11Os78/81 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24.März 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Payrhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Hans Dieter A wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 3 FinStrG. über die vom Zollamt Graz gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.Jänner 1981, GZ. 6 d Vr 2.756/80-21, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, sowie der Ausführungen des Vertreters des Zollamtes Graz Dr. Hofer, des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Gehart und des Verteidigers Dr. Philipp zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Geschäftsführer eines Auktionshauses Hans Dieter A von der Anklage, das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 3 (Abs. 1 lit. a) FinStrG. dadurch begangen zu haben, daß er in den Jahren 1977 und 1978 in Wien fahrlässig Münzen (numismatische Sammlungsstücke) im Wert von 190.050 S, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, durch Versteigern bei Auktionen verhandelte, gemäß dem § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.
Das Schöffengericht stellte fest, daß der Angeklagte die in Rede stehenden Münzen von dem (beim Landesgericht für Strafsachen Graz) wegen Schmuggels gesondert verfolgten jugoslawischen Staatsbürger Petar B, der durch den (ebendort u.a.) wegen Beteiligung (im Sinn des § 11
FinStrG.) an diesem Schmuggel unter Anklage gestellten Österreicher Walter C an ihn verwiesen worden war, (in drei Partien) zur Versteigerung im Auktionshaus übernommen hatte, ohne einen (urkundlichen) Nachweis über die Verzollung (oder sonstige zollredliche Herkunft) zu verlangen; die durchgeführten Versteigerungen erbrachten sohin (für B) den vorerwähnten Betrag als (Gesamt ) Erlös. Ob hinsichtlich der Münzen eine Vortat der im § 37 (Abs. 1 lit. a) FinStrG. bezeichneten Art begangen worden war, ließ das Gericht jedoch dahingestellt; es erachtete nämlich in rechtlicher Beziehung, daß für den Angeklagten nach den Umständen bei der übernahme des Auftrages zur Versteigerung (jeweils) kein Anlaß zu Bedenken an der zollredlichen Herkunft der von B eingebrachten Münzen bestanden habe, weshalb ihm Fahrlässigkeit nicht anzulasten sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Freispruch gerichteten, auf den § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes Graz als - in diesem Straffall rechtsmittelbefugter (§§ 196, 200 FinStrG.) - Finanzstrafbehörde kommt Berechtigung zu. Es ist davon auszugehen, daß sich das Maß der (objektiv gebotenen) Sorgfalt, die jemand - im Sinn der (dem § 6 Abs. 1 StGB nachgebildeten) Vorschrift des § 8 Abs. 2
(erster Satz) FinStrG. - anzuwenden hat, um zu vermeiden, daß er einen Sachverhalt verwirklicht, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, nach den Umständen des Einzelfalls richtet und in Ermangelung einschlägiger Rechtsvorschriften darnach zu beurteilen ist, welche Sorgfalt in der konkreten Tatsituation von einem gewissenhaften und verständigen Angehörigen des betreffenden Verkehrskreises (objektiv betrachtet) billigerweise verlangt werden kann (LSK. 1979/64 und 167, jeweils zu § 6 Abs. 1 StGB; 10 Os 52/79). Wer wie der Angeklagte mit Münzen u. dgl. Handel treibt und die Versteigerung solcher Gegenstände gewerbsmäßig durchführt, hat in Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns dann, wenn Umstände besonderer Art im konkreten Fall einen Verdacht nahelegen, daß hinsichtlich zum Kauf angebotener oder zur Versteigerung eingebrachter Sachen ein Finanzvergehen der im § 37 (Abs. 1 lit. a) FinStrG. bezeichneten Art begangen wurde, sich über die (in dieser Beziehung) einwandfreie Herkunft Gewißheit zu verschaffen. über die demnach für die Beurteilung des inkriminierten Tatverhaltens des Angeklagten maßgeblichen konkreten Umstände traf das Erstgericht jedoch im angefochtenen Urteil nur unzureichende Feststellungen und ließ dabei eine Reihe von hiefür wesentlichen Ergebnissen des Verfahrens unberücksichtigt, denen zu entnehmen ist, daß der Angeklagte den bei ihm vorsprechenden, durch den ihm selbst nicht näher bekannten (S. 17) Walter C brieflich als 'ein Jugoslawe' angekündigten Petar B schon bei der ersten übernahme von Münzen zur Versteigerung im März oder April 1977 als Ausländer erkannte (S. 31, 33), daß er als dessen (angeblichen) Aufenthalt in seinen Geschäftsunterlagen (in der Folge stets) nur ein Hotel in Graz (ohne nähere Adressenangabe) vermerkte (S. 47, 63, 79), daß in einem dem Angeklagten Ende Oktober 1977 im Zusammenhang mit der zweiten Einbringung von Münzen durch B zugekommenen Schreiben C von 'Herrn B aus Agram' die Rede war (S. 35, 37) und daß im Mai 1978 bei der dritten Lieferung ein gewisser Josip D als Bevollmächtigter des B auftrat, dessen mit 'Zagreb, 15.V.1978' datiertes Vollmachtsschreiben den Hinweis enthielt, B könne 'einige Zeit' nicht selbst kommen (S. 41, 43). All dies sind (besondere) Umstände, die - wie das Zollamt in der Beschwerde zutreffend ausführt - entsprechende Erkundigungen des Angeklagten über die nähere Herkunft und eine allfällige Verzollung der zur Versteigerung gebrachten Münzen erfordert hätten, weil darnach der Verdacht nahelag, daß die Münzen - wie dies bei Gegenständen derartiger Beschaffenheit im grenzüberschreitenden Reiseverkehr bekanntermaßen unschwer möglich ist - aus dem Ausland ohne Stellung bei der österreichischen Zollbehörde ins Inland eingebracht worden waren.
