JudikaturOGH

3Ob156/55 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. März 1955

Kopf

SZ 28/82

Spruch

Ein zum Zwecke des Wettbewerbes vorgenommenes bewußtes Verdecken eines fremden Vertragsbruches ist als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. zu beurteilen.

Entscheidung vom 23. März 1955, 3 Ob 156/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz.

Text

Das Erstgericht hat zur Sicherung des Anspruches der Antragstellerin wider die Antragsgegnerin auf Unterlassung jeder Verkaufstätigkeit hinsichtlich des Küchengerätes "Mouli Legumes" bzw. "Mouli Julienne", den die gefährdete Partei auf Grund des Gedächtnisprotokolles vom 18. November 1954 behauptet, der Antragsgegnerin aufgetragen, sofort jede weitere Werbe- und Absatztätigkeit hinsichtlich des genannten Küchengerätes im Rahmen der "Linzer Weihnachtsausstellung" zu unterlassen, und zwar sowohl durch persönliche Tätigkeit als auch, durch Einschaltung von Mittelsmännern bei der Vergebung der Koje oder auf sonst irgend eine Weise, durch die der Absatz des genannten Gerätes ermöglicht wird.

Es führte hiezu aus:

Durch die im Akte 2 Cg 1291/54 des Landesgerichtes Linz aufliegenden Bescheinigungsmittel sei glaubhaft gemacht, daß zwischen der antragstellenden Partei einerseits und der Firma J. R. andererseits eine Vereinbarung bestehe, wonach der Antragsteller in die Vertretung der Gemüsekleinschneidemaschine "Mouli Legumes" bzw. "Mouli Julienne" auf Messen in Oberösterreich zusteht, nicht aber der Firma R. Durch die angeführten Bescheinigungsmittel sei weiters glaubhaft gemacht, daß die Firma R. entgegen dieser Vereinbarung auf der Linzer Weihnachtsausstellung das genannte Küchengerät zumindest eine Zeitlang vertrieben hat und nunmehr anscheinend auf Grund der zu 2 Cg 1291/54 des Landesgerichtes Linz erfolgten Klagszustellung, sei es tatsächlich, sei es nur durch Umänderung des Firmenschildes, wofür die gleichlautende Anschrift spricht, durch die Antragsgegnerin vertreiben läßt. Der Anspruch der gefährdeten Partei sei somit hinreichend bescheinigt, wobei auch keine Bedenken dagegen bestehen, die Linzer Weihnachtsausstellung als Messe im weiteren Sinne aufzufassen. Der Anspruch erscheine auch gefährdet, denn es genüge nicht die Möglichkeit, den allfälligen Schaden später einmal im Prozeßwege hereinzubringen, sondern es stehe der gefährdeten Partei vielmehr zu, zu verlangen, daß ihr Gegner auf der Linzer Weihnachtsausstellung überhaupt nicht als Mitkonkurrent auftritt.

Dem dagegen seitens der Antragsgegnerin erhobenen Rekurs wurde Folge gegeben und der Beschluß des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des Antrages auf einstweilige Verfügung abgeändert. Das Rekursgericht führte hiezu aus:

In ihrem Antrag habe die gefährdete Partei im wesentlichen behauptet, die Firma J. R. habe entgegen einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung vom 18. November 1954 die Linzer Weihnachtsausstellung besucht und hier das Küchengerät "Mouli Legumes" und "Mouli Julienne" feilgeboten. Seit einigen Tagen befindet sich nun auf der von der Firma R. auch jetzt noch gemieteten Koje Nr. 128 der Linzer Weihnachtsausstellung nicht mehr das Firmenschild der Firma R., sondern das der Antragsgegnerin. Durch letztere würden also nunmehr die erwähnten Küchengeräte ausgestellt und verkauft. Diesen Sachverhalt habe der Erstrichter auch als bescheinigt angenommen und auf Grund dessen die begehrte einstweilige Verfügung bewilligt. Dieser Sachverhalt biete aber keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Antragsgegnerin Handlungen zum Zwecke des Wettbewerbes vorgenommen hätte, die gegen die guten Sitten verstoßen. Ein vertragsmäßiges Verbot des Vertriebes der angeführten Küchengeräte treffe die Gegnerin bei diesem Sachverhalt nicht. Die Behauptung aber, daß die Antragsgegnerin in Kenntnis der Vereinbarung zwischen der Firma J. R. und der gefährdeten Partei die angeführten Küchengeräte ausschließlich von der Firma J. R. zum Weitervertrieb übernommen habe, die allein die Erlassung der einstweiligen Verfügung rechtfertigen könnte, sei von der gefährdeten Partei nicht aufgestellt worden. Es sei daher für die Erlassung der angefochtenen einstweiligen Verfügung durch das Erstgericht keine Grundlage vorhanden und infolgedessen in Stattgebung des Rekurses der angefochtene Beschluß im Sinne der Antragsabweisung abzuändern.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei zum Teil Folge und stellte die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes mit der Maßgabe wieder her, daß der Vollzug vom Erlag einer Sicherheitsleistung von 7000 S durch die gefährdete Partei abhängig gemacht wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Richtig ist, daß ein Vertragsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin, wonach dieser der Vertrieb des in Rede stehenden Küchengerätes in irgend welchen Gebieten verboten wäre, nicht behauptet wurde. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Ausführung des Rekursgerichtes, wonach seitens der gefährdeten Partei eine Behauptung, daß die Antragsgegnerin in Kenntnis der Vereinbarung zwischen der Firma R. und der gefährdeten Partei die angeführten Küchengeräte ausschließlich von der Firma R. zum Weitervertrieb übernommen habe, nicht aufgestellt worden sei. Schon in dem Antragsvorbringen, daß sich auf der von der Fa. J. R. ursprünglich und auch noch derzeit gemieteten Koje Nr. 128 der Linzer Weihnachtsmesse nicht mehr das Firmenschild der erstgenannten Firma, sondern vielmehr das der Antragsgegenerin befinde, wobei nunmehr im Namen der letzteren die vorerwähnten Küchengeräte ausgestellt und verkauft würden, so daß die Antragsgegnerin ausschließlich nur deshalb eingeschaltet worden sei, um die zwischen der Antragstellerin und der Firma R. getroffene Vereinbarung vom 18. November 1954 zu umgehen, was sich schon daraus ergebe, daß die Antragsgegnerin sich dabei gar nicht ihrer richtigen Wiener Anschrift bediene, sondern unter dem Titel "Auslieferungslager" bloß die Anschrift der Firma R. führe, ist deutlich erkennbar die Behauptung enthalten, daß die Antragsgegnerin zum Zwecke der Umgehung der ihr bekannten vorerwähnten Vereinbarung den Vertrieb der Küchengeräte als Strohmann der Firma J. R., jedoch unter ihrem eigenen Firmennamen, übernommen habe. Entspräche diese Behauptung aber den Tatsachen, so stunde der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Einstellung ihrer Werbe- und Verkaufstätigkeit schon nach allgemeinen Schadenersatzgrundsätzen zu (§ 1295 ABGB.). Auch wäre ein zum Zwecke des Wettbewerbes vorgenommenes bewußtes Verdecken eines fremden Vertragsbruches als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. zu beurteilen und auch nach dieser Gesetzesstelle ein Anspruch der Antragstellerin auf Unterlassung jeder weiteren Verkaufstätigkeit seitens der Antragsgegnerin gegeben. Da über die behauptete Mitwirkung der Antragsgegnerin an einer Täuschungshandlung zum Nachteil der Antragstellerin im Akte 2 Cg 1291/54 des Landes- als Handelsgerichtes Linz, auf welchen sich die Antragstellerin ausdrücklich beruft, Auskunftspersonen Wahrnehmungen bekundet haben, die das Erstgericht veranlaßt haben, das Antragsvorbringen, wonach die Antragsgegnerin den Vertrieb der Küchengeräte lediglich zur Umgehung der vorerwähnten Vereinbarung vom 18. November 1954 übernommen habe, und daher auch den zu sichernden Anspruch als bescheinigt anzunehmen, kann jedenfalls nicht von einem völligen Mangel einer Bescheinigung des Anspruches, der durch Sicherheitsleistung nicht ersetzt werden könnte, gesprochen werden. Allerdings kann die Bescheinigung des Anspruches nicht als ausreichend angesehen werden (§ 390 Abs. 1 EO.), und es erscheint demnach die vom Erstgericht der gefährdeten Partei auferlegte Sicherheit von 1000 S zu niedrig bemessen. Diese war daher in gleicher Höhe wie die von der Antragsgegnerin gemäß § 391 Abs. 1 EO. zu erlegende Sicherheit, durch deren Erlag die Vollziehung der Verfügung gehemmt und die Antragsgegnerin zum Antrag auf Aufhebung der bereits vollzogenen Verfügung berechtigt wird, mit 7000 S angemessen zu bestimmen.

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