JudikaturOGH

11Os157/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Oktober 1982

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Oktober 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführers in der Strafsache gegen Nikola A wegen des Verbrechens des Betruges nach den § 197, 199 d StG. (1945) und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengerichtes vom 1. Dezember 1948, GZ. 7 a Vr 4.004/48-96, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Paunovic und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 10 (zehn) Monate herabgesetzt und gemäß den § 1 und 2 des Gesetzes über die bedingte Verurteilung unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben sowie der Ausspruch nach dem § 25 StG. (1945) aus dem angefochtenen Urteil ausgeschieden wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (Abwesenheits )Urteil wurde der am 14. Februar 1924 geborene Nikola A des Verbrechens des Betruges nach den § 197, 199 lit d StG. 1945 (Pkt. A 1 des Schuldspruches) und der übertretung nach dem § 3 Abs 4 BDStG. (Pkt. A 2) schuldig erkannt, weil er in der Zeit zwischen Dezember 1947 und Juni 1948 in Graz, Radegund und Ottendorf im gemeinsamen Zusammenwirken mit mehreren anderen (gleichzeitig abgeurteilten) Mittätern zu A 1 Lebensmittelmarken, sohin öffentliche Urkunden, nachmachte und verfälschte, worauf er sie dritten Personen zur Weiterveräußerung und Einlösung übergab und zu A 2 durch diese Handlungen Ausweise, die zum Bezug von Bedarfsgegenständen berechtigten, nachmachte und verwendete.

Der Angeklagte bekämpft diese Schuldsprüche mit einer auf die Z. 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Einem des weiteren von ihm gegen das Urteil erhobenen Einspruch wurde bereits mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29. Juni 1982 (11 0s 98/82-6) nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Beschwerdeführer in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO zunächst allgemein behauptet, das Erstgericht hätte zu Beweisergebnissen, die gegen die getroffenen Feststellungen sprechen, nicht Stellung genommen und verschiedene Umstände überhaupt nicht erörtert, ist sein bezügliches - nicht substantiiertes - Vorbringen einer sachbezogenen Erwiderung unzugänglich und daher (mangels gesetzmäßiger Darstellung des genannten Nichtigkeitsgrundes) unbeachtlich.

Weder einen Begründungsmangel, noch einen den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO begründenden Feststellungsmangel vermag der Beschwerdeführer aber auch mit der Behauptung darzutun, das Erstgericht habe nicht beachtet, daß er zu den Tathandlungen infolge einer außerordentlichen Notlage, 'dem Hungertod nahe' gezwungen gewesen sei, um zu Nahrungsmitteln zu kommen, womit er der Sache nach das Vorliegen unwiderstehlichen Zwanges im Sinne des § 2 lit g StG.

1945 behauptet. Denn der Angeklagte produzierte die Fälschungen sowohl nach den Urteilsannahmen als auch nach seiner eigenen - in der Hauptverhandlung verlesenen (S. 399) - Verantwortung (ON. 6) nicht deshalb, um selbst zu Nahrungsmitteln zu kommen, sondern um die hergestellten Lebensmittelmarken zu verkaufen und damit Handel zu treiben, sodaß - ungeachtet der von ihm allerdings behaupteten schlechten wirtschaftlichen Lage (S. 121) -

für eine Notstandssituation keinerlei Anhaltspunkt bestand und das Erstgericht daher auch keinen Anlaß hatte, hiezu irgendwelche Feststellungen zu treffen.

Keine Rede kann weiters davon sein, daß hinsichtlich der dem Beschwerdeführer angelasteten Taten (gemäß den § 227 und 531 StG.) die Voraussetzungen der Verjährung vorlägen. Wurde der Angeklagte doch bereits im Juli 1948 in Untersuchung gezogen (vgl. S. 1, 119) und die Verjährung daher unterbrochen, woran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, daß ihm das Abwesenheitsurteil ungeachtet seiner Ausschreibung zur Verhaftung (vgl. S. 417) erst am 3. Mai 1982 zugestellt werden konnte (S. 857).

Da gemäß dem § 323 Abs 2, erster Satz, StGB die Bestimmungen des Strafgesetzbuches in Strafsachen nicht anzuwenden sind, in denen (wie hier) vor seinem Inkrafttreten das Urteil in erster Instanz gefällt worden ist, wobei auch die im § 323 Abs 1 StGB zitierten Vorschriften nur im Falle einer Aufhebung des Ersturteils zum Zuge kommen können (vgl. ÖJZ-LSK. 1975/12), beruft sich der Beschwerdeführer schließlich - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt - auch vergeblich auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 42 StGB, die im übrigen auch schon wegen der bis zu fünf Jahren reichenden Strafdrohung des § 202 StG. nicht gegeben wären. Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 202 StG. unter Anwendung des § 35 StG. eine Kerkerstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten und ordnete gemäß dem § 25 StG. die Landesverweisung an.

Bei der Strafbemessung wertete es die Wiederholung der strafbaren Handlungen und den großen Umfang der entwickelten Fälschertätigkeit als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Geständnis sowie die Unbescholtenheit als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung und den bedingten Nachlaß der Freiheitsstrafe sowie die Ausschaltung des Ausspruches über die Landesverweisung an.

Die Berufung ist begründet.

Die in der unmittelbaren Nachkriegszeit begangenen Straftaten des Angeklagten liegen Jahrzehnte zurück. Nikola A hat sich seither wohlverhalten, sodaß ihm ein gewichtiger zusätzlicher Milderungsgrund zugutekommt, der nicht nur die Herabsetzung der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe, sondern auch die Gewährung des bedingten Strafnachlasses gerechtfertigt erscheinen läßt. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage war überdies der Ausspruch über die Landesverweisung auszuschalten.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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