2Ob291/49 – OGH Entscheidung
Kopf
SZ 22/111
Spruch
Eine infolge eines Unfalles für Verdienstentgang zuerkannte Rente erlischt, wenn der Verunglückte aus einem mit dem Unfall in keinem Zusammenhang stehenden Grund einem Erwerb nicht mehr nachgehen kann.
Entscheidung vom 16. August 1949, 2 Ob 291/49.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Klägerin, die infolge eines dem Beklagten im Jahre 1927 zugestoßenen Unfalles verpflichtet worden war, ihm bis zum Wiedereintritt seiner Arbeitsfähigkeit eine Rente zu bezahlen, hat die Feststellung begehrt, daß ihre Verpflichtung mit Rücksicht auf das höhere Alter des Beklagten, das auch unabhängig von den Unfallsfolgen seine Erwerbsunfähigkeit herbeigeführt hätte, erloschen sei.
Das Prozeßgericht gab dem Klagebegehren Folge.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Prozeßgerichtes.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision keine Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Gemäß § 1325 ABGB. ist dem Beschädigten, der zum Erwerbe unfähig wurde, auch der künftig entgehende Verdienst zu ersetzen. Von Verdienstentgang kann nur bei demjenigen gesprochen werden, der ohne den eingetretenen Unfall einen Verdienst gehabt hätte. Würde nun vermöge anderer dem Berechtigten zugestoßenen Umstände, welche mit dem Unfalle in keinem Zusammenhange stehen, eine Verdienstmöglichkeit des Beschädigten aufgehört haben, würde ihm ein Verdienst infolge des Unfalls nicht mehr entgangen sein. In einem solchen Falle muß die Rentenverpflichtung aufhören, die ja auf der durch den Unfall verursachten Tatsache der Unmöglichkeit, einen Erwerb zu erlangen, fußt (Klang, 2. Aufl., VI, S. 131, 134). Auch Eger, RHG., 7. Aufl., S. 355, 384, bezeichnet es als Absicht des Gesetzgebers, daß dort, wo abgesehen von der Verletzung die Möglichkeit eines Erwerbes wegfällt und der Verletzte in eine außer Zusammenhang mit der Körperverletzung stehende Erwerbsunfähigkeit versetzt wird, die Rente auf die Dauer dieses Zustandes in Wegfall zu kommen habe; es könne grundsätzlich auch eine Rente für Verdienstentgang nicht auf Lebensdauer zugesprochen werden, wenn nach der Lage der ersichtlichen Verhältnisse der Erwerb ohne Eintritt des Unfalls nur bis zu einer gewissen Altersgrenze gemacht worden wäre, lebenslänglich nur dann, wenn eine solche Grenze nicht bestunde.
Daß eine Änderung in den Erwerbsverhältnissen auf die Fortdauer einer auf Erwerbsunfähigkeit basierenden Rente von Einfluß ist und daher auch geltend gemacht werden kann, bestätigt schon die Entscheidung SZ. I/14, während SZ. VII/226 darauf hinweist, daß die Rente, weil sie Ersatz für Verdienstentgang bildet, nur auf die Dauer dieses Zustandes gebührt und dem Rentenverpflichteten daher das Recht zustehen müsse, nach anerkannten Rechtsgrundsätzen bei Wegfall dieser Voraussetzungen die Einstellung der Rente zu erwirken, da völlig geänderte Verhältnisse vorliegen (siehe auch Ehrenzweig, II/1, § 392/II 2); daß hier geänderte Verhältnisse vorliegen, ist klar, da infolge Eintrittes der altersbedingten Erwerbsunfähigkeit die Möglichkeit, Verdienst zu erwerben, von selbst aufhört und diese Erwerbsunfähigkeit somit nicht durch den Unfall entstanden ist.
Der Einwand der Revision, daß sich die Grenze zwischen Erwerbsunfähigkeit auf Grund der Unfallsfolgen und jener auf Grund der altersbedingten Erwerbsunfähigkeit nicht genau ziehen lasse, wird dadurch hinfällig, daß der Bestand des Rentenanspruches davon abhängig ist, ob in einer jeden Zweifel ausschließenden Art bewiesen ist, daß der Zustand des Berechtigten auf das schädigende Ereignis zurückzuführen ist. Da die Sachverständigen den nunmehrigen Zustand der Erwerbsunfähigkeit des Beklagten nicht mehr auf das schädigende Ereignis zurückzuführen in der Lage sind und sogar ausdrücklich jeden Zusammenhang verneinen, die Erwerbsunfähigkeit ausschließlich durch das fortschreitende Asthma und die zunehmenden Altersveränderungen veranlaßt erklärt wird, haben die Untergerichte mit Recht das Erlöschen der Rentenverpflichtung der Klägerin festgestellt, die nur bis zur Wiedererlangung der durch den Unfall ausgeschalteten Erwerbsunfähigkeit des Beklagten ausgesprochen wurde und werden konnte, sich nicht aber auch auf eine auf anderer Ursache fußende Erwerbsunfähigkeit und auf Lebensdauer erstreckt.
Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.