JudikaturOGH

3Ob293/60 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juli 1960

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Zweiten Präsidenten Dr. Fellner als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Liedermann, Dr. Überreiter, Dr. Greissinger und Dr. Höltzel als Richter in der Rechtssache der betreiben Partei Firma Dr. Christof G*****, Gross- und Einzelhandel in *****, Alleininhaber, Dr. Christof G*****, Kaufmann, ebendort, vertreten durch Dr. Emil Walther, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die verpflichteten Parteien zu E 1304/58 1.) Leopold Otto W*****, Kaufmann, 2.) Eva W*****, dessen Ehegattin, beide in *****, zu E 1663/59 Anita W*****, Geschäftsfrau, *****, vertreten durch Dr. Alexander Sadila, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 3.508,41 sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 1. Juni 1960, GZ 2 R 207/60, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Rosegg vom 16. Mai 1960, GZ E 1304/58-8, E 1663/59-4, in seinem Punkt 1.) abgeändert und in Punkt

2.) aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs gegen die Abänderung des Punktes 1.) des erstgerichtlichen Beschlusses durch das Rekursgericht wird nicht Folge gegeben. Dagegen wird dem Revisionsrekurs gegen die Aufhebung des Punktes 2.) des erstgerichtlichen Beschlusses durch das Rekursgericht Folge gegeben, die Rekursentscheidung in diesem Umfang aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Auf die Kosten des Revisionsrekurses wird als weitere Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen sein.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei hat zu 3 M 2434/58 des Bezirksgerichtes Klagenfurt einen vollstreckbaren Zahlungsbefehl vom 20. 9. 1958 über

S 3.508,41 sA gegen 1.) Leopold W*****, Kaufmann in A*****, Post V*****, und 2.) gegen Eva W*****, dessen Ehegattin, ebendort, erwirkt. Die Rückscheine zum Zahlungsbefehl tragen die Unterschriften Leopold W***** und Eva W*****. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Rosegg vom 29. 10. 1958, E 1304/58-1, wurde der betreibenden Partei wider die verpflichteten Parteien 1.) Leopold W*****, Kaufmann, und

2.) Eva W*****, dessen Ehegattin, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 3.508,41 sA auf Grund dieses Zahlungsbefehles Fahrnisexekution bewilligt, die mangels pfändbarer Gegenstände erfolglos blieb. Am 25. 7. 1959 stellte die betreibende Partei beim Bezirksgericht Klagenfurt den Antrag, ihr auf Grund des Zahlungsbefehles 3 M 2434/58 und der Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes Rosegg E 1304/58 gegen die Verpflichtete Anita W*****, Geschäftsfrau in *****, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 3.508,41 sA die Exekution durch Pfändung der der verpflichteten Partei gehörigen Gewerbeberechtigung für Handel mit Obst und des dieser Gewerbeberechtigung zugrundeliegenden Betriebes und Zwangsverwaltung dieses Betriebes zu bewilligen. Diesen Antrag wies das Bezirksgericht Klagenfurt mit Beschluss vom 30. 7. 1959 ab, weil sich der Vorname der verpflichteten Partei nicht mit dem der Zweitbeklagten im Titelakt decke. Darauf legte die betreibende Partei mit Schriftsatz vom 7. 8. 1959 eine weitere Ausfertigung der Mahnklage mit dem Antrag vor, diese Klagsausfertigung auch Anita W***** zuzustellen. Dies sei der richtige Name der Zweitbeklagten; Eva W***** sei das minderjährige Kind des Leopold W***** und habe mit der Sache nichts zu tun. Sie beantragte ferner, in der im Gerichtsakt befindlichen Ausfertigung den Schreibfehler von Eva auf Anita W***** richtigzustellen; das Bezirksgericht Klagenfurt verfügte darauf die Zustellung der Klagsausfertigung an Anita W*****. Wie sich aus dem Akt ergibt, wurde tatsächlich eine Gleichschrift der Mahnklage, in der der Name der Zweitbeklagten jedoch in Anita W***** richtiggestellt war und die mit dem Stampiglienaufdruck über den Zahlungsbefehl vom 20. 9. 1958 versehen wurde, an Anita W***** unter der Anschrift A*****, Post V*****, am 7. 9. 1959 abgefertigt. Der Gerichtsbrief wurde beim Postamt V***** am Wörthersee am 18. 9. 1959 hinterlegt und von diesem Postamt als nicht behoben an das Bezirksgericht Klagenfurt zurückgesendet, wo er am 20. 10. 1959 einlangte. Ob die Hinterlegung des Gerichtsbriefes am 18. 9. 1959 beim Postamt V***** mit Rücksicht auf den vielleicht geänderten Wohnort der Anita W***** noch ordnungsgemäß erfolgen konnte, geht aus dem Akt nicht hervor. Mit Beschluss vom 12. 12. 1959, 3 M 2434/58, bewilligte das Bezirksgericht Klagenfurt auf neuerlichen Antrag des betreibenden Gläubigers die Pfändung und - entgegen der Vorschrift des § 331 Abs 2 EO - auch die Zwangsverwaltung des Gewerbes (Handel mit Nylon-Plastik- und Kunststoffwaren) der Anita W*****, nunmehr U*****, Post *****, welche Exekution vom Bezirksgericht Rosegg unter E 1663/59 vollzogen wird. Die Zustellung des Bewilligungsbeschlusses an Anita W***** als verpflichtete Partei erfolgte durch das Bezirksgericht Rosegg am 29. 12. 1959; der Exekutionsbewilligungsbeschluss wurde rechtskräftig. Die Verpflichtete Anita W***** brachte am 24. 3. 1960 zu E 1663/59-3 beim Erstgericht den Antrag auf Einstellung der Exekution E 1663/59 ein, da gegen sie kein Exekutionstitel vorliege.

