JudikaturLG Wels

39Hv150/20h – LG Wels Entscheidung

Entscheidung
18. Januar 2021

Kopf

Das Landesgericht Wels als Schöffengericht hat durch Mag. Teresa Bergthaler als vorsitzende Richterin sowie Doris Hohensin und Claus Miniberger als Schöffen über die von der Staatsanwaltschaft Wels zu 3 St 215/20z

gegen: A***** M***** , geb. am 3. März 1962 in K*****, österreichischer Staatsangehöriger, Arbeiter,

wegen: des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3a Z 1 erster Fall, Abs 4 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen

erhobene Anklageschrift nach der am 18. Jänner 2021 in Anwesenheit des öffentlichen Anklägers StA Mag. Thomas Mörtelmayr, des Privatbeteiligten B***** M***** und seiner Vertreterin Mag. Sabine Schuster, Rechtsanwältin in 4860 Lenzing, sowie des Angeklagten A***** M***** und seiner gemäß § 61 Abs 2 StPO beigegebenen Verteidigerin Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, durchgeführten öffentlichen Hauptverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:

Spruch

A***** M***** ist schuldig; er hat zu nachstehenden Zeiten in V***** und in anderen Orten des Bundesgebietes

I.) in der Zeit etwa ab Jänner 1993 bis 4. Jänner 2005 vorsätzlich seinem Sohn A***** M*****, geb. am *****, somit einer seiner Fürsorge und Obhut unterstehenden minderjährigen Person, körperliche bzw. seelische Qualen zugefügt, indem er ihm in vielen – zeitlich unregelmäßigen – Angriffen Schläge mit der Hand sowie in einigen Fällen Schläge mit der Faust oder mit Gegenständen wie Gürtel oder Stecken bzw. teils auch Fußtritte versetzte [offene Wunden bzw. Striemen bzw. Hämatome im Gesicht bzw. an verschiedenen Körperstellen];

II.) in der Zeit etwa ab dem Jahr 2010 bis 18. August 2020 vorsätzlich gegen den zu den meisten Tatzeiten unmündigen, zu jeder Tatzeit aber seiner Fürsorge und Obhut unterstehenden Sohn B***** M*****, geb. am *****, auch während der Zeit dessen Unmündigkeit länger als ein Jahr hindurch fortgesetzt dadurch Gewalt ausgeübt, dass er

II.1.) in der Zeit etwa ab dem Jahr 2010 bis 18. August 2020 vorsätzlich ihn regelmäßig und teils auch mehrmals wöchentlich am Körper misshandelte oder am Körper verletzte und ihm dadurch körperliche bzw. seelische Qualen zufügte, indem er ihm Schläge mit der flachen Hand bzw. Schläge mit Gegenständen wie Gürtel, Stock, Fliegenklatsche, Metallschuhlöffel oder Kunststoffschlauch, versetzte [Striemen bzw. Hämatome im Gesicht bzw. an verschiedenen Körperstellen];

II.2.) am 28. August 2018 vorsätzlich ihn dadurch am Körper verletzte, dass er seinen Kopf gegen ein Küchenmöbel stieß [kleine Rissquetschwunde am Kopf];

II.3.) am 18. August 2020 absichtlich ihm eine an sich schwere Körperverletzung mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit [Würgemale am Hals, Prellung der Halswirbelsäule, Prellung des linken Kniegelenks, Gelenkserguss im Knie links mit Ödem des medialen Oberschenkelknochens, Teilruptur des vorderen Kreuzbandes, Zerrung des Außen- und Innenseitenbandes] dadurch zufügte, dass er ihm Schläge ins Gesicht versetzte, dass er ihn würgte und dass er mit einer Hantel mit einem Gewicht von 3 kg auf ihn einschlug;

II.4.) am 18. August 2020 vorsätzlich ihn durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zu einer Handlung, und zwar zum Verlassen des Badezimmers, nötigte, indem er ihn unter Vorhalt eines Küchenmesser mit einer Länge von etwa 25 cm sinngemäß zum sofortigen Verlassen des Badezimmers aufforderte, anderenfalls er ihm den Kopf abschneiden werde.

A***** M***** hat hiedurch

zu I.) das Vergehen des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB idgF und

zu II.) das Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3a Z 1 erster Fall, Abs 4 zweiter Fall StGB idgF

begangen und wird hierfür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 107b Abs 4 StGB zu einer

Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Jahren

sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens

verurteilt.

Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die erlittene Vorhaft vom 21. August 2020, 17.50 Uhr, bis 18. Jänner 2021, 14.53 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.Gemäß § 369 Abs 1 StPO ist der Angeklagte A***** M***** weiters schuldig, dem Privatbeteiligten B***** M***** einen (Teil-)Schmerzengeldbetrag von EUR 3.000,-- binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Sachverhalt:

Zur Person des Angeklagten :

Der ***** in K**** geborene Angeklagte A***** M***** ist verwitwet und derzeit in keiner aufrechten Beziehung. Der Ehe mit seiner ***** verstorbenen Gattin S***** M***** entstammen drei Kinder und zwar die volljährigen Söhne A***** M*****, geboren am *****, und A***** M*****, geboren am *****, sowie der minderjährige B***** M*****, geboren am ***** (Abschlussbericht, AS 22, 28, 40 und 46 in ON 17; HV-Protokoll AS 11).

Der Angeklagte ist gelernter Maurer und kam 1990 nach Österreich. Im Jahr 1992 holte er seine verstorbene Ehegattin und die beiden Söhne A***** und A***** M***** zu sich nach Österreich, wo schließlich auch der jüngste Sohn B***** M***** geboren wurde. Das Leben des Angeklagten und seiner Familie war zunächst entbehrungsreich; nachdem die Familie anfänglich gemeinsam ein Zimmer bewohnt hatte, übersiedelte sie in eine Wohnung nach V*****. Nach dem Tod seiner Ehegattin bis zu seiner Festnahme am 21. August 2020 wohnte der Angeklagte dort gemeinsam mit seinem Sohn B*****. Abgesehen von jener gegenüber seinem minderjährigen Sohn B***** treffen in keine weiteren Sorgepflichten; die beiden volljährigen Söhne sind berufstätig (Abschlussbericht, AS 21 ff, AS 27 ff und AS 45 ff in ON 17; HV-Protokoll AS 10 f).

Der Angeklagte ist österreichischer Staatsangehöriger. Er bezieht als Arbeiter ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.700,00, besitzt ein Haus in B***** und hat Verbindlichkeiten in Form eines Autokredits in Höhe von EUR 18.000,00, wobei sich die monatlichen Rückzahlungsraten auf EUR 300,00 belaufen (BV, AS 1 in ON 6; HV-Protokoll AS 2). Der Angeklagte ist gerichtlich unbescholten (Strafregisterauskunft ON 5).

Zur Sache :

Eingangs wird hinsichtlich des gesamten objektiven Tatbestands auf den Urteilsspruch verwiesen, dieser in den Bereich der Entscheidungsgründe überführt (zur Zulässigkeit RIS-Justiz RS0119090; RS0098664) sowie ergänzend festgestellt:

Die Kindheit des A***** und B***** M***** war von einem Zustand permanenter Furcht vor ihrem Vater A***** M***** überschattet, da das Familienleben geprägt war von dessen physischer und psychischer Gewalttätigkeit, welche sich sowohl gegen seine verstorbene Ehefrau als auch gegen die drei Söhne richtete und in ihrer Dichte und Intensität über die Jahre variierte (im Detail dazu sogleich).

Die Gewalttätigkeiten erfolgten ausschließlich zuhause gegenüber den Familienmitgliedern und begannen jeweils spätestens im Volksschulalter der Söhne; hinsichtlich A***** M***** ab Jänner 1993, hinsichtlich B***** M***** ab dem Jahr 2010. Die gewalttätigen Übergriffe nahmen unterschiedlichste Gestalt an und reichten von Beleidigungen und Misshandlungen in Form von Remplern, Ziehen an den Haaren und an den Ohren oder in der Kälte vor der Haustür stehen lassen, über Schläge mit der flachen Hand bis hin zu Fußtritten, Faustschlägen und Schlägen mit diversen Gegenständen. Der Angeklagte bediente sich dabei all jener Mittel die gerade greifbar waren, so etwa einer Fliegenklatsche, eines Metallschuhlöffels, aber auch Stecken oder eines Gürtels. Dabei war es für den Angeklagten gleichgültig, ob seine Söhne bekleidet waren oder nicht, ob also die Schläge auf nackte Haut oder auf Kleidung trafen. Er schlug sie sowohl ins Gesicht als auch auf den Körper.

Anlass der geschilderten Tätlichkeiten waren zumeist Banalitäten oder Geschehnisse des täglichen Lebens, etwa ein Anruf aus der Schule über schlechte schulische Leistungen der Söhne oder ein Ungehorsam ihrerseits z.B. es zu unterlassen, den Geschirrspüler auszuräumen. Oftmals erfolgten die Übergriffe auch ohne ersichtlichen Grund aus einer spontanen Aggressivität des Angeklagten heraus.

Der Angeklagte weist eine aggressiv-autoritäre Persönlichkeitsakzentuierung mit sadistischen Neigungen auf, ohne das Vollbild einer Persönlichkeitsstruktur zu erreichen. Im zeitlichen Nahebereich zum Tod seiner Ehegattin litt er (in den Jahren 2013/14) an einem vorübergehend temporären Zustand nach einer rezidivierenden Depression (ICD 10 F33) sowie einem Tranquilizermissbrauch (ICD 10 F13) und konsumierte in diesem Zeitraum vorübergehend auch häufig Alkohol, ohne jedoch jemals an einer Suchterkrankung zu leiden. Ungeachtet dessen war der Angeklagte zu allen Tatzeitpunkten während des gesamten Handlungszeitraums von Jänner 1993 bis zum 18. August 2020 in der Lage sowohl das Unrecht seiner Handlungen einzusehen, als auch dieser Einsicht entsprechend zu handeln (GA SV Hofmann, AS 29 in ON 40; HV-Protokoll, AS 27 und 30).

Im Einzelnen ist auszuführen wie folgt:

Zu Faktum I.:

Der Angeklagte A***** M***** hat seinen am 4. Jänner 1987 geborenen und seiner Fürsorge unterstehenden Sohn A***** M***** in der Zeit etwa ab Jänner 1993 bis (zumindest) zum Erreichen dessen Volljährigkeit am 4. Jänner 2005 in einer Vielzahl von – ziffernmäßig nicht näher feststellbaren – Angriffen in V***** und an anderen Orten des Bundesgebiets Schläge mit der Hand sowie in einigen Fällen auch mit der Faust oder mit Gegenständen wie Gürtel oder Stecken und teils auch Fußtritte versetzt. Darüber hinaus war A***** M***** (wie vorstehend bereits erwähnt) Beleidigungen sowie Erniedrigungen und Misshandlungen seitens seines Vaters in Form von Remplern, Ziehen an den Haaren oder an den Ohren ausgesetzt. Die Übergriffe erfolgten wiederholt, jedoch zeitlich unregelmäßig mit Unterbrechungen von teilweise mehreren Tagen oder einer Woche.

Der Angeklagte fügte seinem (im gesamten Tatzeitraum minderjährigen, zunächst auch unmündigen) Sohn A***** M***** durch die angeführten Tathandlungen körperliche und seelische Qualen zu. Zum Teil erlitt A***** M***** durch die beschriebenen Handlungen auch Hämatome, Striemen und blutende, offene Wunden im Gesicht sowie an diversen anderen Körperstellen und wurde in einen Zustand permanenter Angst versetzt, womit insgesamt eine erhebliche Beeinträchtigung seines psychischen und physischen Wohlbefindens verbunden war.

Der Angeklagte befand sich bei sämtlichen angeführten Tathandlungen stets – zumindest iSe Parallelwertung in der Laiensphäre – sowohl im Wissen darüber, dass er A***** M***** gegenüber zur Fürsorge verpflichtet war, als auch dass dieser das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte; der Angeklagte fand sich damit auch jeweils ab. Weiters hielt der Angeklagte es – wiederum zumindest in laienhafter Art – ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass er seinem Sohn A***** M***** körperliche und seelische Qualen zufügte, mit denen eine erhebliche Beeinträchtigung dessen psychischen und physischen Wohlbefindens – nämlich länger andauernde und wiederholte Schmerzen und Angstzustände – verbunden war, als er ihn mit Händen, Fäusten und diversen Gegenständen schlug, ihm Fußtritte versetzte und ihn dabei teils in Form von Striemen, Hämatomen und offenen Wunden am Körper verletzte.

Zu Faktum II.:

Nachdem seine beiden älteren Söhne A***** und A***** M***** ausgezogen waren, begann der Angeklagte etwa ab dem Jahr 2010 bis einschließlich des 18. August 2020 gegenüber seinem jüngsten – während der ersten neun Jahre des Tatzeitraums unmündigen, während der letzten Monate sodann minderjährigen, jedoch zu jeder Tatzeit seiner Fürsorge und Obhut unterstehenden – Sohn B***** M*****, geboren am 16. September 2005, fortgesetzt Gewalt auszuüben, wobei sich die Tathandlungen im Einzelnen wie folgt darstellten:

II.1. Der Angeklagte misshandelte und verletzte B***** M***** während des gesamten vorgenannten Zeitraums in einer Vielzahl von – ziffernmäßig nicht näher feststellbaren – Angriffen in V***** und an anderen Orten des Bundesgebiets regelmäßig am Körper, indem er ihm Schläge mit der flachen Hand sowie mit diversen Gegenständen wie etwa einem Gürtel, einem Stock, einer Fliegenklatsche, einem Metallschuhlöffel oder einem Kunststoffschlauch versetzte. Die Übergriffe erfolgten wiederholt und regelmäßig (zumindest einmal wöchentlich), in sukzessiver Steigerung der Häufigkeit über die Jahre zuletzt sogar mehrmals wöchentlich.

Der Angeklagte fügte seinem (im Tatzeitraum größtenteils unmündigen, zuletzt minderjährigen) Sohn B***** M***** durch die angeführten Tathandlungen wiederholte und längere Zeit andauernde körperliche und seelische Qualen zu. Zum Teil erlitt B***** M***** durch die beschriebenen Handlungen auch mehrere Tage hindurch sichtbare Hämatome, Rötungen und Striemen im Gesicht sowie an diversen anderen Körperstellen, womit insgesamt eine erhebliche Beeinträchtigung seines psychischen und physischen Wohlbefindens verbunden war.

