JudikaturOGH

3Ob41/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V*****, reg. Genossenschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei L*****, wegen 610.000 S sA infolge Revisionsrekurses der Pfandgläubigerin V*****, reg. Genossenschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Walter Prüfling, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Dezember 1983, GZ 46 R 898/83 91, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Purkersdorf vom 12. August 1983, GZ E 3021/79 85, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Liegenschaft EZ *****, *****, ***** und *****, alle KG P*****, standen je zur Hälfte im Eigentum des G***** und der L*****.

Auf allen diesen Liegenschaften war im jeweils besten Rang das Pfandrecht für einen gewährten Kredit für den Höchstbetrag von 2,5 Mio S zugunsten der V***** (frühere Bezeichnung: „V*****“) einverleibt.

Im nächsten Rang folgte ebenfalls bei allen Liegenschaften die Vormerkung eines später mit 1.080.059 S sA gerechtfertigten Pfandrechts zugunsten der Republik Österreich.

Im nächstfolgenden Rang war auf allen Liegenschaften ein Pfandrecht für eine Forderung der V***** einverleibt.

Die Hälfteanteile des G***** wurden am 27. 9. 1979 der Ersteherin V***** um das Meistbot von 1.474.695 S zugeschlagen (Exekutionsverfahren E 3008/77 des Bezirksgerichts Purkersdorf).

Das Meistbot wurde mit Beschluss vom 27. 10. 1980, ON 157, zur Gänze der V***** zugewiesen. Die Forderung der V***** war mit 2.396.600 S angemeldet worden, wurde aber im Verteilungsbeschluss nur mit 1.791.611 S als bescheinigt festgestellt, davon 1.770.253,60 S Kapital und 21.357,64 S Zinsen und Kosten. Durch die Zuweisung des Meistbots wurden die Zinsen und Kosten und vom Kapital ein Teilbetrag von 1.453.337,36 S berichtigt, während vom Kapital restliche 316.916,24 S unberichtigt aushafteten.

Am 12. 10. 1979 brannte ein auf der Liegenschaft EZ ***** stehendes Gebäude ab, was aufgrund einer bestehenden Feuerversicherung bei der R***** Gesellschaft zum Erlag einer Entschädigungssumme von 486.667 S führte. Der Erlag erfolgte gemäß §§ 307 EO, 1425 ABGB und 100 ff VersVG, weil auf die Entschädigungssumme einerseits die betreibende Partei T***** aufgrund einer Forderungsexekution und andererseits die beiden Liegenschaftspfandgläubiger V***** und V***** aufgrund der Vinkulierung der Feuerversicherungssumme Ansprüche erhoben und die Höhe der einzelnen Forderungen unbekannt sei. Der Erlag wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Purkersdorf vom 12. 12. 1980 hinsichtlich des von T***** betriebenen Betrags gemäß § 307 EO und hinsichtlich des übersteigenden Betrags nach § 100 VersVG angenommen (Exekutionsverfahren E 677/80).

Zur Verteilung des erlegten Entschädigungsbetrags wurde für den 27. 10. 1981 eine Tagsatzung anberaumt.

Die V***** beantragte in dieser Tagsatzung die Auszahlung des gesamten Betrags von 486.667 S an sie, wobei sie geltend machte, dass die pfandrechtlich gesicherte Forderung per 30. 9. 1981 mit 1.531.531 S sA zu Recht bestehe.

Die V***** stimmte nur der Auszahlung eines Betrags von 316.916,24 S „laut Beschluss des Bezirksgerichts Purkersdorf vom 27. 10. 1980, E 3008/77 157“ zu und verwies darauf, dass sie hinsichtlich des Hälfteanteils des G***** durch den Zuschlag vom 27. 9. 1979 Eigentümerin geworden sei. Hinsichtlich des Restbetrags werde die Zuweisung an die V***** beantragt.

Eine Einigung über den Restbetrag kam zwischen den beiden Volksbanken nicht zustande.

Mit einem ersten Verteilungsbeschluss (E 677/80 21) wies das Bezirksgericht Purkersdorf die Hälfte des Erlagsbetrags der V***** zu, die zweite Hälfte des Erlagsbetrags wies es der Verteilungsmasse im Zwangsversteigerungsverfahren E 3021/79 des Bezirksgerichts Purkersdorf (das ist das vorliegende Versteigerungsverfahren betreffend die Hälfteanteile der L*****, welche mittlerweile am 23. 6. 1981 ebenfalls der V***** zugeschlagen wurden) zu.

Ein Rekurs der V***** gegen die Zuweisung des Hälftebetrags an die V***** wurde zurückgewiesen.

Den Rekursen der V***** und der V***** gegen die Verweisung des zweiten Hälftebetrags in die Verteilungsmasse zu E 3021/79 wurde Folge gegeben und der Beschluss des Erstgerichts in diesem Umfange vom Gericht zweiter Instanz aufgehoben.

