JudikaturOGH

1Ob7/76 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. März 1976

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petretto, Dr. Schragel, Dr. Petrasch und Dr. Schubert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma B* Spedition, *, vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Rosenbursenstraße 1, wegen 475.728 S samt Anhang, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14. November 1975, GZ. 2 R 340/75 19, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 15. Juli 1975, GZ. 6 Cg 11/74 12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Keiner der beiden Revisionen wird Folge gegeben.

Die klagende und die beklagte Partei haben die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittelschriften selbst zu tragen. Hingegen hat die klagende Partei der beklagten Partei die mit 8.100 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung und die beklagte Partei der klagenden Partei die mit 2.699,52 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 600 S Barauslagen und 155,52 S Umsatzsteuer), jeweils binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin führte zur Begründung ihres auf Zahlung von 475.728 S lautenden Klagebegehrens aus, daß im Jahre 1960 * K* und * P* mit dem LKW. Kennzeichen *, beim Zollamt E* eine Ladung zur Eingangsabfertigung gestellt hätten, die aus 50 Karton Zigaretten, 15 bis 20 Kisten Whisky und Cognak sowie einer Menge Bier und Schaumwein bestand. Sie hatten die Anweisung der Sendung an das Zollamt S* mit einem auf den Namen der Firma F* Spedition in L* als Begleitscheinnehmer lautenden Begleitschein beantragt. Der Name der Firma sei nunmehr auf den der Klägerin geändert worden. Fälschlich sei die Gesamtladung als aus Bier und Schaumwein bestehend erklärt worden. Im Zollgebiet Österreich hätten K* und P* den amtlichen Zollverschluß entfernt und das nicht gemeldete Begleitscheingut abgeladen. Nach der Entladung sei das Zollblei provisorisch angebracht und das Fahrzeug beim Zollamt S* zu der von P* mit dem Zollwachebeamten L* vereinbarten Zeit zur Ausgangsabfertigung gestellt worden. L* habe den vorgelegten Begleitschein einvernehmlich und wissentlich mit P* und K* so erledigt, als ob die Begleitscheinware ordnungsgemäß über die Schweiz ausgetreten wäre. Wegen dieser strafrechtlichen Verfehlung seien K*, P* und L* rechtskräftig verurteilt worden. Das Zollamt habe die Klägerin als Begleitscheinnehmerin für die entgangenen Eingangsabgaben mit einem Betrag von 866.055 S in Anspruch genommen. Nach erfolglosen Rechtsmitteln gegen den Abgabenbescheid sei einem Ansuchen der Klägerin auf Entlassung aus der Gesamtschuld hinsichtlich eines Teilbetrages von 441.716 S entsprochen, die Verpflichtung zur Zahlung von 424.339 S jedoch aufrecht erhalten worden. Zu dieser Verpflichtung sei es nur durch das strafrechtlich festgestellte Mitwirken des Zollwachebeamten L* gekommen. Die Klägerin habe von der Manipulation erst durch den Zollbescheid erfahren. Sie habe zur Abwehr des Abgabenbescheides den Klagsvertreter beauftragt und seien hiefür Kosten von 51.389,08 S aufgelaufen. Wegen der schwierigen finanziellen Lage der Klägerin habe sie den Klagevertreter um Stundung dieses Betrages ersucht, welche gegen Leistung von 10 % Zinsen jährlich bewilligt worden sei. Aus dem Titel des Schadenersatzes habe die beklagte Partei die Republik Österreich auch diese Kosten zu ersetzen. Auch für den Betrag von 424.339 S würden Zinsen in dieser Höhe begehrt, weil die Klägerin Zinsen in dieser Höhe für einen von ihr in Anspruch genommenen Kredit habe zahlen müssen. Bei K* und P* sei die gegenständliche Forderung nicht einbringlich. Zwischen der Firma T* und der Klägerin liege Identität vor. Auch wenn die Klägerin wie branchenüblich bei Grenzzollämtern blanko unterschriebene Begleitscheinformulare aufgelegt habe, habe sie keineswegs mit einer mißbräuchlichen Verwendung rechnen müssen, weil eine solche ausgeschlossen sei, solange nicht ein unredlicher Zollbeamter sich zur Mittäterschaft bereit erkläre. Der Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol, mit welchem in der gegenständlichen Angelegenheit der Berufung keine Folge gegeben worden sei, stamme vom 4. März 1969 und das hiezu ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1970. Diese Entscheidungen seien der Klägerin zwangsläufig erst später zugestellt worden, sodaß eine Verjährung nicht eingetreten sei, zumal die 10jährige Verjährungsfrist gelte. Schließlich brachte die Klägerin noch vor, F*, österreichischer Staatsbürger, sei erst im Jahre 1970 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Die Klägerin sei nunmehr eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementär eine Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in I* sei.