Der Angeklagte befand sich hierbei stets sowohl im Wissen darüber, dass B***** M***** sein Sohn und er ihm gegenüber daher zur Fürsorge verpflichtet war, als auch dass dieser das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte bzw. bis zum 16. September 2019 sogar noch unmündig war; der Angeklagte fand sich damit auch jeweils ab. Weiters hielt der Angeklagte es ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass er B***** M***** körperliche und seelische Qualen zufügte, mit denen eine erhebliche Beeinträchtigung dessen psychischen und physischen Wohlbefindens – nämlich länger andauernde und wiederholte Schmerzen – verbunden war, als er ihn mit Händen und diversen Gegenständen schlug und ihn dabei teils in Form von Striemen, Hämatomen und Rötungen am Körper verletzte.

II.2. Am 28. August 2018 (korrekt wohl am 28. Mai 2018 – vgl AS 41 ff in ON 26) schlug der Angeklagte den Kopf seines Sohnes B***** M***** gegen ein Küchenmöbel, wodurch dieser in Form einer kleinen, ca. 0,5 cm langen Rissquetschwunde am linken Schläfenbereich verletzt wurde. Erst am nächsten Tag begab sich B***** M***** ins Krankenhaus, wo die Wunde verklebt wurde und er als Ursache einen Sturz in der Badewanne beim Duschen angab.

Als der Angeklagte den Kopf seines Sohnes gegen das Küchenmöbel stieß, hielt er es ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass er B***** M***** dadurch in der beschriebenen Form am Körper verletzt.

II.3. Am Abend des 18. August 2020 suchte der Angeklagte mit dem Auto nach seinem Sohn B***** M*****, der einen Freund zum Bahnhof begleitet hatte. Als B***** M***** zu seinem Vater ins Auto stieg, fragte ihn dieser wütend, wo er gewesen sei und schlug ihn bereits im Auto sowie in der Garage und am Weg in die Wohnung mehrmals mit dem Handrücken ins Gesicht. In der Wohnung angekommen, ergriff der Angeklagte sodann eine am Schuhschrank neben der Wohnungstür befindliche Hantel, welche ein Gewicht von drei Kilo hatte, und stieß B***** in dessen Kinderzimmer auf das Bett, wobei er ihn weiter mit der Hand schlug. Der Angeklagte würgte bzw strangulierte seinen Sohn in Folge, indem er ihn unter massiver Gewalteinwirkung mit den Händen am T-Shirt im Halsbereich, somit auf eine Art und Weise mit der üblicherweise Lebensgefahr verbunden ist, packte. B***** M***** stieß den Angeklagten mit den Füßen von sich, woraufhin dieser erneut auf ihn zukam und ihn würgte und B***** in abermals mit den Füßen wegtrat. Der Angeklagte schlug in Folge mehrmals mit der Hantel auf B*****s Knie, wobei er vorwiegend das linke Knie traf. Schließlich forderte der Angeklagte seinen Sohn B***** M***** auf, ins Bad duschen zu gehen. Am Weg ins Badezimmer versetzte er seinem Sohn noch zumindest einen Faustschlag in die Rippen. Nachdem er geduscht hatte, setzte sich B***** M***** auf die Badewannenkante und klagte über Schmerzen, woraufhin ihn der Angeklagte erneut auf das schmerzende Knie schlug, ihm sodann jedoch einen Kühlbeutel brachte.

Durch die beschriebenen Tathandlungen verletzte der Angeklagte B***** M***** in Form von Würgemalen am Hals, einer Prellung der Halswirbelsäule, einer Prellung des linken Kniegelenks mit einem Gelenkserguss im Knie links mit Ödem des medialen Oberschenkelknochens und mit Teilruptur des vorderen Kreuzbandes sowie eine Zerrung des Außen- und Innenseitenbandes an sich schwer am Körper, wobei diese Verletzungen auch mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit verbunden waren. Komprimiert auf den 24-Stunden-Tag litt B***** M***** zwei Tage an starken, acht Tage an mittelstarken und 20 Tage an leichten Schmerzen.

Dem Angeklagten kam es geradezu darauf an, B***** M***** eine an sich schwere Körperverletzung mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit dadurch zuzufügen, dass er ihm Schläge ins Gesicht versetzte, ihn würgte und mit einer Hantel mit einem Gewicht von 3 kg auf ihn einschlug.

II.4. Als B***** M***** aufgrund seiner Schmerzen das Badezimmer am 18. August 2020 in weiterer Folge nicht verließ, forderte ihn der Angeklagte unter Vorhalt eines Küchenmesser mit einer Länge von etwa 25 cm zum sofortigen Verlassen des Badezimmers auf, wobei er ihm sinngemäß drohte, ihm anderenfalls den Kopf abzuschneiden. B***** M***** tat, wie ihm geheißen, und ging in sein Zimmer.

Der Angeklagte hielt es bei der gegenüber seinem Sohn unter Vorhalt des Küchenmessers geäußerten Drohung ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass B***** M***** diese als ernst gemeinte und verwirklichbare Ankündigung eines bevorstehenden Anschlages auf sein Leben verstehen würde. Darüber hinaus kam es ihm geradezu darauf an, bei seinem Sohn durch die vorgenannte Äußerung in Kombination mit dem vorgehaltenen Messer und den im Vorfeld stattgefundenen Gewalttätigkeiten den Eindruck zu erwecken, er sei willens und fähig seine Drohung mit dem Tod in die Realität umzusetzen, und bei ihm begründete Besorgnis im Hinblick aufsein Leben auszulösen, ihn also dadurch in einen peinvollen, nachhaltig das gesamte Gemüt ergreifenden Seelenzustand zu versetzen. Er hielt es ernstlich für möglich und und fand sich damit ab, dass sein Sohn in weiterer Folge aufgrund dieser Androhung – dem Willen des Angeklagten entsprechend – das Badezimmers veranlassen würde. Darin lag gerade auch das Ziel und der Zweck der bezughabenden Tathandlung.

Als der Angeklagte sämtliche im Tenor zu Faktum II. angeführten Tathandlungen setzte, war ihm in subjektiver Hinsicht ferner das Alter von B***** M*****, insbesondere dessen Unmündigkeit bzw Minderjährigkeit bewusst; er fand sich auch billigend damit ab. Bei sämtlichen zu Faktum II. angeführten Handlungen hielt es der Angeklagte darüber hinaus zumindest ernstlich für möglich und fand sich billigend damit ab, gegen den zunächst unmündigen und sodann minderjährigen B***** M***** auch in Zukunft über einen längeren Zeitraum, nämlich zumindest länger als ein Jahr – und zwar auch länger als ein Jahr während dessen Unmündigkeit – fortgesetzt weitere Gewalt in Form der Zufügung körperlicher und seelischer Qualen sowie in Form von Misshandlungen, Körperverletzungen sowie Nötigungen oder gefährlichen Drohungen auszuüben. Der Angeklagte hielt es – zumindest iSe Parallelwertung in der Laiensphäre – auch stets ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass die von ihm gesetzten Tathandlungen in ihrer Gesamtheit geeignet waren, B***** M***** in seiner persönlichen Freiheit schwerwiegend zu beeinträchtigen, ihn in einen Zustand permanenter oder häufig auftretender Angst vor weiteren Übergriffen zu versetzen und ihn zu zwingen, seine Lebensführung darauf einzustellen. Sein Vorsatz und Wille war von vornherein bei Setzung jedes Teilakts auf die kontinuierliche Tatbegehung gerichtet.

Zur Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten gründen auf dessen Angaben im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung sowie auf die eingeholte Strafregisterauskunft (Abschlussbericht BV, AS 21 ff in ON 17; HV-Protokoll, AS 2; Strafregisterauskunft ON 5).

Im Übrigen stützen sich die Feststellungen auf die in Klammern angeführten und in diesem Zusammenhang unbedenklichen Beweismitteln. Soweit den getroffenen Feststellungen anderslautende Beweisergebnisse entgegenstehen, liegen den Feststellungen folgende beweiswürdigende Überlegungen zu Grunde:

Der Angeklagte zeigte sich im Ermittlungsverfahren vor der Polizei sowie vor der Haft- und Rechtschutzrichterin zunächst lediglich dahingehend geständig, seinem jüngsten Sohn B***** M***** am 18. August 2020 zwei Ohrfeigen versetzt und ihm dabei die Verletzungen im Gesicht (gemeint wohl die festgestellten Würgemale am Hals) zugefügt zu haben. Darüber hinaus verantwortete er sich sowohl hinsichtlich der ihm zu Faktum I. des Tenors zum Nachteil des A***** M***** als auch zu Faktum II. zum Nachteil des B***** M***** zur Last gelegten Tathandlungen leugnend (BV, AS 3 in ON 6; Abschlussbericht BV, AS 21 ff in ON 17; HPV-Protokoll, AS 2 in ON 18). In der Hauptverhandlung bekannte sich der Angeklagte schließlich zu Spruchpunkt II.3. teilweise dahingehend schuldig, B***** M***** am 18. August 2020 zusätzlich zu den beiden von ihm bereits im Ermittlungsverfahren zugestandenen Ohrfeigen auch noch einen – seiner Demonstration in der Hauptverhandlung zufolge nicht besonders wuchtigen – Faustschlag aufs Knie versetzt, sowie ihn am T-Shirt gepackt, dieses fest zusammengedrückt und ihn dabei (versehentlich) am Hals gekratzt zu haben (HV-Protokoll, AS 6 f, 17 f). Abgesehen davon verantwortet sich der Angeklagte jedoch weiterhin pauschal nicht geständig. Er stellte entschieden in Abrede, seine älteren Söhne A***** und A***** M***** sowie seine verstorbene Ehegattin jemals geschlagen oder misshandelt zu haben, sondern will mit seiner verschiedenen Ehefrau lediglich ab und an gestritten haben. Weiters gab er an, auch B***** M***** – abgesehen von den von ihm zugestandenen Handlungen am 18. August 2020 – niemals tätlich angegriffen, sondern nur manchmal mit ihm geschimpft zu haben und betonte - über Vorhalt der Aussage des B***** M*****, lieber in einem Kinderheim zu wohnen als beim Angeklagten – „ Vater, Mutter, Bruder“ für seinen jüngsten Sohn B***** gewesen zu sein und „alles in [s]einer Macht gemacht [zu haben], dass er alles bekommt, was er braucht.“ Er habe für ihn gelebt (BV, AS 3 in ON 6; HV-Protokoll, AS 4, 8). Die seitens seines Sohnes A***** M***** erhobenen Vorwürfe wiederholter Gewalttätigkeit gegen sämtliche Familienmitglieder seien als Rachefeldzug seines Sohnes gegen ihn zu werten, wobei er selbst nicht wisse, weshalb der Kontakt zwischen ihm und A***** M***** seit Jahren abgerissen sei (vgl HV-Protokoll, AS 4 f, 13).

Diese – größtenteils pauschal leugnende – Verantwortung des Angeklagte überzeugte den Schöffensenat jedoch nicht und wird insbesondere durch die glaubhaften Angaben der beiden Opfer A***** und B***** M***** widerlegt, welche der Schöffensenat seinen Feststellungen zu Grunde legte, da sie nicht nur miteinander im Einklang stehen, sondern sich auch mit weiteren Beweisergebnissen decken.

Der älteste Sohn des Angeklagten A***** M***** machte hingegen bereits im Ermittlungsverfahren von seinem Aussagebefreiungsrecht nach § 156 Abs 1 Z 1 StGB Gebrauch (ZV A***** M*****, AS 45 ff in ON 17).

Zu Faktum I.:

Der Schöffensenat gewann den Eindruck, dass der Zeuge A***** M*****, dessen auf Video aufgezeichnete kontradiktorische Einvernahme in der Hauptverhandlung vorgeführt wurde, um eine sachliche, vollständige und wahrheitsgemäße Aussage bemüht war. Er schilderte sowohl vor der Polizei als auch im Zuge seiner kontradiktorischen Einvernahme nachvollziehbar, plausibel und eindrücklich, dass die physischen und psychischen Gewalttätigkeiten des Angeklagten das Familienleben prägten und ihn in einen Zustand permanenter Angst versetzten (ZV A***** M*****, AS 13 in ON 24), da diese unvorhersehbar und oftmals grundlos bzw wegen Bagatellen des täglichen Lebens erfolgten – so etwa, wenn man seine eigene Meinung äußerte oder etwas nicht so erledigte oder machte wie es der Angeklagte wünschte. Die Spontanität und Unberechenbarkeit der Gewaltausbrüche des Angeklagten erschließt sich dabei eindrücklich und nachvollziehbar aus der Schilderung des Zeugen A***** M*****, der Angeklagte habe ihn zur Ausführung der gewalttätigen Übergriffe nicht extra entkleidet, sondern einfach darauf losgeschlagen, gleichgültig ob er nackte Haut oder Kleidung traf, und habe sich dabei all jener Mittel bedient, die spontan verfügbar bzw greifbar waren. So habe er teilweise mit den bloßen (teils zu Fäusten geballten) Händen, teils aber auch mit unterschiedlichsten Gegenständen wie Gürteln oder Stecken zugeschlagen oder auch mit den Füßen zugetreten (ZV A***** M*****, AS 3 f; 14 f in ON 24; Abschlussbericht, AS 30 in ON 17).

Diese Beschreibung der Art und Weise der seitens des Angeklagten ausgeübten Gewalttätigkeit ist weitestgehend ident mit jener des Zeugen B***** M***** und gewinnt hierdurch an zusätzlicher Glaubhaftigkeit. Auch B***** M***** schilderte im Zuge seiner kontradiktorischen Zeugeneinvernahme, sowohl mit seinen Angaben vor Polizei als auch mit jenen seines Bruders A***** M***** in Einklang stehend, dass der Angeklagte ihn wegen Kleinigkeiten – etwa eines nicht ausgeräumten Geschirrspülers – „ geklatscht “ habe und sich hierbei teils lediglich seiner Hände und Füße, teils auch diverser zur Verfügung stehender Gegenstände, wie eines Metallschuhlöffels, einer Fliegenklatsche oder eines Kunststoffschlauchs, aber eben auch eines Gürtels bedient hätte. Ebenso wie A***** M***** gab B***** M***** an, dass der Angeklagte ausschließlich zuhause gegen die Familienmitglieder tätlich wurde und grundsätzlich wahllos sowohl in das Gesicht als auch auf den bekleideten sowie entkleideten Körper schlug, je nachdem wohin er gerade traf (ZV B***** M*****, AS 5, 8 in ON 23; Abschlussbericht, AS 42 in ON 17).

