren bekundet hatte (vgl Band I S 17 g verso), 'es könnten bei B auch nur 10 Gramm (Heroin) gewesen sein', da er sowohl früher (vgl Band I S 17 b verso) als auch später und namentlich in der Hauptverhandlung (vgl Band II S 162) von rund 50 Gramm Heroin gesprochen, die obige Behauptung sohin nicht aufrecht erhalten hatte.
Mit den weiteren Beschwerdebehauptungen, dem Rechtsmittelwerber sei - entgegen der Niederschrift im Protokoll - kein Schlußwort im Sinne des § 255 Abs. 3 StPO gewährt worden, dem Hauptverhandlungsprotokoll zuwider habe man die dort angeführten Urkunden nicht verlesen und es sei endlich dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit gegeben worden (auch entgegen dem Hauptverhandlungsprotokoll; vgl Band II S 161), der Anklageschrift eine zusammenfassende Erklärung entgegenzustellen, wird keiner der im § 281 Abs. 1 StPO taxativ aufgezählten Nichtigkeitsgründe zur Darstellung gebracht. Denn abgesehen davon, daß der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer keinen Berichtigungsantrag stellte und sonach vom Inhalt des Protokolls auszugehen ist (vgl Mayerhofer-Rieder StPO 2 Nr 49 ff zu § 271), ist keine der behaupteten Unterlassungen mit Nichtigkeit bedroht (§ 281 Abs. 1 Z 3 StPO). Wenn der Beschwerdeführer aber vermeint, durch die Nichtgewährung des Schlußwortes sei die Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO verwirklicht, genügt es ihm zu erwidern, daß er dieser Vorgangsweise weder widersprach noch insoweit irgendeinen zielführenden Antrag stellte und es sohin an den formellen Voraussetzungen des angeführten Nichtigkeitsgrundes gebricht (vgl Mayerhofer-Rieder aaO Nr 1 ff zu § 281 Z 4).
Zur Beschwerdemeinung schließlich, eine Unvollständigkeit (Z 5) der Begründung sei darin gelegen, daß sich die Tatrichter nicht mit der Frage auseinandersetzen, daß A einen der 'bekanntesten Strafverteidiger von Innsbruck' mit seiner Verteidigung betraute, wobei unerfindlich bleibe, wie er dies finanzieren könne, muß wegen der evidenten Bedeutungslosigkeit dieser Behauptung, der Vielzahl der möglichen Antworten und dem Fehlen jeglicher darauf bezüglicher Verfahrensergebnisse nicht Stellung genommen werden.
Zur Beschwerde der Doris B:
Entgegen der Mängelrüge (Z 5) dieser Angeklagten haben die Tatrichter die Feststellung, daß auch sie am Import und Verkauf des Suchtgiftes beteiligt war, keineswegs allein auf die geständige Verantwortung des A gestützt (siehe dazu Band II S 187:
..... sie werden aber durch die aufgenommenen Beweise, insbesondere
durch die belastenden Angaben des A ..... überführt). Auf diese wird
vielmehr ersichtlich nur die - entgegen der Einlassung der Eheleute B getroffene - Urteilsannahme gegründet, er (A) habe von dem von ihnen nach Österreich geschmuggelten Heroin in Teilmengen insgesamt 50 Gramm erhalten. Die Annahme aber, daß sie sich am Schmuggel und am Inverkehrsetzen des Suchtgiftes beteiligte, konnte das Schöffengericht ohne Verstoß gegen die Gesetze der Logik und Wahrscheinlichkeit daraus ableiten, daß sie mit Kurt B zweimal innerhalb eines Jahres teure Flüge nach Thailand unternahm, sie vor der Polizei zugestanden hatte, es sei geplant gewesen, ca 30 Gramm hochwertiges Heroin zu erstehen (vgl S 67 in ON 7) sowie ferner daraus erschließen, daß sie sich anläßlich einer Hausdurchsuchung einer in ihrem Besitz befindlichen Heroinmenge von 0,2 Gramm zu entledigen trachtete, all dies im Zusammenhalt damit, daß A von ihrem Ehemann Kurt B in Teilquanten ca 50 Gramm Heroin - also etwa die eingeschmuggelte Menge - erhielt. Da die Angabe des A, er habe das Suchtgift von dem ebenso wie Doris A leugnenden Kurt B übernommen, in dieser Indizienkette eine wesentliche Prämisse darstellte, konnte das Erstgericht mithin zu Recht davon ausgehen, A habe durch sein Geständnis auch die Beschwerdeführerin belastet (vgl Band II S 188), bzw werde auch sie durch die Bekundungen des A überführt (vgl Band II S 187).
Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang - der Sache nach damit einen Feststellungsmangel im Sinne der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO relevierend - unsubstantiiert behauptet, es könne dem angefochtenen Urteil nicht eindeutig entnommen werden, worin das Gericht das tatbestandsverwirklichende Verhalten der Beschwerdeführerin in objektiver und subjektiver Hinsicht erblicke, genügt es dazu ebenso global darauf zu verweisen, daß das Schöffengericht konstatierte, Kurt und Doris B hätten von dem in Thailand erstandenen Heroin eine Menge von 50 Gramm sowie einen verbleibenden Rest von 1,7 Gramm aus der zum eigenen Konsum erworbenen Menge von Thailand über Zürich nach Tirol geschmuggelt, wovon sie dann 50 Gramm in Teilmengen an A als Zwischenhändler weiterverkauften, wobei sie die Absicht hatten, das Suchtgift 'unter das Volk' zu bringen und zwar so, daß in größerer Ausdehnung Gefahr für Menschen entstehen könne (Band II S 187).
Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit a) der Beschwerdeführerin, in der sie auf die Glaubwürdigkeit ihrer leugnenden Verantwortung und darauf verweist, daß A sie nicht belastet habe, entbehrt, weil sie die obigen Konstatierungen neglegiert, zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung und muß darauf nicht weiter eingegangen werden.
Zur Beschwerde des Franz E:
Die schöffengerichtliche Konstatierung, alle Angeklagten - also auch der Beschwerdeführer - seien süchtig gewesen und hätten sich in das Dealergeschäft begeben, um ihre Sucht zu finanzieren (Band II S 182) findet bezüglich des Angeklagten E schon darin volle Deckung, daß anläßlich seiner Perlustrierung am 19.März 1984 bei ihm 3 Gramm Cannabis-Harz gefunden und sichergestellt wurden und daß er bei dieser Gelegenheit erklärte, er werde auch weiterhin dieses Suchtgift nehmen (vgl Band II S 85). Da auch die Beschaffung von Haschisch finanziellen Aufwand erfordert, kann es auf sich beruhen, ob der Angeklagte E - wie er behauptet - seit Oktober 1980 Heroin meidet.
Das sonstige Beschwerdevorbringen dieses Angeklagten erschöpft sich nach Inhalt und Zielsetzung in einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Bekämpfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung und genügt es dem global zu erwidern, daß aus den vom Schöffengericht angeführten Indizien - namentlich der Verantwortung des Angeklagten A - sowie dem Umstand, daß dieser und der Angeklagte E einander lange kannten, die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse tatsächlicher Natur denkfolgerichtig abgeleitet werden konnten.
Nach dem Gesagten waren mithin die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
über die Berufungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.