JudikaturOGH

5Ob675/77 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. November 1977

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Samsegger und Dr. Griehsler als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*, Pensionist, *, vertreten durch Dr. Helmut Mühlgassner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) A*, Pensionistin, *, vertreten durch Dr. Klaus Braunegg, Rechtsanwalt in Wien, 2.) L*, Arbeiter, *, vertreten durch Dr. Johann Litschauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 68.805,95 S samt Anhang infolge Revision und Rekurses der erstbeklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 11. Mai 1977, GZ 6 R 59/77 54, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 15. Dezember 1976, GZ 22 Cg 210/74 27, teils bestätigt, teils abgeändert, teils unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. zu Recht erkannt:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

II. den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

In dem vom Kläger gegen die beiden Beklagten zu 23 Cg 153/69 des Landesgerichtes für ZRS Wien geführten Rechtsstreit wurde rechtskräftig festgestellt, „daß die Erstbeklagte auf Grund der als Kaufvertrag bezeichneten Vereinbarung vom 18. Februar 1963 verpflichtet ist, dem Kläger die Liegenschaft EZ. 1890 der KG. *, Haus KNr *, herauszugeben“. Der Zweitbeklagte wurde zur Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers an der genannten Liegenschaft verpflichtet. Auf Grund dieses Exekutionstitels wurde das Eigentumsrecht des Klägers im Grundbuch einverleibt. Die Liegenschaft ist mit einem Pfandrecht zugunsten der Volksbank *, registrierte Genossenschaft m.b.H., für eine Darlehensforderung von 35.000,-- S samt Nebenforderungen (COZ. 24) sowie mit einem Pfandrecht zugunsten des Rechtsanwaltes Dr. O* für eine Honorarforderung von 9.311,50 S samt Nebenforderungen (COZ. 26) belastet.

Der Kläger begehrte im vorliegenden Rechtsstreit nach zweimaliger Änderung seines ursprünglichen Begehrens, die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, an die Volksbank *, registrierte Genossenschaft m.b.H., einen Betrag von 49.636, S samt 9 % Zinsen und 15 % Verzugszinsen aus 35.000,-- S seit 30. Juni 1972 und Kosten von 1.994,25 S und einer Nebengebührenkaution von 7.000,-- S sowie an Rechtsanwalt Dr. O* einen Betrag von 9.511,50 S samt 4 % Zinsen seit 21. Oktober 1969 und Kosten von 420, S und 444,20 S zu bezahlen. Er behauptete im wesentlichen, der Erstbeklagten sei in Ansehung der Liegenschaft EZ. 1890, KG. *, immer nur die Stellung einer Treuhänderin des Klägers zugekommen. Beide Beklagte hätten im bewußten und gewollten Zusammenwirken versucht, den Kläger dadurch um das Treugut zu bringen, daß es die Erstbeklagte dem Zweitbeklagten mit Kaufvertrag vom 24. Oktober 1968 zum Schein verkauft habe. Die Beklagten hätten bei der Volksbank * einen Kredit von 35.000,-- S aufgenommen, um die Grunderwerbssteuer zahlen zu können. Das Bankdarlehen sei beiden Beklagten zugute gekommen. Für die Darlehensforderung sei mit Wirksamkeit vom 29. Oktober 1968 unter COZ. 24 und für die Honorarforderung des mit der Durchführung des Scheinvertrages betrauten Rechtsanwaltes Dr. O* mit Wirksamkeit vom 11. Dezember 1969 in COZ. 26 das Pfandrecht einverleibt worden. Die Volksbank * führe zur Hereinbringung ihrer Pfandforderung Exekution. Die zur Lastenfreistellung verpflichteten Beklagten hätten, um die Zwangsversteigerung der Liegenschaft hintanzuhalten, die Pfandforderungen an die Pfandgläubiger zu bezahlen.

