3Ob143/84 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Viktor A. Straberger, Rechtsanwalt in Wels, wider die verpflichtete Partei H***** Handelsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 500.000 S sA) infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 16. November 1984, GZ 2 R 257 265/84, 2 R 268 278/84 und 2 R 314 316/84 76, sowie vom 3. Dezember 1984, GZ 2 R 326/84 79, womit die Beschlüsse des Kreisgerichts Steyr vom 25. September 1984, GZ 2 Cg 136/84 15 bis 18, vom 26. September 1984, GZ 2 Cg 136/84 19 bis 22, vom 28. September 1984, GZ 2 Cg 136/84 25 und 26, vom 1. Oktober 1984, GZ 2 Cg 136/84 27 bis 31, vom 3. Oktober 1984, GZ 2 Cg 136/84 32 bis 37, und vom 4. Oktober 1984, GZ 2 Cg 136/84 38 und 39 sowie vom 24. September 1984, GZ 2 Cg 136/84 14, abgeändert wurden, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit einstweiliger Verfügung des Kreisgerichts Steyr vom 9. Juli 1984, 2 Cg 136/84 7, teilweise abgeändert durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 30. August 1984, 2 R 202/84 12, wurde der verpflichteten Partei für die Dauer des Rechtsstreits 2 Cg 136/84 des Kreisgerichts Steyr verboten, im geschäftlichen Verkehr 1.) anzukündigen, dass sie Fernsehgeräte der Marke „G***** Typ *****“ verkauft und 2.) Fernseh , Rundfunk , Video und Hifi Geräte der Marke „G***** Typ ***** und *****“ anzubieten, dafür zu werben und sie zu verkaufen.
Mit Beschluss des Kreisgerichts Steyr vom 24. September 1984, 2 Cg 136/84 13, wurde der betreibenden Partei aufgrund dieser einstweiligen Verfügung die Exekution bewilligt; die Verhängung einer Geldstrafe, die Auferlegung einer Sicherheit gemäß § 355 Abs 2 EO und die Ermächtigung gemäß § 356 EO wurde dem Exekutionsgericht, zu dem das Bezirksgerichts Steyr bestimmt wurde, vorbehalten. Diese Exekutionsbewilligung ist in Rechtskraft erwachsen (ein gegen sie erhobener Rekurs wurde vom Kreisgericht Steyr mit Beschluss vom 30. Oktober 1984, 2 Cg 136/84 70, als verspätet zurückgewiesen). Die Exekution wird vom Bezirksgericht Steyr zu E 9509/84 vollzogen.
Zum Teil am gleichen Tag (24. September 1984), zum Teil an darauffolgenden Tagen bewilligte das Kreisgericht Steyr der betreibenden Partei über deren Antrag noch weitere Male die Exekution. In ihren Anträgen behauptete die betreibende Partei, die verpflichtete Partei verstoße gegen das ihr auferlegte Verbot, wobei die Wettbewerbsverstöße in zahlreichen Orten im gesamten Bundesgebiet (Filialen der verpflichteten Partei) erfolgten; als Exekutionsgericht wurde jeweils jenes Bezirksgericht genannt, in dessen Sprengel sich die behaupteten Wettbewerbsverstöße ereigneten (ON 14 bis 22 und ON 25 bis 39).