Untermauert wird dieses Bild durch das präzise, fundierte und schlüssige Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann, welcher dem Angeklagten eine autoritär-aggressive Persönlichkeitsakzentuierung mit sadististischen Neigungen attestiert, die ihn dazu veranlasst, bereits bei geringen Anlässen in einen hohen Erregungszustand zu geraten. Weiters betont auch der Sachverständige, dass die Gewalttaten bzw die Delinquenz des Angeklagten spezifisch familiengekoppelt sind (GA SV Hofmann, AS 25, 31 in ON 40; HV-Protokoll, AS 29 ff).

Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge A***** M***** den Angeklagten wahrheitswidrig belasten sollte, ergaben sich keine. Wenngleich A***** M***** in seiner Einvernahme nichts beschönigte und konkrete Angaben zu den Gewalthandlungen des Angeklagten traf, zeigte er keinerlei übertriebene Belastungstendenzen. Im Gegenteil betonte er wiederholt, dass die Gewalttätigkeiten des Angeklagten keinesfalls tagtäglich stattgefunden und nicht immer zu Verletzungen geführt hätten, und blieb trotz mehrmaliger Nachfrage und selbst unter Druck dabei, dass er – abgesehen davon, dass es jedenfalls insgesamt mehr als zehn Übergriffe gewesen seien – keine konkrete Anzahl nennen könne, da er nicht mitgezählt habe und eine konkrete Zahl „ irgendwo hergegriffen “ wäre (ZV A***** M*****, AS 4 f; 12 ff in ON 24; Abschlussbericht, AS 30 in ON 17). Gerade hierin spiegelt sich sowohl das Pflichtbewusstsein des Zeugen wieder, eine wahrheitsgemäße Aussage zu machen, als auch der Widerwille, den Angeklagten über Gebühr zu belasten. Wäre dem Zeugen vordringlich daran gelegen, den Angeklagten als möglichst „brutal“ darzustellen, wäre es ihm an dieser Stelle ein Leichtes gewesen, eine beliebige, nicht näher überprüfbare Zahl an Tätlichkeiten und diverse Verletzungen zu nennen, ohne Gefahr zu laufen, der Lüge überführt zu werden.

In diesem Kontext ist insbesondere auch bezeichnend, dass der Zeuge A***** M***** seine Angaben zur Häufigkeit und Dichte der Gewalttätigkeiten anfänglich lediglich auf Schläge bzw offenkundig nur auf jene Vorfälle bezog, bei denen ihn der Angeklagte „ windelweich “ schlug, und erst über nochmaliges Nachfragen und Vorhalt seiner Aussage, der Angeklagte würde gleich zuschlagen, wenn ihm etwas nicht passe, was nach einer höheren Häufigkeit klinge, angab, dass der Angeklagte ihn in deutlich höherer Dichte und Häufigkeit in Form von Ohrfeigen, dem Nachschmeißen von Gegenständen zB eines Apfels oder des Versetzens von Remplern und des Ziehens an den Haaren misshandelt habe (ZV A***** M*****, AS 5 f, 13 ff in ON 24: „ Ich habe jetzt nur die Schläge, aber die Watschn, meine Güte, da sind wir bei hundert Mal. Also eine Watschn habe ich ja gar nicht … [der Zeuge spricht nicht weiter]“). Durch dieses Aussageverhalten verliert der Zeuge keineswegs an Glaubwürdigkeit, sondern zeigt sich darin vielmehr eindrucksvoll, dass väterliche Gewalt tatsächlich „normaler“ Teil seiner Kindheit war, da er eine „ Watsche “ – welche ein Kind nach der allgemeinen Lebenserfahrung für gewöhnlich durchaus als massives und einprägsames Gewalterlebnis empfindet – nicht einmal für erwähnenswert hielt bzw gar nicht als körperlichen Angriff zählte. Bemerkenswert ist, dass der Zeuge – selbst nachdem ihm verdeutlicht wurde, dass auch derartige Verhaltensweisen Misshandlungen darstellen und keinesfalls sozialadäquat und „normal“ sind – das Verhalten des Angeklagten noch insofern zu dessen Gunsten zu relativieren suchte, als er angab, der Angeklagte habe ihm „lediglich“ seelische bzw psychische „Verletzungen“, nicht jedoch körperliche Verletzungen sehr häufig zugefügt und dass auch dieses Verhalten nicht alltäglich gewesen sei, sondern es teilweise Unterbrechungen von einer Woche oder einigen Tagen gegeben habe. Anzumerken ist hierbei, dass der Zeuge offenkundig auch Ohrfeigen bloß zur Kategorie der „seelischen Verletzungen“ zählt (ZV A***** M*****, AS 14 f in ON 24).

All dies zeigt einmal mehr, dass der Zeuge den Angeklagten nicht über Gebühr belasten wollte, sondern um eine wahrheitsgemäße Aussage bemüht war; für den Eindruck, der Zeuge sei auf Rache bestrebt – wie dies vom Angeklagten im Rahmen seiner Verteidigung behauptet wurde –, blieb vor diesem Hintergrund nicht der geringste Raum. Dies umso mehr, als der Zeuge auch einen Privatbeteiligtenanschluss seinerseits ablehnte. Die hierfür abgegebene Begründung, nichts geltend machen zu wollen, da die Geschehnisse für ihn zwar nicht abgeschlossen oder vergessen, jedoch verarbeitet seien, spricht in Zusammenhalt mit dem Umstand für sich, dass der Zeuge erst aus Anlass des rezenten, besonders heftigen Vorfalls zum Nachteil seines Bruders B***** M***** (vgl Spruchpunkt II.3. und II.4.) und seiner diesbezüglichen Zeugenaussage erstmals über die seine Kindheit prägende Gewalttätigkeit des Angeklagten sprach, und verstärkt den gewonnen Eindruck des Schöffensenats, dass es dem Zeugen fern liegt, seinen Vater wahrheitswidrig aus Vergeltungsdrang zu belasten (ZV A***** M*****, AS 14 f in ON 24; Abschlussbericht, AS 30 in ON 17).

Der Umstand, dass der Zeuge erstmals knapp 15 Jahre nach Ende der gegen ihn gerichteten Gewalttätigkeiten über diese berichtet, spricht keinesfalls gegen seine Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen, steht sein jahrelanges Schweigen doch mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang, dass gerade minderjährige Opfer häuslicher bzw familiärer Gewalt ihr Martyrium aus Angst und Schamgefühl oft jahrelang geheim halten und erst im Erwachsenenalter in der Lage sind, dieses zu verarbeiten und entsprechend zu artikulieren. Glaubhaft ist daher die Erklärung des Zeugen, aus Angst um seine Mutter und seine Brüder sowie aus Angst vor der ungewissen Zukunft, aber auch aus Unwissenheit über allfällige Hilfsangebote geschwiegen zu haben (ZV A***** M*****, AS 4, 16 f in ON 24; Abschlussbericht, AS 30 in ON 17). Darüber hinaus wurde der Zeuge ebenso wie sein Bruder B***** jahrelang auf Diskretion geschult, wenn sowohl der Angeklagte als auch die Mutter – welche nach den übereinstimmenden, widerspruchsfreien und durchwegs überzeugenden Schilderungen der Zeugen A***** und B***** M***** ebenso wie auch der dritte Sohn A***** Opfer der Gewalttätigkeiten wurde (ZV A***** M*****, AS 4, 7 in ON 24; ZV B***** M*****, AS 6 in ON 23; Abschlussbericht, AS 30, 42 in ON 17) – die häusliche Gewalt etwa durch Entschuldigungen für den Turnunterricht zu verschleiern suchten. Im Übrigen scheint der Zeuge A***** M***** – ebenso wie sein jüngerer Bruder B***** (hierzu noch unten) – dazu zu neigen, Probleme mit sich selbst auszumachen (ZV A***** M*****, AS 6 f, 10 in ON 24; ZV B***** M*****, AS 7 f, 13, 18 in ON 23). Abgerundet wird das Bild, dass ein Aufbegehren gegen den Vater aus Perspektive der Söhne aufgrund deren Vorstellung einer „normalen“ Familienstruktur und -hierarchie nicht in Frage kam, durch die Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann, demzufolge es sich beim Angeklagten um einen „gewalttätigen Familienpatriarch“ handelt (GA SV Hofmann, AS 27 in ON 40; HV-Protokoll AS 31). Lebensnah und nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund, dass erst der schockierende Eindruck, den der Anblick des verprügelten kleinen Bruders im Krankenhaus beim Zeugen hinterließ (ZV A***** M*****, AS 3 in ON 24)[… ] wie wir uns im Krankenhaus getroffen haben, da habe ich richtig zu weinen angefangen […]“), diesen dazu veranlasste, das jahrelange Schweigen zu brechen.

Die Angaben des Zeugen, Verletzungen seien z.B. durch Entschuldigungen für den Turnunterricht verheimlicht worden, bilden auch eine nachvollziehbare, überzeugende und lebensnahe Erklärung – kann diese Vorgehensweise bei familiärer Gewalt doch als gerichtsnotorisch bezeichnet werden –, weshalb die Gewaltausübung niemandem außerhalb der Familie aufgefallen ist. Im Übrigen kam es häufig auch zu keinen sichtbaren äußerlichen Verletzungen oder Spuren – wie der Zeuge A***** M***** einräumte - und kann aus der Nichtwahrnehmbarkeit von Misshandlungsmerkmalen durch Dritte im Übrigen ohnehin nicht zwangsläufig darauf geschlossen werden, dass keine Misshandlungen stattgefunden hätten (ZV A***** M*****, AS 4 ff, 14 in ON 24; Abschlussbericht, AS 30 in ON 17).

Auch der Umstand, dass der Zeuge A***** M***** weder die genaue Anzahl der Vorfälle, noch sämtliche Übergriffe im Detail schildern konnte, vermag keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Zeugenaussage zu wecken. In Anbetracht der Tatsache, dass die Gewalttätigkeiten des Angeklagten für ihn einerseits geradezu zur Normalität gehörten und der Tatzeitraum hinsichtlich des Zeugen A***** M***** andererseits nunmehr schon etwa 15 Jahre zurückliegt, ist es nicht verwunderlich, dass er nur einzelne Vorfälle im Detail schildern konnte, die aufgrund besonderer Umstände besonders einprägsam für ihn waren. Würde man eine beliebige Person ersuchen, über für sie bereits zum Alltag gehörige oder routinemäßig wiederkehrende Ereignisse der letzten Jahre detailliert Auskunft zu geben, würde dies – lebensnah betrachtet – kein anderes Ergebnis liefern bzw würde diese auch nur schildern können, wie diese Ereignisse gewöhnlicherweise abliefen und nur bei – über das übliche Maß hinausgehender - besonderer Intensität solcher Ereignisse mit Details aufwarten können. Nicht anders verhält es sich fallkonkret beim Zeugen A***** M*****, der keinen pauschalen Generalisierungen unterlag, sondern einzelne, für ihn besonders einprägsame Vorfälle detailliert schildern konnte. Dabei erstreckten sich seine Schilderungen auch auf das Rahmengeschehen betreffende Details, welche er auch mit bezughabenden neutralen Ereignissen in Verbindung setzen konnte (siehe hierzu sogleich unten). Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass seine Erzählungen erlebnisbasiert sind. Frei erfundene Aussagen beschränken sich erfahrungsgemäß in der Regel nämlich auf das unmittelbare Tatgeschehen und sparen dafür nicht direkt wesentliche Umstände (eben betreffend das Rahmengeschehen) aus. Ginge es dem Zeugen um bloße Falschbezichtigungen, hätte er lebensnah betrachtet – für seine Version der jeweiligen Tathergänge – unwesentliche Details ausgespart und sich auf die wesentlichen und belastenden Sachverhaltselemente, nämlich die Tathandlungen als solche konzentriert und seine Aussage im Wesentlichen darauf reduziert. Das Erwähnen von unwesentlichen Details vermittelt also den Eindruck, dass der Zeuge auf Erinnerungen zurückgreifen kann und schlichtweg tatsächlich Erlebtes wiedergibt.

Ein für den Zeugen - plausiblerweise - besonders gut erinnerlicher Vorfall war jener, als ein Nachbarsmädchen ein Auto zerkratzte und er lediglich zuschaute. Der Zeuge beschreibt eindrucksvoll, dass der Angeklagte ihn schon „windelweich“ prügelte, noch bevor er zu einer Verteidigung bzw Erklärung habe ansetzen können. Der Zeuge schildert hier auch für den unmittelbaren Vorfall irrelevante Umstände, etwa dass er ein sehr neugieriges Kind gewesen sei und deshalb nachgeschaut habe, was das Mädchen tue, oder dass sich seine Unschuld an den Lackkratzern in Folge aufgeklärt habe (ZV A***** M*****, AS 3 in ON 24). Überzeugend rekapituliert A***** M***** auch einen Vorfall, dem ein Besuch seines damaligen Klassenvorstands bei der Familie M***** zuhause vorausging. Der Zeuge wusste auch hier mit nebensächlichen Details über das Vorgeschehen der Gewalttätigkeit aufzuwarten, welche verdeutlichen, wie präsent ihm dieser Vorfall nach wie vor ist. So beschrieb er, dass der Lehrer vis à vis von ihm und dem Angeklagten gesessen sei und gemeint habe, er sei unkonzentriert und zu aktiv. Am nächsten Tag sei er deshalb wieder „windelweich“ geschlagen worden. Der Zeuge kann den Vorfall auch insofern in einen Kontext setzen, als er angibt, der Angeklagte habe Spätschicht gehabt. Bezeichnend ist, dass er die genaue Tathandlung nicht beschreibt, sondern in der Erzählung – sichtlich geschockt von der Erinnerung (wie für den erkennenden Schöffensenat auf der Videoaufzeichnung eindrücklich erkennbar war) – stockt (ZV A***** M*****, AS 5 in ON 24: „ Da hat er Spätschicht gehabt, da bin ich im Bad richtig ...[der Zeuge spricht nicht weiter]“). Wiederum verdeutlicht dies nicht nur die Erlebnisbasiertheit, sondern auch, dass er keineswegs zu übertriebenen Belastungen tendiert. Ginge es dem Zeugen nur darum, den Angeklagten umfangreich zu belasten, wäre es ihm hier wiederum ein Leichtes gewesen, die Gewalthandlungen schillernd zu illustrieren und ein elaboriertes Bild eines gewalttätigen Familientyranns zu zeichnen. Gerade dies unterlässt der Zeuge aber.

