JudikaturOGH

4Ob40/60 – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. September 1960

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hohenecker als Vorsitzenden durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gitschthaler und Dr. Stanzl sowie die Beisitzer Dr. Witek und Hala als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Edith L*****, Private, *****, vertreten durch Dr. Hermann Peterlunger, Rechtsanwalt in Lienz, wider die beklagte Partei Steffi F*****, Pensionsbesitzerin, *****, vertreten durch Dr. Wendelin Pflauder, Rechtsanwalt in Lienz, wegen 15.156,61 S sA, infolge der Revisionen der klagenden und beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. September 1959, GZ Cr 15/56-74, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Lienz vom 12. März 1957, GZ Cr 15/56-30, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil abgeändert wie folgt: Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei außer dem mit Urteil vom 13. 3. 1957 rechtskräftig zugesprochenen Betrag von 24,65 S noch 3.060,10 S samt 4 % Zinsen ab 22. 12. 1954 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.643,76 S bestimmten Prozesskosten erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 15.156,61 S samt 4 % Zinsen seit 22. 12. 1954, weil sie als in der Zeit vom 1. 5. 1954 bis 15. 11. 1954 im Kaffeehaus- und Barbetrieb der Beklagten tätig gewesene Zahlkellnerin alleinigen Anspruch auf die 10 %ige Trinkgeldablöse gehabt und die Beklagte sie nicht entsprechend entlohnt habe. Nach dem Kollektivvertrag gebühre ihr die Trinkgeldablöse von 10 %, während die Beklagte nur den Garantielohn und diesen nur in zu geringem Betrag von monatlich 865 S ausbezahlt habe. Unter Zugrundelegung eines monatlichen Durchschnittsumsatzes von 30.000 S verlange die Klägerin einen monatlichen Betrag von 3.000 S, das seien, da die Klägerin Mitte November 1954 grundlos entlassen worden sei, unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist für sieben Monate 21.000 S. Davon seien 6.055 S für die Zeit vom 1. 5. 1954 bis 15. 11. 1954 ausbezahlter Garantielohn abzuziehen, sodass noch 14.945 S nicht bezahltes Entgelt aushafte. Dazu kämen noch für Urlaubsabfindung 87,71 S und für Krankengeld 123,90 S, was zusammen 15.156,61 S ausmache.

Die Beklagte brachte demgegenüber vor, dass die Klägerin nur als Serviererin bei ihr beschäftigt gewesen sei und das Dienstverhältnis bis 1. 12. 1954 gedauert habe. Zwischen den Streitteilen sei noch vor Dienstantritt der Klägerin der Garantielohn von monatlich 835 S brutto nach der in Geltung stehenden Lohntabelle für die Tiroler Hotel-, Gast-, Kaffeehaus- und Beherbergungsbetriebe zum Kollektivvertrag vom 1. 6. 1953 vereinbart worden. Die Klägerin habe monatlich die von der Beklagten erstellten Lohnabrechnungen zum Zeichen ihres Einverständnisses unterschrieben, auf Mehrforderungen verzichtet und die Lohnabrechnungen nie beanstandet. Unrichtig sei die Behauptung, dass die Klägerin eine durchschnittliche Monatslosung von 30.000 S erzielt hätte. In Wirklichkeit seien hiefür wesentlich geringere Beträge anzusetzen. Einschließlich der Urlaubsentschädigung und des Krankenentgelts gebühren der Klägerin nur 6.216,61 S worauf sie 6.055 S erhalten hätte, sodass ihr nur noch eine Restforderung von 161,61 zustünde. Auch diese Restforderung bestehe mit Rücksicht auf Gegenforderungen nicht zu Recht. Die Klägerin habe im August 1954 eine Zweiliter-Rotweinflasche zum Preise von 56 S zerschlagen und am 24. 10. 1954 Getränke und Zigaretten im Werte von 209,80 S an ihr bekannte Engländer ohne Bezahlung abgegeben. Diese beiden Gegenforderungen im Gesamtbetrage von 265,80 S mache die Beklagte aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung geltend. Das Arbeitsgericht hat, nachdem sein erstes, das Klagebegehren zur Gänze abweisendes Urteil vom Berufungsgerichte aufgehoben worden war, mit seinem zweiten Urteil die Klagsforderung mit dem Betrage von 67,65 S, die Gegenforderung der Beklagten mit dem Betrage von 43 S als zu Recht bestehend und die Beklagte schuldig erkannt, der Klägerin den Betrag von 24,65 S binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Die Abweisung des Klagemehrbegehrens brachte es nur in der Urteilsbegründung, nicht aber im Urteilsspruch zum Ausdruck. Prozesskosten sprach es lediglich der Beklagten und zwar im Betrage von 7.589,85 S zu.

Infolge Berufung der klagenden Partei änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil in der Weise ab, dass es die beklagte Partei schuldig erkannte, der klagenden Partei außer dem mit Urteil vom 12. 3. 1957 rechtskräftig zugesprochenen Betrag von 24,65 S noch 3.110,50 S samt 4 % Zinsen ab 22. 12. 1954 binnen 14 Tagen zu bezahlen, ferner dass es das Mehrbegehren der klagenden Partei abwies und ihr zur Zahlung an die beklagte Partei nur einen Prozesskostenbetrag von insgesamt 5.643,76 S auferlegte. Im Berufungsverfahren ließ die Klägerin die Ansprüche für Urlaubsabfindung und Krankenentgelt, soweit sie die vom Erstgericht festgestellten Beträge von 32,25 S und 35,40 S übersteigen, unter Verzicht auf das Mehr fallen. Die Beklagte bekämpfte die Feststellung des Erstgerichtes, dass nur eine Gegenforderung des Erstgerichtes, dass nur eine Gegenforderung von 43 S zu Recht bestehe, nicht und ließ im Berufungsverfahren dann auch noch die vom Erstgericht festgestellte Gegenforderung fallen. Die Klägerin brachte ua im Laufe der Berufungsverhandlung vor, dass die Beklagte es auch unterlassen habe, ihr die Kinderbeihilfe für die Zeit des Dienstverhältnisses auszuzahlen.

