5Ob401/60 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Kisser als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Turba, Dr. Lachout, Dr. Graus und Dr. Greissinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz S*****, vertreten durch Dr. Reginald Spitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Marie S*****, vertreten durch Dr. Franz Mangelberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhaltsleistung infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. September 1960, GZ 43 R 441/60-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 24. Mai 1960, GZ 4 C 324/60-5, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 25. 8. 1950, 25 Cg 295/50 aus dem Verschulden des Franz S***** (nunmehrigen Klägers) rechtskräftig geschieden. Der Kläger verpflichtete sich in der Folge mit Vergleich zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages an die Beklagte. Zuletzt übernahm er eine solche Verpflichtung in der Höhe von 240 S monatlich im Vergleich vom 11. 5. 1959, 4 C 672/58 des Bezirksgerichtes Favoriten.
Der Kläger behauptet, sich zu den Unterhaltsleistungen nur aus dem Grunde verpflichtet zu haben, weil die Beklagte vorgebracht habe, vollständig arbeitsunfähig zu sein. Sie sei nunmehr in einer Kartonagenfabrik als Hilfsarbeiterin beschäftigt. Es stehe ihr daher gemäß § 66 EheG kein Anspruch auf Unterhalt zu. Der Kläger stellt daher den Urteilsantrag, festzustellen, dass der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich vom 14. 5. 1959, 4 C 672/58 des Bezirksgerichtes Favoriten erloschen sei. Die Beklagte wendete ein, sie könne nur unter bedeutenden Schmerzen arbeiten, müsse mehrmals in der Woche die Arbeit unterbrechen, sie leide an Erstickungs- und Herzanfällen und sei tatsächlich arbeitsunfähig.
Das Erstgericht erkannte gemäß dem Klagebegehren. Es stellte fest, dass die Beklagte im Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches am 11. 5. 1959 nur zu einer leichteren Beschäftigung im Haushalte fähig gewesen sei. Da sie nunmehr einer Arbeit außer Haus nachgehe und hieraus ein monatliches Nettoeinkommen von 1.048,81 S beziehe, sei ihr aus § 66 Ehe fließender Unterhaltsanspruch zumindest im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben.
Das Berufungsgericht hob unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes das Ersturteil mit Beschluss auf. Es vertrat gleich dem Erstgerichte den Standpunkt, dass die Unterhaltsvereinbarung vom 11. 5. 1959 im Hinblick auf § 66 EheG und die dort enthaltenen Grundsätze getroffen worden sei. Es handle sich nur um eine Vereinbarung über die Höhe des Unterhaltes. Wenn die Beklagte nach wie vor arbeitsunfähig sein sollte und nur unter besonderen Schmerzen die Arbeiten bei der Firma Boog verrichten könne, weil sie dazu gezwungen sei, um nicht an den Folgen einer Unterernährung zugrunde zu gehen, so könne der Kläger mit seiner Klage nicht zum Ziele kommen. Wenn die Beklagte trotz ihrer Arbeitsunfähigkeit auf Kosten ihres Gesundheitszustandes arbeite, seien die Arbeiten als ihr nicht zumutbar anzusehen. Das Erstgericht werde daher die von der Beklagten angebotenen Beweise über den Gesundheitszustand und die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten sowie darüber, ob sich die Verhältnisse seit dem Vergleichsabschluss vom 11. 5. 1959 wesentlich geändert haben, durchzuführen haben. Der Kläger bekämpft den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes mit Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht zulässig.
Gegenstand des Rechtsstreites ist weder die Wirksamkeit noch die Auslegung des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Unterhaltsvergleichen (vgl Punkt IV des Judikates Nr 60 neu = SZ XXVII 177). Beide Parteien gegen davon aus, dass der Vergleich unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 66 EheG abgeschlossen wurde. Diesen Standpunkt nimmt der Kläger auch in seiner Revision ein. Er vertritt allerdings entgegen dem Berufungsgerichte die Ansicht, dass schon die tatsächliche Arbeitsleistung der Beklagten und der von ihr hieraus gezogene Verdienst in seiner Verpflichtung zur Unterhaltsleistung enthebe. Hiemit wirft er aber nur eine Frage nach der Bemessung des Unterhaltes im Rahmen des § 66 EheG auf, die, wie der Oberste Gerichtshof wiederholt entschieden hat, auch mit Null erfolgen kann; dies etwa dann, wenn feststeht, dass die Beklagte ihren Unterhalt aus einer Erwerbstätigkeit, die von ihr den Umständen nach erwartet werden kann, zu decken in der Lage ist (§ 66 EheG). Aus diesen Gründen erweist sich im Hinblick auf die Bestimmung des § 502 Abs 2 ZPO ungeachtet des vom Berufungsgericht in den Aufhebungsbeschluss aufgenommenen Rechtskraftvorbehaltes ein Rechtszug an den Obersten Gerichtshof als unzulässig (vgl die E. d. OGH vom 1. 2. 1947 1 Ob 51/47 = JBl 1947 S. 263).
Der Ausspruch über die Rekurskosten folgt aus den §§ 40, 50 ZPO.