3Ob94/70 – OGH Entscheidung
Kopf
SZ 43/138
Spruch
Nach § 24 Abs 1 TirFlG 1969 geht das Eigentum an den Abfindungsgrundstücken, sofern eine vorläufige Übernahme nicht angeordnet wurde, mit Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes auf die Übernehmer über. Diese erwerben daher bereits vor Einverleibung ihres Eigentumsrechtes im Grundbuch Eigentum an den Abfindungsgrundstücken (Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes des § 431 ABGB)
Die Grund- und Geldabfindungen sowie die Geldausgleiche nach § 24 Abs 2 TirFlG treten hinsichtlich aller Rechtsbeziehungen zu dritten Personen an die Stelle des alten Grundstückes
OGH 12. August 1970, 3 Ob 94/70 (LG Innsbruck 2 R 727/69; BG Matrei i O E 22/68)
Text
Auf Antrag des betreibenden Gläubigers Firma Josef R bewilligte der Erstrichter zur Hereinbringung der Forderung von 35.960 S s A die Exekution durch Zwangsversteigerung der den Verpflichteten je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ 238 II KG K. Dem Versteigerungsverfahren trat die Bausparkasse F reg GenmbH neben anderen als betreibende Gläubigerin mit einer Forderung von 278.951.77 S s A bei.
Der Erstrichter setzte den vorläufigen Schätzwert der EZ 238 II KG K mit dem Grundstück Nr 114 Wiese mit 6920 S fest. Er führte aus, daß die Liegenschaft derzeit lediglich aus dem Grundstück Nr 114 Wiese im Ausmaß von 692 m2 besteht. Dieses Grundstück wurde mit Kaufvertrag vom 13. Jänner 1966 durch die Verpflichteten von Peter Sch aus dessen Liegenschaft EZ 37 I KG K erworben. In P 5 des Vertrages, der hinsichtlich der Zusammenlegung K vom Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz genehmigt wurde, ist festgestellt, daß das Grundstück 114 in das Zusammenlegungsverfahren einbezogen und nach abgeschlossenem Verfahren mit dem Grundstück Nr 4073/2 abgegolten wird. Das Grundstück Nr 114 soll wieder zum Gutsbestand der EZ 37 I KG K kommen. Unter Berücksichtigung des Zusammenlegungsplanes haben die Verpflichteten auf dem für sie vorgesehenen neu zu bildenden Grundstück 4073/2 das Haus Nr 23 L "Cafe T" erbaut. Nach dem Zusammenlegungsplan steht ein Teil dieses Hauses auf dem Grundstück 4074, das im Zuge der Zusammenlegung gleichfalls aus einem Teil des Grundstückes Nr 91/1 neu gebildet wurde und in das Eigentum der Maria Sch gelangen soll. Eine grundbücherliche Durchführung der Zusammenlegung ist noch nicht erfolgt. Als Schätzwert sei nur der Wert des Grundstückes Nr 114 Wiese anzunehmen, da die EZ 238 II KG K derzeit ausschließlich aus diesem Grundstück bestehe. Den von den betreibenden Gläubigern Firma Josef R und Bausparkasse F gegen diesen vorläufigen Schätzwert erhobenen Einwendungen gab der Erstrichter nicht Folge.
Infolge der von den angeführten betreibenden Gläubigern erhobenen Rekurse hob das Rekursgericht die angefochtenen Beschlüsse des Erstrichters unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Exekutionssache zur neuerlichen, nach Verfahrensergänzung zu fällenden Entscheidung an den Erstrichter zurück. Es sei zwar richtig, daß die verpflichteten Parteien zur Zeit des erstrichterlichen Beschlusses noch nicht bücherliche Eigentümer jenes Grundstückes waren, auf dem das Haus L Nr 23 erbaut wurde. Das TirFlG durchbreche aber in verschiedenen Bestimmungen den Eintragungsgrundsatz. So gehe nach § 24 Abs 1 dieses Gesetzes das Eigentum an den Abfindungsgrundstücken, sofern eine vorläufige Übernahme nicht angeordnet wurde, mit Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes auf die Übernehmer über. Es sei daher vorerst zu prüfen, ob die Liegenschaft, auf der das Haus L Nr 23 errichtet sei, tatsächlich als Grundabfindung für die Verpflichteten vorgesehen sei, ob der Zusammenlegungsplan rechtskräftig geworden sei oder ob bezüglich dieser Liegenschaft von der Agrarbehörde eine vorläufige Übergabe im Sinn des § 23 Abs 1 a TirFlG angeordnet wurde. Träfe einer dieser Fälle zu, so wäre nach § 24 Abs 2 des zitierten Gesetzes die Grundabfindung hinsichtlich der Rechtsbeziehung der Verpflichteten zu dritten Personen an die Stelle der alten Grundstücke getreten. Das Zwangsversteigerungsverfahren würde dann auch das mehrfach erwähnte Haus erfassen, sodaß als Schätzwert der zu versteigernden Liegenschaft der Verpflichteten der Wert dieses Hauses samt Zubehör zu gelten habe.