Die vom Zeugen beispielhaft geschilderten Vorfälle stehen auch wiederum mit seiner – bereits dargestellten – eigenen Aussage sowie der Aussage des Zeugen B***** M***** in Einklang, dass die Gewalttätigkeit aufgrund von Kleinigkeiten erfolgte, ohne dass die Kinder etwa „schlimmes“ angestellt hätten, und damit auch völlig unberechenbar für den Zeugen war. Dass ein Mensch – insbesondere ein Minderjähriger – durch solche wiederholten, willkürlichen und völlig unberechenbaren Aggressions- und Gewaltakte in einen Zustand permanenter (Erwartungs-)Angst versetzt wird, steht für den erkennenden Schöffensenat außer Zweifel. Diese Annahme wird zusätzlich auch vom psychiatrischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann untermauert, der ausführt, dass eine solche Situation einen Menschen in einen Zustand permanent erhöhten Stresses versetzt (HV-Protokoll AS 29). Bei lebensnaher Betrachtung kann ohne jeden Zweifel angenommen werden, dass ein solcher permanenter Angst- und Stresszustand in Zusammenhalt mit den physischen Misshandlungen und Verletzungen über einen Zeitraum von etwa 12 Jahren zu einer erheblichen Beeinträchtigung des psychischen und physischen Wohlbefindens des Zeugen führt, umso mehr, wenn man das Alter des Zeugen von sechs Jahren zu Beginn der Gewalttätigkeiten 1993 und den Umstand berücksichtigt, dass die Familie als intimste soziale Einheit Schutz und Geborgenheit vermitteln soll und dies vorliegend genau ins Gegenteil verkehrt wurde.

Die Feststellung, dass der Angeklagte den Zeugen A***** M***** in Form von Hämatomen, Striemen und blutenden, offenen Wunden im Gesicht sowie an diversen anderen Körperstellen verletzte, gründet auf der glaubwürdigen Aussage des A***** M*****, der an dieser Stelle bildlich und ganz offensichtlich erlebnisbasiert schildert, dass die Haut eines Kindes wie Seide sei und dementsprechend platzt bzw aufreißt, wenn man mit einem Haselnussstecken zuschlägt (ZV A***** M*****, AS 4 in ON 24).

Den Beginn der tatbestandsmäßigen Handlungen zu seinem Nachteil (Faktum I.) konnte der Zeuge naturgemäß – was angesichts des langen Zurückliegens ohnehin nicht verwundert – nicht mehr exakt datieren, aber immerhin angeben, dass die Gewalttätigkeit im Volksschulalter angefangen habe (ZV A***** M*****, AS 3 in ON 24). Ausgehend von dieser Angabe lässt sich der Beginn mit Jänner 1993 festmachen, zumal dieser Zeitpunkt auch insofern plausibel ist, als er kurz nach dem Nachzug der Familie nach Österreich gelegen ist und auch die Gewalt gegen B***** M***** nach dessen Angaben etwa in diesem Alter begann (ZV B***** M*****, AS 4 in ON 23).

Das Ende der tatbestandsmäßigen Handlungen zu seinem Nachteil (Faktum I.) konnte der Zeuge – was aufgrund des oben Angeführten wiederum nicht verwundert – ebenfalls nicht präzise datieren, allerdings im Bereich des Erreichens seiner Volljährigkeit ansiedeln. Plausibel legt der Zeuge dar, dass die Gewalt zu diesem Zeitpunkt deshalb ein Ende fand, weil er einerseits von zuhause auszog und andererseits dem Angeklagten körperlich auch zunehmend körperlich überlegen wurde (ZV A***** M*****, AS 3 in ON 24). Das Ende der Tathandlungen zu Faktum I. war daher mit dem 18. Geburtstag des Zeugen anzunehmen.

Hinsichtlich der Frequenz der Tathandlungen führte der Zeuge – wie bereits dargelegt – wiederholt an, dass diese nicht alltäglich und auch nicht regelmäßig stattfanden, sondern es unregelmäßige Unterbrechungen von einigen Tagen bis zu einer Woche gab. Vor diesem Hintergrund waren im Zweifel zeitlich unregelmäßige Angriffe festzustellen, wenngleich mit hoher – aber eben nicht mit an Sicherheit grenzender – Wahrscheinlichkeit von durchschnittlich zumindest wöchentlichen Übergriffen auszugehen ist.

Der Zeuge Benjam M***** hat hinsichtlich der Gewalthandlungen gegen seinen Bruder A***** M***** keine unmittelbaren Wahrnehmungen, da diese vor seiner Geburt stattgefunden haben. Der Zeuge gestand dies aber auch unumwunden aus Eigenem zu und erklärte, von diesen Vorfällen lediglich aus Erzählungen zu wissen. Seine Zeugenaussage stützt die getroffenen Feststellungen zu Faktum I. allerdings insofern, als sich seine eigenen Erlebnisse und Beschreibungen – wie bereits vorstehend im Einzelnen dargelegt – hinsichtlich der Modalitäten der Gewalthandlungen des Angeklagten und dessen spezifischen Vorgehens mit den Schilderungen des A***** M***** decken und es mit der allgemeinen Lebenserfahrung zwanglos in Einklang zu bringen ist, dass der Angeklagte seine Verhaltensweise unverändert gegenüber dem jüngsten Sohn fortsetzte.

Während die Angaben des Zeugen A***** M***** in Zusammenschau mit den Schilderungen des Benjam M***** sowie den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann ein stimmiges Bild ergeben, vermochten die Angaben des Angeklagten demgegenüber durchwegs nicht zu überzeugen:

Betrachtet man die Aussage des Angeklagten so ist besonders prägnant, dass er keine nachvollziehbare Erklärung zu geben vermag, weshalb sein Sohn A***** M***** kurz nach dem Tod der Ehefrau und Kindsmutter keinen Kontakt mehr zu ihm haben wollte. Während er im Ermittlungsverfahren überhaupt keine Begründung zu liefen vermochte, stellt er in der Hauptverhandlung diesbezüglich wenig überzeugende Mutmaßungen an. So argumentiert der Angeklagte zunächst, dass A***** M***** Angst gehabt habe, den Angeklagten nach dem Tod der Mutter unterstützen zu müssen. Diese Erklärung erscheint gerade in Anbetracht der Tatsache, dass A***** M***** seinen jüngeren Bruder nunmehr bei sich aufgenommen hat und sich umfassend um ihn kümmert, wenig überzeugend (HV-Protokoll, AS 4 f, 13). Auch der Erklärungsansatz, A***** M***** erhebe die Anschuldigungen aus Rache, weil der Angeklagte seine Schulden nicht zur Gänze beglichen habe, kann aus den oben bereits detailliert ausgeführten Erwägungen nicht überzeugen (HV-Protokoll, AS 13). Ebenso wenig verfängt das wiederholt vorgebrachte Argument des Angeklagten, er habe für A***** M***** ungefähr im Jahr 2018 eine Geldstrafe iHv EUR 2.000,-- bezahlt, um ihn vor dem Gefängnis zu bewahren. Aus dem Umstand, dass der Angeklagte seinen Sohn auch unterstützt hat, kann nämlich keinesfalls gleichsam im Umkehrschluss gefolgert werden, er hätte ihn zu anderen Zeitpunkten nicht auch geschlagen, kann doch gerade diese finanzielle Unterstützung auch ein Versuch der Wiedergutmachung oder des Kontaktaufbaus sein. Der psychiatrische Sachverständige Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass das Unvermögen des Angeklagten, einen konkreten Grund für den Kontaktabbruch zu nennen, höchst unplausibel ist. Dies umso mehr als der Angeklagte den hohen Stellenwert seiner Söhne für ihn betont und der Abbruch des Kontaktes daher sehr prägend sein müsste, sodass dem Angeklagten insbesondere der konkrete Anlass präzise in Erinnerung sein sollte (HV-Protokoll AS 28 ff). Tatsächlich stellt die von den beiden Opfern geschilderte Gewalttätigkeit die – nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens – einzig plausible Erklärung dar. Hinzuweisen ist an dieser Stelle abschließend noch darauf, dass der Angeklagte fragte, was A***** M***** nach 20 Jahren überhaupt wolle (HV-Protokoll AS 3). Diese Äußerung legt den Schluss nahe, dass sich der Angeklagte über Verfehlungen in der Kindheit des A***** M***** sehr wohl bewusst ist.

Zu Faktum II.:

Ebenso wie der Zeuge A***** M***** hinterließ auch der Zeuge B***** M***** beim erkennenden Schöffensenat – welcher sich von beiden Zeugen durch die in der Hauptverhandlung vorgeführten Videos der kontradiktorischen Zeugeneinvernahmen ein persönliches, unmittelbares Bild machen konnte – einen günstigen, wahrheitsliebenden Eindruck, weshalb die Feststellungen zu den gegen ihn gerichteten Gewalttätigkeiten des Angeklagten im Wesentlichen auf seinen glaubhaften Angaben beruhen. Seiner Schilderung der fortwährenden Gewalttätigkeit seitens des Angeklagten war auch insofern voller Glauben zu schenken, als sich seine Angaben über die Vorgehensweise des Angeklagten, die konkreten Modalitäten der Gewaltausübung und den Umstand, dass die Gewaltausbrüche des Angeklagten häufig grundlos und unberechenbar erfolgten – wie bereits vorstehend detailliert ausgeführt – nicht nur weitestgehend mit den Schilderungen des Zeugen A***** M***** (über dessen eigene Erlebnisse; siehe hierzu oben zu Faktum I.) decken, sondern auch zwanglos mit der vom psychiatrischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann attestierten Persönlichkeitsstruktur in Einklang zu bringen sind (siehe hierzu bereits oben zu Faktum I.).

Den Beginn der tatbestandsmäßigen Handlungen konnte der Zeuge – angesichts des langen Zurückliegens und seines damals geringen Alters wenig überraschend – nicht mehr exakt datieren, aber immerhin angeben, dass die Gewalttätigkeit seit er klein war – und zwar spätestens seit er fünf Jahre alt war – stattgefunden hätte, was auch mit Blick auf den Beginn der Gewalt gegen A***** M***** etwa im gleichen Alter durchaus überzeugend ist (ZV B***** M*****, AS 4 in ON 23: „Mich hat er geschlagen seit klein auf, seit ich denken kann“; ZV A***** M*****, AS 3 in ON 24). Der Beginn der Gewalthandlungen war daher mit dem Jahr 2010 anzunehmen.

Das Ende der tatbestandsmäßigen Handlungen war entsprechend der Angabe des Zeugen B***** M***** mit dem Datum des zu Faktum II.3 und 4. festgestellten Vorfalls festzumachen, zumal der Angeklagte hiernach aufgrund des umgehend verhängten Annäherungs- und Kontaktverbots nach § 38a SPG, der in Folge erlassenen einstweiligen Verfügung sowie seiner kurz darauf erfolgten Festnahme und Inhaftierung keine Möglichkeit zu einem tätlichen Angriff mehr hatte (ZV B***** M*****, AS 4 in ON 23; siehe hierzu auch den beigeschafften Akt des BG Vöcklabruck zu 59 C 20/20k).

Zu Häufigkeit der Tathandlungen gab der Zeuge an, dass die Übergriffe im Kindergartenalter noch nicht so häufig waren. Nach Angabe des Zeugen ereigneten sich die Gewalttätigkeiten aber stets zumindest wöchentlich. Die Dichte der Gewaltausbrüche bzw tätlichen Angriffe habe sodann sukzessive zugenommen, je älter er wurde. Zuletzt habe der Angeklagte ihn jeden zweiten oder dritten Tag „ geklatscht “ (ZV B***** M*****, AS 6, 8 in ON 23). Die Ausführungen des Zeugen sind insofern äußerst glaubhaft, als er zum einen keinerlei übertriebene Belastungstendenzen zeigt, sondern zugesteht, dass die Gewaltausübung anfänglich weniger häufig erfolgt sei und er keinen konkreten Durchschnittswert nennen könne, und zum anderen seine Angabe, die Gewalt habe nach dem Tod der Mutter zugenommen, insofern plausibel und nachvollziehbar ist, als mit ihrem Tod die letzte (zumindest marginal) schützende Person wegfiel. Darüber hinaus stellte der Zeuge ab diesem Zeitpunkt (die älteren Söhne waren bereits ausgezogen) auch die einzige Person dar, an der sich die – nach dem psychiatrischen Gutachten spezifisch familienbezogene – Aggression des Angeklagten entladen konnte, es somit also lebensnah ist, dass sich die Gewalttätigkeit des Angeklagten nunmehr auf den Zeugen fokussierte und bei diesem potenzierte. Vor diesem Hintergrund war von regelmäßigen, teils auch mehrmals wöchentlichen Übergriffen auszugehen.