Der solcherart indizierten Annahme eines (objektiv) sorgfaltswidrigen Verhaltens des Angeklagten beim Verhandeln der Münzen steht - den Urteilsausführungen des Erstgerichtes zuwider - der Umstand nicht (zwingend) entgegen, daß der Angeklagte die bevorstehende Versteigerung der übernommenen Münzen mit detaillierter Beschreibung in seinen Auktionskatalogen öffentlich ankündigte.
Mit Recht wirft die Beschwerde dem Erstgericht auch vor, die durch Verlesung der betreffenden Niederschrift (S. 15 ff.) - eines Bestandteils der im Verhandlungsprotokoll (S. 335) fälschlich 'Polizeierhebungen' genannten Aktenstücke - zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachte Verantwortung des Angeklagten A vor der Finanzstrafbehörde übergangen zu haben, wonach er auf den Vorhalt der bedenklichen Umstände des Geschäftes erklärte, er habe sich (bei der übernahme der Münzen) gedacht, es könne 'keine große Sache sein', wenn er sie entgegennehme, weil Münzen 'zollfrei sind und nur die 8 %ige Einfuhrumsatzsteuer eingehoben wird', was für ihn letztlich 'eine Durchlaufpost' darstelle (S. 21). Abgesehen von der mangelnden Schlüssigkeit des eben wiedergegebenen Nachsatzes - weil die bei der Einfuhr der Münzen durch einen Dritten (nicht für das Unternehmen des Angeklagten) zu entrichten gewesene Einfuhrumsatzsteuer mit der Umsatzsteuer für späteren Weiterverkauf an einen (inländischen) Abnehmer, dem letztere (als 'Durchlaufpost' für den Angeklagten) in Rechnung gestellt wird, nichts (auch nicht in der Form eines Vorsteuerabzugs) zu tun hat -, legt die zitierte Einlassung des Angeklagten gegenüber der Finanzstrafbehörde den - der erstgerichtlichen Annahme seines Handelns in gutem Glauben zuwiderlaufenden - Schluß nahe, daß er einen mit den eingebrachten Münzen (unter Verkürzung eben der Einfuhrumsatzsteuer) begangenen Schmuggel und (für diesen Fall) durch Verhandeln die Verwirklichung eines Sachverhalts, der dem gesetzlichen Tatbild der Abgabenhehlerei entspricht, sogar für möglich gehalten hat, mochte er ihn auch nicht geradezu herbeiführen wollen (bewußte Fahrlässigkeit: § 8 Abs. 2 zweiter Satz FinStrG.).
Die aufgezeigten, von der Finanzstrafbehörde in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemachten Begründungs- und Feststellungsmängel des angefochtenen Urteils nötigen sohin - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegte -
zu dessen Aufhebung und zur Rückverweisung der Sache an das Erstgericht. Dieses wird im erneuerten Rechtsgang jedenfalls zunächst darüber abzusprechen haben, ob ein mit der inkriminierten Abgabenhehlerei (als deren Vortat) in objektiver Konnexität zusammenhängendes Finanzvergehen vorliegt, dessen Ahndung (am Täter oder auch nur einem anderen vorsätzlich daran Beteiligten) dem Gericht (nach den Absätzen 1 bis 3 des § 53 FinStrG.) zusteht. Denn nur unter dieser Voraussetzung wäre auch die dem Angeklagten - wenngleich bloß als Fahrlässigkeitstat - angelastete (Abgaben-) Hehlerei gerichtlich zu ahnden (§ 53 Abs. 4
FinStrG.; hiezu Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Anm. 1 zu § 53); dies allerdings trotz der getrennten Verfahrensführung bei verschiedenen Gerichten (SSt. 38/1 u. a.) und ohne daß auch schon ein (rechtskräftiges) Strafurteil gegen einen der Vortäter (an der Vortat Beteiligten) ergangen sein müßte (13 Os 104/79). Aus der Vorschrift des § 214 Abs. 2 FinStrG. folgt andererseits die Unumgänglichkeit einer Prüfung der aufgeworfenen Zuständigkeitsfrage auch dann, wenn das Erstgericht im erneuerten Verfahren (abermals wie im ersten Rechtsgang) zu der Auffassung gelangen sollte, daß ein anderer Grund (als die Unzuständigkeit der Gerichte zur Ahndung des Finanzvergehens) einem Schuldspruch entgegenstünde (EvBl. 1981/89).