Der Oberste Gerichtshof gab dem vom Masseverwalter über das Vermögen der Zweitverpflichteten erhobenen Rekurs nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es trifft zu, daß nach § 24 Abs 1 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl 1969/34 (kurz: TirFlG 1969) das Eigentum an den Abfindungsgrundstücken, sofern eine vorläufige Übernahme nicht angeordnet wurde, mit Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes auf die Übernehmer übergeht, diese daher bereits vor Einverleibung ihres Eigentumsrechtes im Grundbuch Eigentum an den Abfindungsgrundstücken erworben haben. Die gegenteilige Ansicht der Zweitverpflichteten, daß durch § 24 Abs 1 TirFlG 1969 der Eintragungsgrundsatz des § 431 ABGB nicht durchbrochen sei, ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes unrichtig. Diese Frage ist jedoch für die Entscheidung nicht von ausschlaggebender Bedeutung.
Nach § 24 Abs 2 TirFlG 1969 treten die Grund- und Geldabfindungen sowie die Geldausgleiche hinsichtlich aller Rechtsbeziehungen zu dritten Personen an die Stelle des alten Grundstücks. Der Fall einer anderslautenden Bestimmung liegt hier nicht vor, eine mit diesen dritten Personen getroffene anderslautende Vereinbarung wurde nicht behauptet. Wäre sohin die Liegenschaft, auf der die Verpflichteten das Haus L Nr 23 errichtet haben, tatsächlich als Grundabfindung für das Grundstück Nr 114 Wiese vorgesehen, so gingen die Liegenschaft und das darauf errichtete Haus gemäß § 24 Abs 2 TirFlG 1969 in das Eigentum des Erstehers des Grundstücks Nr 114 über. Wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanz ergibt, ist aber dieses Austauschgrundstück durch die zwischenzeitige Bauführung der Verpflichteten unvergleichlich wertvoller geworden. Der Ersteher wäre auf Kosten der Verpflichteten und der Personen, deren Forderungen aus dem Meistbot zu befriedigen sind, um diesen Mehrwert des Austauschgrundstücks bereichert. Dies kann nur dadurch verhindert werden, daß bei Bestimmung des Schätzwertes der zu versteigernden Liegenschaft ein allfälliges Anwartschaftsrecht auf das Abfindungsgrundstück berücksichtigt wird. Eine derartige Berücksichtigung hat aber, wie das Rekursgericht zutreffend ausführt, die Klärung der Frage zur Voraussetzung, ob die Liegenschaft, auf der das Haus L Nr 23 errichtet wurde, tatsächlich als Grundabfindung für das Grundstück Nr 114 Wiese der EZ 238 II KG K vorgesehen ist, bejahendenfalls ob der Zusammenlegungsplan diesbezüglich in Rechtskraft erwachsen ist. Sollte die Liegenschaft mit dem Haus L Nr 23 wohl als Austauschgrundstück für das Grundstück Nr 114 Wiese vorgesehen, der Zusammenlegungsplan jedoch noch nicht rechtskräftig sein, so ließe sich derzeit der Schätzwert der zu versteigernden Liegenschaft nicht bestimmen, weil noch nicht feststunde, in welcher Weise das Anwartschaftsrecht auf eine Grundabfindung zu berücksichtigen ist.