2Ob3/77 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wittmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piegler, Dr. Fedra, Dr. Reithofer und Dr. Scheiderbauer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K* H*, Hausfrau, *, vertreten durch Dr. Robert Eder, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien: 1.) K*, Kraftfahrzeugmechaniker, *, 2.) Z*-Versicherungsgesellschaft, Direktion für Österreich, *, beide vertreten durch Dr. Hans Dallinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen Schadenersatzes (Rentenleistung) und Feststellung infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 28. Oktober 1976, GZ 1 R 124/76 21, womit das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 20. Juli 1976, GZ 1 a Cg 34/76 14, teilweise aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß, der im übrigen bestätigt wird, wird hinsichtlich der Aufhebung des Feststellungsausspruches und im Kostenpunkt aufgehoben. Die Sache wird in diesem Umfang an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Rekurskosten sind wie weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz beziehungsweise wie weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.
Text
Begründung:
Der Erstbeklagte verschuldete am 13. November 1974 als Halter und Lenker eines bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Personenkraftwagens einen Verkehrsunfall, bei dem J* H*, der Ehemann der Klägerin, getötet wurde. Die Zweitbeklagte leistete der Klägerin bisher nur eine Zahlung von S 1.053,59.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten zur ungeteilten Hand den Ersatz des ihr durch den Tod ihres Mannes entgehenden Unterhaltes, und zwar monatlich S 2.600, für die Zeit vom 13. November 1974 bis 31. Jänner 1976, S 2.887, für die Zeit vom 1. Februar 1976 bis 30. September 1976, S 3.090, für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1979 und S 3.272, für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 31. Mai 1985 (Erreichung des Pensionsalters des getöteten J* H*). Ferner begehrt sie die Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für künftige Schäden (nämlich eines allfälligen darüber hinausgehenden Entganges, der derzeit rechnungsmäßig noch nicht genau ermittelt werden kann). Bezüglich der Zweitbeklagten wird die Haftung jeweils nur im Rahmen der Versicherungssumme in Anspruch genommen.
Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritten den behaupteten Unterhaltsentgang und wendeten ein, daß die Klägerin bei richtiger Berechnung nichts mehr zu fordern habe.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 827,60 für die Zeit 13. November 1974 bis 30. November 1974, S 2.212,70 für die Zeit 1. Dezember 1974 bis 31. Dezember 1974, monatlich S 1.420,50 für die Zeit 1. Jänner 1975 bis 31. Dezember 1975, monatlich S 990, für die Zeit 1. Jänner 1976 bis 31. Jänner 1976, monatlich S 1.230, für die Zeit 1. Februar 1976 bis 30. September 1976, monatlich S 1.390, für die Zeit 1. Oktober 1976 bis 31. Mai 1985. Ferner stellte es fest, daß die Beklagten der Klägerin auch für alle künftigen Schäden aus dem Unfall vom 13. November 1974 zur ungeteilten Hand zu haften haben. Bezüglich des Leistungs-und des Feststellungsbegehrens wurde die Haftung der Zweitbeklagten auf die Versicherungssumme beschränkt. Das Rentenmehrbegehren (S 472,40 für die Zeit 13. November 1974 bis 30. November 1974, S 387,30 für die Zeit 1. Dezember 1974 bis 31. Dezember 1974, monatlich S 1.179,50 für die Zeit 1. Jänner 1975 bis 31. Dezember 1975, monatlich S 1.610, für die Zeit 1. Jänner 1976 bis 31. Jänner 1976, monatlich S 1.657, für die Zeit 1. Februar 1976 bis 30. September 1976, monatlich S 1.700, für die Zeit 1. Oktober 1976 bis 30. September 1979 und monatlich S 1.882, für die Zeit 1. Oktober 1979 bis 31. Mai 1985) wies es ab. Das Erstgericht traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
J* H* lebte mit der Klägerin und dem ehelichen mj. Sohn J* H* (geb. * 1958) in einer Eigentumswohnung. Er führte ein sehr bescheidenes Leben; er rauchte nicht und trank auch kaum Alkohol. Er litt vor seinem Tod an keiner Krankheit, die sein Leben ohne den Unfall hätte verkürzen können. Er hätte daher das Pensionsalter voraussichtlich erreicht. Er hatte kein Hobby, das mit Geldausgaben verbunden war. Seine hauptsächliche Freizeitbeschäftigung bestand im Spazierengehen. Er hatte zwar einen Personenkraftwagen, doch benützte er diesen nur verhältnismäßig wenig, und zwar im wesentlichen an Wochenenden, zu denen er mit seiner Familie Ausflüge machte. Zur Zeit des Unfalles war dieses Fahrzeug schon zehn Jahre alt, doch waren damit erst 70.000 Kilometer gefahren worden. J* H* wurde zum Arbeitsplatz kostenlos mit einem Werksautobus befördert. Auf seine Kleidung legte er keinen Wert. Er hatte auch keine besonderen Wünsche hinsichtlich des Essens. An Arbeitstagen nahm er das Mittagsessen in der Werksküche ein; nur am Morgen und am Abend aß er gemeinsam mit seiner Familie.