Der Umstand, dass der Zeuge B***** M***** weder die genaue Anzahl der Vorfälle, noch sämtliche Übergriffe im Detail schildern konnte, vermag keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Zeugenaussage zu wecken; diesbezüglich kann auf die bereits hinsichtlich des Zeugen A***** M***** unter Faktum I. dargelegten Ausführungen zur kognitiven Verarbeitung und Abrufbarkeit von zum Alltag gehöriger oder routinemäßig wiederkehrender Ereignisse verwiesen werden. Hervorzuheben ist in diesem Kontext auch, dass der Zeuge B***** M***** keinen pauschalen Generalisierungen unterlag, sondern einzelne, für ihn besonders einprägsame Vorfälle detailliert schildern konnte (so den Vorfall mit dem Küchenmöbel [Faktum II.3.], hierzu im Detail unten). Dies spricht ebenso für die Erlebnisbasiertheit seiner Erzählung, wie der Umstand, dass er nicht nur einzelne – zum Teil durchaus ungewöhnliche – Schlaggegenstände wie zB einen Metallschuhlöffel oder einen Kunststoffschlauch konkret benannte, sondern auch die spezifischen Misshandlungsspuren je nach Schlaggegenstand differenziert zu beschreiben wusste. So erklärte er, er habe „ Streifen “ am Körper gehabt, wenn der Angeklagte ihn mit einem Stock oder der Fliegenklatsche geschlagen habe, während sich nach Schlägen mit der Hand „ blaue oder rötliche Flecken “ gebildet hätten und teilweise ein Handabdruck erkennbar gewesen sei (ZV B***** M*****, AS 5, 18 f in ON 23). Die vom Zeugen angegebenen Schlaggegenständen verursachen bei lebensnaher Betrachtung auch die von ihm geschilderten, mehrere Tage sichtbaren Hämatome, Rötungen und Striemen, weshalb seine diesbezüglichen Angaben den Feststellungen zu Spruchpunkt II.1. des Tenors bedenkenlos zu Grunde gelegt werden konnten.

Ein für den Zeugen – aufgrund des erforderlichen Krankenhausbesuchs nachvollziehbarer Weise – besonders präsenter Vorfall war jener, bei welchem der Angeklagte den Kopf des Zeugen gegen ein Küchenmöbel stieß und dieser hierdurch eine kleine Rissquetschwunde erlitt (Faktum II.2.). Eindrücklich schildert der Zeuge, der Angeklagte habe ihn am Kopf genommen und ihn mit dem Kopf gegen die Küchenecke geschlagen, wobei er eine blutende Wunde und ein blaues Auge erlitten hätte. Dass der Zeuge in der Tat eine Verletzung in der beschriebenen Form erlitten hat, ist durch einen Ambulanzbericht des Salzkammergut Klinikums und darüber hinaus durch die vom Zeugen im Zuge seiner kontradiktorischen Einvernahme vorgezeigte, nach wie vor sichtbare Narbe am linken Schläfenbereich objektiviert (Krankengeschichte, AS 41 ff in ON 26). Ungeachtet des Umstands, dass als Verletzungsursache im Ambulanzbericht ein Sturz des Zeugen beim Duschen angegeben ist, bestand an der vom Zeugen in seiner kontradiktorischen Einvernahme geschilderten Version – nämlich dass die Verletzung tatsächlich vom Angeklagten verursacht wurde – kein stichhaltiger Grund zu zweifeln. Hervorzuheben ist nämlich, dass er – ohne entsprechende Nachfrage und insbesondere ohne Vorhalt des (erst nach seiner kontradiktorischen Einvernahme zur Verifizierung seiner Angaben eingeholten) Ambulanzberichts – von sich aus plausibel und ohne sich in Widersprüchlichkeiten zu verstricken schilderte, dass er erst über Aufforderung einer Lehrerin am nächsten Tag ins Krankenhaus gefahren sei und dort – weil ihm dies vom Angeklagten so vorgegeben worden sei – eben angegeben habe, in der Badewanne ausgerutscht zu sein. Wenngleich der Zeuge den Vorfall – wenig überraschend – nicht genau datieren kann, vermochte er ihn zeitlich dahingehend einzuordnen, etwa 13 Jahre alt gewesen zu sein (ZV B***** M*****, AS 16 ff in ON 23). Damit lässt sich der Ambulanzbericht nicht nur hinsichtlich der Verletzung und der vom Zeugen geschilderten, damals als Ausrede angegebenen Ursache, sondern auch zeitlich widerspruchsfrei mit der Erzählung des Zeugen in Einklang bringen, als der angegebene Unfallzeitpunkt mit 28. Mai 2018 datiert, also – wie vom Zeugen angeführt – während seines 13. Lebensjahrs gelegen ist.

Die Angaben des Zeugen sind nicht nur in sich kohärent, sondern auch insofern plausibel, als es durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass gerade minderjährige Opfer familiärer Gewalt gegenüber außenstehenden Personen Ausreden für die Verletzungen erfinden (hierzu noch unten). Die Glaubhaftigkeit seiner Aussage wird schließlich auch noch dadurch gestärkt, dass die eingeholte Krankengeschichte des Zeugen einige weitere Krankenhausaufenthalte und Verletzungen aufweist (ON 26), der Zeuge diese jedoch nicht dem Angeklagten anlastet, sondern klar differenziert und etwa anführt, sich eine – ebenfalls dokumentierte – Außenknöchelverletzung beim Eislaufen zugezogen zu haben, obwohl er auch die Verursachung dieser Verletzung leicht dem Angeklagten hätte vorwerfen können, ohne Gefahr zu laufen, der Lüge überführt zu werden (ZV B***** M*****, AS 20 in ON 23). Dass der Zeuge keinen übertriebenen Belastungstendenzen erlegen ist, sondern vielmehr um wahrheitsgemäße Aussage bemüht war, zeigt sich auch daran, dass er trotz mehrmaliger Befragung entschieden verneinte, dass ihn der Angeklagte abgesehen vom Vorfall am 18. August 2020 (Faktum II.4.) jemals bedroht oder genötigt hätte (ZV B***** M*****, AS 15 f in ON 23).

Demgegenüber vermochten die Angaben des Angeklagten durchwegs nicht zu überzeugen. So konnte er etwa keine in sich schlüssige Erklärung für die zu Spruchpunkt II.2. festgestellte Verletzung abzugeben, sondern wich der Frage zunächst aus, um über nochmaliges Nachfragen sodann anzugeben, dem Zeugen versehentlich die Kühlschranktür gegen den Kopf geschlagen, ohne ihn jedoch verletzt zu haben. In Folge führte er aus, die Rissquetschwunde habe sich der Zeuge im Freibad zugezogen und wäre deswegen auch ins Krankenhaus gekommen. Diese Verantwortung vermochte insbesondere insofern nicht zu überzeugen, als sie durch die eingeholte, umfassende Krankengeschichte des Zeugen nicht objektiviert werden konnte (HV-Protokoll AS 9 f; ON 26). Insgesamt suchte der Angeklagte, Verletzungen seines Sohnes B***** M***** stets mit Ausflüchten und Hinweisen auf dessen sportlichen Aktivitäten zu erklären. Diesbezüglich fällt auf, dass er vor der Haft- und Rechtschutzrichterin angab, blaue Flecken und Verletzungen von B***** würden vom Fußballspielen herrühren (BV, AS 3 in ON 6), um diese in der Hauptverhandlung – offenkundig in Anpassung an die Aussage des Zeugen B***** M***** in seiner kontradiktorischen Einvernahme, schon mehrere Jahre nicht mehr Fußball zu spielen (ZV B***** M*****, AS 20 in ON 23) – sodann vornehmlich auf das Skaten und Eislaufen zurückzuführen.

Betrachtet man die Aussagen des Angeklagten im Ermittlungs- und im Hauptverfahren so fällt insgesamt auf, dass er seine Verantwortung (insbesondere zu den ihm zu den Spruchpunkten II.3. und II.4. gemachten Vorwürfen) nicht nur nach und nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens anpasste, sondern auch, dass er bemüht war, sich als fürsorglicher Vater darzustellen, für den das Wohl und Fortkommen seiner Kinder oberste Priorität seien. Dieses Bild des Angeklagten konnte der erkennende Schöffensenat indes nicht gewinnen, da dieses – wie bereits vorstehend zu Faktum I. erörtert – in auffallender und mit überzeugenden, rationalen Argumenten nicht aufzulösender Diskrepanz zu dem Umstand steht, dass der Angeklagte den Anlass des Kontaktabbruchs seines Sohnes A***** M***** nicht nennen kann. Ebenso passt es nicht ins Bild eines liebenden, fürsorglichen Vaters, dass der Angeklagte B***** M***** nach dem Vorfall am 18. August 2020 gleichsam „kampflos“ aufgab und die gesamten Habseligkeiten des B***** M***** und nicht nur Kleidung und Spielsachen für einen temporären Aufenthalt zu A***** M***** brachte (ZV A***** M*****, AS 8 in ON 24).

Der erkennende Schöffensenat übersieht hierbei weder, dass die Familienbegleiterin F***** J***** den Angeklagten in ihrer polizeilichen (einvernehmlich verlesenen) Einvernahme als „introvertiert und ruhig“ beschreibt und angab, dass sich dieser nach ihrer Wahrnehmung liebevoll um B***** M***** kümmerte (Abschlussbericht, AS 36 in ON 17), noch dass im beigeschafften Akt der KJH V***** mehrfach festgehalten ist, dass der Angeklagte und B***** M***** ein gutes, liebevolles Verhältnis zueinander haben, sie sichtlich „froh sind, einander zu haben“ und der Angeklagte als „ nett und bemüht“ bezeichnet wird (Akt der KJH, AS 45, 47, 61 in ON 15). Der Schöffensenat hält diese Angaben für durchaus plausibel und das Verhalten des Angeklagten für geradezu erwartbar. Bei lebensnaher Betrachtung ist es völlig nachvollziehbar, dass der Angeklagte sehr darauf bedacht wahr, den Schein einer intakten, „ glücklichen “ Familie nach Außen hin zu wahren (was ihm letztlich auch gelang). Die Schilderung der Zeugen B***** und A***** M*****, dass die Gewalttätigkeiten ausschließlich zuhause und nur für die anderen Familienmitglieder wahrnehmbar stattfanden, fügen sich in dieses Bild ebenso nahtlos ein, wie die Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann, die Delinquenz des Angeklagten sei spezifisch familiengekoppelt.

Auch die Tatsache, dass der Zeugen B***** M***** nach außen eine liebevolle Beziehung zum Angeklagten zu haben schien, verwundert nicht und spricht keineswegs gegen die Glaubwürdigkeit seiner Schilderung der regelmäßigen, langjährigen Gewalt. Zum einen bestand in der Öffentlichkeit kein Anlass für den Zeugen, sich vor dem Angeklagten zu fürchten. Außerdem gab der Zeuge dem Vater so auch keinen Anlass , verärgert zu sein. Zum anderen erklärt sich dieses Verhalten – lebensnah betrachtet – nicht zuletzt auch aus der (kindlichen) Hoffnung oder Erwartung heraus, dass eine Verhaltensänderung eingetreten sei oder eintreten werde, zumal der Angeklagte nach dem Tod der Mutter die engste Bezugsperson für den Zeugen war. Darüber hinaus wurde der Zeuge – wie bereits vorstehend zu Faktum I. ausgeführt – von klein auf zur Diskretion geschult. So kam es hinsichtlich B***** M***** auch deshalb zu keinem früheren Einschreiten etwa seitens der Lehrer, weil er stets mit diversen Erklärungen – auch über Anweisung des Angeklagten – für seine Verletzungen aufzuwarten wusste und so verhinderte, dass sich ein (tatsächlich bereits) schlummernder Verdacht seiner Lehrer erhärtete (ZV B***** M*****, AS 17 in ON 23; Erstbericht Unfallchirurgie, AS 41 in ON 26; A***** M*****, AS 9 in ON 24: „ Sie [gemeint die Schulleitung und der Klassenvorstand] haben sich das gedacht, aber nicht bestätigen können. Der Verdacht war da. Wie ich ihnen das gesagt habe hat die Frau Höller [Anm.: die Schulleiterin] […] gesagt: ‚Also haben wir doch Recht gehabt.‘“ ).

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, dass B***** M***** nach Wahrnehmung der KJH versuchte, für den Angeklagten da zu sein und die Vater-Kind-Rolle insofern vertauscht zu sein schien (Akt der KJH, AS 45 in ON 15). Der Zeuge A***** M***** schilderte, dass das Einzige, das B***** M***** unmittelbar nach dem zu Spruchpunkt II.3. und II.4. festgestellten Vorfall sofort zu ihm sagte, war: „Bitte tu ihm nichts!“ (ZV A***** M*****, AS 10 in ON 24). In Zusammenschau zeigen diese Beweisergebnisse eindrücklich, dass offenkundig enorme Verantwortungsgefühl, das der Zeuge gegenüber seinem Vater entwickelt hat, und auch die (ungeachtet der erlittenen Gewalt) bedingungslose kindliche Liebe und Sorge. Vor diesem Hintergrund ist es umso erklärbarer und verständlicher, dass sich der Zeuge nicht einmal seinem Bruder A***** M***** anvertraute, obgleich ihn dieser – wie beide Zeugen übereinstimmend schildern – mehrmals gefragt hat, ob mit dem Vater alles passt (ZV A***** M*****, AS 6 f, 10 in ON 24; ZV B***** M*****, AS 7 in ON 23).

Das wiederholt vorgebrachte Argument des Angeklagten, dass Verletzungen, hätte es sie tatsächlich gegeben, jemandem aufgefallen wären, verfängt vor diesem Hintergrund nicht. Letztlich war es nur einem Zufall geschuldet, dass die Handlungen des Angeklagten ans Licht kamen. So schilderten B***** M***** und F***** J***** übereinstimmend, dass der Betreuungstermin am 19. August 2020, bei welchem die Zeugin J***** die zu Faktum II.3. festgestellten Verletzungen entdeckte, nur aufgrund der Beharrlichkeit der Zeugin zustande kam, während B***** M***** versuchte diesen abzusagen, um seine Verletzungen zu verbergen (ZV B***** M*****, AS 13 in ON 23: „Wenn sie nicht gekommen wäre, hätte ich das eh verneint.“; Abschlussbericht, AS 36 in ON 17; Akt der KJH, AS 131 in ON 15). Nach Angabe der Zeugin J*****, habe B***** M***** auch zunächst gezögert, ihr alles zu erzählen, und erst nach der Belehrung über ihre Pflicht Meldung zu erstatten berichtet, was wiederum einerseits deutlich macht, dass er den Angeklagten nicht über Gebühr belasten will und andererseits bestätigt, dass sowohl Angeklagter als auch Opfer alles in ihrer Macht stehende taten, um die Folgen der Gewalttätigkeit des Angeklagten gegenüber Dritten zu verbergen (Abschlussbericht, AS 36 in ON 17; ZV B***** M*****, AS 14 in ON 23).