Das Berufungsgericht ging bei seiner Entscheidung von folgenden Feststellungen, Annahmen und Erwägungen aus: Zur Buchhaltung der Beklagten für den gegenständlichen Zeitraum gehören auch die Bons, die die Klägerin bei Ausübung ihrer Tätigkeit der Dienstgeberin für entgegengenommene Waren ablieferte. Diese Bons sind weder sauber geführt noch vollständig in der Buchhaltung vorhanden; sie wurden auch nicht im Durchschreibeverfahren hergestellt.

Die Beklagte hatte die Möglichkeit, entweder Bonblocks für Durchschreibeverfahren der Zahlkellnerin zur Verfügung zu stellen oder auf andere Weise dafür zu sorgen, dass die Ansprüche der Klägerin aus der Buchhaltung des Betriebes einfach und genau gerechnet werden können, wovon jedoch die Beklagte weder im einen noch im anderen Sinne Gebrauch machte. In der Buchhaltung befindet sich auch kein Konto, auf dem die Ansprüche der Klägerin aus der Trinkgeldablöse genau erfasst wären. Der Biereingang von der Brauerei F***** im Werte von 714,75 S zwischen dem 29. 4. und 31. 5. 1954 kommt in der Buchhaltung überhaupt nicht vor. Es muss daher angenommen werden, dass Wareneingänge aus Handeinkäufen ebenfalls öfters nicht erfasst wurden. Es lässt sich somit nicht sagen, dass die von der Beklagten geführte Buchhaltung sicheren Aufschluss über den Warenumsatz in den Betrieben der Beklagten gibt. Da das Finanzamt den Zeugen I***** vom Amtsgeheimnis nicht entband, kann der Prüfungsvorgang dieser Behörde nicht näher untersucht werden. Richtig ist, dass das Finanzamt bei Überprüfung der Gebarung der Beklagten für Steuerzwecke keine wesentlichen Unrichtigkeit feststellte. Der Gesamtumsatz der Klägerin in der kritischen Zeit beträgt 109.332,95 S, wenn man die Ergebnisse der finanzamtlichen Betriebsprüfung und das Konto Nr. 800 der Errechnung zugrundelegt, dagegen 149.822,69 S, wenn man die Wareneinsätze während dieser Zeit zur Grundlage der Berechnung macht. Der Gesamtumsatz der Klägerin auf Grund der von ihr eingereichten Bons blauer Farbe betrug vom 1. 5. 1954 bis 30. 11. 1954 92.424,90 S. Auf diesem blauen Bons wurden nur Umsätze vermerkt, die die Klägerin machte und kassierte. Die Trinkgeldablöse beträgt 1/12 dieser Beträge und nicht 1/10; dies deshalb, weil in den bonierten Beträgen die Getränkesteuer und die Trinkgeldablöse enthalten sind. Bei Berechnung der Trinkgeldablöse nach den vom Sachverständigen Dr. Max H***** ermittelten Beträgen machen die Trinkgeldablöseansprüche der Klägerin insgesamt 7.701,90 S aus. Auf diesen Betrag bezahlte die Beklagte der Klägerin 5.427,50 S, sodass ein Betrag von 2.274,40 S noch offen ist. Die Trinkgeldablöse lag in jedem Monat über den Garantielohn. Die Klägerin war Kellnerin mit Inkasso im dritten Berufsjahr, hatte daher Anspruch auf einen Garantielohn von monatlich 885 S, nicht aber bloß 835 S, wie es die Beklagte behauptete.

Das Berufungsgericht hielt dafür, dass unter den gegebenen Umständen Anlass bestehe, im Wege der Schätzung zu den Ansprüchen, die der Klägerin laut den in der Buchhaltung erliegenden Bons gebühren, einen Zuschlag in der Weise zu machen, dass die Trinkgeldablöse auf 3.000 S erhöht werde. Die Trinkgeldablöse für die Umsätze in der zweiten Novemberhälfte 1954 stünde der Klägerin zu, weil die Beklagte sie erst zum 30. November 1954 kündigte und daher bis Ende November 1954 zu entlohnen hatte. Die Beklagte mache gar nicht geltend, die Klägerin wegen Fernbleibens vom Dienst nach dem 15. 11. 1954 entlassen zu haben. Im Übrigen müsse angenommen werden, dass nicht der ganze Umsatz der Klägerin auf den vorliegenden Bons der Klägerin verzeichnet sei, insbesondere nicht der immerhin ganz erhebliche Umsatz an Reisegesellschaften, für die die Reiseleitung die Pensionspreise in einer Summe der Beklagten überwies, ferner nicht der ganze Umsatz von Sekt im Barbetrieb. Die Gesamtansprüche der Klägerin stellten sich demnach folgendermaßen dar:

Rest an Trinkgeldablöse 3.000,-- S

Rest an Wohnungsbeihilfe und

Kinderbeihilfe für die zweite

Hälfte November 1954 67,50 S

Rest an Urlaubsabfindung und

Krankenentgelt 43,00 S

Zur Bezahlung dieser Beträge sei die Beklagte zu verurteilen gewesen, weil ihre Einwendung, die Klägerin hätte darauf verzichtet, nicht begründet sei. Dass die Streitteile bei der Auszahlung des letzten Lohnbetrages einige Tage nach dem 16. 11. 1954 über einen solchen Verzicht gesprochen hätten, werde von ihnen nicht behauptet. Es sei also nur zu prüfen, ob sich aus der Quittung über die letzte Lohnzahlung im November 1954 ein solcher Verzicht ergebe. Die Klausel über die Verzichtserklärung sei unklar, die Quittung nicht abdatiert, ein für eine solche Eintragung offengelassener Platz, bis wann die Klägerin lohnbefriedigt ist, nicht ausgefüllt. Der Vordruck über die Lohnbefriedigungsklausel sei in vielen kleinen Lettern gehalten als der übrige Vordruck. Es könne daher nach den im redlichen Verkehr üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen nicht angenommen werden, dass die Beklagte einen klaren Antrag auf Abschluss eines Verzichtsvertrages an die Klägerin gestellt habe. Dass die Beklagte selbst nicht der Auffassung gewesen sei, die Klägerin mit der Unterfertigung der letzten Quittung lohnbefriedigt zu haben, ergebe sich aus der Tatsache, dass sie der Klägerin später noch Urlaubsgeld, welche beiden Forderungen bereits bei Lösung des Dienstverhältnisses fällig waren, ausbezahlt habe. In ihrer Parteiaussage gebe die Beklagte selber zu, dass die Klägerin bei der Endabrechnung noch das Weihnachtsgeld reklamiert habe, woraus bereits zu entnehmen sei, dass sich die Klägerin mit der Entgegennahme des Betrages von 432,90 S nicht für lohnbefriedigt erklärt habe. Es sei auszuschließen, dass die Klägerin auf ihr bekannte Ansprüche verzichtet habe. Überdies habe die Beklagte einen, wenn auch unabsichtlichen Irrtum der Klägerin über ihre Ansprüche veranlasst. Die Beklagte habe nämlich der Klägerin erklärt, sie dürfe mit Trinkgeldablöse über den Garantielohn hinaus nicht rechnen. Diese Auskunft sei offensichtlich unrichtig gewesen. Die Beklagte hätte aber auch wissen müssen, dass der Garantielohn der Klägerin höher als 835 S monatlich sei, auch wissen müssen, dass die Trinkgeldablöse der Klägerin über dem Garantielohn liege. Von besonderer Bedeutung sei, dass die Beklagte die Klägerin eindeutig als Zahlkellnerin verwendete und ihr doch nur den Garantielohn für eine Kellnerin ohne Inkasso bezahlte. Bei der Kostenentscheidung sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Festsetzung der Höhe des Anspruchs der Klägerin zum Teil vom Ermessen des Gerichts abhing und die Beklagte es war, die wegen einer nicht vollständig ordnungsgemäßen Buchführung der Klägerin die Feststellung ihrer Ansprüche erschwerte.

Beide Teile bekämpften das Berufungsurteil mit Revision, die klagende Partei insoweit, als es ihr Begehren zum Teil abwiesen und sie zum Kostenersatz an die beklagte Partei verurteilt hat, die beklagte Partei "seinem gesamten Inhalt nach". Die klagende Partei macht als Revisionsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend, die beklagte Partei unrichtige rechtliche Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Aktenwidrigkeit. Während die klagende Partei beantragt, das Berufungsurteil im angefochtenen Teil dahin abzuändern, dass die beklagte Partei auch zur Zahlung des Betrages von 12.021,46 S sA und zur Tragung sämtlicher Prozesskosten verurteilt werde, oder, falls diesem Antrag nicht stattgegeben werden sollte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache ans Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsschöpfung zurückzuweisen, beantragt die beklagte Partei, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Urteil erster Instanz wiederhergestellt werde, in eventu das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Sache ans Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsschöpfung zurückzuverweisen. In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Revisionsgegnerinnen, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision der klagenden Partei:

1.) Die Revisionswerberin verweist auf ihren in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag auf Beeidigung der Beklagten darüber, dass in den bonierten Beträgen das 10 %ige Bedienungsgeld enthalten sei, dass ihr nie ein Eisenbahner Wein aus Südtirol brachte und dass Z***** nie über ihr Verlangen unrichtiger Rechnungen und Lieferscheine ausstellte. Über diesen Antrag habe das Berufungsgericht nicht entschieden, wodurch das Verfahren mangelhaft geblieben sei. Im Fall der Beendigung hätte die Beklagte wahrheitsgemäß aussagen müssen, dass die Klägerin neben den bonierten Beträgen auch das 10 %ige Bedienungsgeld abgeführt, die Beklagte die in ihrer Bar verabreichten Getränke nicht nur im Inland, sondern zu einen Großteil im Ausland eingekauft habe, ohne dass diese Einkäufe in das Wareneingangsbuch aufgenommen worden seien, und die Firma Z***** in den Fakturen unrichtige Waren deklariert habe. Es falle jedenfalls auf, dass die Beklagte bei der Fa. Z***** in der strittigen Zeit "Reinigungsmittel" in der Höhe von zusammen 10.757,63

