6Ob680/76 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sperl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petretto, Dr. Samsegger, Dr. Resch und Dr. Vogel als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K* Aktiengesellschaft, *, vertreten durch Dr. Klaus Galle, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) prot. Firma H* Kommanditgesellschaft, *, 2.) Dkfm. E*, Firmengesellschafterin, ebendort, beide vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn und Dr. Michael Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 217.479,99 samt Anhang infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 1. Juli 1976, GZ 2 R 131/76 12, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30. Dezember 1975, GZ 13 Cg 113/75 7, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien haben die Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte von den Beklagten aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes den Betrag von S 217.479,99 samt Anhang, da die von der Erstbeklagten (deren persönlich haftende Gesellschafterin die Zweitbeklagte ist) gelieferten 12.194 Kunststoffbehälter entgegen der ausdrücklichen Garantie nicht ölbeständig und daher zur Aufbewahrung von geölten Werkzeugen unbrauchbar seien. 1500 Behälter seien durch das Öl bereits völlig zerstört worden, die restlichen seien nur unter hohem Verlust (laufendes Auslegen mit Wellpappe und Plastik) zur Not benützbar, so daß vorerst eine Kaufpreisminderung um 75 % verlangt werde.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und wendete ein, die Klägerin habe allfällige Schäden selbst zu vertreten, da sie keine verkehrsüblichen Öle, sondern solche mit einem zersetzenden Netzmittel verwendet habe. Der Klägerin seien Muster zur Durchführung von Prüfungen zur Verfügung gestanden. Schließlich sei die auf zwei Jahre ab dem Produktionsdatum verlängerte Gewährleistungsfrist im Zeitpunkt der Einbringung der Klage bereits verstrichen gewesen.
In der ersten Tagsatzung vom 7. 10. 1975 warf das Erstgericht von amtswegen die Frage der aktiven Klagslegitimation auf. Die Klägerin brachte dazu vor, die Bestellung sei zwar durch die Ö* Gesellschaft (künftig kurz Ö* bezeichnet), welche für den Gesamtkonzern einkaufe, jedoch im Namen und auf Rechnung der Klägerin erfolgt, was allen Beteiligten klar gewesen sei.
Die Beklagten bestritten dieses Vorbringen und behaupteten, der Vertrag sei nur zwischen der Ö* und der Erstbeklagten zustande gekommen.
Die Klägerin berief sich in der Folge auf ein Schreiben der V*, womit diese vorsichtshalber als Rechtsnachfolgerin der Ö* alle ihr allenfalls aus dem Vertrag mit der Erstbeklagten zustehenden Rechte an die Klägerin abgetreten habe. Die am l. 12. 1975 erklärte Abtretung sei von der Klägerin nach diesem Tag angenommen worden.
Das Erstgericht wies das Klagsbegehren ab. Es stellte – soweit dies für die Frage der aktiven Klagslegitimation von Bedeutung ist – folgenden Sachverhalt fest:
Die Klägerin gehörte im Zeitpunkt der Bestellung als Tochterfirma dem Konzern der Ö* an. Alle Einkäufe für die Konzernunternehmen gingen damals über die Einkaufsabteilung der Ö* und gehen demgemäß heute über die Einkaufsabteilung der zwischenzeitig fusionierten V* Aktiengesellschaft (künftig kurz V* genannt). Auch im gegenständlichen Fall richtete auf Grund einer Bedarfsmeldung der Klägerin die Einkaufsabteilung der Ö* an Firmen, die sich mit der Erzeugung von Plastikbehältern befassen, entsprechende Anfragen und erbat Offerte. Daraufhin