JudikaturOGH

5Ob555/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Mai 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfons Hermann S*****, vertreten durch Dr. Christian Moser, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Anna S*****, vertreten durch Dr. Fritz Zahlbruckner, Rechtsanwalt in Graz, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 12. Jänner 1984, GZ 3 R 227/83 90, womit infolge der Berufungen beider Streitteile das Endurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 29. Juni 1983, GZ 24 Cg 97/83 79, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde mit dem als Teilurteil bestätigten Urteil des Erstgerichts vom 12. 6. 1981, ON 42, gemäß § 55 Abs 3 EheG geschieden. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 9. 3. 1982, 5 Ob 536/82, verwiesen werden.

Im weiteren Verfahren war nur mehr über den auf § 61 Abs 3 EheG gestützten Antrag der Beklagten zu entscheiden, das Alleinverschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe auszusprechen.

Die Vorinstanzen gelangten aufgrund folgender Feststellungen übereinstimmend zur Abweisung dieses Antrags:

Am 23. Oktober 1965 stürzte der Kläger während der Arbeit von einem Gerüst. Dabei erlitt er einen Bruch des 5. Lendenwirbels und eine inkomplette Querschnittläsion. Der Kläger konnte etwa 8 Jahre lang nicht gehen. Er bewegte sich entweder am Boden kriechend oder mittels Rollstuhls fort. Ab etwa 1973 konnte der Kläger mit Krücken aufrecht gehen. Seit dem Unfall ist der Kläger impotent.

Nach dem Unfall des Klägers im Jahre 1965 verschlechterte sich die eheliche Beziehung der Streitteile. Bezüglich des Unterhalts und der Wirtschaftsführung kam es oft zu Streitigkeiten. Bisweilen beschimpfte die Beklagte den Kläger lautstark. Die Beklagte begann, den pflegebedürftigen Kläger nicht mehr ordentlich zu versorgen, obwohl der Kläger eine solche Pflege durch die Beklagte anzunehmen bereit gewesen wäre. Auch weigerte sich die Beklagte, für den Kläger zu kochen und zu wirtschaften. Der Kläger wiederum war seit seinem Unfall leicht erregbar und mürrisch. Am 23. August 1966 wurde der Kläger wegen einer Tryptizolvergiftung und des Verdachts eines Selbstmordversuchs in das Landessonderkrankenhaus Graz eingeliefert. Dort blieb er bis zum 1. September 1966. Vom 11. Oktober 1968 bis zum 31. Oktober 1968, vom 21. November 1968 bis zum 20. Dezember 1968 und vom 16. November 1971 bis zum 17. Februar 1972 befand sich der Kläger ebenfalls in stationärer Behandlung im Landessonderkrankenhaus Graz. Die stationären Aufenthalte waren durch Depressionen und selbstgefährliches Verhalten des Klägers bedingt; der letztgenannte stationäre Aufenthalt ging auf die Tatsache zurück, dass der Kläger seinen Sohn Walter mit einem Messer bedroht hatte. Nach der Entlassung aus dem Landessonderkrankenhaus Graz kehrte der Kläger nur für kurze Zeit in die Ehewohnung zurück, um sich Wäsche zu holen. Das Ehepaar R***** begleitete den Kläger. Danach fuhr der Kläger nach G*****, wo er vom Ehepaar R***** verpflegt und versorgt wurde. Als der Kläger seine Wäsche aus der Ehewohnung holen wollte, verweigerte die Beklagte dem Kläger den Zutritt zur Wohnung. Sie versetzte dem Rollstuhl, in dem der Kläger saß, einen Stoß, sodass der Kläger beinahe über die Treppe des Stiegenhauses gestürzt wäre, hätte nicht August R***** den Rollwagen zum Stillstand gebracht. In der Folge war die Beklge aber doch bereit, dem Kläger die Wäsche herauszugeben. In G***** hielt sich der Kläger etwa 1 ½ Jahre lang auf. In dieser Zeit hatten die Streitteile keinen Kontakt miteinander. Nach seinem Aufenthalt in G***** kehrte der Kläger wieder in die Ehewohnung zurück.