Die beklagte Partei wendete ein, daß die Klägerin keine österreichische juristische Person sei, da beide Gesellschafter deutsche Staatsbürger seien. Die Gegenseitigkeit in Amtshaftungssachen mit der Bundesrepublik Deutschland werde bestritten. Die in Rede stehenden Transporte seien in den Jahren 1959 und 1960 erfolgt. Das Aufforderungsschreiben der Klägerin sei jedoch erst am 2. Oktober 1972 bei der Finanzprokuratur eingelangt. Im Gegensatz zum Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist sei bei der 10jährigen Verjährungsfrist auf den objektiven Eintritt des Schadens Bezug genommen. Die Haftung des Begleitscheinnehmers für die Abgabenschuld sei mit dem Ausladen der Ware, spätestens aber mit der rechtswidrigen Behandlung durch L* eingetreten; der Schade sei demgemäß in den Jahren 1959 und 1960 entstanden. Ein allfälliger Rückersatzanspruch sei daher bereits vor Einlangen des Aufforderungsschreibens verjährt gewesen. Sollte die Klägerin ihren Anspruch auch aus den zollamtlichen Bescheiden ableiten, so werde auch hier Unzulässigkeit des Rechtsweges eingewendet, da im Aufforderungsschreiben nur Ansprüche geltend gemacht würden, die aus dem Schmuggel entstanden sein sollen. Infolge der überragenden Kapitalbeteiligung der beiden Kommanditisten und durch ihre gleichzeitige Eigenschaft als einzige Gesellschafter des Komplementärs seien B* und Le* als die wirtschaftlichen Alleineigentümer der Klägerin anzusehen, die Klägerin sei daher als deutsches Unternehmen anzusehen.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig der Klägerin den Betrag von 25.694,50 S samt Anhang zu bezahlen und wies das Mehrbegehren von 424.339 S samt Anhang ab. Es stellte den eingangs von der Klägerin wiedergegebenen Sachverhalt über den tatsächlichen Verlauf der Zollhinterziehung unter Mitwirkung des Zollwachebeamten L* fest. Obwohl die Firma T* deren wie üblich blanko unterfertigte Begleitscheine von K* und P* für ihre Machinationen verwendet wurden, von den strafbaren Manipulationen der strafrechtlich Verurteilten keine Kenntnis hatte, wurde ihr mit Bescheid des Zollamtes E* vom 1. Dezember 1966 als Begleitscheinnehmerin ein Zollersatz von 866.055 S auferlegt. Der erste in dieser Sache ergangene Bescheid war über Berufung der Firma T* aufgehoben worden. Auch gegen den Bescheid vom 1. Dezember 1965 wurde Berufung erhoben, der jedoch mit Bescheid vom 4. März 1969 nicht Folge gegeben wurde. Auch die erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Erkenntnis vom 13. November 1970 der Klägerin zugestellt am 12. Jänner 1971 verworfen. In der Folge wurde einem Ansuchen der Klägerin auf Entlassung aus der Gesamtschuld hinsichtlich eines Teilbetrages von 441.716 S entsprochen, während die Verpflichtung zur Zahlung von 424.339 S aufrecht erhalten wurde. Die tarifmäßigen Kosten des Klagevertreters für die Versuche der Abwehr des Abgabenbescheides betragen 51.389,08 S. Das Erstgericht stellte ferner fest, daß der Klagevertreter der Klägerin wegen deren schwieriger finanziellen Lage seinen Honoraranspruch gegen eine 10 %ige Verzinsung gestundet und daß die Klägerin ständig einen den Klagsbetrag übersteigenden Kredit gegen eine Verzinsung von ebenfalls 10 % in Anspruch genommen hat. Bei K* und P* ist die Forderung nicht einbringlich, L* ist verstorben. F* ist im Jahre 1970 als Gesellschafter der Firma F* Co. ausgeschieden, der Firmenname wurde auf den der Klägerin geändert. Die deutschen Staatsangehörigen B* und Le* sind Kommanditisten der Klägerin und einzige Gesellschafter der Komplementärin. Der Sitz der Klägerin ist in Österreich. Mit Schreiben vom 28. September 1972 forderte die Klägerin die beklagte Partei zur Anerkennung und zum Ersatz ihres Schadens auf, die jedoch mit Schreiben vom 3. Jänner 1973 ablehnend geantwortet hat. Das Aufforderungsschreiben ist bei der beklagten Partei am 2. Oktober 1972 eingelangt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es stehe fest, daß der Zollwachebeamte L* als Organ der beklagten Partei in Vollziehung der Gesetze gehandelt habe. Es stehe ferner fest, daß L* im Zusammenwirken mit K* und P* durch sein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der Firma F* Co. durch den ihr als Begleitscheinnehmerin vorgeschriebenen Zollersatz Schaden zugefügt habe, für den die beklagte Partei nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes einzustehen habe. Nach § 119 Abs. 1 ZollG 1955 erwachse dem Begleitscheinnehmer durch die Empfangnahme des Begleitscheines und der im Begleitschein angeführten Waren