JudikaturLG Wels

22R164/18a – LG Wels Entscheidung

Entscheidung
18. Juli 2018

Kopf

Das Landesgericht Wels als Rekursgericht hat durch Dr. Pramendorfer als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter Dr. Hohensinner und Mag. Niedermayr in der Verlassenschaftssache nach A* B* C*, geb. **, iranischer Staatsbürger, verstorben am D*, zuletzt wohnhaft gewesen in E* Straße F*/G*, H* I*, über die Rekurse des erbl. Sohnes J* K* L*, **straße **, ** I*, vertreten durch die Oberndorfer Rechtsanwälte GmbH Co KG in 4600 Wels, und der erbl. Tochter M* C*, **, H* I*, vertreten durch Dr. Paul Fuchs, Rechtsanwalt in 4600 Thalheim bei Wels, sowie den Kostenrekurs der erbl. Witwe N* O* P* C*, E*straße F*/Q*/G*, H* I*, sowie des erbl. Sohnes R* C*, **, **, Belgien, und der erbl. Tochter S* C*, E*straße F*/Q*/G*, H* I*, alle vertreten durch Dr. Johannes Kirschner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 7. März 2018, 1 A 313/13y – 156, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

1) Dem Rekurs der erbl. Tochter M* C* und des erbl. Sohnes J* C* gegen den Punkt 2. des angefochtenen Beschlusses wird dahin Folge gegeben, dass der angesprochene Beschlusspunkt im Sinne einer Aufnahme des auf den Verstorbenen identifizierten Losungswort-Sparbuchs der T* I* reg. Gen.m.b.H, Nr. 30.590.251, Bezeichnung A*, mit einem Einlagestand zum Todeszeitpunkt (13. Dezember 2013, 3:30 Uhr) von Euro 101.024,51 in das Inventar abgeändert wird.

Die Rekurswerber haben die Kosten ihrer Rekurse (in Bezug auf diesen Beschlusspunkt) selbst zu tragen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt Euro 30.000,00.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

2) Dem Rekurs des erbl. Sohne J* C* gegen den Punkt 1. des angefochtenen Beschlusses wird dahin Folge gegeben, dass die Entscheidung über das Erbrecht ( Punkte 1. und 3. der angefochtenen Entscheidung) zu lauten haben: „Die Verlassenschaft nach A* B* C* wird nach Maßgabe der Anerkennung des ungültig errichteten Testaments durch den Sohn R* sowie die Tochter S* C* und die Witwe P* C* sowie dessen Nichtanerkennung durch den Sohn J* und die Tochter M* C* den Erben wie folgt eingeantwortet:

Bewegliches Vermögen: Unbewegliches Vermögen:

J* C* 42/144 6/18

R* C* 28/144 4/18

S* C* 14/144 2/18

M* C* 21/144 3/18

P* N* O* C* 39/144 3/18

Die Witwe P* C* ist schuldig, dem erbl. Sohn J* C* die mit Euro 4.471,21 (darin enthalten Euro 1.292,60 Barauslagen und Euro 529,77 USt) und der erbl. Tochter M* C* die mit Euro 3.020,98 (darin enthalten Euro 23,10 Barauslagen und Euro 499,64 USt) bestimmten Verfahrenskosten binnen vierzehn Tagen jeweils zu Handen ihrer Vertreter zu ersetzen.“ Die erblasserische Tochter M* C* und die Witwe P* C* sind schuldig, dem erbl. Sohn J* C* die mit Euro 249,98 (darin enthalten Euro 41,66) je zur Hälfte, das heißt je mit dem Betrag von Euro 124,99 binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt Euro 30.000,00.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

