JudikaturOGH

5Ob566/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Oktober 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** A*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß und Dr. Hans Pucher, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die beklagte Partei S***** H*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 44.000 Schilling sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. März 1984, GZ 13 R 38/84 14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten vom 2. Dezember 1983, GZ 1 Cg 294/83 8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 12.292,20 Schilling bestimmten Kosten des Revisionsverfahens (darin enthalten 960 Schilling an Barauslagen und 1.030,20 Schilling an USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 22. 6. 1983 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger von der Beklagten die Zahlung von 400.000 Schilling sA. Er habe ihr und ihrem ehemaligen Ehegatten A***** H***** zum Ankauf einer Liegenschaft ein Darlehen von 900.000 Schilling gewährt; der offene Darlehensbetrag sei zum 31. 1. 1983 einverständlich mit 800.000 Schilling ermittelt worden.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klageabweisung und wendete mangelnde Fälligkeit ein. Es sei vereinbart worden, dass das Darlehen erst dann zurückzuzahlen sei, wenn die Darlehensnehmer ein Grundstück der Liegenschaft verkauft hätten. Letzteres sei derzeit wegen eines zwischen ihr und ihrem geschiedenen Ehegatten anhängigen Verfahrens nach § 81 EheG nicht möglich.

Das Erstgericht gab der Klage – abgesehen von der rechtskräftigen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens –statt. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Aufgrund des Kaufvertrags vom 22. 2. 1977 wurden A***** H***** und die Beklagte je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft *****. Zur Abdeckung des Kaufpreises nahmen sie einen Kredit von 1.100.000 Schilling auf. Hievon zahlten sie nach Verkauf eines Baugrundes 500.000 Schilling zurück. Da die Zinsenbelastung mit 20 % sehr hoch war, vereinbarten sie mit dem Kläger ein mit 10 % zu verzinsendes Darlehen. Ein fixer Rückzahlungstermin wurde nicht vereinbart, doch war allen Beteiligten klar, dass die Mittel zur Rückzahlung nicht aus der Landwirtschaft, sondern nur aus dem Verkauf eines Grundstücks aufgebracht werden können. Der Betrag sollte nach einem Jahr, maximal nach eineinhalb Jahren zurückgezahlt werden. Nach diesem Zeitpunkt wollte der Kläger ein Pfandrecht im Grundbuch einverleiben lassen. Er übergab A***** H***** 900.000 Schilling, der damit den zuerst aufgenommenen Kredit abdeckte. Am 16. 5. 1981 trafen der Kläger, die Beklagte und A***** H***** einander, um Holzgeschäfte abzurechnen. Der Darlehensbetrag wurde verzinst und die Holzgeschäfte wurden verrechnet. Aus dem Erlös des Verkaufs eines Grundstücks wurde ein Teil des Darlehens zurückgezahlt. Über den weiterhin aushaftenden Betrag von 600.000 Schilling samt 10 % Zinsen unterschrieben A***** H***** und die Beklagte eine mit 16. 5. 1981 datierte Bestätigung. Entgegen deren Inhalt erhielten sie aber an diesem Tag kein Darlehen zugezählt. Der Kläger drängte in der Folge auf Rückzahlung und stellte sich vor, dass dies etwa in einem halben Jahr oder einem Jahr sein werde, also spätestens Mitte 1982. A***** H***** und die Beklagte erklärten, dass sie sich bemühen werden, das Geld innerhalb kurzer Zeit zurückzuzahlen. In der Folge borgte sich A***** H***** Geld vom Kläger, mit dem er auch weiterhin Holzgeschäfte machte. Etwa Mitte 1982 wurde die Ehe der Beklagten geschieden. Anfang 1983 wollte der Kläger sein Geld zurück. Er fuhr zu A***** H*****, der am 30. 1. 1983 einen Wechsel über 800.000 Schilling, zahlbar am 30. 6. 1983, akzeptierte. Kurz danach fuhr der Kläger zur Beklagten. Diese erklärte, sie wisse, dass sie ihm 800.000 Schilling schuldig sei. Sie weigerte sich, etwas zu unterschreiben, erklärte sich aber damit einverstanden, dass zur Abdeckung des Darlehens (ihr und A***** H***** gemeinsam gehörende) Grundstücke verkauft werden. Als der Kläger einen solchen Verkauf zusammen mit A***** H***** vorbereitet hatte, verweigerte sie jedoch die Zustimmung und erklärte, der Kläger möge das Darlehen einfordern.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass ein Darlehen bei Fehlen einer Rückzahlungsvereinbarung – ein Darlehensvertrag setze das Versprechen der Rückzahlung, nicht aber die Vereinbarung eines bestimmten Rückzahlungstermins voraus (MGA 2 31 Entscheidungen Nr 24 und 25 zu § 983 ABGB) – sofort zurückgefordert werden könne, jedoch nicht früher, als es der Zweck der Darlehensgewährung oder die Parteienabsicht ergebe; die mangelnde Fälligkeit habe dann der Schuldner zu beweisen, der sich darauf berufe ( Schubert in Rummel , ABGB, Rz 3 zu §§ 983, 984). Im vorliegenden Fall sei der Zweck der Darlehensgewährung die Überbrückung bis zum Verkauf eines Grundstücks gewesen, für den maximal etwa ein Jahr veranschlagt worden sei. Das Darlehen sei daher fällig.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie einer bedenklichen Beweiswürdigung und trat dessen rechtlicher Beurteilung bei. Da das Darlehen fällig sei, bestehe keineswegs nur ein Anspruch auf Einverleibung seiner Hypothek.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klageabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte vertritt in der Revision den Standpunkt, die Vorinstanzen hätten die von ihnen festgestellte Parteienabsicht der Partner des streitgegenständlichen Darlehensvertrags nicht ausreichend gewürdigt. Das Darlehen hätte zwar vereinbarungsgemäß nach Ablauf von ein bis eineinhalb Jahren fällig sein bzw zurückgezahlt werden, als einzige Sanktion für den Fall des Unterbleibens der Rückzahlung hätte aber dem Kläger die grundbücherliche Sicherstellung seiner Forderung zustehen sollen. Gegen eine derartige Eintragung habe sie nie irgendwelche Einwendungen gehabt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte der Kläger nur mit einem Begehren auf grundbücherliche Einverleibung eines Pfandrechts, nicht jedoch mit einem solchen auf Zahlung eines Geldbetrags Erfolg haben können.

Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.

Dass die Parteienabsicht der Partner des Darlehensvertrags dahin gegangen wäre, dem Kläger im Falle eines Unterbleibens einer Darlehensrückzahlung innerhalb von ein bis eineinhalb Jahren lediglich das Recht einzuräumen, seine Forderung durch grundbücherliche Einverleibung einer Hypothek auf der Liegenschaft der Darlehensnehmer sicherzustellen, wurde nicht festgestellt. Das Erstgericht hat vielmehr im Rahmen seiner Beweiswürdigung klar zum Ausdruck gebracht, dass die Einverleibung des Pfandrechts nach den Beweisergebnissen nicht anstatt der Zahlung, sondern als Absicherung des Darlehens erfolgen sollte.

Da somit die von der Beklagten angestrebte rechtliche Beurteilung des gegenständlichen Streitfalls der sachverhaltsmäßigen Grundlage entbehrt und der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen auch sonst ein Rechtsfehler nicht anhaftet, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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