S bezogen habe, obwohl in der fraglichen Saison nach Aussage der Beklagten kein Umsatz zu erzielen gewesen sei. Mangelhaft sei das Verfahren auch geblieben, weil das Berufungsgericht den Zeugen Alfred I***** nicht gehört habe. Wenn der Zeuge nach seiner Erklärung auch von der Verschwiegenheitspflicht nicht entbunden worden sei, hätte er trotzdem vernommen werden müssen, zumal da die Beklagte insoferne strafbar gehandelt habe, als sie die Klägerin durch ihre unvollständigen Aufschreibungen und buchhalterischen Eintragungen in Irrtum geführt habe. Die Klägerin habe mit dem genannten Zeugen die Rechtssache besprochen und dieser ihr erklärt, dass die Angabe der Beklagten keinesfalls stimme. In der Berufungsschrift habe die Klägerin den Sachverständigen Dr. H***** als befangen abgelehnt. Das Berufungsgericht habe darüber nicht entschieden und den Genannten neuerlich als Sachverständigen bestellt, obwohl er mit der Beklagten befreundet und überdies ein häufiger Gast der "F*****-Bar" sei. Dr. H***** habe auch keine eigentliche Sachverständigentätigkeit ausgeübt, weil er nur die von der Beklagten vorgelegten Bons ohne Überprüfung auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zusammengezählt habe. Da über den Ablehnungsantrag keine Entscheidung getroffen worden sei, liege eine weitere Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Mangelhaft sei schließlich das Verfahren infolge Unterlassung der Abhörung eines Sachverständigen aus dem Gastwirtsfache. Gegen den Sachverständigen Hans J***** habe die Klägerin Befangenheit geltend gemacht, weil der Genannte mit der Beklagten in Geschäftsverbindung stehe. Das Berufungsgericht hätte den von der Klägerin namhaft gemachten Sachverständigen Heinrich Sch***** hören müssen. Auch der von der Klägerin beantragte Zeuge Eugen F***** hätte gehört werden müssen, weil er zu bestätigen in der Lage gewesen wäre, dass die "F*****-Bar" dreimal in der Woche Musik gehabt habe, sehr gut besucht gewesen und viel bei hohen Preisen konsumiert worden sei.

Auf obige Ausführungen ist folgendes zu erwidern: Gemäß § 377 Abs 1 ZPO kann das Gericht die eidliche Vernehmung einer Partei anordnen, wenn das Ergebnis der unbeeideten Befragung nicht ausreicht, um das Gericht von der Wahrheit oder Unwahrheit der zu beweisenden Tatsachen zu überzeugen. Die Bestimmung dient der besseren Lösung der Beweisfrage, soferne sich das Gericht von ihrem Gebrauch ein Ergebnis erwartet. Die Unterlassung der eidlichen Vernehmung einer Partei bildet entgegen der Meinung der Revisionswerberin keinen Verfahrensmangel. Ob eine Partei eidlich zu vernehmen ist, hat der Richter nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden (22. 4. 1938, DR EvBl 1938 Nr. 263; 15. 2. 1935, ZBl 1935 Nr 210; 19. 11. 1915 Slg 7655). Eine Überprüfung des Ermessens in der Revisionsinstanz ist nicht zulässig (17. 10. 1940 RG EvBl 1941 Nr 19), weil es sich hiebei um eine Frage der Beweiswürdigung handelt. Dadurch, dass das Berufungsgericht den Antrag auf eidliche Vernehmung der Beklagten nicht ausdrücklich abgelehnt hat, ist keine wesentliche Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens verschuldet worden. Gemäß § 321 Abs 1 ZPO darf von einem Zeugen die Aussage ua in Bezug auf Tatsachen verweigert werden, über welche der Zeuge nicht würde aussagen können, ohne eine ihm obliegende staatlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit zu verletzen, insoferne er hievon nicht giltig entbunden wurde. Nach § 323 ZPO hat ein Zeuge, der die Aussage ganz oder über einzelne Fragen verweigern will, die Gründe der Weigerung mündlich oder schriftlich vor der zu seiner Vernehmung bestimmten Tagsatzung oder bei dieser Tagsatzung selbst anzugeben, und wenn ein Widerspruch erfolgt, glaubhaft zu machen. Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung hat, wenn die Weigerung vor dem erkennenden Gericht vorgebracht wurde, dieses mittels Beschluss zu entscheiden. Im vorliegenden Fall hat der Zeuge Alfred I***** nach Wahrheitserinnerung angegeben, dass er dem Vorstand des Finanzamtes Lienz von der Ladung als Zeuge in dieser Sache Mitteilung machte und ihn fragte, ob er ihn (Zeugen) vom Amtsgeheimnis entbinde, was der Vorstand verneinte. Inhaltlich des Verhandlungsprotokolls ist ein Widerspruch gegen die Gründe der Weigerung des Zeugen, eine Aussage abzulegen, nicht erfolgt, die Angabe des Zeugen vielmehr von beiden Teilen widerspruchslos hingenommen worden, sodass das Gericht keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründete, wenn es den Zeugen ohne weitere Vernehmung entließ.