Das Gericht zweiter Instanz wertete die Zustimmungserklärung der V***** in der Tagsatzung vom 27. 10. 1981 dahin, dass sich diese auf den Hälftebetrag bezüglich der verpflichteten Partei G***** bezogen habe. Weil dieser Hälftebetrag an sich der V***** als Ersteherin des Häfteanteils des G***** zugestanden hätte (weil der Brand nach dem Zuschlag der Hälfteanteile des G***** erfolgte), habe die V***** über diesen Betrag frei verfügen können und daher auch mit ihrer Zustimmung bewirken können, dass der Betrag der V***** zukomme. Durch die Zuweisung dieses Hälftebetrags, welche dem Willen der V***** entspreche, fehle es ihr an einer Rechtsmittelbefugnis. Die auf die Liegenschaftshälfte der L***** entfallende Hälfte der Entschädigungssumme gebühre der verpflichteten Partei L*****, hafte aber gemäß § 100 VersVG auch für die auf der Liegenschaft einverleibten Pfandrechte. Dieser Betrag sei daher zwar wie das Meistbot zu E 3021/79 zu verteilen, aber die Verteilung habe nicht zusammen mit Verteilung über das Meistbot zu E 3021/79, sondern in einem eigenen selbständigen Verteilungsverfahren zu erfolgen. Hinsichtlich dieses Hälftebetrags sei die Zustimmung zur Ausfolgung eines Teilbetrags von 73.582,74 S (Differenz zwischen den obgenannten 316.916,24 S und dem Hälftebetrag des G***** von 243.333,50 S) gemäß § 214 Abs 2 EO nicht ausreichend, weil dazu auch andere Berechtigte zustimmen hätten müssen.

Im zweiten Rechtsgang wurde der V***** ein Betrag von 232.351,50 S (der Restbetrag wurde als Vorzugspost behandelt und der Stadtgemeinde P***** für rückständige Grundsteuern zugewiesen) zugewiesen.

Im vorliegenden Versteigerungsverfahren wurden die Hälfteanteile der L*****, wie schon kurz angeführt wurde, am 23. 6. 1981 ebenfalls der Ersteherin V***** zugeschlagen. Das Meistbot betrug 2.020.000 S.

Zur Verteilungstagsatzung vom 10. 12. 1982 meldete die V***** im besten Rang einen Restbetrag von 2.019.155,48 S an, wobei sie auf ein Urteil des Handelsgerichts Wien vom 21. 5. 1982, 15 Cg 119/80 20, verwies, mit dem L***** zur Zahlung von 1.350.278 S samt 14 % Zinsen pro Jahr, 1/8 % Kreditprovision pro Monat, ½ % Manipulationsgebühr pro Jahr und 10 % Verzugs bzw Überziehungsprovision pro Jahr je seit 1. 4. 1981 und zur Zahlung der Prozesskosten von 65.228,20 S bei sonstiger Exekution, insbesondere in die von L***** verpfändeten Liegenschaftshälften EZ *****, *****, ***** und ***** je KG P*****, verurteilt wurde.

Im nächsten Rang meldete die Republik Österreich eine Forderung von 1.080.059 S sA an.

Im nächsten Rang meldete die V***** einen Betrag von 1.000.000 S an.

Gegen die Forderungsanmeldung der V***** erhoben a) die Republik Österreich und b) die V***** Widerspruch, ua mit der Begründung, es könne unter Berücksichtigung des Feuerversicherungserlöses das Höchstbetragspfandrecht nur mehr mit maximal 500.000 S aushaften.

Die V***** machte dazu geltend, der Versicherungsbetrag sei nicht auf das Grundbuchspfandrecht, sondern auf die Gesamtforderung anzurechnen.

Das Erstgericht wies der V***** im ersten Rang unter Berücksichtigung der Zuweisungen von 1.474.695 S (aus dem Verfahren E 3008/77) und von 232.351,50 S und 243.333,50 S (im Verfahren E 677/80) das sind zusammen 1.950.380 S nur mehr den Differenzbetrag auf die Höchstbetragshypothek von 2,5 Mio S, nämlich 549.620 S zu.

Im zweiten Rang wurden der Republik Österreich 1.084.179 S und im dritten Rang der V***** der restliche Betrag von 386.201 S zugewiesen.

Das Erstgericht hatte damit den Widersprüchen gegen die Zuweisung eines Mehrbetrags an die V***** weitgehend stattgegeben und war der Auffassung, dass sachenrechtlich nur eine Pfandhaftung für 2,5 Mio S bestehe und auf die Pfandhaftung auch die Feuerversicherungssumme anzurechnen sei.

Die betreibende Partei erhob in ihrer Eigenschaft als bestrangige Pfandgläubigerin einen Rekurs gegen den Verteilungsbeschluss des Erstgerichts wegen des gesamten vom Erstgericht nicht zugewiesenen Forderungsbetrags (also die Differenz zwischen 2.019.155,48 S und 549.620 S).