J* H* war handwerklich sehr geschickt. Er erledigte daher auch die in der Wohnung anfallenden Arbeiten. Er tapezierte die Wohnräume in regelmäßigen Abständen, wobei er die Küche mindestens in jedem zweiten Jahr neu ausgestaltete. Seit dem Einzug in die erwähnte Eigentumswohnung hatte er den Fußboden zweimal neu verlegt. Er führte auch alle kleineren Reparaturen an den Wasser- und Elektroinstallationen durch. Jetzt muß die Klägerin dazu Handwerker heranziehen und dafür bezahlen. Dies macht – im Durchschnitt gesehen – etwa S 200, monatlich aus.
J* H* hatte immer Wert darauf gelegt, daß sich die Klägerin gut kleidet. Diese kaufte daher jedes Jahr neue Kleider, Schuhe und Handtaschen im Wert von mehreren tausend Schilling. Sie besaß auch zwei Wintermäntel, die erst in den letzten Jahren vor dem Unfall angeschafft worden waren und die je etwa S 5.000, bis S 6.000, gekosten hatten. Besonders teuren Schmuck besitzt die Klägerin nicht. Sie suchte die Sauna nahezu jede Woche auf und ging oft Schwimmen. Sie ging etwa zweimal monatlich zum Friseur. Beim Einkaufen suchte sie beinahe täglich ein Kaffeehaus auf, wo sie jeweils einen Kaffee und ein Stück Kuchen zu sich nahm.
Der Klägerin kamen auf diese Weise etwa 40 % des Familieneinkommens zu, und zwar ebensoviel wie ihrem Ehemann.
Der mj. J* H* besucht zur Zeit die Höhere Technische Lehranstalt in B*. Das Schulgeld beträgt dort jährlich S 2.000, . Der mj. Sohn J* H* wird voraussichtlich im Jahre 1977 die Reifeprüfung ablegen und nach Ableistung des Präsenzdienstes möglicherweise an der Hochschule weiterstudieren. Er bezieht zur Zeit eine Waisenrente von etwa S 1.300, monatlich, die von der Klägerin verwaltet wird. Die Aufwendungen für Kleidung und Verköstigung für ihn wurden ebenfalls zur Gänze aus dem Einkommen des J* H* bestritten, das dieser der Klägerin zur Deckung der Lebenshaltungskosten der Familie jeweils zur Gänze übergab.
J* H* war technischer Angestellter in den V*. Im Oktober 1974 verdiente er brutto S 9.889, . Ab 1. November 1974 wurde der Bruttogehalt auf S 10.705, angehoben. Einschließlich der Weihnachts- und des Urlaubsgeldes und einer freiwilligen Jahres-Sonderzahlung in der Höhe eines Monatsgehaltes hätte er in der Zeit vom 1. November 1974 bis 31. Oktober 1975 insgesamt S 129.698,33 netto ohne Familienbeihilfe ausgezahlt erhalten, was einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von S 10.808, entspricht. Mit 1. Februar 1976 wäre sein Lohn auf S 9.014,54 netto erhöht worden. Am 1. Oktober 1976 wäre eine weitere Erhöhung auf S 9.395,57 monatlich netto erfolgt. Außerdem hätte J* H* noch Anspruch auf das Weihnachts- und das Urlaubsgeld gehabt. Weiters hätte er in den folgenden Jahren voraussichtlich die freiwilligen Jahressonderzahlungen in Höhe eines Monatsgehaltes erhalten, auf die er allerdings keinen Rechtsanspruch gehabt hätte.
