JudikaturOGH

2Ob506/84 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. März 1984

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *****, vertreten durch Dr. Günther Moshammer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Dkfm. Dipl. Ing. Franz K*****, vertreten durch Dr. Franz Müller Strobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 6.246.440 S sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 24. Oktober 1983, GZ 6 R 165, 166, 170/83 24, womit der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 22. April 1983, GZ 22 Cg 50/83 11, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat dem Beklagten die mit 26.001,81 S bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten 1.926,06 S USt) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

In der am 31. 1. 1983 beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Klage wird vorgebracht, der Beklagte schulde der klagenden Partei mit Fälligkeit vom 31. 12. 1982 aus verschiedenen Krediten insgesamt 6.246.440 S zuzüglich Zinsen und Verzugszinsen. Für einen Teil dieser Kredite, welche in jedem Einzelfalle weit über 100.000 S ausgemacht hätten, habe der Beklagte zunächst nur als Realschuldner und erst später aufgrund entsprechender Vereinbarungen auch als persönlicher Schuldner die Haftung übernommen. Die restlichen Kredite seien ihm persönlich in seiner Eigenschaft als Alleineigentümer einer Kettenfabrik eingeräumt worden. Alle Kreditgeschäfte habe er als Unternehmer geschlossen. Für den vorliegenden Rechtsstreit sei der Gerichtsstand des Erfüllungsorts gegeben, da nach dem Inhalt der Krediturkunden alle Geschäfte in Ferlach zu erfüllen gewesen seien.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein.

In der Tagsatzung vom 22. 4. 1983, zu welcher der Beklagte nicht erschienen war, verwies die klagende Partei auf eine Vereinbarung des hier maßgeblichen Gerichtsstands Klagenfurt und beantragte die Verwerfung der erhobenen Unzuständigkeitseinrede.

Das Erstgericht verwarf die Unzuständigkeitseinrede und fällte gegen den Beklagten ein Versäumungsurteil. Aufgrund des Inhalts der beiden Schuldurkunden vom 23. 7. 1975 und 20. 1. 1976, der beiden Schuldübernahmevereinbarungen vom 27. 6. 1980 sowie des für wahr zu haltenden Vorbringens, dass sich der Beklagte auch in weiteren Schuldurkunden dem ordentlichen Gerichtsstand des Gläubigers unterworfen habe, ging es von seiner örtlichen Zuständigkeit für den vorliegenden Rechtsstreit aus. Einen vom Beklagten erhobenen Widerspruch gegen das Versäumungsurteil wies es zurück.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den Antrag der klagenden Partei auf Fällung eines Versäumungsurteils sowie das Klagebegehren zurück. Es vertrat die Ansicht, dass den vorgelegten Urkunden eine Gerichtsstandsvereinbarung iSd §§ 88 oder 104 JN nicht entnommen werden könne. Ein Erfüllungsort sei hierin überhaupt nicht genannt, aber auch eine Vereinbarung, dass sich die Streitteile einem oder mehreren Gerichten erster Instanz namentlich angeführter Orte unterworfen hätten, sei diesen Urkunden nicht zu entnehmen. Verabredet sei hierin vielmehr nur, dass sich der Schuldner dem ordentlichen Gerichtsstand des Gläubigers unterwerfe. Als einzige Ortsbezeichnung scheine in den Urkunden bei der klagenden Partei die Angabe „Ferlach“ auf, das angerufene Gericht werde aber nicht genannt. Eine die gesamte Klagsforderung deckende Zuständigkeitsvereinbarung „liege daher nicht vor“.

Der gegen den rekursgerichtlichen Beschluss gerichtete, die Annahme des Mangels einer namentlichen Anführung des Orts des Gerichts bekämpfenden sowie den Gerichtsstand nach § 91 JN geltend machende Rekurs ist zulässig (§ 528 Abs 2, § 502 Abs 4 Z 2 ZPO), aber nicht gerechtfertigt.

Die klagende Partei hat hinsichtlich der von ihr behaupteten Gerichtsstandsvereinbarung die vom Erstgericht genannten vier Urkunden vorgelegt. Aus den beiden Schuld- und Pfandbestellungsurkunden vom 23. 7. 1975 und 20. 1. 1976 geht hervor, dass sie dem Beklagten zwei bare Darlehen in der Höhe von 2.500.000 S und 1.700.000 S gewährt hat. In diesen beiden Urkunden ist unter Punkt 9 bzw Punkt 6 jeweils festgelegt, dass sich der Schuldner in allen Streitigkeiten aus diesem Rechtsgeschäft dem ordentlichen Gerichtsstand des Gläubigers unterwirft. In den die beiden vorgenannten Kreditgeschäfte betreffenden beiden Schuldübernahmevereinbarungen vom 20. 6. 1980 ist keine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten. Weitere von der klagenden Partei angebotene Urkunden wurden nicht vorgelegt.

Gemäß der Anordnung des § 88 Abs 1 JN muss die Gerichtsstandsvereinbarung dem Gerichte urkundlich nachgewiesen werden. Nach § 104 Abs 1 JN muss dieser Nachweis bereits in der Klage erfolgen, doch kann im Sinne ständiger Judikatur ein solcher urkundlicher Nachweis bis zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit nachgetragen werden (SZ 26/146; RZ 1966, 165; EvBl 1965/64; JBl 1981, 482; RZ 1981, 26 ua).

Vorliegendenfalls hat die klagende Partei bis zu der gemäß § 398 Abs 2 ZPO erfolgten erstgerichtlichen Entscheidung lediglich hinsichtlich der zwei angeführten Darlehensgeschäfte Gerichtsstandsvereinbarungen tatsächlich vorgelegt. Auch deren Inhalt bedarf aber keiner Beurteilung, weil hiedurch allein die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für den vorliegenden Rechtsstreit keinesfalls begründet werden könnte. Das Klagsvorbringen lautet nämlich dahin, dass sich die nicht näher detaillierte Klagsforderung nicht nur auf die aus den beiden vorgelegten Schuldurkunden hervorgehenden, sondern auf verschiedene, auch noch in anderen Schuldurkunden begründete Darlehensgeschäfte bezieht. Hinsichtlich dieser mangelt es aber an jedem urkundlichen Nachweis der behaupteten Gerichtsstandsvereinbarung. Damit erweist sich das Erstgericht aber im Sinne der vom Beklagten erhobenen Einrede als für den vorliegenden Rechtsstreit, in welchem nicht näher bezeichnete und daher auch nicht bestimmten einzelnen Darlehensgeschäften zurechenbare Darlehensforderungen in der Gesamthöhe von 6.246.440 S geltend gemacht werden, jedenfalls unzuständig. Die erstmals im Rekurs aufgestellte Behauptung des für diese Rechtssache gegebenen Gerichtsstands nach § 91 JN stellt eine im Rekursverfahren unzulässige Neuerung dar und ist daher unbeachtlich. Das Rekursgericht hat die Klage somit aber zu Recht zurückgewiesen.

Der Rekurs musste demgemäß erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 521a Abs 1 Z 3 ZPO.

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