Wohl ist der Sachverständige Dr. Max H***** in der Berufung als befangen bezeichnet worden, an der Einholung eines weiteren Gutachtens dieses Sachverständigen und seiner Vernehmung durch das Berufungsgericht hat jedoch der Vertreter der Klägerin keinen Anstoß genommen. Der Sachverständige Hans J***** ist in der gleichen Verhandlung, in der er zum erstem Mal gehört wurde, mit der ganz allgemein gehaltenen Begründung, er stehe mit der Beklagten in Geschäftsverbindung, erst hinterher vom Klagevertreter als befangen bezeichnet worden. Die Verletzung einer das Verfahren regelnden Vorschrift kann von der deshalb zur Beschwerdeführung berechtigten Partei nicht mehr geltend gemacht werden, wenn sich letztere in die weitere Verhandlung der Sache eingelassen hat, ohne diese Verletzung zu rügen, obwohl dieselbe ihr bekannt war und bekannt sein musste (§ 196 Abs 1 ZPO). Die Vernehmung des Sachverständigen Dr. H***** durch das Berufungsgericht ungeachtet seiner Ablehnung wegen Befangenheit durch die Klägerin ist von ihr nicht gerügt worden, obwohl der Beweisbeschluss, womit die Beweiswiederholung und -ergänzung angeordnet wurde, den Genannten mit eingeschlossen hat. Die angebliche Befangenheit des Sachverständigen Max J***** ist, wie bereits erwähnt, erst nach seiner Vernehmung geltend gemacht worden, ohne dass Gründe für die Verspätung glaubhaft gemacht worden wären. An der ergänzenden Vernehmung des Sachverständigen J***** hat die Klägerin wieder keinen Anstoß genommen, wie der Inhalt des Protokolls über die Berufungsverhandlung vom 14. 2. 1958 zeigt. In der Nichtabhörung des von der Klägerin beantragten Heinrich Sch***** als weiteren Sachverständigen und des Eugen F***** als weitere Zeugen zu Kontrollzwecken ist keine wesentliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens gelegen, zumal da eine restlose Klärung des Sachverhalts auch mit diesen Beweismitteln nicht zu erreichen gewesen wäre. Das Berufungsgericht hat ohnedies die von der Klägerin in prozessordnungswidriger Weise auf lange Strecken verzettelten Beweiseangebote fast zur Gänze ausgeschöpft, sodass sich der Prozess auf nicht weniger als über 5 Jahre hinauszog. Eine echte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens im Sinne des § 503 Z 2 ZPO liegt dem Gesagten zufolge nicht vor. Unwesentliche Verfahrensverstöße bilden keine reversible Mangelhaftigkeit.

2.) Die Revisionswerberin gibt zwar zu, dass die Beweiswürdigung für sie nicht mehr anfechtbar ist, meint jedoch, dass die Ansicht des Berufungsgerichtes, es sei zur Feststellung der Ansprüche der Klägerin nur der Weg der Schätzung möglich, nicht zutreffe. Das Berufungsgericht hätte nach Ausschöpfung sämtlicher Beweismittel durch Parteienvernehmung den Gesamtumsatz der Beklagten während der strittigen Zeit und damit der klägerischen Ansprüche feststellen müssen. § 273 ZPO sei hier nicht anzuwenden. Die Klägerin sei in einen Beweisnotstand gekommen, weil die Beklagte zur Feststellung des richtigen Umsatzes von sich aus nichts beigetragen habe. Nach ihrem Vorbringen betrage der Gesamtumsatz 68.385,63 S, das Gericht habe einen Umsatz von 92.424,90 S festgesetzt, während der Sachverständige einen Umsatz von 109.332,95 S bzw 149.882,69 S errechnet habe. Der wirkliche Umsatz wäre leicht festzustellen gewesen, wenn das Berufungsgericht die einschlägigen Aussagen verwertet und dann durch Parteienvernehmung erklärt hätte, ob der Beklagten oder der Klägerin zu glauben sei. Die Zeugin Kunigunde O***** habe die Klagsbehauptungen bestätigt. Aus der Aussage und dem Schreiben der Zeugin Anna F***** ergebe sich gleichfalls die Richtigkeit der klägerischen Angaben über die Umsätze an Samstagen und Sonntagen. Die Beilage ./III sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes durchaus nicht unbeachtlich, da sie von einem Zeitraum von 14 Tagen spreche. Die Parteienvernehmung der Klägerin hätte ergeben, dass die Trinkgeldablöse in den bonierten Beträgen nicht enthalten gewesen sei. Wenn das Berufungsgericht einen Gastwirt als Sachverständigen vernommen hätte, wäre auch hervorgekommen, dass ein Barbetrieb mit solch geringen Umsätzen unrentabel sei, weil er die Spesen nicht decke. Der Sachverständige hätte auch bestätigen müssen, dass die Beklagte zur Führung eines Bonbuchs mit Durchschlag verpflichtet sei. Der wirkliche Umsatz der Beklagten wäre auf Grund der Parteienvernehmung festzustellen gewesen, nicht aber auf Grund einer Schätzung. Selbst wenn aber eine solche zulässig sein sollte, sei die durch das Berufungsgericht vorgenommene Schätzung unrichtig, da sie auf die Beweisergebnisse keine Rücksicht nehme.

