1Ob86/21k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Dr. A*, gegen die Antragsgegnerin Dr. K*, vertreten durch die Posch, Schausberger Lutz Rechtsanwälte GmbH, Wels, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (hier wegen Verhängung einer Ordnungsstrafe), über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 3. Februar 2021, AZ 21 R 3/21x, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
2. Über den Antragsteller Dr. A* wird eine Ordnungsstrafe von 2.000 EUR verhängt.
3. Der Antrag auf Delegierung wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Mit einer am 31. 7. 2020 beim Bezirksgericht Grieskirchen eingebrachten Mahnklage begehrte der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Zahlung von 5.451,09 EUR sA mit der Begründung, er habe für eine seit 2001 im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehende Wohnung die gesamten Betriebskosten allein bezahlt, weswegen er nunmehr den Ersatz der halben Betriebskosten der letzten drei Jahre begehre. Mit Beschluss vom 7. 9. sprach das Bezirksgericht Grieskirchen aus, dass die Rechtssache im außerstreitigen Verfahren zu behandeln sei, und überwies sie gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Wels, bei dem zwischen den Parteien zu AZ 36 Fam 25/17v ein Aufteilungsverfahren anhängig war. Dieses Verfahren wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 23. 9. 2020 zu 1 Ob 75/20a rechtskräftig beendet.
[2] Mit Beschluss vom 23. 11. 2020 wies das Bezirksgericht Wels diesen Antrag zurück, weil hinsichtlich der bis zur erstinstanzlichen Entscheidung im Aufteilungsverfahren mit Beschluss vom 30. 7. 2019, GZ 36 Fam 25/17v-386, geltend gemachten Betriebskosten bereits eine rechtskräftig entschiedene Rechtssache vorliege. Gegen diesen Beschluss erhob der Antragsteller Rekurs, mit dem er eine Ablehnung gegen die Präsidentin des Landesgerichts Wels und weitere Richter dieses Gerichtshofs verband.
[3] In einem Aktenvermerk vom 13. 1. 2021 hielt das Rekursgericht fest, dass eine beschlussmäßige Erledigung des Ablehnungsantrags unterbleibe und gab dem Rechtsmittel des Antragstellers nicht Folge. Zugleich verhängte es über den Antragsteller wegen der in seinem Rechtsmittel enthaltenen beleidigenden Äußerungen eine Ordnungsstrafe von 2.000 EUR.
Rechtliche Beurteilung
[4] Gegen die Verhängung der Ordnungsstrafe richtet sich der Rekurs des Antragstellers, der die Entscheidung in der Hauptsache unbekämpft lässt.
[5] 1.1 Der Antragsteller hat auch einen Rekurs „gegen das gesetzwidrige Unterbleiben einer beschlussmäßigen Erledigung seines Ablehnungsantrages“ erhoben, den das Oberlandesgericht Linz zu AZ 3 R 37/21p zurückgewiesen hat, weil die vom Antragsteller ständig wiederholten, rechtsmissbräuchlich eingebrachten Ablehnungen nicht mehr zum Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung gemacht werden müssen. Dieser Beschluss wurde dem Antragsteller am 27. 4. 2021 zugestellt.
[6] 1.2 Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine sofortige Entscheidung über ein Rechtsmittel, wenn darin Richter abgelehnt werden, dann zulässig, wenn keine konkreten Befangenheitsgründe ins Treffen geführt werden oder die Ablehnung – wie im vorliegenden Fall des Antragstellers – offenkundig rechtsmissbräuchlich ist (RIS-Justiz RS0046015). Das Rekursgericht war daher zur Entscheidung berufen.
[7] 2.1 Verhängt das Rekursgericht (insoweit als Erstgericht) im Außerstreitverfahren eine Ordnungsstrafe, so ist dagegen der Rekurs an den Obersten Gerichtshof unabhängig von der Höhe der Ordnungsstrafe oder vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zulässig (RS0121603; Schramm in Gitschthaler / Höllwerth , AußStrG § 62 Rz 13). Es besteht auch keine absolute Anwaltspflicht ( Gitschthaler in Gitschthaler / Höllwerth , AußStrG § 22 Rz 90). Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
[8] 2.2 Gemäß § 22 AußStrG iVm § 86 ZPO kann vom Gericht eine Ordnungsstrafe gegen eine Partei verhängt werden, die die dem Gericht schuldige Achtung in einem Schriftsatz durch beleidigende Ausfälle verletzt. Der Regelungszweck dieser Bestimmung liegt in der Wahrung einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise (RS0036327 [T3]). Selbst eine sachlich berechtigte Kritik oder Äußerung kann wegen ihrer beleidigenden und ausfälligen Form die dem Gericht schuldige Achtung verletzen und eine Beleidigung darstellen (RS0036308).
