JudikaturOGH

3Ob108/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Michael Datzik und Dr. Claus Janovsky, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Erika G*****, wegen 51.976 S sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Kreisgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 8. Mai 1984, GZ 5 R 129/84 14, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Laa an der Thaya vom 3. April 1984, GZ E 268/84 10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses ON 11 selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die betreibende S***** beantragte, ihr zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Geldforderung die Exekution wider die Verpflichtete durch „Pfändung, Verwahrung, bei negativem Verkauf an Ort und Stelle Überstellung in die nächstgelegene Versteigerungshalle und Verkauf“ der beweglichen Sachen zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß. Am 31. Jänner 1983 erfolgte die Pfändung einiger Hausratsgegenstände durch Anmerkung auf dem Pfändungsprotokoll GZ E 1827/81 2, doch konnte die für den 28. Februar 1983 angesetzte Versteigerung im führenden Verfahren E 25/83, dem die betreibende Partei beigetreten war, nicht erfolgen, weil die Wohnung der Verpflichteten versperrt war und keine Interessenten erschienen sind. Das Erstgericht ordnete am 1. März 1983 den Verkauf aus freier Hand (an Ort und Stelle, weil ohne Überstellungsanordnung) an. Dieser Beschluss wurde dem Vertreter der betreibenden Partei am 4. März 1983 zugestellt. Er kam der Aufforderung, dem Vollstrecker Käufer namhaft zu machen, nicht nach. Das Erstgericht stellte das Verkaufsverfahren am 23. März 1983 ein (§ 280 Abs 2 EO). Das Pfandrecht erlosch mit Ablauf der Jahresfrist (§ 256 Abs 2 EO).

Am 21. Februar 1984 beantragte die betreibende S***** den neuerlichen Vollzug der Fahrnisexekution. Das Erstgericht bewilligte. Am 27. Februar 1984 wurden die schon früher gepfändet gewesenen Hausratsgegenstände durch die Anmerkung auf dem Pfändungsprotokoll neuerlich gepfändet. Der Verkauf an Ort und Stelle sollte am 2. April 1984 stattfinden. Nach dem Bericht des Vollstreckers unterblieb die Versteigerung, weil keine Bieter erschienen sind und die Wohnung versperrt war.

Am 3. April 1984 ordnete das Erstgericht den Verkauf aus freier Hand nach fruchtloser Versteigerung an und forderte die betreibende Partei auf, Käufer namhaft zu machen.

Diesen Beschluss bekämpfte die betreibende Partei mit Rekurs, weil über ihren Antrag auf Überstellung der Pfandsachen in die nächstgelegene Versteigerungshalle und deren Verkauf dort noch nicht entschieden wurde.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs Folge. Es behob den erstrichterlichen Beschluss und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens durch Entscheidung über den Überstellungsantrag auf. Da die betreibende Partei schon im Exekutionsantrag den Eventualantrag gestellt habe, im Falle des „negativen Verkaufs“ an Ort und Stelle die Pfandgegenstände in die nächstgelegene Versteigerungshalle zu überstellen, und dieser Antrag noch immer aufrecht sei, müsse das Erstgericht zunächst entscheiden, ob die beantragte Überstellung stattfinde, bevor es den Freihandverkauf anordne.

Das Rekursgericht hat ausgesprochen, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der die im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO umschriebene Bedeutung zukomme (§ 528 Abs 2 ZPO).

Der von der Verpflichteten gegen den Beschluss des Rekursgerichts erhobenen und auf Wiederherstellung der erstrichterlichen Anordnung abzielende Revisionsrekurs ist wegen der über den Einzelfall hinausreichenden Bedeutung der Lösung der Rechtsfrage, ob Anträge im Verkaufsverfahren noch nach dessen Einstellung und neuem Exekutionsvollzug fortwirken, zulässig und auch berechtigt.

Zu Unrecht hat das Rekursgericht angenommen, dass dem Erstgericht ein noch unerledigter Antrag vorlag, nach fruchtloser Versteigerung an Ort und Stelle eine weitere Versteigerung der Pfandgegenstände in der nächstgelegenen Versteigerungshalle anzuordnen und daher die Überstellung der Sachen dorthin zu veranlassen. Die Überstellung der Pfandgegenstände an einen anderen Ort war dadurch abgelehnt worden, dass das Erstgericht am 1. März 1983 von Amts wegen anordnete, dass die Sachen, für die bei der Versteigerung kein Anbot gemacht worden war, in anderer Weise als durch öffentliche Versteigerung verwertet und aus freier Hand verkauft werden (§ 280 Abs 2 EO). Der auf das damals bevorstehende Verkaufsverfahren abgestellte Überstellungsantrag der betreibenden Partei war damit erledigt und wirkte nicht fort, wenn nach der Einstellung des Verkaufsverfahrens von neuem der Vollzug durch Pfändung und Verkauf durchgeführt wurde.

Nach Einstellung des Verkaufsverfahrens und Erlöschen des Pfandrechts blieb nur die Bewilligung der Exekution auf bewegliche Sachen aufrecht. Wenn die betreibende Partei den neuen Vollzug dieser bewilligten Exekution beantragte, ohne einen Überstellungsantrag beizufügen, so wollte sie, dass das Gericht dem Gesetz gemäß verfahre. Dieses sieht im § 280 Abs 2 EO vor, dass das Gericht den Verkauf aus freier Hand anordnen kann, wenn die öffentliche Versteigerung der Pfandsachen nicht zu deren Verwertung führte. Der erst nach der somit dem Gesetz gemäßen Beschlussfassung des Erstgerichts vom 3. April 1984 am 18. Mai 1984 nachgetragene Antrag auf Überstellung der Pfandgegenstände in die nächstgelegene Auktionshalle (ON 13) kann bei der Überprüfung der Rechtsrichtigkeit der erstrichterlichen Anordnung nicht Beachtung finden (SZ 28/176 ua).

Es ist daher dem Revisionsrekurs der Verpflichteten dahin stattzugeben, dass in Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres nun erfolglos gebliebenen Rechtsmittels nach § 78 EO und den §§ 40 und 50 EO endgültig selbst zu tragen.

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