Das Rekursgericht gab den gegen diese Exekutionsbewilligung erhobenen Rekursen Folge und änderte die Beschlüsse ON 14 bis 22 und ON 25 bis 39 dahin ab, dass die ihnen zugrundeliegenden Exekutionsbewilligungsanträge der betreibenden Partei zurückgewiesen werden; es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands, über den es entschieden hat, in jeder einzelnen Exekutionssache den Betrag von 300.000 S übersteigt (Beschlüsse vom 16. November und 3. Dezember 1984, 2 R 257 265, 2 R 268 278 und 2 R 314 316/84 76, 2 R 326/84 79). Die der Exekutionsbewilligung ON 13 nachfolgenden Exekutionsbewilligungen verstießen gegen den Grundsatz der Einheit der Exekutionsbewilligung, der sich aus dem Wesen der materiellen Rechtskraft, aber auch unmittelbar aus § 63 EO ergebe. Da der Exekutionsanspruch nach § 355 EO unteilbar sei, könne es auch nur ein einziges Exekutionsgericht geben. Dieses eine Exekutionsgericht könne die Sachlage aufgrund der bei ihm eingehenden Anträge der betreibenden Partei auf Erlassung weiterer Strafverfügungen wegen neuerlichen Zuwiderhandelns überblicken und beurteilen, welche Strafverschärfungen im gesetzlichen Rahmen des § 355 EO geboten und zulässig seien. Das Erstgericht hätte daher alle der Exekutionsbewilligung ON 13 nachfolgenden Exekutionsbewilligungen aufgrund desselben Titels nicht beschließen dürfen, sondern die ihnen zugrunde liegenden Anträge mit der Bezeichnung verschiedenster Exekutionsgerichte zurückweisen müssen.
Die betreibende Partei bekämpft die Beschlüsse des Rekursgerichts vom 16. November 1984, ON 76, und vom 3. Dezember 1984, ON 79, mit Revisionsrekurs und beantragt, sie dahin abzuändern, dass die Entscheidungen des Erstgerichts ON 14 bis 22 sowie ON 25 bis 39 wiederhergestellt werden. Die vom Rekursgericht vertretene Meinung sei wirklichkeitsfremd und werde von einem Teil der Lehre nicht geteilt. Es hätte darüber hinaus die rechtliche Möglichkeit bestanden, die Anträge „dem zuständigen Bezirksgericht zur weiteren Behandlung weiterzuleiten“, wie dies mit Beschluss des Kreisgerichts Steyr vom 12. Oktober 1984, 2 Cg 136/84 44, hinsichtlich 13 weiterer Anträge der betreibenden Partei auf Bewilligung der Exekution geschehen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Das Gesetz sieht im § 63 EO für Zwangsvollstreckungsverfahren aus einem Titel und auf dieselbe Art nur eine einzige Exekutionsbewilligung vor. Wurde einmal zur Durchsetzung eines Anspruchs eine bestimmte Exekution bewilligt, so kann solange das Exekutionsverfahren anhängig ist nicht neuerlich eine völlig gleichartige Exekution zur Durchsetzung desselben Anspruchs bewilligt werden; dem steht die materielle Rechtskraft des ersten Exekutionsbewilligungsbeschlusses entgegen, denn nach Lehre und Rechtsprechung gelten die Grundsätze über die materielle Rechtskraft auch für Beschlüsse, die über Rechtsschutzansprüche entscheiden, also auch für derartige Beschlüsse im Exekutionsverfahren, insbesondere Beschlüsse über den Vollstreckungsanspruch ( Heller Berger Stix 160, 163; EvBl 1976/160; 3 Ob 177/79 ua). Führt ein Exekutionsakt nicht zur vollen Befriedigung, so kann nur neuerlicher Vollzug im Falle des § 355 EO Antrag auf Verhängung einer weiteren Geldstrafe oder von Haft wegen weiteren Zuwiderhandelns (vgl auch Heller Berger Stix 2587 ff) , keinesfalls jedoch abermals Exekution beantragt werden, so lange die erste noch anhängig ist ( Heller Berger Stix 164). Es trifft nicht zu, dass Pfersmann in ÖJZ 1955, 504, und ÖJZ 1961, 654, sowie Jelinek in „Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen“ eine gegenteilige Ansicht vertreten (wie die betreibende Partei im Revisionsrekurs behauptet). Pfersmann behandelt in ÖJZ 1955, 501 ff („Die Zulässigkeit sofortiger Sanktionen bei Zuwiderhandeln gegen einstweilige Verfügungen“) und in ÖJZ 1961, 654 ff („Einstweilige Verfügung und Strafandrohung bei Exekution auf Duldungen oder Unterlassungen“) vor allem die seit der durch die UWG Novelle 1980, BGBl Nr 120, vorgenommene Veränderung des Wortlauts des § 355 Abs 1 EO nicht mehr aktuelle Frage, ob schon das erste Zuwiderhandeln gegen ein mit einstweiliger Verfügung ausgesprochenes Verbot entsprechend bestraft werden kann; er vertritt aaO keinesfalls die Ansicht, es sei wegen eines jeden Zuwiderhandelns gegen das Verbot neuerlich die Exekution zu bewilligen. Eine derartige Ansicht vertritt auch nicht Jelinek in seiner Abhandlung über die „Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen“. Jelinek hebt aaO 119 ff im Gegenteil ausdrücklich hervor, dass es (nur) eine „globale“ Exekutionsbewilligung, „die sogenannte Exekutionsbewilligung schlechthin“ gebe.
