Nr10/50 – OGH Entscheidung
Kopf
SZ 23/197
Spruch
Nach § 30 RAO. ist die Anzeige an den Ausschuß der Rechtsanwaltskammer zu erstatten; die Praxis ist vom Tage des Einlangens dieser Anzeige anzurechnen. Die nachträgliche Vorlage des einen oder anderen fehlenden Nachweises wird toleriert, wenn für die Nachbringung vom Kammerausschuß keine Frist gesetzt wurde oder die zur Vorlage gesetzte Frist eingehalten wird.
Entscheidung vom 13. Juni 1950, Nr 10/50.
I. Instanz: Ausschuß der Rechtsanwaltskammer Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Eintragungswerber Dr. Robert Sch. hatte dem Eintragungsansuchen in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter den erforderlichen Einstufungsbescheid der Registrierungsbehörde nicht angeschlossen. Nach wiederholten vergeblichen Aufforderungen, in denen aber eine Frist für die Vorlage nicht gesetzt worden war, hat der Kammerausschuß dahin entschieden, daß die Wirksamkeit der Eintragung in die Liste gemäß § 30 RAO. nicht mit dem Tage des Einlangens der Anzeige, sondern erst mit dem Tage des Einlangens des zur Erledigung des Eintragungsgesuches erforderlichen Einstufungsbescheides erfolgen könne. Das Oberlandesgericht hat über Berufung des Eintragungswerbers entschieden, daß die Wirksamkeit der Eintragung schon vom Tage der Eintragung zu beginnen habe.
Der Oberste Gerichtshof hat der Berufung des Kammerausschusses nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Gründen:
Nach § 30 RAO. ist die Anzeige an den Ausschuß der Rechtsanwaltskammer unter Nachweisung der Staatsbürgerschaft und der Erfüllung der zum Eintritt in die Gerichtspraxis vorgeschriebenen Erfordernisse zu erstatten und wird die Praxis erst vom Tage des Einlangens dieser Anzeige an gerechnet. Die ständige Praxis toleriert jedoch auch die nachträgliche Vorlage des einen oder anderen erforderlichen Nachweises, indem der Ausschuß zur nachträglichen Beibringung des fehlenden Beleges innerhalb einer angemessenen Frist auffordern und das Gesuch zur befristeten Wiedervorlage mit dem fehlenden Beleg zurückstellen kann; wird diese Frist eingehalten, so wird die Eintragung vom Tage der ersten Überreichung bewilligt, während andernfalls die Zeit in die Praxis nicht eingerechnet wird (s. Lohsing - Braun, Österreichisches Anwaltsrecht, 2. Aufl., S. 315).
Danach kann aber die Sanktion des Verlustes der Zwischenzeit vom Einlangen der Anzeige bis zur Nachbringung des fehlenden Beleges doch nur dann Platz greifen, wenn zur Vorlage des letzteren vom Ausschusse eine Frist erteilt und vom Aufgeforderten nicht eingehalten wurde. Wurde aber - wie dies hier geschah - die Aufforderung zur Vorlage des Einstufungsbescheides ohne Setzung einer Frist erlassen, so kann von einer Fristversäumung nicht gesprochen werden und daher auch nicht die Säumnisfolge der Nichtanrechnung eintreten. Der unbefristeten Aufforderung zur Vorlage des Einstufungsbescheides hat aber Dr. Robert Sch. Folge geleistet. Daß er dies erst am 17. Februar 1949 tat, ist zwar eine arge Nachlässigkeit, die aber an den obigen Ausführungen nichts ändern kann, zumal sich in der Frage, wann die Entsprechung einer unbefristeten Aufforderung noch als rechtzeitig und wann sie bereits als verspätet anzusehen ist, eine Grenze nicht ziehen läßt.
Der Hinweis der Berufung auf die Entscheidung des Disziplinarsenates des Obersten Gerichtshofes für Rechtsanwälte vom 7. Juli 1949, Nr. 4/49, kann die vorliegende Berufung nicht zum Erfolge führen, weil Dr. Robert Sch. zur Zeit des Einlangens des Eintragungsansuchens (2. Februar 1948) die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung bereits erfüllte und es nur der Nachweisung ihres Vorliegens bedurfte, während im bezogenen Falle Nr. 4/49 die Voraussetzungen für die Eintragung erst durch einen späteren Einstufungsbescheid der Registrierungsbehörde geschaffen wurden.