Die Klägerin erhält von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten seit dem Tod ihres Mannes eine monatliche Rente. In der Zeit vom 13. November 1974 bis 30. November 1974 erhielt sie S 1.672,40. Im Dezember 1974 wurden ihr S 2.787,30 ausgezahlt. Ab 1. 1975 bezog sie eine monatliche Rente von S 3.071,60 sowie die Sonderzahlungen von S 3.071,60 im Mai und S 3.023, im Oktober 1975. Ab 1. Jänner 1976 beträgt die Rente S 3.764,90, und zwar einschließlich der Familienbeihilfe von S 340, . Die Sonderzahlung für Mai 1976 betrug S 3.594,90, die für Oktober 1976 S 3.424,90.
Das gesamte Nettoeinkommen des J* H* zur Zeit seines Todes ist unter Berücksichtigung des Wertes der von ihm im Haushalt geleisteten Arbeiten gemäß § 273 ZPO mit S 11.000, monatlich anzunehmen. Die Fixkosten des Haushaltes betrugen laut Annahme beider Streitteile monatlich S 1.000, . Daraus errechnet sich ein monatlicher Entgang der Klägerin von S 5.000, das sind 40 % des um die Fixkosten verminderten Nettoeinkommens des J* H* zuzüglich der Fixkosten, von dem die von der Klägerin bezogenen Rentenbeträge abzuziehen sind. Für die Zeit 1. Februar 1976 bis 30. September 1976 wäre von einem Nettoeinkommen des J* H* von monatlich S 11.600, und für die Zeit ab 1 Oktober 1976 mit einem solchen von S 12.000, auszugehen.
Künftige voraussichtliche Gehaltserhöhungen zu berücksichtigen, lehnte das Erstgericht mit der Begründung ab, daß die Entwicklung der Verhältnisse nicht mit genügender Sicherheit vorausgesagt werden könne. Das Feststellungsbegehren sei gerechtfertigt, weil damit der Verjährung weitergehender Rentenbeträge, die jetzt noch nicht genügend bestimmt seien, vorgebeugt werde.
Die Klägerin ließ unangefochten die Abweisung von
S 410,80 für die Zeit vom 13. November 1974 bis 30. November 1974, S 14,10 für die Zeit vom 1. Dezember 1974 bis 31. Dezember 1974, S 378,65 monatlich für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1975, S 378,65 monatlich für die Zeit vom 1. bis 31. Jänner 1976, S 397,25 monatlich für die Zeit vom 1. Februar bis 30. September 1976, S 389,50 monatlich für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1979, S 316,09 monatlich für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 31. Mai 1985.
Sie bekämpfte die Abweisung von
S 61,60 für die Zeit vom 13. November 1974 bis 30. November 1974, S 373,20 für die Zeit vom 1. Dezember bis 31. Dezember 1974, S 800,75 monatlich für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1975, S 1.231,35 für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Jänner 1976, S 1.259,50 monatlich für die Zeit vom 1. Februar bis 30. September 1976, S 1.310,50 monatlich für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1979, und S 1.565,91 monatlich für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 31. Mai 1985.
Die Beklagten ließen unbekämpft den Zuspruch von
S 347,07 für die Zeit vom 13. November bis 30. November 1974, S 1.268,85 für die Zeit vom 1. Dezember bis 31. Dezember 1974, S 447,98 monatlich für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1975, und S 24,35 monatlich für die Zeit vom 1. Jänner 1976 bis zur Wiederverehelichung der Klägerin, längster jedoch bis 31. Mai 1985.