Die betreibende Partei brachte beim Erstgericht am 31. 3. 1960 zu E 1304/58-7, mit der Behauptung, dass sie auch gegen Anita W***** einen rechtskräftigen und vollstreckbaren Titel, nämlich den Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 20. 9. 1958, 3 M 2434/58, besitze, den Antrag ein, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei von S 3.508,41 sA den Vollzug der mit Beschluss des Bezirksgerichtes Rosegg vom 29. 10. 1958, E 1304/58, bewilligten Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame der verpflichteten Parteien Leopold und Anita W*****, nunmehr U***** Nr 17, Post V*****, befindlichen beweglichen Sachen aller Art, insbesondere auch hinsichtlich der gesamten Wohnungseinrichtung einschließlich der Wertgegenstände, die die Verpflichteten bei sich tragen (Taschenpfändung) sowie der in § 296 EO angeführten Wertpapiere und Einlagebücher und des vorfindlichen Bargeldes durch Abnahme neuerlich anzuordnen.

Das Erstgericht ordnete darauf mit Beschluss vom 16. 5. 1960, E 1304/58-8, E 1663/59-4, in der Exekutionssache der betreibenden Partei wider die verpflichteten Parteien 1.) Leopold Otto W*****, 2.) Anita W*****, wegen S 3.508,41 sA unter Punkt 1.) den von der betreibenden Partei beantragten Vollzug der Fahrnisexekution neuerlich an und wies unter Punkt 2.) den Antrag der verpflichteten Partei Anita W***** auf Einstellung der Exekution in Ansehung ihrer Person ab. Das Erstgericht fügte der Zustellungsverfügung im Akt E 1304/58, ONr 8, bei: Zum Vollzug (Der in E 1304/58 und E 1663/59 angeführte Betrag von S 3.508,41 betrifft ein und dieselbe Forderung). Im Akt E 1663/59 befindet sich unter ONr 4, BlZ 9, zwar keine Ausfertigung des Beschlusses vom 16. 5. 1960, E 1304/58-8, E 1663/59-4, sondern eine beglaubigte Abschrift mit dem Vermerk "Zustellverfügung und Zustell-(Rück )Sch. siehe im Akt E 1304/58-8". Gegen den Beschluss des Erstgerichtes erhob Anita W***** als verpflichtete Partei Rekurs.

Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 1. 6. 1960 dem Rekurs der Anita W***** Folge. Es änderte den angefochtenen Beschluss in seinem Punkt 1.) dahin ab, dass der Antrag der betreibenden Partei, den neuerlichen Vollzug der mit Beschluss des Bezirksgerichtes Rosegg vom 29. 10. 1958, E 1304/58-1, bewilligten Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame der Anita W***** befindlichen beweglichen Sachen aller Art, insbesondere der gesamten Wohnungseinrichtung, einschließlich der Wertgegenstände, welche Anita W***** bei sich trägt (Taschenpfändung) sowie der in § 296 EO angeführten Wertpapiere, Einlagebücher und des Bargeldes anzuordnen, abgewiesen wird, und hob den angefochtenen Beschluss in seinem Punkt

2.) auf, ohne dem Erstgericht im Spruch eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Es führte im Wesentlichen aus, die Fahrnisexekution E 1304/58 sei auf Grund eines Zahlungsbefehles gegen die Beklagten Leopold und Eva W***** wider die Verpflichteten Leopold und Eva W*****, nicht aber gegen eine Verpflichtete "Anita W*****" bewilligt worden. Eine Fahrnisexekution gegen Anita W***** sei beim Bezirksgericht Rosegg bisher überhaupt noch nicht beantragt worden. Daher könne auch ein neuerlicher Vollzug einer Fahrnisexekution gegen Anita W***** nicht bewilligt werden. Das Rekursgericht hob jedoch Punkt 2.) des Beschlusses, mit dem der Antrag der verpflichteten Partei Anita W***** auf Einstellung der Exekution in Ansehung ihrer Person abgewiesen wurde, im Wesentlichen mit der Begründung darauf, dass aus dem Beschluss und den Akten nicht mit Sicherheit zu entnehmen sei, auf welche Exekution sich Punkt 2.) des Beschlusses beziehe. Es fügte in der Begründung bei, falls das Erstgericht eine Entscheidung über den Einstellungsantrag E 1663/59 treffen wolle, werde es in diesem Akt einen Beschluss zu fassen haben, dem eindeutig zu entnehmen ist, über welchen Antrag entschieden wurde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei.

Rechtliche Beurteilung

Soweit im Revisionsrekurs die Abweisung des Antrages auf neuerlichen Vollzug der Fahrnisexekution gegen Anita W***** bekämpft wird, ist er unbegründet. Der Antrag auf neuerlichen Vollzug einer Fahrnisexekution gegen eine verpflichtete Partei setzt voraus, dass bereits die Fahrnisexekution bewilligt und ein Vollzug der Fahrnisexekution vorgenommen oder versucht wurde. Im vorliegenden Fall liegt eine Fahrnisexekutionsbewilligung gegen Anita W***** als verpflichtete Partei überhaupt nicht vor, es durfte daher auch nicht vom Erstgericht der neuerliche Vollzug der Fahrnisexekution gegen Anita W***** angeordnet werden. Der Beschluss des Erstgerichtes vom 29. 10. 1958, E 1304/58, auf den sich die betreibende Partei in ihrem Antrag auf neuerlichen Vollzug beruft, richtet sich gegen Leopold und Eva W*****, nicht aber gegen Anita W*****. Die betreibende Partei wäre als Klägerin im Mahnverfahren nach §§ 226, 78 und 75 ZPO verpflichtet gewesen, die zweitbeklagte Partei mit dem richtigen Vornamen zu bezeichnen. Da sie die unrichtige Bezeichnung selbst verschuldet hat, kann sie sich nicht mit Recht über den Formalismus, von dem das Exekutionsverfahren beherrscht wird, beschweren. Soweit sich die betreibende Partei in ihrem Revisionsrekurs gegen die Aufhebung des Punktes 2.) des erstgerichtlichen Beschlusses wendet, ist er begründet. Da das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichtes schlechthin aufgehoben, das heißt behoben hat, ohne dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen, ist der Revisionsrekurs auch ohne ausgesprochenen Rechtskraftvorbehalt zulässig.

Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes geht aus der Aktenlage eindeutig und ohne jeden Zweifel hervor, dass sich die Entscheidung des Erstgerichtes in Punkt 2.) des Beschlusses auf den Einstellungsantrag der Verpflichteten Anita W***** im Akt E 1663/59 bezieht. Es ist richtig, dass das Erstgericht über diesen Einstellungsantrag im Akt E 1663/59 und nicht im Akt E 1304/58 hätte entscheiden sollen. Dieser formelle Mangel hätte aber eine meritorische Entscheidung durch das Rekursgericht nicht gehindert. Das Rekursgericht wird daher über den Rekurs der verpflichteten Partei Anita W***** gegen Punkt 2.) des erstgerichtlichen Beschlusses neuerlich, und zwar in der Sache zu entscheiden haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO, § 78 EO.

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