Die zu Spruchpunkt II.3. des Tenors festgestellten Verletzungen sind bereits durch den Ambulanzbericht sowie das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten samt mündlicher Gutachtenserörterung des orthopädischen Sachverständigen Dr. Thomas Höritzer objektiviert (Krankengeschichte, AS 1 ff in ON 26; AS GA Dr. Höritzer ON 34; HV-Protokoll AS 20 ff). Die Feststellungen zu Dauer und Intensität der Schmerzen konnten bedenkenlos auf dessen fundiertes und widerspruchsfreies Gutachten gestützt werden (GA SV Höritzer, AS 9 in ON 34).

Soweit die zum Ablauf des Vorfalls vom 18. August 2020 getroffenen Feststellungen von der Verantwortung des Angeklagten – der das Kerngeschehen zu Faktum II.3. ohnedies teilweise zugestand – abweichen, ist auszuführen, dass der Schöffensenat der flüssigen, detaillierten und präzisen Schilderung des Geschehensablaufs des Zeugen B***** M***** vollen Glauben schenkte. Der Zeuge schilderte den Vorfall sowohl vor der Polizei als auch der Haft- und Rechtschutzrichtern weitestgehend ident und gab spontane Antworten. Er scheute sich auch nicht bei Unklarheiten nachzufragen. Zwar gab der Zeuge anlässlich seiner kontradiktorischen Einvernahme an, dass die Schläge mit der Hantel auf die Knie erst nach den Würgeattacken stattgefunden hätten, während er vor der Polizei darlegte, der Angeklagte habe ihn bereits mit der Hantel verprügelt, bevor er ihn aufs Bett gestoßen und gewürgt habe (ZV B***** M*****, AS 9 ff in ON 23; Abschlussbericht, AS 43 in ON 17). Diese marginale Abweichung von der früheren Aussage vor der Polizei Wochen nach dem Tatgeschehen ist aber durchaus verständlich, sodass diese Tatsache die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht erschüttert. Die Erfahrung lehrt, dass Zeugen in Details von ihrer polizeilichen Einvernahme abweichen. Wäre dies nicht der Fall und würde der Zeuge wortgleich vor Gericht aussagen, würde dies gerade gegen die Erlebnisfundiertheit seiner Erzählung sprechen. Es entstand nicht der Eindruck, der Zeuge versuche seine Schilderung an einen erfundenen Geschehensablauf anzupassen, zumal er das Kerngeschehen (selbst in Details) stets gleichbleibend schilderte, so etwa dass es im Auto lediglich zu Schlägen mit dem Hand rücken gekommen sei und der Angeklagten ihn zweimal gewürgt und er ihn zweimal mit den Füßen von sich gestoßen habe. Nicht übersehen werden darf, dass auch die Zeugin J***** und insbesondere der Zeuge A***** M***** den Geschehensablauf weitestgehend deckungsgleich mit den Angaben des Zeugen B***** M***** in seiner kontradiktorischen Einvernahme schilderten (ZV A***** M*****, AS 8 f in ON 24; Abschlussbericht, AS 36 f in ON 17). Beide Zeugen haben das Tatgeschehen vom 18. August 2020 nicht unmittelbar miterlebt, sondern gaben die Schilderung des Opfers B***** M***** ihnen gegenüber wieder. Der Umstand, dass auch ihre Wiedergabe der Schilderung des Zeugen seinen Angaben vor Polizei und Gericht entspricht, er das Tatgeschehen also viermal im Wesentlichen ident erzählte, bestärkt die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Darüber hinaus führte der Sachverständigen Dr. Thomas Höritzer aus, dass die vom Zeugen geschilderten Tätlichkeiten sehr gut mit den objektivierten Verletzungen in Einklang zu bringen sind (GA SV Höritzer, AS 7 in ON 34; HV-Protokoll AS 22 ff).

Wie oben ausgeführt gestand der Angeklagte in der Hauptverhandlung schließlich zu, den Zeugen auf das Knie geschlagen und gewürgt zu haben, suchte seine Handlungen aber insofern zu bagatellisieren, als er lediglich mit der Faust und nicht mit einer Hantel und auch mit der Faust – nach seiner Demonstration in der Hauptverhandlung zu schließen – nicht sonderlich wuchtig zugeschlagen und das Opfer auch nur am T-Shirt gepackt haben will. Die Schwere der Knieverletzung suchte er mit einer vorbestehenden Verletzung des Opfers – nämlich jener oben genannten Beinverletzung vom Eislaufen – zu erklären (HV-Protokoll AS 15 f). Diese Verantwortung des Angeklagten wurde aber durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens eindrücklich widerlegt. So ist bezeichnend, dass er seine Verantwortung nach und nach den erdrückenden Beweislage anpasste, sich hierbei in Widersprüchen verfing und vielfach keine schlüssigen Erklärungen für seine Angaben zu geben vermochte. So konnte er insbesondere nicht plausibel darlegen, weshalb er die Schläge mit Faust erst im Zuge der Hauptverhandlung zugestand (HV-Protokoll AS 17). Darüber hinaus wurde seine Schilderung der Tathandlungen vom Sachverständigen Dr. Thomas Höritzer schlüssig widerlegt. So führte der Sachverständige aus, die Knieverletzung könne keinesfalls durch einen Schlag verursacht worden sein, der – aber wie vom Angeklagten geschildert – von einem vor dem Opfer stehenden Täter ausgeführt wurde. Der Sachverständige legte weiters dar, dass die Knieverletzung auch nicht auf eine Vorverletzung zurückgeführt werden könne, sondern aufgrund des festgestellten Gelenksödems von einem zeitnahen Geschehen stammt und – ebenso wie die Verletzungen am Hals – nur durch eine massive Gewalteinwirkung verursacht worden sein kann (HV-Protokoll AS 22 ff). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der vom Angeklagten ins Treffen geführten Vorverletzung um eine Verletzung des Außenknöchels und nicht des Knies handelte (Krankengeschichte, AS 33 ff in ON 26).

Die Feststellungen zu Faktum II.4. konnten ebenfalls bedenkenlos auf die Aussage des Zeugen B***** M***** gestützt werden, der das Geschehen detailliert, eindrücklich und gleichbleibend schilderte, ohne jedoch übertriebene Belastungstendenzen zu zeigen, da er stets betonte, dass eine solche Nötigung erstmals stattgefunden habe (ZV B***** M*****, AS 15 f in ON 23).

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite sowohl zu Spruchpunkt I. als auch zu Spruchpunkt II. des Tenors lassen sich bei lebensnaher Betrachtung zwanglos schon aus dem objektiven Geschehensablauf ableiten (dolus ex re). Die vom Angeklagten gesetzten Tathandlungen im festgestellten Sinne lassen keine andere Schlussfolgerung zu als jene, dass sie von seinem Vorsatz in je festgestellter Form getragen wurden (RIS-Justiz RS0116882; RS0098671), was im Übrigen – infolge der größtenteils leugnenden Verantwortung des Angeklagten - methodisch gar nicht zu ersetzen wäre (vgl RIS-Justiz RS0116882; 13 Os 13/14g; OLG Linz 9 Bs 256/16k ua).

Ergänzend kann zunächst festgehalten werden, dass der Angeklagte als Vater der beiden Opfer A***** und B***** M***** naturgemäß deren Alter kannte, er also wusste, dass beide während der gesamten zu Spruchpunkt I. und II. des Tenors angeführten Tatzeiträume minderjährig, zum Teil sogar unmündig waren und seiner Fürsorge unterstanden. Wer einem anderen, insbesondere einem zu den Tatzeitpunkten minderjährigen bzw sogar unmündigen Kind wiederholt Ohrfeigen, Schläge mit Gegenständen, wie den festgestellten, sowie mit Hand oder Faust und Fußtritte versetzt, rechnet zumindest damit und findet sich damit ab, diesen hierdurch Verletzungen, Schmerzen und seelische Qualen zuzufügen und sie in ihrem psychischen bzw physischen Wohlbefinden erheblich zu beeinträchtigen (Faktum I, II.1 und 2.).

Zu Faktum II.3. ist auszuführen, dass sich aus der Tatsache, dass der Angeklagte mit einer drei Kilo schweren Hantel wiederholt gegen das Knie des erst 15jährigen Opfers schlug und auch die Verletzungen am Hals nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. Thomas Höritzer auf eine massive Gewalteinwirkung hinweisen, bedenkenlos ableiten lässt, dass es dem Angeklagten geradezu darauf an kam, das Opfer schwer zu verletzten.

Die Feststellungen zu Ernstlichkeit, Sinn und Bedeutungsinhalt der zu Spruchpunkt II.4. angeführten Drohung gründen einerseits darauf, dass sich der Bedrohte – wenngleich für die Beurteilung des objektiven Tatbestandes bedeutungslos (RIS-Justiz RS0092392) – insbesondere ob des vorgehaltenen Messers sowie der Vehemenz der vorangegangenen zahlreichen Tätlichkeiten tatsächlich fürchtete, die Drohung ernst nahm und sich genötigt fühlte, das Badezimmer zu verlassen. Dies stützt als Indiz die Feststellung der Ernstlichkeit der Todesdrohung und steht der Annahme einer Drohung mit einer bloßen Körperverletzung gewichtig entgegen. In Zusammenschau mit den vorangegangenen massiven Tätlichkeiten mangelte es der Drohung – lebensnah betrachtet – weder an der (festgestellten) Ernstlichkeit, noch an der (der rechtlichen Beurteilung hier gleich dislozierend vorweggenommenen) Besorgniseignung. Insofern wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass der Angeklagte es nicht zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass der minderjährige, verletzte Zeuge (insbesondere in Anbetracht des auf Brusthöhe gehaltenen Messers) die Drohung als eine mit dem Tode verstehen und sich genötigt sehen würde, entsprechend der Aufforderung des Angeklagten zu handeln dh das Bad zu verlassen.

Schließlich kann hinsichtlich der das Faktum II. betreffenden subjektiven Tatseite bereits aus der festgestellten, langjährigen Gewaltanwendung gegen den älteren Sohn A***** M***** in Zusammenschau mit den Ausführungen des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann, demzufolge die Gewaltausbrüche eine typische Reaktion des Angeklagten auf Erregungszustände aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur seien, zwanglos die Schlussfolgerung gezogen werden, dass es der Angeklagte stets für möglich hielt und sich damit abfand, dass er gegen den zu Beginn der Gewalthandlungen unmündigen B***** M***** in einem ein Jahr übersteigenden Zeitraum während dessen Unmündigkeit wiederholt Gewalt ausüben würde.

Der beim Angeklagten vorliegende Zustand nach einer rezidivierenden Depression (ICD 10 F33) sowie einem Tranquilizermissbrauch (ICD 10 F13) sowie das Bestehen einer aggressiv-autoritäre Persönlichkeitsakzentuierung mit sadistischen Neigungen wurde durch die schlüssigen und überzeugenden gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann dargelegt. Beim Sachverständigen handelt es sich um einen gerichtsbekannten und erfahrenen Gutachter, der sein Gutachten gewohnt nachvollziehbar und widerspruchsfrei aufgebaut hat. In seinem Gutachten sowie anlässlich der Gutachtenserörterung in der Hauptverhandlung vom 18. Jänner 2021 legte er dar, dass beim Angeklagten die Zurechnungsfähigkeit bei allen Taten uneingeschränkt vorlag, da dieser an keiner schwerwiegenden psychischen Störung leidet, sondern sein Aggressionspotential lediglich eine besondere Struktur seiner Persönlichkeit darstellt. Nachvollziehbar und fundiert legte der Sachverständige insbesondere dar, dass die in der Krankengeschichte des Angeklagten (ON 27 und 31) dokumentierte Depression nach dem Tod seiner Ehegattin lediglich vorübergehend, nie psychosewertig und hinsichtlich seiner Aggressionsausbrüche von keiner großen Relevanz gewesen sei und auch der teilweise Alkoholkonsum seine Zurechnungsfähigkeit nicht ausgeschlossen hat, zumal keine Suchterkrankung vorlag bzw vorliegt. Diese Ausführung findet zusätzlich in den Aussagen der Zeugen A***** und B***** M***** Deckung, die beide angaben, es habe hinsichtlich der Art und Gründe der Gewalthandlungen keinen Unterschied gemacht, ob der Angeklagte alkoholisiert war oder nicht. Auch der Angeklagte selbst stellte eine Alkoholerkrankung oder einen übermäßigen Alkohol entschieden in Abrede (HV-Protokoll AS 11). Die Feststellungen zum Geisteszustand des Angeklagten sowie jene zur in den Tatzeiträumen vorgelegenen Zurechnungsfähigkeit stützen sich daher auf das Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann sowie dessen Ausführungen in der Hauptverhandlung vom 18. Jänner 2021.

Rechtliche Beurteilung

Rechtliche Beurteilung:

Zu den Schuldsprüchen:

Faktum I.:

Das Vergehen des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB begeht unter anderem, wer einen anderen, der seiner Fürsorge oder Obhut untersteht und der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, körperliche oder seelische Qualen zufügt.

Unter Fürsorge ist im Allgemeinen ein auf längere Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zu verstehen, welches die (auf Gesetz, verwaltungsbehördlichem bzw. gerichtlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft beruhende) Verpflichtung begründet, für das körperliche oder geistige Wohl der geschützten Person zu sorgen. Charakteristikum solcher – insbesondere für das Familienrecht typischer – Beziehungen ist die „Beschützerstellung“ des Fürsorgepflichtigen und die länger andauernde „Abhängigkeit“ des auf die Fürsorge Angewiesenen (13 Os 163/11m; Nimmervoll in Leukauf/Steininger, StGB4 § 92 Rz 4).

Qualen sind einen längeren Zeitraum andauernde oder sich wiederholende Schmerzen, Leiden oder Angstzustände, die mit einer Beeinträchtigung des psychischen oder physischen Wohlbefindens verbunden sind (RIS-Justiz RS0093099). Körperliche Qualen können durch Verletzungen oder Misshandlungen, seelische Qualen auch nur durch verbale Bedrohung, Beschimpfungen oder sonstige Erniedrigungen zugefügt werden (RIS-Justiz RS0093094).