kam es zu einem persönlichen Kontakt zweier Herren der Erstbeklagten mit Leuten der Klägerin, an der auch der im Einkauf der Ö* tätige und mit der Behandlung der Sache befaßte Zeuge Ing. K* teilnahm. Es fand eine Besichtigung im * Lager der Klägerin statt, um den Leuten der Erstbeklagten zu zeigen, wofür die Klägerin die Plastikbehälter benötige, insbesondere daß diese zum Transport und zur Lagerung von geölten Werkzeug dienen sollten. Bei der Begehung war davon die Rede, daß die Werkzeuge zum Zweck des Rostschutzes geölt werden. Von einer bestimmten dazu verwendeten Ölsorte oder Öltype wurde nicht gesprochen. Die Erstbeklagte richtete sodann am 28. 12. 1972 an die Ö* ein schriftliches Anbot, in welchem sie Kunststoffbehälter aus schlagfestem Polystyrol anbot. In einem späteren Fernschreiben vom 4. 1. 197 3 garantierte die Erstbeklagte für die Dauer von zwei Jahren ab Produktionsdatum unter anderem für das klaglose Funktionieren der Behälter im Einsatz bei Lagerung von Transporten von geölten Werkzeugen unter normaler Beanspruchung. Nachdem Ing. K* von der Klägerin das mit 9. 1. 1973 datierte schriftliche Ersuchen um Vornahme der Bestellung bei der Erstbeklagten erhalten hatte, bestellte er am 11. 1. 1973 schriftlich namens der Ö* bei der Erstbeklagten 14.000 Stück konkret bezeichnete Behälter aus hochschlagfestem ölbeständigem Polystyrol. In dieser Bestellung ist unter anderem festgehalten, daß sie auf Grund der tieferstehenden bzw. umseitig vorgeschriebenen Einkaufsbedingungen der Ö* erfolgt, daß sich die Preise frei Werkzeuglager der Klägerin, *, verstehen und daß der Versand an das Werkzeuglager der Klägerin in *, zu erfolgen habe. Weiters ist festgehalten, daß sich die Erstbeklagte verpflichte, in den Jahren 1973 bis 1975 für zumindestens je S 50.000,-- Werkzeuge der Klägerin zu beziehen. Demgemäß sollte auch bei der Zahlung ein Betrag von S 50.000,-- für im. Jahr 1973 bei der Klägerin zu tätigenden Werkzeugbezüge zur Gegenverrechnung offen bleiben. Die Entgegennahme dieser Bestellung wurde von der Erstbeklagten firmenmäßig bestätigt. Die Bestellung erfolgte ganz bewußt nicht im Namen und auf Rechnung der Klägerin, sondern namens und auf Rechnung der Ö*, weil man darauf Wert legte, daß die Fakturierung nach * an die Ö* erfolgt, damit diese die Überprüfung der an das * Lager der Klägerin zu liefernden Ware in die Wege leitet. Es hätte daher auch die Bezahlung der Behälter durch die Ö* erfolgen sollen und die Ö* hätte ihrerseits die geleisteten Zahlungen mit der Klägerin intern verrechnen sollen. Die Motive für diese Art der Abwicklung wurden mit der Erstbeklagten nicht besprochen. Wie vereinbart, wurden Ausfallsmuster von der Erstbeklagten an die Klägerin geliefert und von dieser – allerdings nicht auf Ölbeständigkeit – überprüft. In diesem Zusammenhang ergab sich die Notwendigkeit einer konstruktiven Änderung der Behälter; auch hiebei ist gegenüber der Erstbeklagten nicht die Klägerin, sondern nunmehr die V* als zwischenzeitliche Rechtsnachfolgerin der Ö* aufgetreten. Die bestellten Behälter wurden sodann im Juni 1973 an das Lager der Klägerin in *, ausgeliefert. Die letzte Lieferung erfolgte am 28. 6. 