die Verpflichtung, das Begleitscheingut innerhalb der im Begleitschein festgesetzten Frist dem Empfangszollamt unverändert zu stellen und bei Nichtstellung für den entgangenen Zoll Ersatz zu leisten. Die Ersatzpflicht trete also kraft Gesetzes schon dann ein, wenn das Begleitscheingut nicht gestellt werde. Insofern begründe § 119 Abs. 1 ZollG eine Erfolgshaftung. Die im § 174 ZollG festgelegte bescheidmäßige Vorschreibung habe lediglich den Zweck, die Tatsache des Bestandes einer Zollschuld und deren ziffernmäßige Höhe in rechtskraftfähiger Form festzustellen. Die Firma F* Co. sei daher bereits am 18. Februar 1960 mit der Zollersatzpflicht belastet gewesen. Sie sei zu diesem Zeitpunkt „Abgabepflichtiger“ im Sinne des § 77 Abs. 1 BAO geworden; zugleich mit der Entstehung der Pflicht zur Ersatzleistung habe sich die Vermögenslage der Firma T* nachteilig geändert, wodurch ihr bereits ein Schaden erwachsen sei. Die im § 6 Abs. 1 Satz 2 AHG normierte 10jährige Frist zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen sei daher im Zeitpunkt der Klagserhebung, ja sogar schon im Zeitpunkt der obligatorischen Mahnung (§ 8 AHG) abgelaufen gewesen. Daran vermöge auch die Bestimmung des § 2 Absatz 2 AHG nichts zu ändern, zumal die Klägerin der drohenden Verjährung durch eine Feststellungsklage hätte begegnen können und müssen. Da der Schaden aus einem Verbrechen entstanden sei, komme die 10jährige Verjährungsfrist zum Tragen. Daß Schaden und Schädiger der Klägerin erst durch die Zustellung des Zollamtsbescheides bekannt geworden wäre, könne nicht angenommen werden. Anders verhalte es sich mit der Kostenforderung. Der Rechtsanwalt erwerbe eine Forderung aus der Vertretung gegenüber dem Vollmachtgeber gemäß §§ 1170, 1002 und 1014 ABGB erst nach Beendigung seiner Tätigkeit, also nach Abschluß des ihm übertragenen Falles und nach Rechnungsstellung. Hinsichtlich der Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit der Vertretung könne auf die oberstgerichtlichen Entscheidungen in 6 Cg 302/72 des Landesgerichtes Innsbruck verwiesen werden, da es sich hier um einen völlig gleichgelagerten Fall handle. Daß sich die Klägerin im Sinne des § 1304 ABGB ein Mitverschulden 50 : 50 anrechnen lassen müsse, sei ebenfalls bereits in dem gleichgelagerten Verfahren zu 6 Cg 302/72 des Landesgerichtes Innsbruck festgestellt worden. Hinsichtlich dieser Forderung gelte die Frist des § 6 Abs. 1 Satz 1 AHG, die somit erst nach Kenntnis des Schadens zu laufen begonnen habe. Der Beginn der Frist sei daher nach dem 15. März 1972 anzunehmen, sodaß die dreijährige Frist der Klagseinbringung zweifellos gewahrt sei. Daß der Klagsvertreter der Klägerin die Bezahlung der Kosten gegen eine Verzinsung von 10 % p.a. gestundet habe, sei ebensowenig bestritten, wie der Beginn des Zinsenlaufes. Hinsichtlich der von der beklagten Partei eingewendeten mangelnden Gegenseitigkeit sei zu bemerken, daß es sich bei der Klägerin um eine österreichische juristische Person handle, die zumindest einen Teil ihres Betriebsvermögens in Österreich und auch ihren Sitz im Inland habe. Dazu komme, daß es sich um einen abgeleiteten Anspruch handle. Die Frage einer bestehenden oder nicht bestehenden Gegenseitigkeit sei daher nicht näher zu erörtern gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge, wohl aber zum Teil jener der Klägerin und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die beklagte Partei schuldig erkannte, der Klägerin den Betrag von 51.389 S samt Anhang zu bezahlen und das Mehrbegehren auf Zahlung von 424.339 S samt Anhang abwies. Zum Begehren der Klägerin auf Vergütung des restlichen Zollersatzbetrages von 424.339 S samt Anhang billigte das Berufungsgericht die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, daß die Forderung verjährt sei. Es teilte auch die Auffassung, daß es der Klägerin durchaus frei gestanden wäre, vor Ablauf des Zeitraumes von 10 Jahren ab dem 18. Februar 1960 gegen die beklagte Partei eine Feststellungsklage einzubringen, um die Einwendung der Verjährung gegen ein späteres Leistungsbegehren auszuschalten. Zum Begehren auf Ersatz des zweiten Hälftebetrages an Anwaltskosten führte das Gericht zweiter Instanz aus, daß sich die Klägerin hinsichtlich dieses Betrages an der Schadensteilung nicht beteiligen müsse. Das Berufungsgericht verwies in diesem Zusammenhang auf die Begründung der Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 237/70 und 1 Ob 124/73 in 6 Cg 302/70 des Landesgerichtes Innsbruck in einem völlig gleichgelagerten Fall.