3) Mit ihrem Kostenrekurs werden die Witwe P* C* sowie der Sohn R* C* und die Tochter S* C* auf die obige Entscheidung verwiesen.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der iranische Staatsbürger A* B* C*, der ca. seit 2006 in I* gelebt hat, ist am D* in I* verstorben. Er hinterlässt seine Ehefrau U* V* P*, die volljährigen Söhne J* W* und R* C* sowie die Töchter M* und S* C*. Der Gerichtskommissär errichtete am 15.1.2014 die Todesfallaufnahme und am 28.1.2014 das Übernahmeprotokoll betreffend ein Testament in persischer Sprache, datiert mit 12.12.2013, welches ihm von der erblasserischen Tochter S* übergeben worden war. Es handelt sich dabei um ein fremdhändig geschriebenes Testament in persischer Sprache, geschrieben von der erbl. Tochter S*, unterschrieben vom Erblasser und mitunterfertigt von drei Zeugen im ** I*. Nach der Übersetzung des Diplomdolmetschers Dr. X* vom 28.1.2014 erklärte der Erblasser, dass er in körperlich-geistig vollkommen gesundem Zustand seinen Besitz und sein Vermögen zur Gänze (eine Wohnung in der ** I*, E*straße F*/Q*/G*, sowie die Einlage in Bankkonto als auch eine Wohnanlage in der Stadt Y*, ** (**), **. G*, **, **, wie auch die Gärten und Vermögen in den Bankkonten) seiner Gattin Frau Z* N* V* überlasse. Gegenüber dem Gerichtskommissär haben sowohl die Witwe als auch alle Kinder jeweils die bedingte Erbantrittserklärung abgegeben, wobei sich die Kinder auf das Gesetz und die Witwe sich auf das nur sie bedenkende Testament berufen haben. Eine Bewertung des Erbrechts erfolgte in keinem Fall. Nach seinem Bericht vom 2.7.2014 hat der Gerichtskommissär infolge der unterschiedlichen Erbantrittserklärungen am 2.7.2014 einen Termin abgehalten und versucht, auf eine Anerkennung des Erbrechts zwischen den Parteien hinzuwirken. Nachdem dieser Versuch nicht erfolgreich war, legte der Gerichtskommissär den Akt dem Verlassenschaftsgericht zur Entscheidung über das Erbrecht der Erbansprecher vor. Dass es beim Termin beim Gerichtskommissär zu einer Bewertung des jeweils beanspruchten Erbrechts gekommen wäre, ist nicht ersichtlich.

Bereits mit Schriftsatz vom 21.1.2014 (ON 4) beantragte der erblasserische Sohn J* neben der Bestellung eines Verlassenschaftskurators die Inventarisierung der Verlassenschaft mit der Begründung, es habe sich ergeben, dass kurz vor dem Ableben seines Vaters durch angebliche Rechtsgeschäfte der Nachlass verkürzt worden sei. Um Klarheit über die Vermögenslage des Nachlasses zu gewinnen, beantrage er daher gemäß § 165 Abs. 1 Z. 6 AußStrG die Errichtung eines Inventars.

Nach Übermittlung des Aktes an das Verlassenschaftsgericht beraumte die Erstrichterin für den 2.2.2015 eine Tagsatzung mit dem Thema „Strittige Erbserklärungen“ an. Bei dieser Tagsatzung waren Dr. BA* für die Witwe und die erbl. Kinder anwesend. Es wurde in dieser im Wesentlichen über ein Sparbuch mit einem Einlagestand von rund Euro 100.000,00, über die Wohnung in der E* Straße in I* und darüber diskutiert, ob österreichisches Recht oder iranisches Recht zur Anwendung komme, wobei der Vertreter der Witwe die Ansicht vertrat, österreichisches Recht komme zur Anwendung, weil die Bestimmungen des iranischen Rechts dem ordre public zuwiderlaufen würden, sei die Witwe doch nach diesen Vorschriften vom Erbrecht betreffend unbewegliches Vermögen ausgeschlossen. Komme allerdings iranisches Recht zur Anwendung und sei das Testament nach diesem gültig, dann sei die Witwe Universalerbin und ihre Ansprüche seien dann auch in Österreich andere. Der Vertreter des Sohnes J* brachte vor, es sei die Gesamtsituation zu beleuchten und das iranische Recht verstoße nicht gegen den ordre public, zumal die Regelung, dass die männlichen Nachkommen mehr erben als die weiblichen darin begründet sei, dass die Witwe auch nur gegenüber den Söhnen einen Unterhaltsanspruch habe. Auch bei Anwendung österreichischen Rechts komme man zu einer Ungültigkeit des Testaments, weil dieses vom Erblasser nicht unterschrieben worden sei, dieser vielmehr nur ein Handzeichen beigesetzt habe. Auch habe der Erblasser nicht mehr lesen können und das Testament sei ihm von der Tochter S* vorgelesen worden, die gleichzeitig als Schreiberin des Testaments fungiert habe.