Das Berufungsgericht gab beiden Berufungen Folge und hob das Ersturteil im Umfang der oben bezeichneten Aufhebung unter Rechtskraftvorbehalt auf, somit auch im Ausspruch über das Feststellungsbegehren und im Kostenausspruch, und verwies die Sache insoweit an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung. Dazu führte es im wesentlichen aus :
Den Beklagten sei beizupflichten, daß nicht ohne weiters davon ausgegangen werden könne, daß J* H* ohne den Unfall das Pensionsalter erreicht hätte. Sache der Klägerin sei es, diesen Umstand zu beweisen. Sollte eine Außerstreitstellung nicht möglich sein, werde das Verfahren bezüglich der Lebenserwartung des J* H* durch einen Sachverständigen aus dem Fache der Versicherungsmathematik zu ergänzen sein. Solange diese Frage nicht geklärt sei, könne weder über das Leistungs-, noch über das Feststellungsbegehren endgültig abgesprochen werden. In der Abweisung des Beweisantrages der Beklagten auf Vernehmung des Arztes Dr. R* als Zeugen darüber, daß J* H* vor dem Unfall nicht mehr organisch gesund gewesen sei, liege allerdings kein Verfahrensmangel, weil das nicht entsprechend konkretisierte Vorbringen der Beklagten auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinauslaufe. Richtig sei die Begrenzung des Rentenzuspruches auf die Dauer des Witwenstandes der Klägerin nicht gerechtfertigt jedoch der Standpunkt der Beklagten, daß im Urteil auch hätte ausgedrückt werden müssen, daß die Rente für die Dauer einer von der Klägerin aufgenommenen Lebensgemeinschaft ruhe.
Bei der Berechnung des fiktiven Einkommens des Getöteten sei das Erstgericht richtig vom Nettoeinkommen ausgegangen, doch komme nur das Einkommen aus einer Berufsarbeit in Betracht. Die Familienbeihilfe habe das Erstgericht – entgegen der Ansicht der Klägerin – mit Recht nicht in die Berechnungsgrundlage einbezogen; diese dürfe aber anderseits, soweit sie in der Witwenpension enthalten sei, auch nicht abgezogen werden. Die Sonderzahlungen seien in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen, und zwar auch die dritte, vom Dienstgeber freiwillig geleistete Sonderzahlung, weil mit ihrer weiteren Gewährung nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu rechnen sei. Dasselbe gelte allerdings auch für die im Jahr 1981 zu erwartende Prämie für die 35 jährige Betriebszugehörigkeit des J* H*, bezüglich der es allerdings noch an einem entsprechenden Vorbringen der Klägerin fehle. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes werde auch die im Jahr 1979 bevorstehende Gehaltserhöhung zu berücksichtigen sein, weil sie schon jetzt konkret feststehe. Weitere allfällige zukünftige Lohnerhöhungen müßten jedoch derzeit als noch ungewiß außer Betracht bleiben. Abzulehnen sei der Standpunkt der Beklagten, daß für die Ausmessung des Ersatzanspruches der Klägerin nur die Verhältnisse zur Zeit des Todes des J* H* maßgebend seien.
Gegen die Ermittlung des Anteiles der Klägerin von 40 % des Einkommens ihres Mannes bestehen keine Bedenken. Im weiteren Verfahren werde allerdings noch zu erörtern sein, welcher höhere Anteil der Klägerin sich aus der Erreichung der Selbsterhaltungsfähigkeit des mj. J* H* ergeben werde.
Der Wert der von J* H* im Haushalt verrichteten Arbeiten, sei zwar nicht als zusätzliches Einkommen zu werten, doch sei der Standpunkt der Klägerin zu billigen, daß der Wert dieser Arbeiten dem Anteil der Klägerin – so wie die fixen Haushaltskosten – zur Gänze zuzuschlagen sei. Gegen die Einschätzung des Wertes dieser Arbeiten mit S 200, monatlich bestehen keine Bedenken. Daß dieser Betrag in Zukunft zu erhöhen sei, könne jetzt mangels einer entsprechenden Grundlage nicht gesagt werden.
