JudikaturOGH

7Nd39/57 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. April 1957

Kopf

SZ 30/24

Spruch

Wenn nach den Untersuchungsergebnissen mit einer Entlassung des in einer geschlossenen Anstalt Angehaltenen in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann, begrundet der Anstaltsaufenthalt die Zuständigkeit nach § 12 Abs. 1 EntmO.

Entscheidung vom 24. April 1957, 7 Nd 39/57.

Text

Die Bezirksgerichte St. Gilgen, Mödling, Hietzing und Salzburg stritten über die Zuständigkeit zur Entmündigung der in S. angehaltenen Elisabeth M.

Der Oberste Gerichtshof entschied nach § 47 JN., daß das Bezirksgericht Salzburg zuständig ist.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Zuständigkeitsvorschriften des § 12 EntmO. sind auf den ständigen, allenfalls den letzten Aufenthalt abgestellt. Aufenthalt ist nicht gleichbedeutend mit Wohnsitz (EvBl. 1956 Nr. 115) und als etwas Tatsächliches nicht durch die Willensfreiheit bedingt (vgl. die bei Hellwich - Preißecker und Fetter - Edlbacher abgedruckte Judikatur). Nach der Aktenlage hatte Elisabeth M., die sich seit 11. Februar 1956 in der Heilanstalt S. befindet, vorher keinen ständigen Aufenthalt. Sie wohnte bis Dezember 1954 in W., von wo sie am 6. Juni 1955 nachträglich abgemeldet wurde. Ab 19. April 1955 war sie als Untermieterin in B. gemeldet; wo sie sich in der Zwischenzeit aufhielt, ist unbekannt. Vom 10. Juni bis 22. November 1955 wurde sie in der Heilanstalt "Am Steinhof" angehalten. Vom 24. November bis 21. Dezember 1955 war sie in M. gemeldet. Vor ihrer Aufnahme in S. war sie einige Wochen in F., angeblich als Kurgast, hatte dorthin aber laut Aussage ihres in I. lebenden Bruders Gustav M. ihre Sachen mitgenommen. Im Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 10. März 1956, mit dem ihre Anhaltung auf ein Jahr für zulässig erklärt wurde, ist als letzter Wohnort W. angeführt, was nach der Aktenlage ebenso unzutreffend ist wie die Anschrift in I. im Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 20. Februar 1957, mit dem die Anhaltung für ein weiteres Jahr bewilligt wurde.

Es mag richtig sein, daß nicht in allen Fällen, in denen ein Beschluß auf Zulässigkeit der Anhaltung vorliegt, der Aufenthalt des Angehaltenen in einer geschlossenen Anstalt als ständig angesehen werden kann (ZBl. 1920 Nr. 121). Wenn aber nach den Untersuchungsergebnissen mit einer Entlassung des Angehaltenen in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann, begrundet der Anstaltsaufenthalt die Zuständigkeit nach § 12 Abs. 1 EntmO. Das ist auch diesmal der Fall, denn bei der am 12. März 1888 geborenen Elisabeth M. besteht laut Anstaltsgutachten eine alte Schizophrenie mit einem neuerlichen Schub von Verfolgungsideen, Wahnideen und akustischen und Geruchshalluzinationen. Sie ist zwar orientiert und kontaktfähig, aber völlig kritiklos und einsichtslos. Nachdem sie schon im Jahr 1955 fast ein halbes Jahr in einer geschlossenen Anstalt war, mußte sie wenige Wochen später wiederum in geschlossene Pflege genommen werden; ihre Anhaltung wurde dabei für das gesetzlich zulässige Höchstmaß bewilligt und mittlerweile für die gleiche Spanne verlängert. Berücksichtigt man noch das Alter der Angehaltenen und die Wahrscheinlichkeit von Wechselwirkungen zwischen Alterserscheinungen und Krankheit, ist nicht anzunehmen, daß der Anstaltsaufenthalt nur vorübergehend sein könnte. Es ist also auf Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Salzburg zu entscheiden.

Rückverweise