Mit Schriftsatz vom 28.9.2015 legte der Vertreter der Witwe die Abschrift einer Klage an das allgemeine Gericht für Zivilrechtssachen in Y* vor, mit der um Vollstreckung der Inhalte des Testaments gemäß den Gesetzen der Islamischen Republik Iran und die Verurteilung der Beklagten (erbl. Kinder), weil diese nichts unternehmen, damit die Inhalte des Testaments umgesetzt werden, beantragt wurde. Am 23.2.2016 übermittelte der Vertreter der Witwe eine Übersetzung einer Entscheidung des Gremiums zur Schlichtung der Meinungsunterschiede vom 17.10.2014, mit der dieses Gremium nach Überprüfung der Angaben und Erledigung der erforderlichen gesetzlichen Formalitäten bestätigt, dass die Erben im Augenblick des Todes des A* K* BB* aus der Witwe und den vier Kindern bestanden und der Verstorbene keine anderen Erben hatte. Die Anteile der Erben aus der Verlassenschaft bestehen gemäß §§ 913 und 945 des Zivilrechtsgesetzes aus 1/8 der beweglichen und 1/8 des Werts der unbeweglichen Güter, ob unbebaut oder bebaut, für die Ehefrau und aus dem Rest für die anderen, wobei die Anteile der männlichen Erben gemäß dem § 917 des Zivilrechtsgesetzes doppelt so hoch sind wie die der weiblichen Erben. Die gesetzliche Gültigkeit dieser Bestätigung ist unbegrenzt, bezogen auf den Wert der Verlassenschaft. Der Beschluss des Gremiums kann gemäß § 31 des Gesetzes für Gremien zur Schlichtung der Meinungsunterschiede innerhalb von 20 Tagen ab Zustellung bei allgemeinen Zivilrechtsgerichten im Distrikt Teheran angefochten werden. Weiters legte er ein Urteil der Abteilung 28 des allgemeinen Gerichts für Zivilrechtssachen des Justizareals ** Y* vom 21.11.2015 vor, welches nach der vorgelegten Übersetzung folgenden Inhalt aufweist: „Im Hinblick auf die Klage von Frau P* N* O* gegen Herren und Frauen 1. R*, 2. J*, 3. M*, 4. S*, alle mit Familiennamen K* BC*, als Erben des verstorbenen A* K* BC*, wegen Erlassen eines Urteils zur Wirksamkeit des normalen Testaments des verstorbenen Erblassers der Streitparteien, in dem er sein gesamtes Vermögen der klagenden Partei testierte, (und) in Bezug auf den behaupteten Inhalt des Testaments unter Berücksichtigung der Bestätigung der iranischen Botschaft in Österreich und deren offizieller Übersetzung sowie des Bekenntnisses und der Angaben der beklagten Parteien – ausgenommen den zweiten Beklagten, Herrn J* K* BC*, – zur Richtigkeit (des Testaments), Echtheit (des Testaments) und zur Annahme (des Testaments) bis zu einem Drittel des Nachlasses ist das behauptete Testament wirksam und gültig. Laut §§ 256 und 259 des Gesetzes für Außerstreitsachen wird das Urteil zur Wirksamkeit und zur Bestätigung des Testaments des verstorbenen A* K* BC* bis zu einem Drittel des Nachlasses zu Gunsten der klagenden Partei Frau P* N* O* erlassen und verkündet. In Bezug auf die zweite beklagte Partei wurde ein Versäumungsurteil gefällt und dagegen kann bei diesem Gericht ein Widerspruch erhoben werden; und betreffend die anderen beklagten Parteien ist wegen ihrer Anwesenheit in beiden Teilen eine Berufung bei den Berufungsgerichten der ** Y* zulässig.

