2Ob619/84 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der kündigenden Partei Stadt St. Pölten, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. Werner Pennerstorfer, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die gekündigte Partei Z*****, vertreten durch Dr. Alois Bergbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung einer Kleingartenanlage, infolge Revisionsrekurses der gekündigten Partei gegen den Beschluss des Kreisgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 5. Jänner 1984, GZ R 737/83 9, womit der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 17. Oktober 1983, GZ C 773/83 5, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die gekündigte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Mit der Aufkündigung vom 14. 6. 1983 wurde das als Kleingartenanlage genützte „Grundstück Nr. 1540/1 im Ausmaß von 2.441 m² (ursprünglich bei Abschluss des Pachtvertrags 3.000 m²) samt Zubehör ...“ aufgekündigt.
Die gekündigte Partei erhob fristgerechte Einwendungen, beantragte Unwirksamerklärung der Aufkündigung und brachte ua vor: Laut Pachtvertrag sei „eine 3.000 m² große Teilfläche des Grundstückes 1540/1 Garten“ in Bestand gegeben worden; da hievon nur eine Teilfläche von 2.441 m² aufgekündigt worden sei, erschienen die aufgekündigten Flächen nur durch eine buchstabenmäßige Anschreibung in einem einen Bestandteil der Aufkündigung bildenden Plan objektiv erkennbar konkretisiert und hinreichend beschrieben. Ein Vollstrecker müsse die aufgekündigten Bestandflächen nämlich ohne geringsten Zweifel erkennen können. Im Sinne des § 562 ZPO sei die nachträgliche Vorlage eines Lageplans unzulässig. Hinsichtlich der nicht an die gekündigte Partei verpachteten Teilflächen des Grundstücks 1540/1 werde überdies mangelnde Passivlegitimation eingewendet.
Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtsunwirksam und wies das Klagebegehren zurück. Aus dem nachträglich vorgelegten Lageplan ergebe sich, dass das Grundstück 1540/1 ein Ausmaß von 3.131 m² aufweise. In der Aufkündigung sei jedoch weder darauf hingewiesen worden, dass es sich beim Bestandobjekt um eine Teilfläche handle, noch sei diese näher umschrieben worden. Im Hinblick auf diese ungenaue Bezeichnung des Bestandgegenstands habe die kündigende Partei dem Formerfordernis des § 562 ZPO nicht entsprochen, woran die in der Tagsatzung vom 17. 10. 1983 erfolgte nachträgliche Vorlage des Lageplans nichts ändere. Ohne punktmäßige Bezeichnung der gekündigten Teilflächen im Plan und in der Aufkündigung wären darüber hinaus immer noch Zweifel an der Identität der aufgekündigten Teilflächen verblieben.
Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluss auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Mit seinem Berichtigungsbeschluss vom 26. 6. 1984, R 737/83 15, sprach es aus, dass der Beschwerdegegenstand an Geldeswert den Betrag von 300.000 S übersteigt.
Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, dass auch nach der Erhebung von Einwendungen eine Richtigstellung der Aufkündigung möglich sei, wenn die Identität des aufgekündigten Objekts gewahrt bleibe und die gekündigte Partei keinen Zweifel daran haben hätten können, worauf sich die Kündigung beziehe. Vorliegendenfalls könne daraus, dass der Pachtvertrag vom Grundstück 1540/1 nur eine Teilfläche von 3.000 m² nenne, der Teilungsplan die Fläche dieses Grundstücks aber nur mit 2.441 m² angebe, in Verbindung mit dem Schreiben vom 26. 3. 1983, Beilage ./C, nicht gefolgert werden, dass der Bestandgegenstand unklar und undeutlich bezeichnet worden sei. Das Erstgericht hätte die vorhandenen Scheinwidersprüche aufklären und die kündigende Partei anleiten müssen, ihr Begehren, in welchem die gesamte Grundstücksparzelle 1540/1 enthalten sei, richtigzustellen, da offensichtlich Identität des aufgekündigten Bestandgegenstands vorliege.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts wendet sich der Revisionsrekurs der gekündigten Partei mit dem Antrage auf Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung. Zur Begründung wird ausgeführt, entgegen der rekursgerichtlichen rechtlichen Beurteilung käme im Hinblick auf die Bestimmung des § 562 ZPO eine nachträgliche Richtigstellung der Bezeichnung des Bestandgegenstands nicht in Betracht. Mit Pachtvertrag Beilage ./A sei vom Grundstück 1540/1 zunächst eine Fläche von 3.000 m² und erst nachträglich laut Teilungsplan Beilage ./H eine bloß verbleibende Restfläche von 2.441 m² an die gekündigte Partei verpachtet worden. Die erstgerichtliche Rechtsansicht über die mangelhafte Bezeichnung des Bestandgegenstands treffe daher zu.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Die vorliegende Aufkündigung lautet ausdrücklich dahin, dass das „Grundstück 1540/1 Garten im Ausmaß von 2.441 m² ...“ aufgekündigt wird.
Die gekündigte Partei bezeichnete das Bestandobjekt somit durch Anführung sowohl der Nummer des Grundstücks als auch der Fläche desselben. Dass dies bei einem gepachteten Gartengrundstück eine vollständige Bezeichnung des Bestandgegenstands und damit auch des Leistungsgegenstands iSd § 7 Abs 1 EO darstellt, ist offenkundig. Allein der überflüssige Hinweis im Kündigungsbegehren auf eine „ursprüngliche“ Pachtfläche von 3.000 m² ließ wegen der grundsätzlich und somit auch hier nicht auszuschließenden Möglichkeit einer zwischenzeitigen Grundstücksteilung noch nicht den zwingenden Schluss zu, dass es sich bei der nunmehr gekündigten Fläche von 2.441 m² um eine Teilfläche des genannten Grundstücks handeln müsse.
Demgemäß hat das Erstgericht zunächst auch zutreffend die Beweisaufnahme über die diesbezüglich widersprechenden Angaben der Streitteile durch Einsichtnahme in entsprechende Urkunden beschlossen (AS 13 f). Seine der rechtlichen Beurteilung zuzuzählende Auslegung der vorgenannten Urkunden ist jedoch unrichtig:
Nach dem Inhalte des Teilungsplans vom 15. 12. 1972, Beilage ./H, welchem der Lageplan ./F voll entspricht, wurden Teile des Grundstücks 1540/1 von diesem abgetrennt und den Grundstücken 1539, 1542/1 und 1540/4 zugeschrieben derart, dass die verbleibende Restfläche des Grundstücks 1540/1 von 2.441 m² nunmehr deren neuen Bestand bildet . In diesem Sinn wurde mit dem vorgelegten Schreiben der kündigenden Partei vom 26. 3. 1973, Beilage ./C, unter ausdrücklichem Hinweis auf den vorgenannten Teilungsplan der gekündigten Partei auch mitgeteilt, dass „die dem Zentralverband verbleibende Restfläche des Grundstückes 1540/1 nunmehr ein Ausmaß von 2.441 m² hat“ und dass der Pachtzins anteilsmäßig herabgesetzt werde.
Somit ist aber davon auszugehen, dass die Bezeichnung des Bestandobjekts „Grundstück 1540/1 Garten im Ausmaß von 2.441 m² ...“ in der Aufkündigung richtig und der Vorschrift des § 562 ZPO entsprechend erfolgt ist, weil das Grundstück 1540/1 tatsächlich nur mehr eine Fläche von 2.441 m² aufweist. Das Rekursgericht hat daher im Ergebnis zutreffend die erstgerichtliche Entscheidung aufgehoben und Verfahrensergänzung aufgetragen.
Dem Revisionsrekurs war demgemäß ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.