Mit diesen Ausführungen ist nicht die Rechtsrüge dem Gesetz gemäß ausgeführt, sondern die irrevisible Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes bekämpft. Die Vernehmung der Streitteile als Parteien ist vom Berufungsgericht ohnehin durchgeführt worden. Wenn die Vernehmung der Beklagten nicht jede Ergiebigkeit hatte, die sich die Revisionswerberin von ihr erwartete, so gibt dies keinen Anlass, von Feststellungsmängeln zu sprechen, zumal da die Klägerin anwaltlich vertreten und damit die Möglichkeit zu ausgiebigem Gebrauch des Fragerechtes hatte. Die Revisionswerberin wirft dem Berufungsgerichte in den Ausführungen zur Rechtsrüge vor, dass es die Beweisergebnisse nicht so verwertet habe, wie sie es für richtig halten. Ein solcher Vorwurf hat denn doch mit irriger rechtlicher Beurteilung der Streitsache nicht das Geringste zu tun. Soweit es sich um die Lösung von Beweisfragen handelt, ist eine Überprüfung im Rahmen der Rechtsrüge ausgeschlossen. In den Bereich der rechtlichen Beurteilung gehört lediglich die Frage, ob die Ermittlung der Klagsforderung auf Grund der Feststellungen des Berufungsgerichtes sich mit der Bestimmung des § 273 ZPO vertreten lässt. Danach muss feststehen, dass eine Partei eine Forderung zu stellen hat, der Beweis über den streitigen Betrag der Forderung aber gar nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erbringen ist. Unter diesen Voraussetzungen kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen selbst mit Übergehung eines von der Partei angebotenen Beweises den Betrag nach freier Überzeugung festsetzen. Infolge der Unzulässigkeit des Urkundenbeweises und der oft widersprüchlichen Angaben vernommener Personen hat das Berufungsgericht festgestellt, dass ein einwandfreier Beweis für den genauen Umsatz der Klägerin in der kritischen Zeit nicht zu erbringen ist. Die Anwendung der Vorschrift des § 273 ZPO war daher gerade im vorliegenden Falle durchaus angezeigt. Unter Berücksichtigung der vorhandenen, wenn auch lückenhaften Beweisergebnisse und der Ergänzung des Sachverständigengutachtens erachtete das Berufungsgericht die von ihm ermittelte Ziffer von 3.000 S für angemessen. Der Oberste Gerichtshof tritt dieser Auffassung bei, zumal da auch in der Revision konkret nichts dagegen vorgebracht werden kann, wenn von den Grundlagen des Berufungsgerichtes ausgegangen wird. Es entbehrt somit auch die Rechtsrüge jeder Berechtigung.

Da keiner der geltend gemachten Revisionsgründe vorliegt, erweist sich die Revision als völlig unbegründet, sodass ihr auch kein teilweiser Erfolg beschieden sein konnte.

Zur Revision der beklagten Partei:

1.) Die Revisionswerberin wendet sich in den Ausführungen zur Darstellung der Rechtsrüge vor allem gegen die Annahme des Berufungsurteils, dass die Klägerin auf weitere Ansprüche nicht verzichtet habe. Die verweist auf das Abrechnungsformular für den Monat November 1954, auf dem die Verzichtsklausel steht. Auf Grund der vorliegenden Feststellungen sei als erwiesen anzunehmen, dass die Klägerin nach Lösung des Dienstverhältnisses eine schriftliche Verzichtserklärung abgegeben habe. Nach Wegfall des Abhängigkeitsverhältnisses abgegebene Verzichtserklärungen hätten jene Bedeutung, die ihnen nach dem Wortlaut und Sinn zukomme. Wenn das Berufungsgericht unter Hinweis auf die spätere Auszahlung von Weihnachtsgeld das Zustandekommen eines Verzichts ablehne, sei diese Auffassung unhaltbar, weil doch auch nach einem wirksamen Verzicht die Möglichkeit irgendwelcher vergleichsweiser Abrechnungen bestehe. Das Berufungsgericht habe sich zudem in Widerspruch zum Beschluss vom 24. 5. 