Im weiteren Verfahren haben die Tochter S* und der Sohn R* im Wesentlichen dahin argumentiert, sie würden das Testament – auch wenn es nicht rechtsgültig errichtet worden sei – anerkennen und sie würden auch das iranische Recht und die iranischen Gerichtsentscheidungen akzeptieren. Sowohl die Tochter S* als auch der Sohn R* erklärten, die iranischen Bestimmungen, wonach die Söhne das Doppelte von den Töchtern bekämen, sollten dem Verlassenschaftsverfahren zugrunde gelegt werden.

Hingegen vertrat die Tochter M* den Standpunkt, das Testament sei ungültig und von ihr auch nicht anerkannt worden. Ihr sei die Ladung zur entsprechenden Verhandlung nicht zugekommen. Zudem seien die Bestimmungen des iranischen Erbrechts ordre public widrig, weil die Töchter benachteiligt seien. Sie sei österreichische Staatsbürgerin und auch die Eltern würden sich seit Jahren in Österreich aufhalten und hätten sich der österreichischen Rechtsordnung unterworfen.

Der Sohn J* wiederum hielt während des gesamten Verfahrens seinen Standpunkt aufrecht, das Testament sei ungültig und von ihm auch nicht anerkannt worden und die Bestimmungen des iranischen Erbrechts würden nicht gegen den ordre public verstoßen, weil die männlichen Verwandten nicht nur mehr erben würden, sondern auf der anderen Seite auch nur sie zum Unterhalt gegenüber bedürftigen Verwandten verpflichtet seien.

Die Witwe schließlich stützte sich bis zum Ende des Verfahrens auf die letztwillige Verfügung und vertrat ebenfalls die Ansicht, die iranischen Erbrechtsbestimmungen seien ordre public widrig. Sie habe sich der österreichischen Rechtsordnung unterworfen und fühle sich dieser verbunden. Sie sei daher Universalerbin in Bezug auf den gesamten Nachlass.

Im Sinne der Rekursentscheidung im ersten Rechtsgang errichtete der Gerichtskommissär nach einem entsprechenden Auftrag seitens des Erstgerichts vom 6. März 2017 und Aufforderung der Verlassenschaftsgläubiger zur Anmeldung allfälliger Forderungen mit Edikt folgendes Inventar: A) Aktiva: 1) Forderungen, Wertpapiere, Einlagebücher: a) Girokonto Nr. 526.350 lautend auf A* C* bei der T* I* mit einem Guthabensstand von Euro 1.049,60 und b) allfälliges Guthaben beim BD* I* …. Euro 0,00. Summe der Aktiva daher Euro 1.049,60. B) Passiva: 1) Schulden: Prozesskosten Landesgericht Wels zu 5 Cg 67/13x in Höhe von Euro 7.243,20 und 2) Todfallskosten: Begräbniskosten samt Barauslagen von Euro 8.103,56. Summe der Passiva daher Euro 15.346,76. Ergibt eine Überschuldung von Euro -14.297,16.

Der Sohn J* beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 10. Mai 2017, gemäß § 166 Abs. 2 Außerstreitgesetz zu entscheiden, dass das auf den Erblasser lautende Sparbuch mit der Kontonummer ** (BLZ **) in das Inventar aufgenommen werde. Dieses Losungswortsparbuch habe sich am Todestag im Besitz des Verstorbenen befunden. Es sei gemäß § 40 Abs. 1 BWG auf den Verstorbenen identifiziert gewesen. Bei der Behauptung der Witwe, das Sparbuch sei vor dem Tod verschenkt worden, handle es sich um eine bloße unbescheinigte Behauptung. Auch die Tochter M* stellte einen Antrag auf Berichtigung des Inventars dahingehend, dass unter die Aktiva auch das genannte Sparbuch mit einem Einlagestand von rund Euro 101.000,00 aufgenommen werde. Keinesfalls sei eine behauptete Schenkung an die Witwe durch unbedenkliche Urkunden nachgewiesen worden.