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluss des Erstgerichts. Es war gleich dem Erstgericht der Ansicht, dass auch der Teil der Feuerversicherungssumme, der der V***** nur aufgrund der ausdrücklichen Zustimmung der V***** (erteilt in der Tagsatzung vom 27. 10. 1981 zu E 677/80) zugewiesen werden habe können, auf die pfandrechtlich gesicherte Höchstbetragsforderung anzurechnen sei. Der Fall, dass Teilzahlungen gemäß Punkt 12 des Kreditvertrags zuerst nicht auf den pfandrechtlich sichergestellten Höchstbetrag, sondern auf den nicht sichergestellten Mehrbetrag der Forderung anzurechnen sind, sei nicht mit der Zuweisung der Feuerversicherungssumme gleichzusetzen. Zum einen sei die V***** in ihrer Eigenschaft als Ersteherin nicht Rechtsnachfolgerin des Kreditnehmers, im Übrigen sei die Zuweisung in einem Verfahren nach §§ 307 EO und 100 VersVG erfolgt. Wenn die Zuweisung ihren prozessualen Grund auch in der (offensichtlich in Verkennung der wahren Rechtslage abgegebenen) Zustimmung eines materiell Berechtigten gehabt habe, so werde sie damit doch nicht zu einer (freiwilligen) nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilenden Leistung dieses Berechtigten. Die Zuweisung habe vielmehr auch dann noch der Abgeltung der auf diese Entschädigungssumme verwiesenen Ansprüche gedient. Darüber hinaus sei die Zustimmung der V***** ohne Zweifel in der Absicht erfolgt, durch die Zuweisung die pfandrechtlich sichergestellte Forderung der V***** zu tilgen, an welche Widmung diese gebunden sei.

Gegen den Beschluss des Gerichts zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei in ihrer Eigenschaft als Pfandgläubigerin mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, dass der V***** ein weiterer Betrag von 243.333,50 S zugewiesen werde. Die Rechtsmittelwerberin vertritt den Standpunkt, dass die V***** über den strittigen Betrag in der mehrfach erwähnten Tagsatzung vom 27. 10. 1981 frei verfügen habe können, es gehe nicht an, hier aktenwidriger Weise von einer gar nicht protokollierten Widmung zu sprechen.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil gemäß § 239 Abs 3 EO auch seit Inkrafttreten der Zivilverfahrens Novelle 1983 gegen den Beschluss der zweiten Instanz, mit dem ein Verteilungsbeschluss der ersten Instanz bestätigt wurde, der Rekurs erhoben werden kann, und zwar als Voll Revisionsrekurs, weil der Beschwerdegegenstand in zweiter Instanz noch über der Wertgrenze des § 502 Abs 4 Z 2 ZPO lag.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsrekurs kommt aber keine Berechtigung zu.

Gegenstand des Verteilungsverfahrens E 677/80 war ausschließlich, ob der vom Feuerversicherer gemäß § 100 VersVG und gemäß § 307 EO hinterlegte Entschädigungsbetrag den verpflichteten Parteien, dem betreibenden Gläubiger T***** oder den Hypothekargläubigern V***** und V***** zuzuweisen sei. Eine allenfalls in Erwägung zu ziehende Zuweisung an die V***** in ihrer Eigenschaft als Ersteherin des Häfteanteils des G***** kam nicht in Frage, weil der Feuerversicherer die Ersteherin nicht unter die Erlagsgegner aufnahm (Schriftsatz ON 2 in E 677/80). Andererseits bezog sich auch die Anmeldung der jetzigen Rechtsmittelwerberin in der Tagsatzung vom 27. 10. 1981 ausschließlich auf ihre Bestellung als Hypothekargläubigerin (Hinweis auf die Hypothekforderung und auf den aufrechten Bestand der Vinkulierung) und die V***** nahm den gesamten Entschädigungsbetrag für sich ausschließlich als Hypothekargläubigerin in Anspruch, ohne etwa geltend zu machen, ihr stehe über den pfandrechtlich sichergestellten Betrag hinaus ein weiterer Betrag zu, der sie ebenfalls zur Inanspruchnahme des hinterlegten Entschädigungsbetrags berechtige (Protokoll ON 20 in E 677/80). Durch den Verteilungsbeschluss im Verfahren E 677/80 konnte daher der Rechtsmittelwerberin nur ein auf die Höchstbetragshypothek anzurechnender Betrag zugewiesen werden. Und genau in diesem Sinne lautete ja auch der in Rechtskraft erwachsene Spruch des Verteilungsbeschlusses (Punkt 1 des Beschlusses ON 21 in E 677/80: „... der Pfandgläubigerin V***** ... zugewiesen“).

Die Zuweisung des strittigen Betrags von 243.333,50 S im Verfahren E 677/80 an die Rechtsmittelwerberin erfolgte daher nur in ihrer Eigenschaft als Hypothekargläubigerin und war auf jeden Fall auf die pfandrechtlich sichergestellte Höchstbetragsforderung anzurechnen.

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

Eine Kostenentscheidung entfällt, weil Kosten nicht verzeichnet wurden.

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