Zur Erfüllung der subjektiven Tatseite des § 92 Abs 1 StGB genügt bedingter Vorsatz des Täters hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale. Vorliegend nahm der Angeklagte die im Tenor unter Faktum I. angeführten Tathandlungen an seinem Sohn A***** M***** vor, während dieser seiner Fürsorge unterstand und das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Indem der Angeklagte seinem Sohn A***** M***** über einen Zeitraum von etwa zwölf Jahren hindurch in der festgestellten Art und Weise wiederholt Schläge mit der Hand sowie zum Teil mit der Faust oder mit Gegenständen als auch Fußtritte versetzte, erniedrigte er ihn nicht nur in Form von seelischen Qualen, sondern fügte ihm durch die Schläge und Tritte auch Misshandlungen sowie teilweise Verletzungen – somit körperliche Qualen – in Form von Hämatomen, Striemen und blutenden, offenen Wunden im Gesicht sowie an diversen anderen Körperstellen zu. Nach den Feststellungen war er dabei nicht nur in Kenntnis seiner Fürsorgepflicht und des Alters des A***** M*****, sondern handelte auch (zumindest) bedingt vorsätzlich dahingehend, diesem durch seine Handlungsweisen seelische und körperliche Qualen zuzufügen.

Allfällige Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere kommt eine gerechtfertigte Ausübung des Erziehungsrechts nicht in Betracht, weil die Tathandlungen iSd § 92 Abs 1 StGB keine von der Rechtsordnung anerkannten Erziehungsmethoden sind ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz , WK2 StGB § 92 Rz 23).

Nach den Feststellungen war die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Angeklagten zu allen Tatzeitpunkten während des gesamten im Tenor zu Faktum I. angeführten Handlungszeitraums gegeben. Der Angeklagte war darüber hinaus auch in keinem schuldausschließenden Rechts- bzw. Verbotsirrtum iSd § 9 StGB verfangen. Für das Unrechtsbewusstsein ist ausreichend, dass der Angeklagte nach den Feststellungen den sozialen Sinngehalt der Tatbildmerkmale erkannt hat und sich des spezifischen Unwerts der Rechtsgutbeeinträchtigung zumindest in laienhafter Art bewusst war, während die Kenntnis der Norm in ihren Einzelheiten nicht erforderlich ist ( Jerabek/Ropper aaO Rz 19; RIS-Justiz RS0089617).

Der Strafaufhebungsgrund der Verjährung ist vom Gericht (jederzeit) vom Amts wegen zu berücksichtigen. Ob eine Tat verjährt ist, richtet sich grundsätzlich nach dem im Entscheidungszeitpunkt geltenden Recht, nach früherem Recht nur dann, wenn die Verjährung bereits unter dessen Geltung eingetreten war (RIS-Justiz RS0091794; RS0116876). Gemäß § 58 Abs 3 Z 3 StGB idgF wird die Zeit bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres des Opfers einer strafbaren Handlung gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung – somit auch einer strafbaren Handlung gegen § 92 Abs 1 StGB – in die Verjährungsfrist nicht miteingerechnet, wenn das Opfer – wie im vorliegenden Fall – zur Zeit der Tatbegehung minderjährig war.

Die Besonderheit des Hemmungsgrunds der Ziffer 3 leg cit besteht in seiner Rückwirkung. Bei seiner Novellierung durch das 2. Gewaltschutzgesetz (2. GeSchG), BGBl. I Nr. 40/2009, bestimmte nämlich dessen Art XIV Abs 2 ausdrücklich, dass § 58 Abs 3 Z 3 leg cit auch auf vor dessen Inkrafttreten am 1. Juni 2009 begangene Taten anzuwenden ist, sofern deren Strafbarkeit zu diesem Zeitpunkt nicht bereits erloschen waren. Um festzustellen, ob die Strafbarkeit bereits verjährt ist, sind daher auch die früheren Gesetzesfassungen der §§ 57 ff leg cit zu prüfen.

§ 92 Abs 1 StGB idF BGBl I Nr. 599/1988 sah ebenso wie § 92 Abs 1 StGB idgF einen Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe vor. Die Verjährungsfrist gem § 57 Abs 3 StGB idF BGBl I Nr. 762/1996 betrug für mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einem aber höchstens fünf Jahren bedrohte Handlungen – ebenso wie nach der derzeit geltenden Rechtslage – fünf Jahre. Da das mit Strafe bedrohte Verhalten des Angeklagten zum Nachteil des A***** M***** nach den Feststellungen am 4. Jänner 2005 aufhörte (vgl. § 57 Abs 2 StGB idF BGBl I Nr. 762/1996), war die Strafbarkeit der unter Spruchpunkt I. angeführten Tathandlung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des 2. GeSchG noch nicht erloschen, sodass § 58 Abs 3 Z 3 StGB idgF zur Anwendung kommt.

Dementsprechend begann die fünfjährige Verjährungsfrist gem. § 57 Abs 3 StGB erst mit Vollendung des 28. Lebensjahres des Opfers am 4. Jänner 2015 zu laufen und wäre grundsätzlich mit 3. Jänner 2020, 24.00 Uhr, abgelaufen. Fallkonkret ist jedoch zu beachten, dass der Angeklagte beginnend mit dem Jahr 2010 bis zum 18. August 2020 – somit innerhalb der Verjährungsfrist der zu Faktum I. des Tenors abgeurteilten Tat – regelmäßig fortgesetzt Gewalt gegen seinen jüngsten Sohn iSd § 107b StGB ausübte (hierzu sogleich unten). Gemäß § 58 Abs 2 StGB verjährt die Strafbarkeit einer Tat nicht mit Ablauf der in § 57 Abs 3 StGB vorgesehenen Frist, wenn der Täter während dieser Zeit eine neue Tat begeht, die – wie im vorliegenden Fall – auf der gleichen schädlichen Neigung iSd § 71 StGB beruht. Vielmehr verlängert sich die Verjährungsfrist der Ersttat, bis auch die Zweittat verjährt ist, weshalb fallkonkret der Strafaufhebungsgrund der Verjährung hinsichtlich der unter Spruchpunkt .I des Tenors angeführten Tat nicht vorliegt. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass Tathandlungen entweder der aktuellen oder der zum Tatzeitpunkt bestehenden Rechtslage zu unterstellen sind. Beim Günstigkeitsvergleich nach § 61 StGB ist jeweils die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Tathandlung heranzuziehen und mit der derzeit geltend Fassung zu vergleichen. Die letzte Tathandlung erfolgte im Jahr 2005. Ein Vergleich mit der im Jahr 2005 geltenden Rechtslage zeigt, dass § 92 Abs 1 StGB idF BGBl I Nr. 599/1988 durch das BGBl. I Nr. 40/2009 in seinem Wortlaut lediglich insofern eine Änderung erfuhr, als die Bezeichnung „Schwachsinn“ in der zweiten – fallkonkret nicht zur Anwendung kommenden – Fallgruppe durch den Begriff „geistige Behinderung“ ersetzt wurde, der Strafrahmen sowie die Diktion ansonsten aber gleich blieben, weshalb die geltende Rechtslage zur Anwendung gelangen konnte.

Der Angeklagte war demnach des Vergehens des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB für schuldig zu erkennen.

Faktum II

Des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB macht sich schuldig, wer gegen eine andere Person eine längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausübt. Gewalt im Sinne von Abs 1 leg cit übt aus, wer eine andere Person am Körper misshandelt oder vorsätzliche mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib und Leben oder gegen die Freiheit mit Ausnahme der strafbaren Handlungen nach §§ 107a, 108 und 110 StGB begeht (Abs 2 leg cit). Abs 3a Z 1 leg cit sieht eine erhöhte Strafdrohung vor, wenn die Tat nach Abs 1 leg cit (unter anderem) gegenüber einer unmündigen Person begangen wird. Wird die Tat gegenüber einer unmündigen Person iSd Abs 3a Z 1 leg cit länger als ein Jahr ausgeübt, sieht Abs 4 zweiter Fall leg cit eine weitere Straferhöhung vor.

Bei der als Dauerdelikt mit tatbestandlicher Handlungseinheit konzipierten Bestimmung des § 107b StGB wird durch die – ohne größere zeitliche Unterbrechung (vgl hierzu RIS-Justiz RS0129716 [T1 und T2]) – fortgesetzten tatbestandlichen Vorgangsweisen im Sinn des § 107b Abs 2 StGB lediglich eine strafbare Handlung verwirklicht (Zusammenfassung mehrerer Taten ähnlich dem § 29 StGB). Dies gilt auch bei Tathandlungen gegenüber einem zunächst unmündigen Opfer, welche vom Täter nach Erreichen der Mündigkeit des betroffenen Kindes fortgeführt werden. Für die Verwirklichung der Qualifikation nach § 107b Abs 3a Z 1 erster Fall StGB ist dabei allerdings maßgeblich, dass die mehrfachen tatbestandlichen Handlungen iSd § 107b Abs 2 StGB bereits vor Erreichen des 14. Lebensjahres des Opfers einer fortgesetzten, also längere Zeit andauernden Gewaltausübung entsprechen (RIS-Justiz RS0129716).

Das Tatbestandselement fortgesetzter Gewalt drückt das Erfordernis einer gewissen Regelmäßigkeit aus, womit Gewaltakte, die nach einer größeren zeitlichen Unterbrechung gesetzt wurden, nicht in eine iSd § 107b Abs 1 StGB gebildete Subsumtionseinheit aufzunehmen sind; allerdings wird bei entsprechender Dauer, Dichte und Intensität der Gewaltausübung beispielsweise selbst während eines sonstigen Tatzeitraums von insgesamt knapp zwei Jahren die Regelmäßigkeit durch einzelne, jeweils zweimonatige Unterbrechungen nicht beseitigt (RIS-Justiz RS0129716 [T1 und T2]).

Ebenso ist bei der Beurteilung, ob die Gewalt eine längere Zeit hindurch fortgesetzt ist, der konkrete Tatzeitraum in Relation zu der Anzahl der Tathandlungen sowie den Besonderheiten – insbesondere den Tatmodalitäten – des Einzelfalls zu setzen (EBRV 2. GeSchG 25, JAB 106 BlgNR 24. GP 23).

Bei der Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit nach § 107b StGB ist folglich stets eine einzelfallbezogene Gesamtbetrachtung der Faktoren Dauer, Dichte und Intensität der Gewaltausübung vorzunehmen, wobei eine besonders starke Ausprägung eines dieser Faktoren unter dem Aspekt der Subsumtion eine Reduktion des Gewichts der beiden übrigen Faktoren zulässt (RIS-Justiz RS0127377). Eine fortgesetzte Gewaltausübung ist somit mehr als die bloße Summe einzelner Gewaltakte über einen längeren Zeitraum. Maßgeblich ist, dass die Gewaltausübung unter Berücksichtigung ihrer Intensität, Dauer und Häufigkeit in ihrer Gesamtheit geeignet ist, eine schwerwiegende Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit des Opfers zu bewirken, es in einen Zustand permanenter Angst zu versetzen und seine Lebensführungsfreiheit gravierend zu beeinträchtigen ( Schwaighofer in Höpfel/Ratz , WK2 StGB § 107b Rz 8 f).

Zur Erfüllung der subjektiven Tatseite muss sich der (zumindest) bedingte Vorsatz des Täters bei jedem Teilakt auf die fortgesetzte Ausübung von Gewalt, also auf die Zahl und die Regelmäßigkeit, im Falle des Abs 3a Z 1 leg cit auf die Unmündigkeit des Opfers, die notwendige – und zwar hinsichtlich der Qualifikation nach Abs 4 2. Falll leg cit auch auf die vor Vollendung des 14. Lebensjahr ein Jahr übersteigende – Dauer, sowie auf die Eignung erstrecken, das Opfer in seiner freien Lebensführung schwerwiegend zu beeinträchtigen. Darüber hinaus muss der Vorsatz bei jedem Teilakt auch den Tatbestand des jeweiligen Anknüpfungsdelikts iSd § 107b Abs 2 zweiter Fall StGB erfassen (13 Os 71/12h; Schwaighofer aaO Rz 27).

Die zu den Spruchpunkten II.1 bis II.4. festgestellten Tathandlungen erfüllen jeweils den Gewaltbegriff iSd § 107b StGB, da sie je für sich genommen als vorsätzliche mit Strafe bedrohte Handlungen gegen Leib und Leben bzw. gegen die Freiheit zu qualifizieren sind:

Die im Tenor zu Spruchpunkt II.1. angeführten Tathandlungen wären für sich genommen als das Vergehen des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB zu werten, da der Angeklagte seinem Sohn B***** M*****, während dieser seiner Fürsorge unterstand und das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, seelische und körperliche Qualen zufügte, indem er ihm in der festgestellten Art und Weise wiederholt Schläge versetzte und hierdurch sowohl erniedrigte als auch verletzte, wobei er mit dem entsprechenden deliktsspezifischen Vorsatz handelte.

Durch die zu Spruchpunkt II.2. des Tenors festgestellte Handlung hat der Angeklagte die körperliche Integrität des B***** M***** in Form der festgestellten kleinen Rissquetschwunde am Kopf beeinträchtigt, wobei er diese Verletzung durch sein Handeln auch kausal verursacht und mit zumindest bedingtem Verletzungsvorsatz gehandelt hat, wodurch er für sich genommen das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB verwirklicht hätte.

Der Angeklagte hat durch die zu Spruchpunkt II.3. festgestellten Tathandlungen die festgestellten Verletzungen des B***** M***** kausal verursacht. Die festgestellten Verletzungen stellen (jedenfalls in einer wertenden Gesamtschau) eine an sich schwere Verletzung iSd § 84 Abs 1 StGB dar. Weiters hatte die Tat eine mehr als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung zur Folge. Der Angeklagte handelte in Anbetracht der konkreten Tatbegehung – nämlich dem Zuschlagen mit einer drei Kilo schweren Hantel auf das Knie des 15jährigen Opfers – auch in der Absicht, eine schwere Körperverletzung herbeizuführen, sodass er – für sich genommen – das Verbrechen der absichtlich schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB verwirklicht hätte.