Die Witwe sprach sich mit Schriftsatz vom 3. Juli 2017 gegen eine Aufnahme des genannten Sparbuchs in das Inventar auf. Die Bestimmung des § 166 Abs. 2 AußStrG beziehe sich nur auf Sachen und Gegenstände, die sich zum Zeitpunkt des Todes im Besitz des Verstorbenen befunden haben. Das genannte Sparbuch sei allerdings zum Zeitpunkt des Todes nicht im Besitz des Erblassers gewesen und daher nicht zu inventarisieren. Die Verfügungsgewalt über das Sparbuch habe zum Todeszeitpunkt die Witwe gehabt, nachdem es ihr vom Ehegatten vor seinem Tod übereignet worden sei.

Weitere Anträge zum Inventar wurden nicht gestellt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht zu Punkt 1) die Verlassenschaft nach A* B* BE* den Erben eingeantwortet, und zwar dem Sohn J* zu 3/16 des beweglichen und 3/16 des unbeweglichen Vermögens, dem Sohn R* zu 18/144 des beweglichen und 2/16 des unbeweglichen Vermögens, der Tochter S* zu 18/144 des beweglichen und 2/16 des unbeweglichen Vermögens, der Tochter M* zu 27/144 des beweglichen und 3/16 des unbeweglichen Vermögens sowie der Witwe zu 54/144 des beweglichen und 6/16 des unbeweglichen Vermögens. Unter Punkt 2) hat das Erstgericht sämtliche Anträge auf Abänderung der Inventarisierung abgewiesen und unter Punkt 3) die Witwe P* C*, den Sohn R* C* und die Tochter S* C* schuldig erkannt, dem Sohn J* C* die mit Euro 4.471,21 und der Tochter M* C* die mit Euro 3.020,98 bestimmten Kosten binnen zwei Wochen an die Vertreter Dr. Oberndorfer und Dr. Fuchs zu zahlen. Dieser Entscheidung legte das Erstgericht folgenden für die Entscheidung über das Erbrecht bzw. die in das Inventar aufzunehmenden Gegenstände wesentlichen Sachverhalt zugrunde: Der Erblasser kam etwa im Jahr 2006 gemeinsam mit der nunmehrigen Witwe nach Österreich. Seither lebte er – mit Ausnahme der letzten Tage vor seinem Tod, die er im Krankenhaus verbrachte – mit seiner Frau in der Eigentumswohnung E* der Straße F*/Q*/G* in I*, die sich im grundbücherlichen Eigentum des Sohnes J* befindet. Dieser lebt seit ca. 1995 in Österreich, der Sohn R* seit ca. 30 Jahren in Belgien. Die Tochter M* kam schon vor 2006 nach Österreich, die Tochter S* ca. 2005. Diese lebte von 2006-2011 gemeinsam mit den Eltern in der oben genannten Wohnung, ehe sie sich im selben Haus eine eigene Wohnung kaufte. Es war dem Erblasser wichtig, in Österreich Vermögen und Eigentum zu besitzen. Der Kauf der Eigentumswohnung wurde durch ihn finanziert, allerdings der Sohn als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, weil der Erblasser noch nicht ausreichend lange in Österreich aufhältig gewesen war. Spätere Versuche des Erblassers bzw. der Witwe, in Form eines Schenkungsvertrags Eigentümer der Wohnung zu werden, scheiterten.