Beide Beklagte beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Die Erstbeklagte stellte die Darlehensaufnahme und die Verpfändung der Liegenschaft an die Volksbank außer Streit, behauptete jedoch, die Pfandrechtseinverleibung sei vor der Erhebung der Klage im vorangegangenen Rechtsstreit erfolgt. Der Kläger habe die Pfandbelastung selbst verschuldet, weil er die Grundbuchsordnung nicht hergestellt habe. Die Pfandforderung des Rechtsanwaltes Dr. O* sei längst getilgt.

Der Zweitbeklagte wendete mangelnde passive Klagslegitimation ein und behauptete, zur Zeit des mit der Erstbeklagten abgeschlossenen Kauf- und Treuhandvertrages von dem zwischen der Erstbeklagten und dem Kläger abgeschlossenen Vertrag keine Kenntnis gehabt zu haben. Das Bankdarlehen habe nur die Erstbeklagte aufgenommen und es sei nur ihr zugute gekommen.

Beide Beklagte behaupteten schließlich, daß sie nicht zur Zahlung der Nebengebührenkaution verpflichtet seien und wendeten aufrechnungsweise einen Betrag von 10.000,-- S samt 4 % Zinsen seit 18. Februar 1963 ein, welchen der Kläger aus „dem Kaufvertrag vom 18. Februar 1963“ schulde.

Das Erstgericht verurteilte die Erstbeklagte, der Volksbank *, registrierte Genossenschaft m.b.H., 49.636, S samt 9 % Zinsen und 15 % Verzugszinsen von 35.000,-- S seit 30. Juni 1972, einen Kostenbeitrag von 1.994,25 S und eine Nebengebührenauktion von 7.000,-- S und den Zweitbeklagten, dem Rechtsanwalt Dr. O* 9.3511,50 S samt 4 % Zinsen seit 21. Oktober 1969 sowie Kostenbeträge von 420, S und 444,20 S binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Begehren auf Mithaftung des Zweitbeklagten für die ausgesprochene Zahlungsverpflichtung der Erstbeklagten und das Begehren auf Mithaftung der Erstbeklagten für die ausgesprochene Zahlungsverpflichtung des Zweitbeklagten wies es ab. Eine Entscheidung über die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung wurde nicht getroffen. Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger kaufte im Jahre 1957 die Liegenschaft *, ein Gartengrundstück mit Haus. Er ließ aus steuerlichen Gründen seine damalige Gattin, die Erstbeklagte, als Käuferin auftreten und es wurde deren Eigentumsrecht im Grundbuch eingetragen. Die Ehe zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten wurde im Jahre 1959 geschieden. Im Jahre 1965 erklärte sich die Erstbeklagte bereit, dem Kläger die oben genannte Liegenschaft zu überlassen bzw zu verkaufen. Der Kläger ließ im Februar 1963 durch Rechtsanwalt Dr. A* den Kaufvertrag errichten, welchen die Erstbeklagte in der Kanzlei des Notars Dr. W* unter notarieller Beglaubigung unterfertigte. Der Kläger unterfertigte den Kaufvertrag vorerst nicht. Er sorgte auch in der Folgezeit nicht für eine grundbücherliche Übertragung des Eigentumsrechtes an ihn, zahlte aber den vereinbarten Kaufpreis von 10.000,-- S an die Erstbeklagte in Raten.