Zur Berufung der beklagten Partei vertrat das Gericht zweiter Instanz die Auffassung, daß nach dem Inhalt der Berufung der Sitz der gegenständlichen Gesellschaft m.b.H. in Österreich ebenso als unbestritten gelte, wie der Umstand, daß die Klägerin die Rechtsnachfolgerin der Firma F* Co. sei, deren Inländereigenschaft außer Frage stehe, womit der Klägerin zur Geltendmachung des vorliegenden Amtshaftungsanspruches in seinem gesamten Umfange die Aktivlegitimation zweifellos zukomme. Es könne der beklagten Partei auch darin nicht gefolgt werden, daß der Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten dasselbe rechtliche Schicksal erleiden müsse, das dem Ersatzbegehren in Ansehung des restlichen Zollersatzbetrages beschieden, d.h. mit diesem zusammen verjährt sei. Die beklagte Partei übersehe, daß der Kostenersatzbetrag einen selbständigen Vermögensschaden der Klägerin darstelle, der ihr durch die Leistungen des Klagsanwaltes in den Jahren 1966 bis 1972 entstanden sei. Das Berufungsgericht bejahte ferner die Frage, daß diese Anwaltskosten als zweckmäßiger Rettungsaufwand zu beurteilen sei; es verwies in diesem Zusammenhang ebenfalls auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 124/72 in 6 Cg 302/72 des Landesgerichtes Innsbruck, wonach für die Prüfung der Frage der Zweckmäßigkeit nicht nur rechtliche Gesichtspunkte, sondern auch wirtschaftliche Überlegungen heranzuziehen seien. Es sei in diesem Rahmen zu bedenken, daß durch die Bemühungen des Klagsanwaltes nebst und nach Stundungen letztlich ein erheblicher Teilnachlaß der Zollersatzforderung habe bewirkt werden können. Im Gegensatz zum Erstgericht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß auch hinsichtlich des Ersatzanspruches der Anwaltskosten die längere 10jährige Verjährungsfrist zum Tragen komme. Dies vermöge allerdings am Ergebnis, daß die gegenständliche Teilforderung nicht verjährt sei, nichts zu ändern, da der Schadenseintritt insoweit jedenfalls nicht vor dem Jahre 1966 begonnen habe.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes haben beide Parteien Revision erhoben. Die Klägerin bekämpft es in seinem klagsabweisenden Teil, unter Geltendmachung des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie beantragt die Urteilsabänderung im Sinne der vollen Klagsstattgebung. Die beklagte Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes in seinem klagsstattgebenden Teil aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Auch sie beantragt in erster Linie Urteilsabänderung und zwar im Sinne gänzlicher Klagsabweisung, hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Beide Teile beantragen überdies, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Revision der Klägerin:

Eingangs ihrer Ausführungen vertritt die Klägerin die Auffassung, daß sie überhaupt nicht für den entgangenen Zoll zu haften habe, weil gemäß § 119 Abs. 3 ZollG die Verpflichtung zur Stellung des Begleitscheingutes auf den Warenführer hier auf K* und P* übergegangen sei. Diesem Vorbringen der Klägerin ist zu erwidern, daß die Gerichte an rechtskräftige Verwaltungsbescheide gebunden sind, es sei denn, der Verwaltungsbescheid wäre absolut nichtig. Davon kann aber diesfalls keine Rede sein, sodaß davon auszugehen ist, daß die Klägerin mit rechtskräftigem Verwaltungsbescheid zum Zollersatz verpflichtet wurde.

Im gegenständlichen Fall ist der Schaden zweifellos aus einem Verbrechen entstanden; es verjährt daher der Ersatzanspruch erst 10 Jahre nach der Entstehung des Schadens (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AHG). Es handelt sich hiebei um eine absolute Verjährungsfrist, die Verjährung tritt also auch dann ein, wenn dem Geschädigten der Schade oder die Person des Beschädigers nicht bekannt geworden sein sollte ( Loebenstein-Kaniak , Kommentar zum Amtshaftungsgesetz, S. 95 f.). Der Auffassung der Klägerin, daß der Schaden erst mit der rechtskräftigen Vorschreibung des Zollersatzbetrages entstanden sei und daher erst ab diesem Zeitpunkt die 10jährige Verjährungsfrist zu laufen begonnen habe, kann nicht beigepflichtet werden. Zutreffend verweisen die Vorinstanzen darauf, daß gemäß § 119 Abs. 1 ZollG dem Begleitscheinnehmer die Verpflichtung erwächst, das Begleitscheingut innerhalb der im Begleitschein festgesetzten Frist dem Empfangszollamt unverändert zu stellen und bei Nichtstellung für den entgangenen Zoll Ersatz zu leisten. Daraus folgt, daß die Ersatzpflicht schon dann eintritt, wenn das Begleitscheingut beim Empfangszollamt nicht fristgerecht gestellt wird. Wenn es auch richtig ist, daß mit der Übernahme des Begleitscheines durch K* und P* als Warenführer, gemäß § 119 Abs. 5 ZollG die Verpflichtung zur Stellung des Begleitscheingutes beim Empfangszollamt nicht mehr die Klägerin sondern K* und P* getroffen hat, so ist gleichwohl die Verpflichtung der Klägerin, bei Nichtstellung des Begleitscheingutes für den entgangenen Zoll Ersatz zu leisten, aufrecht geblieben (siehe hiezu 1 Ob 257/70). Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht auch dargetan, daß die Zollschuld gemäß § 174 Abs. 3 lit. a - d ZollG in dem Zeitpunkt entsteht, in dem der Tatbestand, an den die Entstehung der Zollschuld geknüpft ist, verwirklicht wurde, im gegenständlichen Fall also die vorschriftswidrige Verfügung über die einfuhrzollpflichtige Ware. Dieser Zeitpunkt war der 18. Februar 1960, zu dem die zollpflichtige Ware auf österr. Boden widerrechtlich aus dem LKW ausgeladen wurde und die Stellung des Begleitscheingutes beim Empfangszollamt unterblieben ist. Mit diesem Zeitpunkt hat die absolute Verjährungsfrist von 10 Jahren zu laufen begonnen. Die am 4. Jänner 1974 beim Erstgericht eingelangte Klage ist daher, soweit mit dieser der Teilersatzanspruch in Bezug auf die Zollschuld geltend gemacht wurde, verspätet eingebracht, der Anspruch also verjährt.