Bereits zwei Monate bevor der Erblasser im Dezember 2013 aufgrund von Herzproblemen im ** I* stationär aufgenommen wurde, hat er seinen Pkw der Tochter S* geschenkt. Weiters schenkte er ihr im März 2011 Euro 102.000,00 zum Ankauf ihrer Eigentumswohnung.

Das Sparbuch bei der T* I* mit der Nr. 30.590.251 hat der Erblasser zu Lebzeiten an die Witwe übergeben. Sie wurde insoweit auch verfügungsberechtigt, als sie bereits am Todestag Euro 10.000,00 behob. Bereits vor dem Tod des Erblassers und auch danach hatte sie die Verfügungsgewalt über das Sparbuch.

In rechtlicher Hinsicht bezog sich die Erstrichterin im Wesentlichen auf das eingeholte Rechtsgutachten von Dr. BF*, LL.M. und führte aus, die Erben R*, S* und P* C* hätten sich der iranischen Rechtsordnung unterworfen und auch vor dem iranischen Gericht bereits eine Erklärung dahingehend abgegeben, sie würden das „Testament“, welches nicht formgültig errichtet sei, anerkennen, und zwar dahingehend, dass nach iranischen Recht nur über ein Drittel testamentarisch verfügt werden könne. Der Sohn J* und die Tochter M* hingegen hätten das (formungültige) Testament ausdrücklich nicht anerkannt. Gegenüber den Erben S*, R* und P* sei die Formunwirksamkeit geheilt und es trete die Erbfolge in der Form ein, dass testamentarisch nur über ein Drittel verfügt werden könne.

Das iranische Recht unterscheidet zur Bestimmung der Erbteile zwischen denjenigen Erben, denen ein fester Teil des Nachlasses zugesprochen werde (Quotenerben) und denjenigen, die nach Befriedigung der Quotenerben den verbleibenden Nachlass erhalten (Resterben). Die Quote der Ehefrau betrage bei Vorhandensein von Nachkommen ein Achtel des Nachlasses, während dem überlebenden Ehemann ein Viertel zustünde. In Bezug auf das unbewegliche Vermögen habe die Witwe keine Erbenstellung. Sie erbe daher nur ein Achtel des beweglichen Nachlasses und die Kinder erben den Rest, wobei den Söhnen doppelt so viel zukomme wie den Töchtern. Das unbewegliche Vermögen werde unter den Kindern ebenfalls im Verhältnis eins zu zwei für die Söhne aufgeteilt. Hinsichtlich des unbeweglichen Vermögens habe die Witwe lediglich einen schuldrechtlichen Wertausgleichsanspruch in der Höhe ihrer Quote (von einem Achtel gegenüber den Kindern).

Nach der letztwilligen Verfügung werde jedenfalls ein Drittel des Nachlasses der Ehefrau vermacht und sie sei diesbezüglich wie ein Erbe zu behandeln. Das bedeute, dass ein Drittel der jeweiligen Erbteile der das Testament anerkennenden Erben auf die Witwe übergehe. Durch die Urkunde (Urteil des iranischen Gericht) sei ersichtlich, dass S*, R* und M* (?) diesem Wertausgleich zugestimmt hätten, während J* und M* (?) der testamentarischen Verfügung keine Zustimmung erteilt hätten. Diesen stehe somit ihr voller Erbteil zu.