Die Erstbeklagte beschloß im Jahre 1968, die Liegenschaft zu veräußern. Zu diesem Zeitpunkt bestand zwischen ihr und dem Kläger wegen dessen neuerlicher Eheschließung kein Kontakt mehr. Die Erstbeklagte suchte im Oktober 1968 den Rechtsanwalt Dr. O* auf und erklärte ihm, sie sei Eigentümerin der oben angeführten Liegenschaft und beabsichtige, diese zu veräußern. Sie benötige für die Ausstattung ihres Kindes ein Darlehen von 35.000,-- S, welches auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellt werden könne. Rechtsanwalt Dr. O* erklärte ihr, als Aufsichtsratsmitglied der Volksbank * diesen Kredit wahrscheinlich vermitteln zu können. Mit Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 24. Oktober 1968 wurde der Erstbeklagten das Darlehen gewährt. Sie erklärte Dr. O*, die Rückzahlung aus dem Kauferlös der Liegenschaft tätigen zu wollen, im Hause auf der Liegenschaft wohne noch immer ihr geschiedener Gatte. Es sei ihr unangenehm, persönlich gegen ihn mit einer Räumungsklage vorzugehen. Dr. O* schlug hierauf der Erstbeklagten vor, sie möge formell die Liegenschaft an den zukünftigen Schwiegervater ihres Sohnes, den Zweitbeklagten, verkaufen unter gleichzeitiger Errichtung eines Treuhandvertrages, in welchem sich der Zweitbeklagte verpflichte, der Erstbeklagten über deren Verlangen jederzeit unentgeltlich die Liegenschaft zu überlassen. Der Zweitbeklagte solle sodann gegen den Kläger mit einer Räumungsklage vorgehen. Die beiden Beklagten billigten diesen Vorschlag. Dr. O* errichtete daraufhin den Kauf- und den Treuhandvertrag. Die Beklagten unterfertigten die beiden Verträge. Auf Grund des Kaufvertrages vom 24. Oktober 1968 wurde das Eigentumsrecht des Zweitbeklagten auf der Liegenschaft einverleibt. Dr. O* vereinbarte mit dem Zweitbeklagten „dessen reine Sachhaftung für die Hypothek der Volksbank *“, deren Pfandrecht noch vor der Einverleibung des Eigentumsrechtes des Zweitbeklagten im Grundbuch eingetragen worden war. Dr. O* überwies von dem Darlehen 16.000,-- S an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern, behielt à conto seiner Kosten 2.000,-- S ein und überwies 2.000,-- S an das Bezirksgericht Favoriten an grundbücherlichen Eintragungsgebühren. Der Erstbeklagten zahlte er 12.152, S aus. Die Differenz auf den Darlehensbetrag von 35.000,-- S ging für Bankspesen und Vorauszinsen auf.

Der Zweitbeklagte teilte nach dem zwischen den Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag dem Kläger mit, daß er nunmehr Liegenschaftseigentümer sei. Der Kläger legte daraufhin dem Zweitbeklagten den von ihm mit der Erstbeklagten abgeschlossenen Kaufvertrag zur Einsicht vor. Der Zweitbeklagte teilte dies der Erstbeklagten mit, welche ihrerseits Dr. O* davon verständigte. Dr. O* setzte sich mit Dr. A* in Verbindung und ersuchte diesen um Übersendung einer Vertragskopie. Zu diesem Zeitpunkt war der Kaufvertrag vom Kläger noch immer nicht unterfertigt. Dr. O* unternahm nach Erhalt der Kopie „in dieser Sache nichts“ und erklärte den beiden Beklagten nur, für den Fall auftretender Schwierigkeiten sie beide nicht vertreten zu können. Die Erstbeklagte beauftragte hierauf mit ihrer Vertretung Rechtsanwalt Dr. R*. Im Juni 1969 fand in der Kanzlei Dris. O* eine Besprechung zwischen den Beklagten, Dr. O* und Dr. R* statt, in deren Verlauf das Treuhandverhältnis zwischen den Beklagten „neuerlich einer Klärung zugeführt wurde“. Der zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten abgeschlossene Kaufvertrag kam nicht zur Sprache.

