JudikaturOGH

RS0134882 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
Öffentliches Recht
27. Juni 2024

Der Gesetzgeber beurteilt „kurze Haftzeiten“ für Jugendliche als sozialschädlich, weshalb § 35 Abs 1a JGG solche „Haftzeiten“ bei Delikten mit geringer Strafdrohung  „verringern“ soll (ErläutRV 852 BlgNR 25. GP 6). Dieses in der Verhinderung von in Untersuchungshaft zugebrachten Zeiten gelegene Telos legt eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes frei. Denn obwohl unter diesem Aspekt Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft wertungsmäßig ähnlich sind und sich aus der Systematik des § 173 Abs 1 und 4 StPO ergibt, dass die Voraussetzungen für die Verhängung der Untersuchungshaft auch für deren Fortsetzung gelten, ordnet das Gesetz eine Rechtsfolge nur für erstere an. Diese Lücke ist durch analoge Anwendung des § 35 Abs 1a JGG auf die Fortsetzung der (im Einklang mit dieser Bestimmung verhängten) Untersuchungshaft über den jugendlichen Beschuldigten zu schließen. Sie ist daher unzulässig, sofern für die Straftat, die der Haftentscheidung zugrunde liegt, im Hauptverfahren das Bezirksgericht zuständig wäre.

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