Gemäß Art. 10 Abs. 3 S 1 Freundschaftsvertrag des Iran könne jede Vertragsschließende Partei von der Anwendung ausländischen Rechts nur in Ausnahmefällen und lediglich insoweit abweichen, als dies einer allgemeinen auch allen anderen ausländischen Staaten gegenüber gepflogenen Übung entspreche. Die Bestimmung gebe somit den Weg frei zur Anwendung des allgemeinen ordre-public Vorbehalts. Die Anwendung iranischen Rechts könne daher ausgeschlossen werden, wenn die Voraussetzungen des Art. 6 IPRG vorliegen. Nach dieser eng auszulegenden Vorbehaltsklausel sei eine ausländische anwendbare Norm nicht heranzuziehen, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar sei. Zudem müsse für das Eingreifen der ordre-public Klausel ein hinreichender Inlandsbezug bestehen. Ein solcher sei gegeben, zumal der Erblasser seit vielen Jahren in Österreich wohnhaft gewesen sei und sich sowohl der österreichischen Rechtsordnung wie auch den Gepflogenheiten des österreichischen Rechts unterworfen habe. Er habe die wirtschaftlichen Gegebenheiten angenommen und auch in Österreich viele Geschäfte geschlossen, auch wenn er iranischer Staatsbürger geblieben sei. Auch die Erben hätten sich der österreichischen Rechtsordnung unterworfen. Die soziale Einbindung und die Etablierung des Lebensmittelpunkts habe sich für sämtliche Verfahrensbeteiligten in Österreich befunden. Die geringeren Erbquoten der weiblichen Erben und die „Andersbehandlung“ der Witwe in Bezug auf das unbewegliche Vermögen seien daher im Lichte des Art. 7 Abs. 1 BVG zu sehen. Sowohl die Ungleichbehandlung der Witwe als auch jene der Töchter stelle jedenfalls eine Diskriminierung im Sinne dieser Bestimmung dar. Es sei daher von ordre-public Widrigkeit auszugehen und es komme der Punkt 2.3 des Rechtsgutachtens zum Tragen, wobei die Tochter M* und der Sohn J* 27/144 und 3/16 mangels Anerkennung des Testaments bekämen. R*, S* und M* seien gleichzusetzen, wie auch die Witwe den Söhnen und Töchtern gleichzusetzen sei und es sei daher ein Drittel für die Witwe abzuziehen, sodass R* vom beweglichen Vermögen 18/144 erbe, ebenso S*. Die Witwe erhalte aufgrund der letztwilligen Verfügung, die R* und S* anerkannt hätten, bei einer ordre-public Widrigkeit aus dem beweglichen Vermögen 54/144.

Beim unbeweglichen Vermögen bestehe für R* ein Anteil von 2/16, ebenfalls für S*. Die Witwe erhalte aus dem unbeweglichen Vermögen 6/16. Ein weiterer Wertausgleichsanspruch entfalle dadurch natürlich.

Die Kosten seien nach dem Zweifelsstreitwert zu bestimmen gewesen, zumal keine Bewertung vorgenommen worden sei. Die Kosten seien nach dem Obsiegen zuzusprechen, allerdings der Höhe nach zu korrigieren gewesen.

Die Verlassenschaft sei gemäß § 166 AußStrG inventarisiert worden. Gemäß § 166 Abs. 2 AußStrG habe das Gericht darüber zu entscheiden, wenn die Inventarisierung bestritten werde, ob eine Sache in das Inventar aufzunehmen oder auszuscheiden sei. Habe sich die Sache zuletzt im Besitz des Verstorbenen befunden, so sei sie nur dann auszuscheiden, wenn durch unbedenkliche Urkunden bewiesen werde, dass sie nicht zum Verlassenschaftsvermögen zähle. Weder das strittige Sparbuch habe sich zum Todeszeitpunkt im Besitz des Erblassers befunden, noch die Eigentumswohnung, weshalb beide Vermögenswerte nicht in das Inventar aufzunehmen gewesen seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Sohnes J*, mit dem er eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin anstrebt, dass 1) das Erbrecht der Verfahrensparteien in Bezug auf das bewegliche und das unbewegliche Vermögen wie folgt festgestellt werde: Mehrdad 42/144 bzw. 6/18, Farhad 28/144 bzw. 4/18, S* und M* je 14/144 bzw. 2/18, Witwe 46/144 bzw. 4/18 und 2) das Sparbuch der T* I* mit der Nr. 30.590.251, BLZ **, mit einem Einlagestand von Euro 101.000,00 in das Inventar aufgenommen werde.

Soweit sich dieser Rekurs gegen die Entscheidung über das Erbrecht richtet, erstattete die Tochter M* dazu eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Rechtsmittel in diesem Umfang nicht Folge zu geben.