Entgegen der Ansicht der Klägerin seien inzwischen eingetretene Erhöhungen der der Klägerin zukommenden Sozialversicherungsleistungen zu berücksichtigen. Eine weitergehende Bedachtnahme auf vielleicht eintretende künftige Entwicklungen müsse jedoch unterbleiben.
Im weiteren Verfahren werde das Erstgericht das bisher übergangene Vorbringen der Streitteile zur Frage, ob der Klägerin ein Zuschlag zur Rente gebührt, weil die ihr zuerkannte Unterhaltsrente ihr rein verbleiben soll und sie bei deren gemeinsamer Veranschlagung mit den Sozialversicherungsleistungen Steuer zu zahlen habe, einzugehen und einen solchen Zuschlag durch Heranziehung eines Sachverständigen, allenfalls aber auch nach § 273 ZPO zu ermitteln haben. Ein Wegfall der Sorgepflicht für den mj. J* H* könnte hiebei wegen des Steigens der Steuerbelastung von Bedeutung werden.
Soweit die Klägerin einen Zuschlag wegen verminderter Witwenpension beanspruche, gehe ihr Vorbringen ins Leere, weil die Klägerin ohnehin so zu stellen sei, daß sich aus der ihr zuzuerkennenden Rente einerseits und den tatsächlichen Leistungen der Sozialversicherung ein Gleichstand gegenüber ihrem fiktiven Unterhaltsanteil beim Weiterleben des Ehemannes ohne Unfall ergibt.
Die außer Streit stehende Zahlung der Beklagten von S 1.053,59 werde ebenfalls zu berücksichtigen sein, wenn auch die Nichtbeachtung dieser Zahlung durch das Erstgericht von den Parteien nicht zum Gegenstand einer Rüge gemacht worden sei.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Oberlandesgerichtes „zu einem Endurteil“ abzuändern, mit dem der Klägerin die oben als unangefochten bezeichneten Beträge bis zu einer Wiederverehelichung der Klägerin, längstens jedoch bis 31. Mai 1985 zuerkannt werden, daß jedoch der Rentenanspruch während einer aufrechten Lebensgemeinschaft der Klägerin ruhe; das Rentenmehrbegehren hingegen sei abzuweisen. Hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluß in dem Umfang aufzuheben, als der Endzeitpunkt des Rentenanspruches mit 31. Mai 1985 angenommen wurde, und die Sache insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Soweit Abänderung des Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichtes im Sinne der Ballung eines Endurteiles beantragt wird, ist der Rekursantrag verfehlt. Die Rekurswerber seien darauf hingewiesen, daß nach § 526 Abs. 1 ZPO die einzige Form der Entscheidung über einen Rekurs der Beschluß ist. Über einen Rekurs kann daher nie mit Urteil entschieden werden. Der verfehlte Rekursantrag hindert allerdings nicht die meritorische Entscheidung über den Rekurs. Dieser ist teilweise gerechtfertigt.
Den Beklagten kann nicht beigepflichtet werden, wenn sie sich gegen eine angeblich zu strenge Auffassung des Berufungsgerichtes in der Frage des unzulässigen Erkundungsbeweises wenden. Von einem solchen unzulässigen Erkundungs- bzw. Ausforschungsbeweis ist dann zu sprechen, wenn der Beweisantrag auf die Aufklärung eines rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Sachverhaltes gerichtet ist, dessen Tatbestandselemente der Partei selbst nicht klar waren und die von ihr weder vorgetragen noch konkretisiert wurden. Hingegen wird der Beweis dann nicht als unzulässiger Ausforschungsbeweis anzusehen sein, wenn die antragstellende Partei einen konkreten rechtserheblichen Sachverhalt als Beweisthema vorträgt, selbst wenn sie im Zeitpunkt der Antragstellung von dem Bestand und der Richtigkeit des vorgetragenen Sachverhaltes keineswegs überzeugt ist ( Fasching III S. 231). Der Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Arztes Dr. R* als Zeugen zum Beweis dafür, daß J* H* vor dem Unfall organisch nicht mehr gesund war, stellt sich demnach als Ausforschungsbeweis dar, weil er in Bezug auf den erheblichen Umstand der Lebenserwartung des J* H* konkrete Tatsachenbehauptungen nicht enthält. Er läuft darauf hinaus, erst auf Grund der durch die Vernehmung dieses Zeugen erzielten Ergebnisses die rechtlich erheblichen Tatsachen vorbringen zu können. Er wurde daher mit Recht abgelehnt (3 Ob 49/74, ähnlich 2 Ob 50/67).
Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht beigepflichtet werden, daß die Frage der Lebenserwartung des J* H* noch der Klärung durch einen Sachverständigen auf dem Gebiete der Versicherungsmathematik zu klären sein wird. Richtig ist, daß die Dauer der Ansprüche nach § 1327 ABGB primär nicht von der Lebensdauer des Anspruchsberechtigten, sondern von der Dauer der Unterhaltspflicht des Getöteten abhängt, daß diese normalerweise mit seinem Tod endet und daß diese materielle Anspruchsvoraussetzung von der Klägerin zu beweisen ist (SZ 45/73 u.a.). Nun steht aber fest, daß J* H* zur Zeit des Unfalles beziehungsweise seines Ablebens im 54. Lebensjahr stand und an keinen Krankheiten litt, die sein Leben ohne den Unfall hätten verkürzen können. Im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, daß J* H* das Pensionsalter von 65 Jahren erreicht hätte, weil die Lebenserwartung eines im 54. Lebensjahr stehenden Mannes nach den vom Österreichischen Statistischen Zentralamtes veröffentlichten Sterbetafeln 12 Jahre übersteigt.
Zu billigen ist dagegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß ein urteilsmäßiger Ausspruch über das Ruhen der Rentenverpflichtung der Beklagten für den Fall des Eingehens einer Lebensgemeinschaft durch die Klägerin nicht in Betracht kommt, denn es ist völlig ungewiß, ob die Klägerin jemals eine Lebensgemeinschaft eingehen wird. Die rein theoretische Möglichkeit, daß ein solcher Sachverhalt eintreten könnte, kann daher die von den Beklagten gewünschte Beschränkung des Rentenzuspruches für den Fall der Eingehung einer Lebensgemeinschaft nicht rechtfertigen. Sollte aber in Zukunft ein das Ruhen der Rente bewirkender Sachverhalt eintreten, stünde den Beklagten eine Feststellungs- oder Oppositionsklage zu Gebote (vgl. ZVR 1958/13; siehe auch 8 Ob 208/75, 8 Ob 127/76).
Daß bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage auch die vom Dienstgeber freiwillig geleisteten Sonderzahlungen zu berücksichtigen sein werden, hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt. Nach den Feststellungen wurden diese freiwilligen Sonderzahlungen jedenfalls bisher regelmäßig geleistet, sodaß angenommen werden kann, daß dies auch in Zukunft der Fall sein werde. Damit erscheint ihre Gleichstellung mit dem auf vertraglicher Grundlage gezahlten Lohn gerechtfertigt. Maßgebend ist, daß die Klägerin an diesen Sonderzahlungen partizipiert hat, weshalb auch freiwillige Zuwendungen zu berücksichtigen sind (ZVR 1956/60).
Ähnlich liegen die Verhältnisse bezüglich der Berücksichtigung der Treueprämie, die J* H* im Jahre 1981 erhalten hätte (vgl. VersR 1971, 152). Daß diese wegen der ungünstigen Ertragslage der V* nicht mehr zur Auszahlung gelangen werde, stellt eine bloße Vermutung dar. Auch hier gilt, daß eine vom gewöhnlichen Lauf der Dinge abweichende Entwicklung von den Beklagten zum Anlaß einer entsprechenden, die Korrektur herstellenden Klage genommen werden könnte.