1973. Im übrigen ergab sich jedoch bei der praktischen Abwicklung des Geschäftes insoferne eine Änderung, als die Erstbeklagte sämtliche Fakturen für die gelieferte Ware nicht an die Ö* bzw. an deren Rechtsnachfolgerin, die V* richtete, sondern direkt an die Klägerin unter der Anschrift *, wo sich früher das Lager der Klägerin vor der Verlegung in die * befunden hatte, und wo auch die Besichtigung der alten Holzbehälter durch die Herren der Erstbeklagten vor der Bestellung stattgefunden hatte. Auf Grund dieser direkten Fakturierung erfolgte die Bezahlung des Entgelts für die Behälter durch die Klägerin selbst und ohne Einschaltung der Ö*, weil die Fakturen vom Lager der Klägerin selbst geprüft wurden und dann wohl über die Ö* an die Zentrale der Klägerin nach * gingen, von wo sie bezahlt wurden. Die Rechnungen liefen daher bei der Ö* nur im Zuge der Rechnungsprüfung durch. Als sich nach der Ingebrauchnahme der gelieferten Kunststoffbehälter deren mangelnde Ölbeständigkeit herausstellte, erhob die V* als Rechtsnachfolgerin der Ö* die Mängelrüge und trat auch in der Folge deswegen gegenüber der Erstbeklagten auf. In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 1. 12. 1975 erklärte die V* unter Bezug auf das anhängige Gerichtsverfahren, daß die seinerzeitige Ö* die Kunststoffbehälter im Auftrag und für Rechnung der Klägerin bestellt habe, und daß aus diesem Rechtsgeschäft der Ö* bzw. der V* als deren Rechtsnachfolgerin keinerlei Rechte oder Pflichten zustehen sollten. Die Verhandlungen und der Schriftverkehr in Angelegenheit der seinerzeitigen Bestellung sei „vom Einkauf der Ö* bzw. der V* geführt worden, weil der Einkauf auch für die Klägerin als Konzerngesellschaft tätig sei “ . Gleiches gelte auch für das Einschreiten der Rechtsabteilung der V*. Da auf der Bestellung nicht ausdrücklich erwähnt sei, daß diese im Namen und auf Rechnung der Klägerin erfolge, trete die V* vorsichtshalber alle ihre zustehenden Rechte und Pflichten aus der gegenständlichen Bestellung bzw. dem Vertrag an die Klägerin ab. Diese Abtretung wurde von der Klägerin nach dem 1. 12. 1975 angenommen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß vertragliche Beziehungen zwischen den Streitteilen nicht zustande gekommen seien. Gewährleistungsansprüche könnten daher von der Klägerin nicht geltend gemacht werden. Ein Schadenersatzanspruch sei tatsächlich nicht geltend gemacht worden, weil das Begehren auf Kaufpreisminderung um 75 % nur unter der Rechtsfigur der Gewährleistung subsumiert werden könne. Auch aus der Zession der V* könnten keine Gewährleistungsansprüche abgeleitet werden, weil im Zeitpunkt der Abtretung die verlängerte Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen gewesen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es vertrat die Ansicht, bei objektiver Auslegung des formell von der Ö* abgeschlossenen Vertrages könne kein Zweifel darüber bestehen, daß sich die Ö* die ihr nach diesem Vertrag zustehenden Rechte, insbesondere auch Gewährleistungsansprüche im ausschließlichen Interesse ihrer Tochtergesellschaft der Klägerin ausbedungen habe. Dies sei auch den Beklagten klar gewesen, was sich nicht nur aus dem Vertragsinhalt, sondern auch daraus ergebe, daß sich die Beklagten wegen der Bezahlung direkt an die Klägerin gewendet hätten. Die Klägerin sei daher als eigentliche Leistungsempfängerin die materiell berechtigte Partei aus den Verträgen und daher nach § 881 Abs. 2 ABGB berechtigt, diese Rechte im eigenen Namen geltend zu machen. Daß die Mängelrüge von der Ö* erhoben wurde, ändere daran nichts.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Berufung der Klägerin abgewiesen und das Ersturteil wieder hergestellt werde oder ihn aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung im Sinne der Abweisung der Berufung der Klägerin aufzutragen.