1956 gesetzt, wenn es jetzt das Nichtzustandekommen des Verzichtes damit begründe, dass die Klägerin bei der Endabrechnung das Weihnachtsgeld reklamierte. Die weitere Feststellung im angefochtenen Urteil, dass die Klägerin durch die Beklagte in Irrtum geführt worden sei, könne ebenfalls nicht stichhältig sein. Die Klägerin sei nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil eine ausgelernte Kellnerin mit Praxis, der die Kenntnis dessen, was ihr gebühre, zugemutet werden könne. Die Streitteile hätten eine Serviererin mit einem seinerzeitigen Verdient von 835 S als den Fähigkeiten der Klägerin entsprechend angenommen und danach den Lohn vereinbart. Auch dass der Lohn für die zweite Novemberhälfte 1954 nicht bezahlt wurde, könne eine Verzichtserklärung nicht berühren. Die Klägerin sei sich bewusst gewesen, dass und warum sie nur bis Mitte November abrechnete. Sie habe jedenfalls ihre Arbeit nach Mitte November eingestellt und keine Einwendung erhoben, als bei der Endabrechnung dann die Novembermitte als Zeitpunkt des Endes ihrer Tätigkeit angenommen wurde. Es sei für die Beurteilung des Verzichts auch ohne Belang, dass die Verzichtserklärung unklar und die Quittung nicht abdatiert ist. Es komme nicht auf den Wortlauf, sondern auf den Sinn der Verzichtserklärung an und dieser sei sowohl hinsichtlich des Verzichtes wie auch hinsichtlich des Zeitraumes, für welchen sie abgegeben wurde, klar genug. Rechtlich bedeutungslos sei auch die Tatsache, dass die Verzichtserklärung in kleinen Lettern vorgedruckt ist. Die Verzichtserklärung stehe unmittelbar vor der für die Unterschrift bestimmten Stelle, sodass sie selbst einem oberflächlichen Leser auffallen müsse. Die Klägerin habe solche Abrechnungsformulare mindestens sieben Mal unterfertigt, könne sich daher nicht mit Unkenntnis dessen, was sie unterschreibe, ausreden. Durch die Abgabe der Verzichtserklärung nach Beendigung des Abhängigkeitsverhältnisses seien die Ansprüche der Klägerin aus der Prozentkasse nicht mehr klagbar. Ein allfälliger Irrtum sei nicht von der Beklagten veranlasst worden. Im angefochtenen Urteil werde der Klägerin einerseits Krankengeld zugesprochen, andererseits aber der Lohn für den ganzen November zuerkannt. Dieser Doppelzuspruch sei auf jeden Fall ungerechtfertigt. Beim Verzicht seien Urlaubsabfindung und Krankengeld nicht berücksichtigt worden, weshalb die hiefür geforderten Beträge der Klägerin wohl zustünden. Der Lohn oder der Anteil an der Prozentkasse sei aber durch die Verzichtserklärung endgültig geregelt. Selbst wenn kein Verzicht angenommen werde, könne bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu dem errechneten Betrag von 2.274,14 S nichts zugeschlagen werden. Das Urteil stütze sich hauptsächlich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Max H*****, sei jedoch infolge unlogischer Gedankengänge zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung gelangt. Zum Unterschied zwischen den Umsatzziffern von 109.332,95 S und 149.822,69 S nehme das Berufungsgericht nicht entsprechend Stellung und der Schluss, dass die Buchhaltung der Beklagten keine Beweiskraft besitze, sei unrichtig. Es stehe nicht fest, dass das Lager bei Beginn und Ende des Überprüfungszeitraums gleich gewesen sei. Andererseits seien Zuschläge, die der Sachverständige H***** vornehme, kaum als stichhältig zu bezeichnen, weil er in seinem ursprünglichen Gutachten andere Sätze annehme. Auch die Tatsache, dass in der Buchhaltung ein Betrag von 714,75 S nicht aufscheine, lasse nicht die Möglichkeit des Schlusses auf die Wertlosigkeit der gesamten Buchhaltung zu. Nach der negativ ausgefallenen Kontrolle des Finanzamtes bestehe kein Grund, lediglich auf Grund des Sachverständigengutachtens H***** § 273 ZPO anzuwenden. Wenn der Klägerin schon der Betrag von 3.000 S zugesprochen werde, könne sie nicht noch neben dem kollektivvertraglichen Lohn Krankengeld verlangen. Der Zuspruch von 52,50 S und 15 S für Kinderbeihilfe und Wohnungsbeihilfe bestehe ebenfalls nicht zu Recht, weil er in der Klage gar nicht begehrt worden sei. Das angefochtene Urteil bringe der Klägerin zu viel Wohlwollen entgegen, was sich auch in der durch nichts begründeten Kostenbestimmung zeige.