Etwa im Jahre 1971 zeigte die Beklagte den Kläger, nachdem er einen Verkehrsunfall erlitten hatte, bei der Polizei an.

Der Kläger begann in der Zeit nach seinem Arbeitsunfall die Unterhaltsleistungen der Beklagten gegenüber zu vernachlässigen. Am 29. März 1972 erhob die Beklagte gegen den Kläger eine Unterhaltsklage. Der Kläger wurde mit Urteil zu einer monatlichen Unterhaltszahlung verpflichtet. Schon am 18. Jänner 1972 hatte der Kläger gegen die Beklagte eine Scheidungsklage eingebracht. Damals begehrte der Kläger eine Scheidung nach § 49 EheG. Mit Urteil des Erstgerichts vom 16. November 1972 wurde das Scheidungsbegehren des Klägers abgewiesen, da er der Beklagten keine schweren Eheverfehlungen nachweisen konnte. Anlässlich dieses Verfahrens schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, in dem eine Unterhaltsfestsetzung erfolgte. Die Unterhaltsverpflichtung des Klägers der Beklagten gegenüber wurde in der Folge immer wieder im Vergleichsweg oder durch gerichtliche Entscheidung erhöht. Die Beklagte führte gegen den Kläger zur Hereinbringung ihrer Unterhaltsforderungen Exekution. Derzeit bezahlt der Kläger der Beklagten eine monatlichen Unterhalt von 6.000 S.

Im Zuge des vom Kläger im Jahre 1972 angestrengten Scheidungsverfahrens kam es am 14. September 1973 vor dem Erstgericht für die Dauer des Ruhens jenes Verfahrens zu einer Benützungsregelung hinsichtlich der Ehewohnung, wonach dem Kläger das größere, der Beklagten hingegen das kleinere Zimmer der Ehewohnung zustehen sollte. Seither lebten die Streitteile völlig getrennt. Mit dieser Trennung wurde aber nicht nur die Wohn , sondern auch die Wirtschafts und Geschlechtsgemeinschaft der Ehegatten aufgehoben. Am 1. Oktober 1974 wurde in jenem Verfahren anlässlich der Berufungsverhandlung vor dem Berufungsgericht hinsichtlich der Benützung der Ehewohnung neuerlich ein Vergleich im Sinne der bereits seinerzeit getroffenen Benützungsregelung geschlossen. Dieser Vergleich wurde in der Folge strikt eingehalten. Die Streitteile hatten in dem jeweils ihrer Benützung vorbehaltenen Zimmer ihre persönlichen Fahrnisse aufbewahrt und hielten dieses Zimmer vor dem anderen Ehegatten versperrt. Seitdem bestanden zwischen ihnen keine Gemeinsamkeiten mehr. Jeder kochte für sich und versorgte seine Wäsche. Die Ehe der Streitteile ist seit Jahren unheilbar zerrüttet.

Bereits im Jahre 1971 hatte der Kläger das Wohnungseigentum an der Ehewohnung der Streitteile im Hause *****, erworben. Nachdem der Kläger die Ehewohnung im November 1978 verlassen hatte, erwirkte die Beklagte am 23. November 1978 eine einstweilige Verfügung, in der dem Kläger verboten wurde, über die ihm gehörenden 39/1662 Anteile an der Liegenschaft EZ 1451 KG IV Lend, mit denen das Wohnungseigentum an der im Erdgeschoss des Hauses *****, gelegenen Wohnung Nr 3 untrennbar verbunden ist, rechtsgeschäftlich zu verfügen, also diese zu belasten oder zu veräußern. Mit rechtskräftigem Versäumungsurteil vom 10. Jänner 1979 wurde der Kläger schuldig erkannt, es zu unterlassen, die vorgenannten Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum zu belasten oder zu veräußern. Die Beklagte befürchtete nämlich eine Veräußerung der Ehewohnung durch den Kläger, da häufig Kaufinteressenten die Ehewohnung besichtigen kamen. Der Kläger beauftragte Ludwig S*****, der Realitätenvermittler und Verwalter des Hauses *****, ist, für die Beklagte eine Ersatzunterkunft ausfindig zu machen. Ludwig S***** kam diesem Auftrag nach und besichtigte mit der Beklagten eine etwa 39 m 2 große, in Graz gelegene Wohnung. Die Beklagte lehnte die Annahme dieser Ersatzwohnung ab. Der Kläger besichtigte mit der Beklagten darauf etwa im September 1978 eine andere Wohnung in Graz. Er bot der Beklagten diese Wohnung als Ersatz für die Ehewohnung an. Er ließ den Mietvertrag auf den Namen der Beklagten entwerfen. Nach einer Überlegungsfrist lehnte die Beklagte die Annahme dieser Wohnung ohne Angabe von Gründen ab. Daraufhin nahm der Kläger diese Wohnung selbst in Bestand.