Der in erster Linie gestellte Antrag auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils ist verfehlt. Der Rekurs gegen einen berufungsgerichtlichen Beschluß, der das erstgerichtliche Urteil aufhebt und eine neue Verhandlung aufträgt, kann immer nur die Beseitigung der Aufhebung oder die Änderung der im Aufhebungsbeschluß ausgesprochenen Rechtsmeinung, nicht aber die Entscheidung in der Hauptsache begehren ( Fasching IV, 414; EvBl 1958/154 S. 245; EvBl 1958/28 S. 50 u.a.).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Was zunächst einen allfälligen Schadenersatzanspruch aus der vorliegenden Lieferung anlangt, so könnte ein solcher auf alle Fälle von der Klägerin geltend gemacht werden. Denn selbst dann, wenn die Klägerin nicht unmittelbare Vertragspartnerin der Erstbeklagten war und wenn auch kein Vertrag zu ihren Gunsten vorgelegen sein sollte, würde es sich jedenfalls bei der Klägerin um eine solche Person handeln, welche der vertraglichen Leistung so nahe stand, daß die Erstbeklagte auch ihr gegenüber eine Sorgfaltspflicht träfe. Eine solche Sorgfalts- und Schutzpflicht wird von Lehre und Rechtsprechung zugunsten Dritter am Vertrag nicht beteiligter Personen dann angenommen, wenn diese bei objektiver Auslegung des Vertrages erkennbar insofern begünstigt erscheinen, als ihr Kontakt mit der Leistung bei Vertragsabschluß voraussehbar war und derjenige, der sich die Leistung versprechen ließ, ein offensichtliches eigenes Interesse an ihnen hatte ( Gschnitzer in Klang 2 IV, 236; Bydlinski in JBl 1960, 359 insbesondere 363; SZ 41/156, SZ 43/236, SZ 46/121 u.a.). Daß diese Voraussetzungen hier jedenfalls gegeben sind, ist nicht zweifelhaft. Denn die Leistung aus diesem Vertrag sollte für die Erstbeklagte erkennbar ausschließlich der Klägerin zukommen. Allerdings müßte die Klägerin ihre behaupteten Schadenersatzansprüche noch näher substantiieren.
Allfällige Gewährleistungsansprüche könnten dagegen dann, wenn die Klägerin aus dem Vertrag zwischen der Ö* und der Erstbeklagten keine eigenen Rechte erworben hätte, nur von der Ö* geltend gemacht werden, da der Nachmann, abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall des sogenannten echten Garantievertrages (vgl. dazu EvBl 1975/183 S. 394 und die dort angeführte Literatur) grundsätzlich immer nur gegenüber seinem Vormann derartige Ansprüche geltend machen kann ( Gschnitzer in Klang 2 IV/1 S. 541; Ehrenzweig System 2 II/1 S. 232). Mit Recht verweist jedoch das Berufungsgericht darauf, daß im vorliegenden Fall zwar der Vertrag formell zwischen der Ö* und der Erstbeklagten abgeschlossen wurde, allen Beteiligten und auch der Erstbeklagten aber klar sein mußte, daß sich die Ö* alle Rechte aus dem Vertrag im ausschließlichen Interesse der Klägerin, für welche die zu liefernden Behälter bestimmt waren, ausbedungen hat. Die Erstbeklagte hat daraus auch die Konsequenzen gezogen und nicht nur die Lieferungen der Ware, sondern auch deren Fakturierung direkt an die Klägerin vorgenommen. Die Klägerin ihrerseits hat sich diesem Verlangen nicht widersetzt und direkt an die Beklagte bezahlt. All dies zeigt aber, daß nach dem klar erkennbaren Willen der Parteien auch die Klägerin tatsächlich Berechtigte aus dem Vertrag sein sollte, während die Ö* lediglich aus organisatorischen Gründen des Gesamtkonzerns formell dazwischen geschaltet wurde. Dies gilt insbesonders auch für Gewährleistungsansprüche, da die Garantie für die Ölbeständigkeit der Behälter im ausschließlichen Interesse der Klägerin ausbedungen wurde. Daß die Mängelrüge formell von der Ö* erhoben wurde, ändert daran nichts, sondern erklärt sich aus dem organisatorischen Aufbau des Gesamtkonzerns.
Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Rekurskosten gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.