Die gedrängte Wiedergabe der Revisionsausführungen lässt bereits erkennen, dass die Revisionswerberin die Bekämpfung der Beweiswürdigung von jener der rechtlichen Beurteilung nicht auseinanderzuhalten weiß. Soweit sie gegen die Beweiswürdigung polemisiert, ist ihr damit jedes Gehör im Revisionsstadium verschlossen. Es gilt dies von der Würdigung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Max H***** ebenso wie von der Beantwortung der Frage, ob die Klägerin eine Verzichtserklärung vor oder nach Lösung des Dienstverhältnisses abgegeben hat. Selbst wenn zwischen der Begründung des Beschlusses von 24. 5. 1956 und dem angefochtenen Urteil in Einzelheiten ein Widerspruch besteht, ist dies kein Grund, die jetzt vom Berufungsgericht auf Grund einer umfangreichen Beweisdurchführung festgestellten Tatsachen nicht als bindend anzuerkennen. Die Entscheidung darüber, ob die Buchhaltung der Beklagten volle Beweiskraft besitzt oder nicht, betrifft ausschließlich eine, das Revisionsgericht nicht mehr beschäftigende Beweisfrage.

In der Frage des Verzichts schließt sich der Oberste Gerichtshof der Argumentation des Berufungsgerichtes insoweit an, als ein Verzicht auf Lohnansprüche während des Dienstverhältnisses wegen der für den Dienstnehmer bestehenden Zwangslage unwirksam ist, Verzichtserklärungen der Klägerin, soweit sie vor Beendigung des Dienstverhältnisses abgegeben wurden, für sie daher nicht verbindlich sind, das letzte von der Klägerin unterschriebene Quittungsformular mit der Lohnbefriedigungsklausel unklar, nicht abdatiert und ein für eine solche Erklärung offen gelassener Platz, bis wann die Klägerin lohnbefriedigt sei, nicht ausgefüllt ist, die Beklagte selbst nicht der Auffassung war, die Klägerin sei mit der Unterfertigung der letzten Quittung lohnbefriedigt, da sie nach ihrer Behauptung der Klägerin am 8. 12. 1954 noch 210 S Urlaubsgeld und 101,70 S Weihnachtsgeld gab, welche Ansprüche nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Teile bereits mit Lösung des Dienstverhältnisses fällig waren. Wenn das angefochtene Urteil überdies feststellt, es sei auszuschließen, dass die Klägerin auf Ansprüche, die sie kannte, verzichtet hat, ferner, dass die Beklagte den Irrtum der Klägerin über ihre Ansprüche insofern veranlasste, als sie ihr erklärte, sie dürfe mit Trinkgeldablöse über den Garantielohn hinaus nicht rechnen, die Beklagte die Klägerin eindeutig als Zahlkellnerin verwendete und ihr doch nur den Bruttolohn für eine Kellnerin ohne Inkasso zahlte, so handelt es sich hiebei in erster Linie um Feststellungen über Tatsachen, an die das Revisionsgericht gebunden ist. Soll eine Verzichtserklärung mit all ihren den Dienstnehmer oft schwer benachteiligenden Folgen als wirksam anerkannt werden, muss sie schon inhaltlich jeden Zweifel darüber ausschließen, ob und worauf verzichtet wurde. Die Frage, ob der Kleindruck der Lohnbefriedigungsklausel diese schon an sich wertlos macht, weil er vom Unterfertigenden in der Regel nicht beachtet wird, kann auf sich beruhen, da der mit solchen Mängeln behafteten Abrechnung, wie sie das Berufungsgericht richtig aufgezeigt hat, keine Wirkung zukommen kann. Hält man sich übrigens an die Angaben der Beklagten, so ist die Abrechnung für November 1954 mit der Klägerin wohl nach Einstellung deren Tätigkeit, nicht aber nach Beendigung des Dienstverhältnisses gepflogen worden, weil die Klägerin zum Novemberende gekündigt wurde, die Abrechnung aber schon einige Tage nach dem 16. 11. 1954 stattfand. Der Oberste Gerichtshof trägt auch, wie schon früher gesagt, kein Bedenken gegen die Anwendung des § 273 ZPO und schließt sich diesfalls voll und ganz den Überlegungen des angefochtenen Urteils an. Mit der Feststellung, dass die Buchhaltung der Beklagten nicht in bester Ordnung ist, dass Belege fehlen, dass Warenbezüge nicht eingetragen wurden, beim Bonierungssystem kein Durchschreibverfahren geübt wurde, war die Grundlage für die Anwendung des § 273 ZPO gegeben. Unrichtig ist ferner die Behauptung der Revision, dass die Kinderbeihilfe nicht begehrt worden sei, daher nicht zugesprochen werden dürfe. Richtig ist vielmehr, dass der Klagevertreter in der Berufungsverhandlung vom 23. 4. 1968 ausdrücklich vorbrachte, die Beklagte habe es auch unterlassen, der Klägerin die Kinderbeihilfe für die Monate vom 1. 5. 1954 bis Ende November 1954 auszuzahlen. Zuzugeben ist jedoch, dass dies für die Wohnungsbeihilfe nicht gilt. Mit ihr ist tatsächlich ein Betrag zugesprochen worden, den die Klägerin nicht gefordert hat. Richtig ist ferner, dass bei Zuspruch von Lohn für den ganzen November 1954 und Krankengeld für einen Teil dieser Zeit die Klägerin mehr bekäme, als ihr gebührt. Richtigerweise waren die 3.000 S Trinkgeldablöse um einen Betrag, der der Höhe des bereits rechtskräftig zugesprochenen Krankengeldes von 35,40 S entspricht, zu kürzen. Außerdem hatte der Zuspruch der Wohnungsbeihilfe von 15 S zu entfallen. Nur in diesem geringfügigen Ausmaß war das angefochtene Urteil einer Korrekur zu unterziehen.

2.) Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht die Revisionswerberin geltend, dass das angefochtene Urteil nicht die Ergebnisse des gesamten Beweisverfahrens berücksichtigt habe. Im Großen und Ganzen seien nur die für die Klägerin günstigen Beweise verwertet worden; dies insbesondere bei der Feststellung, dass die Buchhaltung nicht verlässlich und ein Zuspruch nach freiem Ermessen nötig sei. Mit diesen Ausführungen wird nicht der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens gesetzmäßig ausgeführt, sondern die irrevisible Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes bekämpft. Das Berufungsgericht hat die Beweisergebnisse durchaus nicht einseitig verwertet, sondern eingehend begründet, warum es in die Buchhaltung der Beklagten kein Vertrauen setzt. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt in Wirklichkeit nicht vor.

3.) Als aktenwidrig rügt die Revisionswerberin die Feststellung, das Bons ohne Durchschrift abzulehnen sind, weil Hans V*****, auf den sich das Urteil hiezu berufe, nie als Sachverständiger vernommen worden sei. Allenfalls meine das Berufungsgericht damit den Sachverständigen Hans J*****, der jedoch ausdrücklich erklärt habe, dass auch Bonbücher ohne Durchschrift geführt werden. Richtig ist, dass Hans V***** nicht als Sachverständiger vernommen und auch keine Aussage, wie sie der Feststellung entspricht, abgelegt hat. Diese Aktenwidrigkeit ist aber deshalb bedeutungslos, weil sie für das Urteil nicht wesentlich (kausal) ist. Es liegt daher auch der Revisionsgrund des § 503 Z 3 ZPO nicht vor.

Auch an der Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes ist wegen des Misserfolges der Revision der Beklagten festzuhalten, weil der Betrag der von der Klägerin erhobenen Forderung von der Feststellung durch richterliches Ermessen und von der Ermittlung durch Sachverständige abhängig war, ferner weil vor allem die mangelhafte Buchhaltung der Beklagten einen unverhältnismäßig hohen Prozessaufwand erforderte. Es ergibt sich demnach, dass auch der Revision der Beklagten nur zum geringsten Teil Erfolg zuzuerkennen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 43 Abs 2, 50 ZPO. Die Kosten waren gegenseitig aufzuheben, weil auch die Revision der Beklagten nur in ganz geringem Umfang Erfolg hatte, der in gar keinem Verhältnis zu ihrem Misserfolg steht, praktisch also beide Revisionen als erfolglos bezeichnet werden können.

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