Es kann der Klägerin auch darin nicht gefolgt werden, daß eine Feststellungsklage vor Entscheidung der Rechtsmittel gegen den Bescheid des Zollamtes E* zumindest „derzeit“ hätte abgewiesen werden müssen, weil vorher ein Ersatzanspruch der Klägerin noch gar nicht bestanden hätte. Der Oberste Gerichtshof hat wie das Berufungsgericht zutreffend dargetan hat der Lehre Ehrenzweigs folgend (System 2 I/1, § 138 S. 332, siehe aber auch Fasching III, S. 57 Anm. 15 zu § 228 ZPO) wiederholt ausgesprochen, daß auch bedingte oder betagte Rechte schon vor Eintritt der Bedingung oder des Termines, zur Vermeidung der Verjährung festgestellt werden können (ZVR 1969/99, EvBl 1969/185, ZVR 1972/69, ZVR 1974/252 u.a.).

Damit erweist sich die Revision der Klägerin als nicht gerechtfertigt.

II. Zur Revision der beklagten Partei:

Die breiten Revisionsausführungen gipfeln darin, daß der Kostenersatz deshalb nicht begehrt werden könne, weil im Hinblick auf die gesetzlichen Bestimmungen die von der Klägerin erhobenen Rechtsmittel gegen den Abgabenbescheid völlig zwecklos gewesen seien. Zutreffend verweist in diesem Zusammenhang das Berufungsgericht auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. Oktober 1973, AZ 1 Ob 124/73, in einem völlig gleichgelagerten Fall, von der abzugehen, die Ausführungen der beklagten Partei keine Veranlassung geben. In dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß die Kosten der Rechtsmittel und Rechtsbehelfe auch dann nicht als zwecklose Aufwendungen angesehen werden können, wenn erst das letzte Stundungsansuchen hier das Ansuchen um Entlassung aus der Gesamtschuld den angestrebten Erfolg herbeiführte. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die erhobenen Rechtsmittel nicht so zwecklos waren wie die beklagte Partei darzutun versucht, ist doch nach den Feststellungen der Vorinstanzen der erste in dieser Sache ergangene Bescheid des Zollamtes E* über Berufung der Klägerin zunächst aufgehoben worden.

Um Wiederholungen zu vermeiden, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden, das sich seinerseits auf die in der oben zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes dargelegten Erwägungen in Bezug auf die Zweckmäßigkeit der erhobenen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe berufen hat.

Damit war aber auch der Revision der beklagten Partei der Erfolg zu versagen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 40, 41 und 50 ZPO.

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