Dr. O* erwirkte am 21. Oktober 1969 beim Bezirksgericht Innere Stadt-Wien über eine restliche Kostenforderung von 9.311,50 S gegen den Zweitbeklagten einen rechtskräftigen und vollstreckbaren Zahlungsbefehl, nachdem er auch hinsichtlich dieser Kostenforderung mit dem Zweitbeklagten „reine Sachhaftung vereinbart hatte“. Für diese Kostenforderung wurde über Antrag Dris. O* auf der Liegenschaft das Pfandrecht einverleibt. Dr. O* erhielt noch keine Zahlungen auf diese Forderung. Auch aus dem Darlehensvertrag wurden von den beiden Beklagten keine Rückzahlungen geleistet.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus: Die Erstbeklagte sei schon zum Zeitpunkt der Verpfändung der Liegenschaft für das Darlehen von 35.000,-- S unredlich gewesen und daher dem Kläger gegenüber zur Bereinigung des Grundbuches von der diesbezüglichen Hypothek verpflichtet. Den Zweitbeklagten treffe dieselbe Verpflichtung hinsichtlich der nach seiner Eigentumseinverleibung im Grundbuch für die restliche Honorarforderung Dris. O* begründete Hypothek. Der Vorteil aus den Hypotheken sei ausschließlich den Beklagten zugute gekommen. Eine Solidarhaftung der beiden Beklagten bestehe jedoch nicht.