Die dem ersten Exekutionsantrag nachfolgenden Exekutionsanträge der betreibenden Partei waren auch nicht als Anträge auf neuerlichen Vollzug der mit Beschluss des Kreisgerichts Steyr vom 24. September 1984, 2 Cg 136/84 13, bewilligten Exekution (E 9509/84 des Bezirksgerichts Steyr; die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Steyr als Exekutionsgericht entsprechend dem Sitz der verpflichteten Partei wurde vom Rekursgericht in seinem Beschluss vom 3. Dezember 1984, ON 79, in zutreffender Weise EvBl 1976/159 und 1979/26 hervorgehoben, bzw als Anträge auf Verhängung einer weiteren Geldstrafe oder von Haft wegen weiteren Zuwiderhandelns im Sinne des § 355 Abs 1 EO zu behandeln (vgl Heller Berger Stix 1634 ff). Dies wäre nur dann zulässig, wenn im neuerlichen Exekutionsantrag ausdrücklich auf die Vorexekution Bezug genommen und zum Ausdruck gebracht worden wäre, dass das neuerliche Begehren nur zum Zweck der Fortsetzung des Exekutionsverfahrens gestellt worden sei; in einem solchen Fall wäre in Wahrheit nur ein unrichtig formulierter neuerlicher Vollzugsantrag (Antrag auf Verhängung einer weiteren Geldstrafe oder von Haft) vorgelegen (3 Ob 74/76). Bei den vorliegenden Exekutionsanträgen kann keinesfalls angenommen werden, es handle sich nur um unrichtig formulierte Anträge auf Verhängung weiterer Geldstrafen. Gegen eine solche Deutung spricht abgesehen vom Wortlaut der Anträge vor allem, dass sie beim Titelgericht eingebracht wurden, wogegen Anträge auf neuerlichen Strafvollzug beim Exekutionsgericht einzubringen sind (§ 355 Abs 1 EO), und dass bei allen Anträgen ein gesondertes (oftmals anderes) Vollzugsgericht genannt wird. Durch ihre inhaltliche Gleichartigkeit mit dem zunächst gestellten Exekutionsantrag und die Anführung gesonderter Vollzugsgerichte wird vielmehr deutlich, dass die betreibende Partei Anträge auf (neuerlichen) Vollzug beziehungsweise auf Verhängung einer weiteren Geldstrafe oder von Haft wegen weiteren Zuwiderhandelns gar nicht stellten wollte, sondern den Standpunkt vertritt (wie dies auch noch im Revisionsrekurs geschieht), es sei ihr wegen eines jeden einzelnen Zuwiderhandelns der verpflichteten Partei gegen das in der einstweiligen Verfügung ausgesprochene Verbot neuerlich die Exekution zu bewilligen.
In zutreffender Weise hat deshalb das Rekursgericht die Beschlüsse des Erstgerichts ON 14 bis 22 und ON 25 und 39 dahin abgeändert, dass die diesen Exekutionsbewilligungen zugrunde liegenden Exekutionsanträge zurückgewiesen werden. Den Revisionsrekurs musste aus diesem Grund ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.