Der Kläger veräußerte die Ehewohnung in *****, um 320.000 S. Er verpflichtete sich mit Vergleich vom 20. Oktober 1978, die Ehewohnung bis zum 31. Dezember 1978 zu räumen. Am 9. Februar 1979 wurde die Beklagte aufgrund dieses Vergleichs delogiert. In der Folgezeit übernachtete die Beklagte teils in der Bahnhofsmission und in ihrem Auto, teils im Gasthaus und bei ihrem Sohn Walter. Von Mai 1980 bis August 1982 bewohnte die Beklagte zwei je 3 m 2 große Räume in einer feuchten und verschimmelten Gartenhütte gegen Entrichtung eines monatlichen Bestandzinses von 1.200 S zuzüglich Heizkosten. Nunmehr bewohnt die Beklagte eine Wohnung im Hause *****, um monatlich 2.100 S. Ihr Sohn Walter wohnt derzeit bis auf weiteres bei ihr. Sie hat ihn darum gebeten, da sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Schwierigkeiten hilfebedürftig ist.

In dem am 26. Juli 1979 beim Erstgericht eingeleiteten Schadenersatzprozess, der schließlich durch Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 13. Jänner 1983, 6 Ob 543/82, beendet wurde, erzielte die Beklagte die Verurteilung des Klägers zur Zahlung eines Betrags von 65.000 S sowie die Feststellung, dass ihr der Kläger für alle künftigen Schäden, die ihr aus der zwangsweisen Räumung der Wohnung in *****, entstehen zu haften habe.

Der allgemeine Gesundheitszustand beider Streitteile ist sehr angegriffen. Die Beklagte ist zuckerkrank, leidet unter Nieren und Blasensteinen und hat Bandscheibenbeschwerden. Der querschnittgelähmte Kläger kann sich nur mit Krücken fortbewegen. Ferner leidet er an einer Erkrankung der Blase, an Herz und Lungenasthma sowie an Magen und Darmgeschwüren.

Die erstgerichtliche Feststellung, dass der Kläger seit etwa November 1978 mit einer anderen Frau in Lebensgemeinschaft lebt, wurde vom Berufungsgericht nicht übernommen.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass dem Kläger vor allem die Verletzung der Unterhaltspflicht und die Delogierung der Beklagten aus der von ihm verkauften Ehewohnung, aber auch die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft für den Zeitraum von 1 ½ Jahren, während dessen er sich bei den Eheleuten R***** aufhielt, und das Eingehen einer Lebensgemeinschaft zur Last falle, die Beklagte hingegen die Vernachlässigung der ehelichen Beistandspflicht nach dem Arbeitsunfall des Klägers, Beschimpfungen des Klägers sowie den Vorfall zu verantworten habe, bei welchem sie den im Rollstuhl sitzenden Kläger von der Tür der Ehewohnung weggestoßen habe. Auch wenn das Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe der Streitteile schwerer wiege, könne doch nicht gesagt werden, dass es erheblich schwerer sei und sich bereits einem Alleinverschulden nähere.

Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Es sei davon auszugehen, dass es bei einem Schuldausspruch nach § 61 Abs 3 EheG allein auf das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe (Zerrüttungsverschulden) und daher nicht notwendig auf ein Verschulden nach § 49 EheG ankomme. Maßgebend sei daher, wer die Zerrüttung der Ehe eingeleitet habe und wer das Verschulden daran trage, dass die Zerrüttung der Ehe unheilbar geworden sei. Eheverfehlungen, die erst nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gesetzt worden seien, werde daher für die Beurteilung des Zerrüttungsverschuldens kaum entscheidende Bedeutung zukommen. Da die Ehegemeinschaft der Streitteile bereits seit Mitte September 1973 aufgelöst sei, komme daher vor allem jenen Eheverfehlungen der Streitteile besondere Bedeutung zu, die vor diesem Zeitpunkt gelegen seien und zur Auflösung der Ehegemeinschaft und damit zur Ehezerrüttung geführt hätten. Von entscheidender Bedeutung sei hiebei, dass nach § 61 Abs 3 EheG ein Schuldausspruch in das Urteil nur dann aufzunehmen sei, wenn der Kläger die Zerrüttung allein oder überwiegend verschuldet habe. Ob auch den beklagten Ehegatten ein Verschulden treffe, sei hiebei ohne Bedeutung. Der Ausspruch eines solchen Verschuldens sei gemäß § 61 Abs 3 EheG jedenfalls nicht vorgesehen.

Der Kernpunkt der rechtlichen Beurteilung sei daher im gegenständlichen Fall darin gelegen, ob dem Kläger das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe anzulasten sei. Nach dem festgestellten Sachverhalt und den gesamten Umständen des Falls, die zur Ehezerrüttung geführt hätten, sei dies nicht der Fall. Die Zerrüttung der Ehe der Streitteile gehe im Wesentlichen auf zwei Ursachenkomplexe zurück, nämlich einerseits auf die Vernachlässigung der Obsorge, Pflege und Betreuung des Klägers, die im Hinblick auf seine Hilflosigkeit besonders schwer wiege, und andererseits auf wiederholte Verletzungen der Unterhaltspflicht durch den Kläger, der nicht bereit gewesen sei, der Beklagten jeweils einen angemessenen Unterhalt zur Verfügung zu stellen, sodass diese wiederholt gerichtliche Hilfe in Anspruch habe nehmen müssen. Dazu komme noch, dass die Beklagte dem Kläger nach seiner Entlassung aus dem Landessonderkrankenhaus Graz den Zutritt zur Ehewohnung verweigert habe, wogegen dieser allerdings erst Jahre danach hinter dem Rücken der Beklagten die Ehewohnung veräußert und deren Obdachlosigkeit herbeigeführt habe, was gleichfalls als schwerwiegende Eheverfehlung zu betrachten sei.

Als Neuerung mache die Beklagte in der Berufung geltend, dass der Kläger eine weitere schwere Eheverfehlung dadurch begangen habe, dass er den der Beklagten wegen rechtswidrigen Entzugs der Ehewohnung zugesprochenen Betrag von 65.000 S bisher nicht bezahlt habe. Da die diesbezügliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 13. 1. 1983 dem Kläger erst am 11. Februar 1983 zugestellt worden sei, wogegen die Ehe der Streitteile bereits mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 9. März 1982 rechtskräftig geschieden worden sei, könne der Nichterfüllung einer Judikatsschuld des Klägers gegenüber der Beklagten nach rechtskräftiger Ehescheidung für die Ehezerrüttung keinerlei Bedeutung mehr zukommen, weshalb auf diese Neuerung nicht weiter einzugehen sei.

Unter Berücksichtigung des vom Erstgericht festgestellten Gesamtverhaltens beider Ehegatten und der die Zerrüttung der Ehe auslösenden und unheilbar gestaltenden Umstände sei daher von einem annähernd gleichen Verschulden beider Teile an der Ehezerrüttung auszugehen, wobei von einem überwiegenden Verschulden des Klägers, das so schwer sein müsste, dass es bereits einem Alleinverschulden nahekomme, keinesfalls gesprochen werden könne; dies umso weniger, als die Beklagte zufolge ihrer Erklärung in der Verhandlung vom 17. Februar 1981 (AS 132) damals noch weder das geänderte Verhalten des Klägers (mürrisches und unverträgliches Wesen) noch die Unterlassung regelmäßiger Unterhaltsleistungen als ehezerstörend empfunden habe und dem Kläger als schwere Eheverfehlung lediglich die Entziehung der Ehewohnung angelastet habe.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die auf die Revisionsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten die Ergänzung dieses Rechtsmittels, welche die Beklagte am 28. März 1984 beim Erstgericht zu Protokoll gab, wurde bereits vom Erstgericht mit Beschluss vom 12. April 1984 rechtskräftig zurückgewiesen (AS 487) mit dem Antrag, in Abänderung des angefochtenen Urteils das Alleinverschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe der Streitteile auszusprechen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsbegehren gestellt.

Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht mehr beteiligt.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt die Beklagte, dass das Berufungsgericht die von ihr in der Berufung aufgezeigten unrichtigen Tatsachenfeststellungen, insbesondere die Feststellung, sie habe dem Kläger nach dessen Rückkehr von einem seiner Aufenthalte im Landessonderkrankenhaus Graz den Zutritt zur Ehewohnung verweigert, nicht durch eine Beweisergänzung behoben habe.

Mit diesen Ausführungen wird lediglich die auch im Ehescheidungsverfahren in dritter Instanz nicht mehr bekämpfbare Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen angegriffen. Der geltend gemachte Revisionsgrund ist daher nicht gegeben.

Unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung hält die Beklagte ihren schon bisher vertretenen Standpunkt aufrecht, dass sie den Kläger auch nach der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft der Streitteile mit 14. September 1973 bis zu dessen Auszug aus der Ehewohnung im November 1978 weiter betreut habe; abgesehen davon könne ihr eine Verletzung der ehelichen Beistandspflicht nicht vorgeworfen werden, wenn der Kläger die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft angestrebt und schließlich erreicht habe.

Damit setzt sich die Beklagte über die vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichts denen der Umstand, dass der Kläger der Beklagten in dem am 18. Jänner 1972 eingeleiteten, auf § 49 EheG gestützten Scheidungsverfahren schwere Eheverfehlungen nicht nachweisen konnte, nicht entgegensteht hinweg, dass sie nach dem Arbeitsunfall des Klägers begonnen habe, den pflegebedürftigen Kläger nicht mehr ordentlich zu versorgen, obwohl dieser ihre Pflege anzunehmen bereit gewesen wäre, sowie dass sie sich geweigert habe, für den Kläger zu kochen und zu wirtschaften. Die Beklagte bringt daher insoweit die Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Schließlich wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsrüge gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Nichterfüllung der Judikatsschuld von 65.000 S durch den Kläger nach rechtskräftiger Ehescheidung für die Ehezerrüttung keinerlei Bedeutung mehr zukommen könne. Sie meint, die Weigerung des Klägers, ihr den seit 1981 (richtig wohl: seit 1979) begehrten Schadenersatz zu leisten, mache wenn sie schon vielleicht keine selbständige Eheverfehlung darstelle zumindest die Eheverfehlung des Entzugs der Ehewohnung zu einer besonders schwerwiegenden.

Auch diese Ausführungen vermögen der Beklagten nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines Ausspruchs nach § 61 Abs 3 EheG betreffend das alleinige oder doch überwiegende Zerrüttungsverschulden des klagenden Ehegatten sowie die dafür maßgebenden Entscheidungskriterien in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung dargelegt (s dazu aus jüngster Zeit EFSlg 41.289 bis 41.291, 41.294, 8 Ob 523/83 ua) und danach den hier festgestellten Sachverhalt richtig rechtlich beurteilt. Selbst wenn man berücksichtigen wollte, dass der Kläger der Beklagten nicht nur die Benützung der Ehewohnung entzogen, sondern auch eine Entschädigung für den dadurch erlittenen Schaden verweigert hat, muss man angesichts des festgestellten gesamten Verhaltens der Streitteile während der ganzen Dauer der Ehe zu dem Ergebnis gelangen, dass das Zerrüttungsverschulden den Kläger nicht iSd § 61 Abs 3 EheG allein oder doch derart augenscheinlich (erheblich) überwiegend trifft, dass das Zerrüttungsverschulden der Beklagten fast völlig in den Hintergrund treten würde.

Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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