Gegen das Urteil erhoben sowohl die Klägerin als auch die beiden Beklagten Berufung. Sie stellten in der mündlichen Berufungsverhandlung außer Streit, daß die Forderung des Rechtsanwaltes Dr. O* in der vom Erstgericht zugesprochenen Höhe noch unberichtigt ist und daß die Volksbank *, registrierte Genossenschaft m.b.H., zur Hereinbringung ihrer Pfandforderung von 35.000,-- S samt Nebenforderungen die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ. 1890, KG. *, betreibt. Das Berufungsgericht gab mit seiner nunmehr angefochtenen Entscheidung der Berufung des Zweitbeklagten nicht und der Berufung des Klägers „zur Gänze“ Folge. Es bestätigte mit Teilurteil Punkt 1) des erstgerichtlichen Urteiles insoweit, als die Erstbeklagte schuldig erkannt wurde, der Volksbank *, registrierte Genossenschaft m.b.H., den Betrag von 46.115, S samt 9 % Zinsen von 35.000,-- S seit 30. Juni 1972 zu bezahlen. In den Punkten 2) und 5) änderte es das erstgerichtliche Urteil dahingehend ab, daß es beide Beklagte zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, den Betrag von 9.311,50 S samt 4 % Zinsen seit 21. Oktober 1969 und die Kostenbeträge von 420, S und 444,20 S zu bezahlen und die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz dem Endurteil vorbehielt. Im übrigen, und zwar zu Punkt 1) des erstgerichtlichen Urteiles in Ansehung eines Teilbetrages von 3.521 S samt 9 % Zinsen seit 30. Juni 1972, der Verzugszinsen von 15 % aus 35.000,-- S seit 30. Juni 1972, des Kostenbetrages von 1.994,25 S und der Nebengebührensicherstellung von 7.000,-- S, zu Punkt 5) in Ansehung der (Abweisung der) Mithaftung des Zweitbeklagten zur ungeteilten Hand mit der Erstbeklagten für die unter Punkt 1) des erstgerichtlichen Urteiles bezeichneten Beträge und in den Kostenaussprüchen, hob es das Urteil unter Rechtskraftvorbehalt mit dem Auftrag an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung in diesem Umfang auf. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Die Erstbeklagte sei auf Grund der Vereinbarung vom 18. Februar 1963 verpflichtet gewesen, das Eigentum an der Liegenschaft an den Kläger zu übertragen. Sie habe daher die vertragliche Nebenpflicht getroffen, die Liegenschaft vor vermeidbaren Belastungen zu bewahren. Dieser vertraglichen Nebenpflicht habe die Erstbeklagte durch die Pfandbelastung zugunsten der Volksbank * zuwidergehandelt. Sie treffe daher die Verpflichtung „zur Wiederherstellung des unversehrten Zustandes (§ 1323 ABGB), also zur Satzfreistellung“. Von dieser Verpflichtung könne sich die Erstbeklagte nicht dadurch befreien, daß sie dem Kläger das Risiko einer Löschungsklage gegen den Pfandgläubiger aufbürde. Die aus § 1304 ABGB abgeleitete Schadensminderungspflicht reiche nicht so weit, daß der Geschädigte einen schon aus Beweisgründen ungewissen Rechtsstreit gegen einen Dritten einleiten müsse, um den Schädiger von der ihn treffenden Wiederherstellungspflicht zu entlasten. Die im § 456 ABGB enthaltene gesetzliche Regelung schließe einen Schadenersatzanspruch gegen den unredlichen Pfandbesteller auf Lastenfreistellung nicht aus. Die Tilgung der Pfandforderung sei nicht die einzige Möglichkeit einer Aufhebung des Pfandrechtes. Im allgemeinen werde es der Gläubiger bei einem Anspruch auf Satzfreistellung dem Schuldner überlassen müssen, auf welche Weise dieser bis zum Ablauf der Leistungsfrist die geschuldete Satzfreistellung bewirke. Dem Schuldner müsse es grundsätzlich freistehen, den Pfandgläubiger zur Aufgabe des Pfandrechtes zu bewegen. Nach Ablauf der Leistungsfrist stünde dem Gläubiger die Exekutionsführung im Sinne des § 353 EO zu Gebote und er könnte sich dabei eines Kostenvorauszahlungsauftrages im Sinne des § 353 Abs 2 EO bedienen. Im gegenständlichen Fall liege die Besonderheit vor, daß die Pfandgläubigerin Volksbank * zur Hereinbringung ihrer Pfandforderung in die Liegenschaft des Klägers Exekution führe. Diese Exekutionsführung mache offenbar, daß die Pfandforderung fällig und vollstreckbar sei und der Pfandgläubiger aus der Pfandsache Befriedigung suche. Die Gefahr einer exekutiven Versteigerung der Pfandsache begründe für den Kläger eine besondere Dringlichkeit an der Satzfreistellung. Diese Umstände ließen es im Sinne des § 1323 ABGB untunlich erscheinen, die Satzfreistellung dem Schädiger zu überlassen. Der Kläger könne daher zur Freilassung seiner Liegenschaft durch die Pfandgläubiger die unmittelbare Zahlung der Pfandforderungen durch die Schädiger an die Pfandgläubiger begehren. Der Kläger als rechtswidrig belasteter Liegenschaftseigentümer habe einen eigenen Anspruch auf Lastenfreistellung unabhängig von den prozessualen Rechten der Pfandgläubiger gegen die Beklagten selbst. Exekutionstitel der Pfandgläubiger gegen die Beklagten stünden der Schaffung eines Exekutionstitels zugunsten des Klägers daher nicht im Wege. Kürzungen des Ersatzanspruches wegen Verletzung der Schadensminderungspflicht setzten ein Verschulden des Gläubigers voraus.

Hinsichtlich der Höhe der der Volksbank * zu zahlenden Nebenforderungen fehlten allerdings Feststellungen darüber, welche weiteren für das Pfandrecht gesicherten Nebengebühren bezahlt werden müßten, um die Verpflichtung der Pfandgläubigerin zur Ausstellung einer Löschungsquittung zu begründen.