Durch die zu Spruchpunkt II.4. festgestellte Äußerung hätte der Angeklagte für sich genommen das Verbrechen der schweren Nötigung nach § 106 Abs 1 Z 1 StGB verwirklicht, da die festgestellte Drohung unter Anlegung eines gemischt objektiv-individuellen Maßstabes ihrem Sinn, Bedeutungsinhalt und ihrer Ernstlichkeit nach insbesondere aufgrund ihres Wortlauts in Verbindung mit dem vorgehaltenen 25 cm langen Küchenmesser sowie unter Berücksichtigung der vorausgegangenen Gewalttätigkeiten jedenfalls geeignet war, dem Bedrohten begründete Besorgnis um sein Leben – und nicht bloß um seine körperliche Unversehrtheit – einzuflößen und bei ihm den Eindruck der Ernstlichkeit der Todesdrohung zu erwecken, wobei der Angeklagte diesbezüglich mit zumindest bedingtem Vorsatz handelte und darüber hinaus auch in der Absicht, das Opfer in Furcht und Unruhe zu versetzen. Wenngleich für die Beurteilung des objektiven Tatbestandes leg cit bedeutungslos (RIS-Justiz RS0092392), stärkt der Umstand, dass sich das Opfer ob der Drohung tatsächlich fürchtete, die Annahme, dass es sich nicht nur um eine milieubedingte Nötigung durch Drohung mit einer Körperverletzung handelte, nur noch. Eine Nötigung iSd §§ 105 f StGB stellt nach der Rsp des OGH ebenso wie eine gefährliche Drohung iSd § 107 StGB eine geeignete Tathandlungen iSd § 107b StGB dar, womit der Gewaltbegriff des § 107b Abs 2 StGB in die Nähe eines „vergeistigten Gewaltbegriffs“ rückt (12 Os 83/19a).

In Zusammenhalt mit dem Alter des Opfers (Beginn der Tathandlungen im Alter von fünf Jahren), seiner Abhängigkeit gegenüber dem ihm gegenüber fürsorgepflichtigen Angeklagten sowie der evidenten körperlichen Unterlegenheit des größtenteils unmündigen Minderjährigen dem volljährigen Angeklagten gegenüber kommt den im Schuldspruch dargestellten Tätlichkeiten und der Nötigung in einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Anlegung eines gemischt objektiv-individuellen Maßstabes auch jedenfalls die Eignung zu (vgl dazu Winkler aaO Rz 109 ff), das Opfer B***** M***** in seiner persönlichen Freiheit schwerwiegend zu beeinträchtigen, in einen Zustand permanenter oder häufig auftretender Angst vor weiteren Übergriffen zu versetzen und ihn zu zwingen, seine Lebensführung darauf einzustellen.

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen sind darüber hinaus sowohl das Erfordernis der Regelmäßigkeit bei einer sich sukzessive steigernden Dichte der Tathandlungen – welche zuletzt sogar mehrmals wöchentlich stattfanden – als auch die zeitliche Komponente des Tatbestandes des § 107b Abs 1 StGB („über eine längere Zeit hindurch“) aufgrund des fallkonkreten Tatzeitraums von knapp zehn Jahren – sowohl jeweils für sich genommen, als auch in einer vernetzenden Gesamtbetrachtung – ohne jeden Zweifel erfüllt ( Schwaighofer aaO Rz 26 und Winkler , SbgK § 107b, Rz 103 ff mwN).

Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Großteil des Tatzeitraums (konkret knapp neun Jahre), in dem der Angeklagte wiederholt und regelmäßig Gewalt gegen B***** M***** ausübte, vor Erreichen des 14. Lebensjahres des Opfers lag, ist schließlich auch davon auszugehen, dass die mehrfachen tatbestandlichen Handlungen iSd § 107b Abs 2 StGB bereits vor Erreichen des 14. Lebensjahres des Opfers einer fortgesetzten, also längere Zeit andauernden Gewaltausübung entsprachen (§ 107b Abs 3a Z 1 erster Fall, Abs 4 zweiter Fall StGB).

Nach den Feststellungen handelte der Angeklagte bei sämtlichen Tathandlungen sowohl mit dem für die jeweiligen Anknüpfungsdelikte erforderlichen deliktsspezifischen Vorsatz, als auch mit dem bedingten Vorsatz bzgl der Zahl und Regelmäßigkeit der Tathandlungen, der ein Jahr übersteigenden Dauer des Tatzeitraums vor Vollendung des 14. Lebensjahres sowie der Unmündigkeit des Opfers, als auch hinsichtlich der Eignung, das Opfer in seiner freien Lebensführung schwerwiegend zu beeinträchtigen. Hinsichlich des letztgenannten Tatbestandsmerkmals ist ausreichend, dass der Angeklagte die soziale Bedeutung seines Handelns zumindest iSe Parallelwertung in der Laiensphäre erfasst hat.

Allfällige Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich. Nach den Feststellungen war die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Angeklagten zu allen Tatzeitpunkten während des gesamten im Tenor zu Faktum II. angeführten Handlungszeitraums gegeben. Der Angeklagte war darüber hinaus auch in keinem schuldausschließenden Rechts- bzw. Verbotsirrtum iSd § 9 StGB verfangen. Diesbezüglich kann auf die bereits zu Faktum I. angestellten rechtlichen Erwägungen verwiesen werden.

Hinsichtlich der Anwendung des § 107b StGB idgF(BGBl I Nr. 105/2019) ist der Vollständigkeit halber auszuführen, dass ein aus mehreren Teilakten bestehendes, an sich aber einheitliches Tatgeschehen nach dem Recht zu beurteilen ist, das zur Zeit der Begehung des letzten Teilaktes in Geltung steht, was insbesondere auch für den Fall eines fortgesetzten Delikts gilt, das zu der Zeit (§ 67 Abs 1 StGB) begangen ist, zu welcher der letzte Teilakt gesetzt wurde (RIS-Justiz RS0091813). Kommt es also während der Tatausführung – wie im vorliegenden Fall – zu einer Rechtsänderung, gilt ausschließlich die neue Rechtslage. Ein Günstigkeitsvergleich ist nicht durchzuführen ( Schallmoser in Triffterer/Rosbaud/Hinterhofer , SbgKomm § 61 StGB Rz 34).

Der Angeklagte war daher des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3a Z 1 erster Fall, Abs 4 zweiter Fall StGB idgFfür schuldig zu erkennen.

Zur Strafe :

Gemäß § 28 Abs 1 StGB gilt beim Zusammentreffen strafbarer Handlungen das Absorptionsprinzip, nach dem auf eine einzige Freiheits- oder Geldstrafe zu erkennen ist, die nach dem Gesetz zu bestimmen ist, das die strengste Strafe androht ( Fabrizy , StGB 13 , § 28 Rz 4). Vorliegend ist daher nach dem ersten Strafsatz des § 107b Abs 4 StGB von einem Strafrahmen von fünf bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters iSd § 32 Abs 1 StGB, wobei die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte (§ 32 Abs 2 StGB).

Im allgemeinen ist die Strafe gemäß § 32 Abs 3 StGB umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können.

Im konkreten Fall war der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) sowie die teilweise (und lediglich marginale) tatsachengeständige Verantwortung (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) mildernd zu berücksichtigen.

Erschwerend wirkte demgegenüber das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie der jeweils selbst für ein Dauerdelikt lange Deliktszeitraum (sowohl hinsichtlich Faktum I. zum Nachteil des A***** M***** aufgrund der zumindest 12jährigen Dauer, als auch hinsichtlich Faktum II. aufgrund der 10 Jahre betragenden und somit die Qualifikationsgrenze des § 107 Abs 1, Abs 3a Z 1, Abs 4 zweiter Fall StGB von einem Jahr um ein Vielfaches übersteigenden Dauer der Gewaltanwendung zum Nachteil des B***** M*****). Des Weiteren war die vorsätzliche Begehung strafbarer Handlungen nach dem ersten und dritten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB durch einen Volljährigen jeweils gegen einen Minderjährigen (§ 33 Abs 2 Z 1 StGB), zu werten, wobei die Tatbegehung darüber hinaus je gegen einen Angehörigen (§ 33 Abs 2 Z 2 StGB) sowie teilweise unter Einsatz mit einer Waffe erfolgte (§ 33 Abs 2 Z 6 StGB – Faktum I., Faktum II.1, II.3).

Zu berücksichtigen ist zunächst nicht nur, dass die Erschwerungsgründe die Milderungsgründe fallkonkret beträchtlich überwiegen, sondern auch dass den teilweisen Zugeständnissen des Angeklagten nur geringes Gewicht beizumessen ist. So erfolgten diese lediglich aufgrund der erdrückenden Beweislage und offenkundig aus bloß taktischen Gründen im Hinblick auf die zu erwartende Haftstrafe. So ist bezeichnend, dass sich der Angeklagte gerade in jenen Teilbereichen geständig zeigte, wo er mit keinen oder nur geringeren Sanktionen zu rechnen gehabt hätte; so wenn er zunächst lediglich zugestand, seinen jüngsten Sohn zweimal geohrfeigt zu haben und schließlich einen einmaligen Faustschlag einräumte, jedoch die Verwendung der Hantel als Tatwaffe, als auch die bewusste Wucht des Schlags entschieden in Abrede stellt, dies ganz offensichtlich im (zumindest laienhaften) Bewusstsein um die höhere Strafdrohung bzw. den erhöhten Handlungsunwert. Sein Aussageverhalten verdeutlicht, dass er das Unrecht seiner Taten bislang weder ausreichend reflektiert, noch ein zumindest marginales Verständnis oder Bewusstsein für die Auswirkungen und die Schädlichkeit seines Handelns entwickelt hat.

Zudem dokumentieren seine Handlungen eindrücklich seine gleichgültige Haltung gegenüber der körperlichen Unversehrtheit anderer Personen sowie deren Recht auf ein Leben in Freiheit von Gewaltakten. Der soziale Störwert der vorliegenden Taten ist enorm. Darüber hinaus wiegt der Handlungs- und Gesinnungswert des Angeklagten hier besonders schwer. Dies zeigt schon seine Vorgehensweise, über Jahre hinweg seiner Fürsorge unterstehende und auf seinen Schutz angewiesene Minderjährige gerade in ihrem häuslichen und somit sozialen Rückzugs- und Schutzbereich psychisch als auch physisch zu misshandeln und teils zu verletzen, um seinem aggressiv-autoritären, sadistischen Persönlichkeitsanteil Befriedigung zu verschaffen. Wenngleich das erkennende Gericht nicht außer Acht lässt, dass der Angeklagte nach dem Tod seiner Ehegattin psychisch vorübergehend kurzfristig stark belastet und mit der Erziehung des minderjährigen B***** M***** samt Haushaltsführung nach dem Tod der Kindsmutter auf sich allein gestellt und damit auch überfordert war, konnte sich dies im Rahmen der allgemeinen Strafbemessung insofern nicht maßgeblich mildernd zugunsten des Angeklagten auswirken, als dieser nach den Feststellungen die inkriminierten Verhaltensweisen auch schon lange vor dem Tod seiner Gattin gegenüber seinem älteren Sohn in weitestgehend identer Weise an den Tag gelegt hatte. Darüber hinaus stehen auch die jüngsten und vehementesten Gewalttätigkeiten (Faktum II.3 und 4.) in keinerlei (zeitlichem) Zusammenhang mit dem Tod der Ehegattin und dessen psychischen Auswirkungen auf den Angeklagten.

Hervorzuheben ist schließlich noch, dass der Angeklagte – nachdem seine älteren Söhne die Volljährigkeit erreicht hatten und ausgezogen waren, aber noch vor dem Tod der Kindsmutter – sein gewalttätiges Verhalten gegenüber dem Nachzögling B***** M***** wiederaufnahm, hier also erneut die innere Hemmschwelle (auch gegenüber dem dritten Sohn) überschritt.

Beim Angeklagten bedarf es daher einer spürbaren Strafe, um ihm seine persönlichen Defizite und die Schwere seiner Straftaten vor Augen zu führen und um ihm mit Nachdruck zu signalisieren, dass sich ein mit den Werten der Gesellschaft verbundener Mensch nicht auf die ihm zuzuschreibende Art und Weise verhält.

Neben diesen spezialpräventiven Überlegungen kommt hinzu, dass der Gesetzgeber die besondere gesellschaftliche Ächtung von familiärer bzw häuslicher Gewalt jüngst durch die weiteren Strafverschärfungen bei Gewaltdelikten im Rahmen der Gewaltschutznovelle 2019 unmissverständlich zum Ausdruck brachte. Das bedeutet, dass neben den besonderen Strafzumessungsgründen fallkonkret insbesondere auch die Zwecke der Generalprävention bei der Bemessung des Strafmaßes besondere Beachtung finden müssen, und zwar im Hinblick auf die immer wieder vorkommenden Fälle von Gewalt gegen Kindern im familiären Nahbereich. Die erhöhte Sensibilität der rechtssuchenden Bevölkerung gegenüber Gewaltdelikten im familiären bzw häuslichen Bereich erfordert somit auch aus Gründen der Generalprävention eine strenge und schuldangemessene Sanktion, um der Bevölkerung vor Augen zu führen, dass Kindesmisshandlungen in der Gesellschaft nicht geduldet werden.

Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass auch aufgrund generalpräventiver Erwägungen das Maß des Schuldangemessenen weder über- noch unterschritten werden darf und die individuelle Schuld des Täters stets die äußerste Grenze der konkreten Strafzumessung markiert. Vor diesem Hintergrund erweist sich nach Abwägung der angeführten besonderen Strafzumessungsgründe, unter Berücksichtigung des konkreten (erheblichen) Schuld- und Unrechtsgehaltes der Taten, der Persönlichkeit des Angeklagten sowie weiters unter Berücksichtigung der Zwecke der Generalprävention eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Jahren als täter-, tat- und schuldangemessen.

Zum Adhäsionserkenntnis :

Der Zuspruch an den Privatbeteiligten B***** M*****, welcher sich mit einem Betrag in Höhe von EUR 3.000,-- aus dem Titel des Schmerzengeldes (§ 1325 ABGB) dem Strafverfahren anschloss, beruht dem Grunde nach auf der zitierten Gesetzesstelle und findet seine Deckung – abgesehen vom Anerkenntnis des Angeklagten – der Höhe nach bereits im Schuldspruch zu Faktum II.3. in Zusammenhalt mit den bezughabenden konstatierten Verletzungen und den festgestellten Schmerzperioden unter Berücksichtigung der gängigen zivilrechtlichen Spruchpraxis (§ 273 ZPO).

Zum Kostenersatz und zur Vorhaftanrechnung :

Die Verurteilung zum Kostenersatz ist gesetzliche Folge der Verurteilung und gründet sich ebenso wie die Vorhaftanrechnung auf die jeweils herangezogene Gesetzesstelle.

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