[9] 2.3 Wie schon in der Vergangenheit (im Zusammenhang mit einer Vielzahl anderer [Ablehnungs-]Entscheidungen; vgl nur hg 8 Nc 32/16x; 1 Ob 32/19s) verband der Antragsteller auch im vorliegenden Fall sein Rechtsmittel mit einer kaskadenartigen Ablehnung und wendet sich darin in beleidigender Ausdrucksweise gegen die Präsidentin des Landesgerichts Wels und weitere Richter dieses Gerichtshofs. So bestehe „hochgradiger Betrugsverdacht“, es würden „IRRE paranoide Begründungsbehauptungen“ aufgestellt, die Vorsitzende des Senats sei „zweifellos eine kriminelle suspekt paranoide IRRE Betrugsrichterin“, habe im Aufteilungsbeschluss selbst ihre „paranoide IRRE Psychopathologie“ dokumentiert und es sei gegen ihn ein „vorsätzlicher Richterbetrug“ begangen worden. Senatsmitglieder seien „zweifelsfrei klassische befangene Betrugsrichter“ und „zu feige [den Antragsteller] ein Strafverfahren wegen übler Nachrede, Verleumdung bzw Unterlassung anzuhängen“ und die Richter seien „hochgradig verdächtig, dass SIE IRRE sind“. Diese „offensichtlichen Betrugsrichter“ würden seit Jahren „IRRE Recht(s)sprechungen praktizieren“.
[10] 2.4 Diese Äußerungen des Rekurswerbers gehen über die zur Dartuung der Ablehnungsgründe notwendigen Ausführungen weit hinaus und erfüllen den Tatbestand des § 86 ZPO. Die vom Antragsteller verwendete Diktion kann im Interesse eines objektiv und emotionslos geführten Verfahrens nicht hingenommen werden und rechtfertigte die Verhängung einer (weiteren) Ordnungsstrafe. Da er sich ungeachtet der über ihn bereits wiederholt verhängten Ordnungsstrafen (siehe nur 1 Ob 32/19s) nicht veranlasst sieht, sich in seinen Schriftsätzen und Rechtsmitteln einer sachlichen Ausdrucksweise zu bedienen, ist die Verhängung einer Ordnungsstrafe, die den Strafrahmen des § 220 Abs 1 ZPO zur Gänze ausschöpft, nicht zu beanstanden. Entgegen seiner Auffassung ergibt sich aus den in RS0046059 zusammengefassten Entscheidungen nichts anderes, wird doch auch dort betont, dass persönliche Angriffe zu ahnden sind, wenn sie über das zur Darlegung der behaupteten Ablehnungsgründe Notwendige hinausgehen (so etwa 10 Ob 108/15b).
[11] 3. Die vom Rekursgericht verhängte Ordnungsstrafe konnte den Antragsteller nicht davon abhalten seine beleidigende Ausdrucksweise auch in seinem Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof beizubehalten. Auch in diesem Schriftsatz nennt er die Vorsitzende des Rechtsmittelsenats wiederholt eine „kriminelle suspekt paranoide IRRE Betrugsrichterin“ und spricht darin laufend von „vorsätzlichen Betrugsrichtern“ und „Gerichtsbetrug“. Da er nicht davon ablässt, sein ausfälliges Verhalten fortzusetzen, ist es geboten, über den Rekurswerber aus Anlass seines Rechtsmittels neuerlich gemäß § 86 ZPO eine Ordnungsstrafe im Höchstausmaß des § 220 Abs 1 ZPO zu verhängen, wofür sowohl das Erstgericht als auch das Rechtsmittelgericht zuständig ist (RS0036332 [T1]).
[12] 4. Das Aufteilungsverfahren des Antragstellers ist rechtskräftig abgeschlossen. Da nach Beendigung des Verfahrens eine Delegation jedenfalls ausgeschlossen ist ( Schneider in Fasching / Konecny , Zivilprozessgesetze § 31 JN Rz 6), ist das darauf gerichtete Begehren des Antragstellers zurückzuweisen.