Die Haftung der Erstbeklagten neben jener des Zweitbeklagten für die Satzfreistellung in Ansehung des zugunsten des Rechtsanwaltes Dr. O* einverleibten Pfandrechtes ergebe sich daraus, daß die Erstbeklagte durch die Eigentumsübertragung an den Zweitbeklagten gegenüber dem Kläger Nebenpflichten aus dem Vertrag vom 18. Februar 1963 schuldhaft verletzt habe. Selbst wenn für sie die Belastung der Liegenschaft mit dem Zwangspfand zugunsten Dris. O* bloß als Zufall gewertet würde, müßte die Erstbeklagte aus dem Grund des § 1311 Satz 2 erster Fall ABGB für diesen durch ihr schuldhaftes Verhalten mitbedingten Erfolg einstehen. Die Haftung des Zweitbeklagten neben der Erstbeklagten für die Satzfreistellung in Ansehung des zugunsten der Volksbank * einverleibten Pfandrechtes lasse sich jedoch noch nicht abschließend beurteilen. Der Kläger habe ausdrücklich ein bewußtes und gewolltes Zusammenwirken beider Beklagten behauptet. Die im Vorprozeß getroffenen Feststellungen seien für das gegenständliche Verfahren nicht bindend. Auf ein Einverständnis des Zweitbeklagten mit der Pfandbelastung zugunsten der Volksbank * deute immerhin der im Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 19. Dezember 1973, 23 Cg 113/69 112, erwähnte Umstand hin, daß das Eigentumsrecht des Zweitbeklagten zwar erst auf Grund eines Antrages vom 18. November 1968, jedoch im Rang einer am 4. Oktober 1968 erwirkten Anmerkung der Rangordnung einverleibt worden sei. Im Falle eines bewußten und gewollten Zusammenwirkens der Beklagten bei der Belastung der Liegenschaft mit dem Pfandrecht der Volksbank * hafte auch der Zweitbeklagte für die Satzfreistellung von dieser Belastung.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision und gegen den Aufhebungsbeschluß der Rekurs der Erstbeklagten. Sie beantragt, das Teilurteil dahingehend abzuändern, daß ihrer Berufung Folge gegeben und das erstgerichtliche Urteil im klagsabweislichen Sinn abgeändert werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Rekursantrag geht dahin, den Beschluß dahingehend abzuändern, daß das erstgerichtliche Urteil „in dem vom Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien erfaßten Umfang in klagsabweisendem Sinne abgeändert“ werde, allenfalls den Beschluß aufzuheben und dem Oberlandesgericht Wien die Entscheidung „nach ergänzender Verhandlung“ aufzutragen.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Weder die Revision noch der Rekurs sind gerechtfertigt.

Zur Revision:

Die Erstbeklagte fährt die Revisionsgründe nicht an, ihrer Rechtsmittelausführung ist jedoch zu entnehmen, daß sie jene der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend macht. Sie führt zunächst aus, die Erstbeklagte könne nur dann zur Lastenfreistellung der Liegenschaft verhalten werden, wenn überhaupt eine Belastung durch ein wirksames Pfandrecht erfolgt sei. Sei ein wirksames Pfandrecht nicht entstanden, sei die Liegenschaft des Klägers „nur formell, nicht aber materiell belastet“ und überhaupt kein Schaden eingetreten, so daß der Kläger auch nicht aus dem Titel des Schadenersatzes Ansprüche gegen die Erstbeklagte ableiten könne. „Das Faktum, daß das Pfandrecht der Volksbank * nicht wirksam entstanden“ sei, sei somit nicht nur aus dem Blickwinkel der Schadensminderungspflicht relevant. Es betreffe bereits die Frage, ob beim Kläger überhaupt ein Schaden eingetreten sei. Da das Berufungsgericht die einschlägige Rüge der Erstbeklagten ausschließlich aus dem Gesichtspunkt des § 1304 ABGB heraus als rechtlich unbegründet gewertet habe, sei das Teilurteil in diesem Umfang „mit dem Mangel der unrichtigen rechtlichen Beurteilung behaftet“. Hinsichtlich der in der Berufung enthaltenen diesbezüglichen Beweisrüge sei das Verfahren auch mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht sich mit dieser Rüge nicht auseinandergesetzt habe.