Richtig ist, daß die künftige Entwicklung des Geldwertes, der Wirtschaftslage, des Einkommens des Unterhaltsverpflichteten und der Sozialversicherungsleistungen nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann. Das ist aber noch kein Grund, bei der Ausmessung des der Klägerin durch den Tod ihres Mannes Entgangenen und künftig Entgehenden allein auf die Verhältnisse zur Zeit des Todes des J* H* – wie die Beklagten meinen – oder auch auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz abzustellen. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, sind auch künftige Entwicklungen zu berücksichtigen, soweit sie mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Es gilt hier, eine Prognose für die Zukunft zu stellen, die notwendigerweise mit gewissen. Unsicherheitsfaktoren behaftet ist. Möglichkeiten, für deren Verwirklichung hinlänglich konkrete Anhaltspunkte fehlen, müssen dabei, außer Betracht bleiben (SZ 23/311, ZVR 1957,158), wie auch eine Prognose der Entwicklung für einen längeren Zeitraum oder gar auf Jahrzehnte hinaus nicht zu stellen ist (ZVR 1973/160, 8 Ob 167/76). Die dem Erstgericht erteilten Aufträge des Berufungsgerichtes halten sich – abgesehen von der Frage der Feststellung der Lebenserwartung des J* H* – in diesem Rahmen und sind daher rechtlich unbedenklich.
Soweit sich die Beklagte gegen die Feststellungen wenden, die den Vorinstanzen als Grundlage für ihre Annahme eines 40 % igen Anteiles der Klägerin am Einkommen ihres Ehemannes dienten, und sie diese Feststellungen als bedenklich bezeichnen, bekämpfen sie die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, was aber in einem gegen einen Aufhebungsbeschluß gerichteten Rekurs unzulässig ist (JBl 1959, 1 3 4, JBl 1958, 403, SZ 23/306 u.a.; Fasching IV, 383). Darauf ist daher nicht weiter einzugehen.
Bei der Ermittlung eines Anteiles der Klägerin von 40 % am Einkommen ihres Mannes hat das Erstgericht offensichtlich von der Bestimmung des § 273 ZPO Gebrauch gemacht. Diese Schadensbemessung fällt in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung. Soweit die Beklagten dagegen Stellung nehmen, kann ihnen nicht beigepflichtet werden. Bei Bedachtnahme auf die oben erwähnten Feststellungen über die Lebensweise der Klägerin und die Gewohnheiten ihres Ehemannes kann in der Beurteilung, der Klägerin seien rund 40 % des Einkommens ihres Ehemannes zugekommen, eine unrichtige rechtliche Beurteilung nicht erkannt werden.
Der Hinweis des Rekurses auf den bereits bezahlten Betrag von S 1.053,59 geht ins Leere, denn das Berufungsgericht hat ohnehin ausgesprochen, daß diese Zahlung bei der neuerlichen Entscheidung zu berücksichtigen sein wird.
Den Beklagten kann schließlich auch darin nicht beigepflichtet werden, daß dem Feststellungsbegehren dadurch der Boden entzogen sei, daß die Klägerin einen Unterhaltsentgang nach dem 31. Mai 1985 nicht geltend mache und ein solcher auch gar nicht in Betracht komme. Die Beklagten übersehen, daß Änderungen in der Höhe des Anspruches der Klägerin infolge einer jetzt noch nicht abzusehenden Änderung der Verhältnisse auch innerhalb des Zeitraumes, für den die Rente nach § 1327 ABGB zuzusprechen ist, eintreten können. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin hinsichtlich künftiger Schäden in diesem Rahmen kann daher nicht verneint werden.
Damit erweist sich aber, daß die Sache bezüglich des Feststellungsbegehrens im positiven Sinn spruchreif ist.
Nur insoweit war dem Rekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluß hinsichtlich der Aufhebung des Feststellungsausspruches und des bezüglichen Teiles der Kostenentscheidung aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Auf die im Rekurs enthaltene Kostenrüge war nicht einzugehen, denn sie wendet sich gegen die ohnehin aufgehobene Kostenentscheidung des Erstgerichtes.
Demzufolge mußte dem Rekurs im übrigen der Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 52 ZPO. Der Kostenvorbehalt ist gerechtfertigt, weil der Rekurs zumindest teilweise zu einer Änderung der dem Erstgericht erteilten Aufträge geführt hat.