8Os171/61 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juli 1961 unter dem Vorsitze des Senatspräsidenten Dr. Mironovici, in Gegenwart der Räte des Obersten Gerichtshofs Dr. Mayer Dr. Bröll, Dr. Möller und Dr. Reiter als Richter, dann des Richteramtsanwärters Dr. Schneider als Schriftführer in der Strafsache gegen Viktor A***** wegen des Verbrechens der Notzucht nach dem § 127 StG in Ausübung der ihm nach dem § 290 Abs 1 StPO zustehenden Befugnis aus Anlass der von dem Angeklagten Viktor A***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Dezember 1960, GZ 8 b Vr 6470/58-71, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Rat des Obersten Gerichtshofs Dr. Reiter, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Rat des Oberlandesgerichts Dr. Hartmann, und der Ausführungen des Verteidigers, Dr. Richard Steinpach, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Erstgerichts, das im Schuldspruch unberührt bleibt, wird im Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Viktor A***** wird für das ihm im Urteil des Erstgerichts vom 21. 12. 1960 angelastete Verbrechen der Notzucht nach dem § 127 StG und für die im Urteil des gleichen Gerichts vom 15. 7. 1959 ihm angelastete Übertretung gegen die öffentliche Sittlichkeit nach dem § 516 StG gemäß dem § 126 StG erster Strafsatz unter Anwendung des § 265a StPO und des § 35 StG zu einer schweren Kerkerstrafe in der Dauer eines Jahres, verschärft durch zwei Fasttage und zwei harte Lager vierteljährlich , und gemäß den §§ 389 und 390a StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens erster und zweiter Instanz verurteilt.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. 7. 1959, GZ 8 b Vr 6470/58-36, wurde der Angeklagte Viktor A***** des Verbrechens der Verführung zur Unzucht nach dem § 132 III StG und der Übertretung gegen die öffentliche Sittlichkeit nach dem § 516 StG schuldig gesprochen und nach dem § 133 StG unter Anwendung der §§ 55 und 35 StG zur Strafe des schweren Kerkers in der Dauer eines Jahres, verschärft durch zwei Fasttage und zwei harte Lager vierteljährlich, verurteilt. Über Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde das Ersturteil in teilweiser Stattgebung dieses Rechtsmittels durch den Obersten Gerichtshof mit Entscheidung vom 26. 2. 1960, AZ 8 Os 354/59 (ONr 44 der Akten) im Schuldspruche wegen Übertretung nach dem § 516 StG zwar bestätigt, hingegen im Schuldspruch wegen Verbrechens nach dem § 132 III StG und im Strafausspruch aufgehoben und die Strafsache im Umfange dieser Aufhebung an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang hat das Erstgericht den Angeklagten mit Urteil vom 21. 12. 1960, ONr 71, des Verbrechens der Notzucht nach dem § 127 StG schuldig erkannt und hat ihn hiefür und wegen der im Schuldspruch rechtskräftig gewordenen Übertretung nach dem § 516 StG nach dem § 126 StG unter Anwendung des § 265a StPO zu einer schweren Kerkerstrafe in der Dauer eines Jahres, verschärft durch einen Fasttag und ein hartes Lager monatlich, verurteilt.
Die gegen dieses Urteil seitens des Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof mit Entscheidung vom 24. 5. 1961, GZ 8 Os 171/61-3, bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen.
Aus Anlass der seitens des Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch überzeugt, dass das Ersturteil mit dem vom Angeklagten allerdings nicht geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des § 281 Z 11 StPO behaftet ist, der gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen war.
Während das Erstgericht im Urteil vom 15. 7. 1959 die einjährige schwere Kerkerstrafe durch zwei Fasttage und zwei harte Lager vierteljährlich verschärft hat, hat es im zweiten Urteil vom 21. 12. 1960 die ausgesprochene schwere Kerkerstrafe durch ein hartes Lager und einen Fasttag monatlich verschärft. Im Hinblick darauf, dass das Urteil vom 15. 7. 1959 nur seitens des Angeklagten angefochten worden war, durfte das Erstgericht in dem im zweiten Rechtsgang gefällten Urteil infolge ausdrücklicher Bestimmung des § 293 Abs 3 StPO über den Angeklagten keine strengere als die im ersten Urteil verhängte Strafe verhängen. Das Erstgericht hat dieser Vorschrift wohl bezüglich des Strafausmaßes entsprochen, nicht aber hinsichtlich der ausgesprochenen Strafverschärfungen. Denn während im Urteil vom 15. 7. 1959 als Verschärfung zwei Fasttage und zwei harte Lager vierteljährlich ausgesprochen wurden, enthält das Urteil vom 21. 12. 1960 die Verschärfung durch einen Fasttag und ein hartes Lager monatlich, somit drei Fasttage und drei harte Lager vierteljährlich. Durch diesen Vorgang hat das Erstgericht die ihm zustehende Strafbefugnis zum Nachteil des Angeklagten überschritten, das Urteil ist mit dem gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeitsgrund des § 281 Z 11 StPO behaftet.
Es war daher gemäß dem § 290 Abs 1 StPO das Urteil, das im Schuldspruch unberührt bleibt, im Strafausspruch aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst wie im Spruch ersichtlich zu erkennen.