Die Erstbeklagte hat in erster Instanz eine Behauptung, die Volksbank * wäre beim Erwerb des Pfandrechtes nicht gutgläubig gewesen, sie hätte vielmehr gewußt, daß die Erstbeklagte nicht Liegenschaftseigentümerin und der Grundbuchsstand unrichtig sei, nicht aufgestellt. Eine Zeugen- oder Parteienaussage kann ein fehlendes Prozeßvorbringen nicht ersetzen. Es kann daher weder von einem im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wahrzunehmenden Feststellungsmangel noch von einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens die Rede sein, wenn das Gericht zweiter Instanz sich mit den Ausführungen der Berufung zur Beweiswürdigung über die erstmals in der Berufung aufgestellte Behauptung der Unredlichkeit der Volksbank * nicht beschäftigte.

Die Erstbeklagte wendet sich dann gegen die Verneinung ihres Wahlrechtes hinsichtlich der Art der Lastenfreistellung und meint dazu, das Berufungsgericht habe, wenn es die Lastenfreistellung wegen der von der Volksbank * geführten Exekution als besonders dringlich angesehen habe, auf die Möglichkeit der Aufschiebung der laufenden Exekution nicht Bedacht genommen. Diese Möglichkeit bedinge, daß die vom Berufungsgericht angenommene Dringlichkeit gar nicht vorliege.

Die Erstbeklagte hat nicht einmal im Berufungsverfahren behauptet, daß eine Aufschiebung der Exekution beantragt worden wäre, sie ging vielmehr selbst von einer laufenden Exekution aus. Die Möglichkeit, daß allenfalls ein Aufschiebungsantrag gestellt werden könnte, reicht für sich allein nicht aus, um die vom Berufungsgericht angenommene Dringlichkeit der Lastenfreistellung verneinen zu können. Diese Dringlichkeit bedingt aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, die sofortige Befriedigung der betreibenden Pfandgläubigerin.

Zu ihrer Verurteilung zur ungeteilten Hand mit dem Zweitbeklagten zur Bezahlung der pfandrechtlich sichergestellten Forderung Dris. O* führt die Erstbeklagte aus, es sei offenkundig, daß das von Dr. O* erworbene Pfandrecht nie wirksam habe Zustandekommen können und daher auch nicht wirksam sei. Es fehle in diesem Umfang an einem Schaden des Klägers.

Die Feststellungen, von welchen bei der rechtlichen Beurteilung auszugehen ist, bieten keine Grundlage für die Annahme der Unwirksamkeit des Pfandrechtes des Dr. O*. Nach dem das österreichische Recht beherrschenden Eintragungsgrundsatz geht, von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, das Eigentum erst mit der grundbücherlichen Eintragung über. Im Zeitpunkt der Einverleibung des Pfandrechtes für die Forderung des Rechtsanwaltes Dr. O* war nach den Feststellungen der Zweitbeklagte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Ob allenfalls eine Anfechtung dieses Pfandrechtes mit Erfolg vorgenommen werden könnte, ist hier nicht zu untersuchen, weil – wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat – es nicht angeht, dem durch die Erstbeklagte geschädigten Kläger das Risiko einer Löschungsklage aufzubürden.

Sofern die Erstbeklagte schließlich davon ausgeht, daß Dr. O* seine Honorarforderung ausschließlich gegenüber dem Zweitbeklagten geltend mache, sohin nur dieser als Zahlungspflichtiger auch zur Lastenfreistellung der Liegenschaft verpflichtet werden könnte, übersieht sie, daß nach den Feststellungen Dr. O* mit dem Zweitbeklagten „reine Sachhaftung“ vereinbarte. Da die Einverleibung des Pfandrechtes auf der Liegenschaft durch die schuldhafte Verletzung der der Erstbeklagten gegenüber dem Kläger oblegenen Nebenpflichten aus dem Vertrag vom 18. Februar 1963 ermöglicht wurde und der Zweitbeklagte zufolge des mit der Erstbeklagten geschlossenen Treuhandvertrages verpflichtet ist, der Erstbeklagten auf deren Verlangen die Liegenschaft unentgeltlich zu überlassen, haftet auch die Erstbeklagte für die Lastenfreistellung hinsichtlich dieser Forderung.

Da keiner der geltend gemachten Revisionsgründe vorliegt, mußte der Revision der Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 ZPO

Zum Rekurs:

Der primär gestellte Rekursantrag, der Oberste Gerichtshof möge in der Sache selbst erkennen und das erstgerichtliche Urteil in dem vom Beschluß des Berufungsgerichtes erfaßten Umfang im klagsabweisenden Sinn abändern, ist zwar verfehlt, weil es dem Obersten Gerichtshof im Rekursverfahren verwehrt ist, an Stelle der aufhebenden Entscheidung eines Berufungsgerichtes eine der Sachlage entsprechende Sachentscheidung zu setzen (EvBl 1958/28; RZ 1966, S 203 ua; Fasching , Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, IV, S 414). Dieser Fehler schadet aber der Erstbeklagten nicht, weil ein verfehlter Rekursantrag nicht mit der Verwerfung des Rechtsmittels bedroht ist (RSpr. 1931/321; Fasching aaO) und die Erstbeklagte im übrigen einen richtigen Eventualantrag auf Aufhebung des Beschlusses und Zurückverveisung der Rechtssache an das Berufungsgericht gestellt hat.

Die Erstbeklagte behauptet, die Höhe der von der Volksbank * in Exekution gezogenen Forderung einschließlich der Nebengebühren ergebe sich aus dem Akt 4 E 17/74 des Bezirksgerichtes Favoriten. Aus diesem gingen auch die von der Volksbank * begehrten Zinsen hervor. Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht hätten es unterlassen, entsprechende Feststellungen aus diesem beigeschafften Akt zu treffen. Das Verfahren vor dem Berufungsgericht sei daher mangelhaft geblieben. Eine Nebengebührensicherstellung habe ausschließlich den Zweck, diesen Nebengebühren den Pfandrang zu sichern. Es leite „sich aus einer solchen Nebengebührensicherstellung aber keinerlei Zahlungspflicht ab“. Das Berufungsgericht habe es unterlassen, „seiner Entscheidung diese klare rechtliche Beurteilung zugrunde zu legen“. Die Sache wäre somit in diesem Umfang spruchreif.

Zu diesen Ausführungen ist die Rekurswerberin zunächst darauf zu verweisen, daß der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist und der Ansicht des Berufungsgerichtes, der Sachverhalt sei in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt, dann nicht entgegentreten kann, wenn das Berufungsgericht dabei von einer richtigen Rechtsansicht ausgegangen ist (SZ 40/109; SZ 46/34 uva).

Die Erstbeklagte behauptete in ihrer Berufung, es fehlten Feststellungen über den Umfang der von der Volksbank * im Zusammenhang mit dem auf der Liegenschaft einverleibten Pfandrecht geltend gemachten Forderungen. Sie wies in diesem Zusammenhang auf die aus dem Akt 4 E 17/74 des Bezirksgerichtes Favoriten hervorgehenden Forderungen hin, ohne aber zu behaupten, daß ausschließlich diese geltend gemacht würden. Sie kann sich daher nicht für beschwert erachten, wenn das Berufungsgericht in Stattgebung dieser Rüge dem Erstgericht die Ergänzung der Feststellungen in dieser Richtung auf getragen hat.

Es trifft zwar zu, daß durch die Einräumung der Nebengebührenkaution keine selbständige Zahlungsverpflichtung begründet wird. Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch diese Nebengebühren, sofern sie tatsächlich aufgelaufen sind, bezahlt werden müssen, um eine Aufgabe des Pfandrechtes durch den Gläubiger zu erreichen.

Da die Erstbeklagte nicht darzulegen vermag, daß das Berufungsgericht bei seinem Ergänzungsauftrag an das Erstgericht von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausgegangen wäre, war auch dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Ausspruch über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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