Die Tochter M* ihrerseits erhob Rekurs gegen den Punkt 2) des Beschlusses und beantragt, der Entscheidung in diesem Umfang dahin abzuändern, dass das genannte Sparbuch mit einem Einlagestand von Euro 101.000,00 ebenso in das Inventar aufgenommen werde, wie ein Rückforderungsanspruch über Euro 60.000,00 gegenüber dem Sohn BG*, ein Pkw, als auch ein Rückforderungsanspruch über Euro 102.000,00 gegenüber der Tochter S*.

Rekursbeantwortungen dazu wurden nicht erstattet.

Schließlich erstatteten der Sohn R*, die Tochter S* und die Witwe einen Kostenrekurs, mit dem sie eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Kostenpunkt dahin anstreben, dass ausgesprochen werde, jede Partei habe ihre Kosten selbst zu tragen.

Dazu erstattete die Tochter M* eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Zum Rekurs des Sohnes J* und der Tochter M* gegen die Abweisung ihrer Anträge, das Sparbuch in das Inventar aufzunehmen:

Der Rekurs des Sohnes J* ist zur Gänze, jener der Tochter M* zum Teil berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 165 Abs. 1 Z. 1 AußStrG ist ein Inventar zu errichten, wenn eine bedingte Erbantrittserklärung abgegeben wurde. Hier haben alle Erben bedingte Erbantrittserklärungen abgegeben, sodass jedenfalls ein Inventar zu errichten war. Die Errichtung des Inventars gemäß § 166 Abs. 1 Außerstreitgesetz erfolgt immer durch den Gerichtskommissär. Eine Mitwirkung des Gerichts ist nur im Fall des Abs. 2 vorgesehenen (Grün in Rechberger, Außerstreitgesetz ² § 166 Rz 2). Das Inventar dient als vollständiges Verzeichnis der Verlassenschaft (§ 531 ABGB), nämlich aller körperlichen Sachen und aller vererblichen Rechte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen und ihres Wertes im Zeitpunkt des Todes. Es schafft als öffentliche Urkunde (§ 292 Abs. 1 ZPO) den Anschein der Nachlasszugehörigkeit der aufgenommenen Positionen, es dient Erben und Pflichtteilsberechtigten als Orientierungshilfe und Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils. Das Inventar ist für das Verlassenschaftsverfahren mit der gewählten Bewertung jedenfalls bindend, entfaltet darüber hinaus aber keine Entscheidungs- oder auch nur Bestätigungsfunktion, sondern ist nur „Richtschnur“ für die Beteiligten und „Sachverhaltsgrundlage für eine einvernehmliche Aufteilung“ (Grün aaO Rz 3 und 4 mwN). Wird die Behauptung bestritten, dass eine Sache zum Verlassenschaftsvermögen zählt, so hat gemäß § 166 Abs. 2 AußStrG das Gericht darüber zu entscheiden, ob diese Sache in das Inventar aufgenommen bzw. ausgeschieden wird. Befand sich die Sache zuletzt im Besitz des Verstorbenen, so ist sie nur dann auszuscheiden, wenn durch unbedenkliche Urkunden bewiesen wird, dass sie nicht zum Verlassenschaftsvermögen zählt. Es hat also das Gericht darüber zu entscheiden, ob eine Sache in das Inventar aufgenommen wird, wenn die Zugehörigkeit zum Nachlassvermögen bestritten wird. Maßgeblich sind in erster Linie die Besitzverhältnisse am Todestag (Grün aaO Rz 6). Die Bestimmungen des ABGB über den Besitz sind anzuwenden. Unter „Besitz“ ist daher nur der Sach- oder Rechtsbesitz, nicht auch die Innehabung zu verstehen (6 Ob 213/09f ; RIS-Justiz RS0007809). Sachen die sich zwar in Händen dritter Personen, aber im Eigentum des Verstorbenen befunden haben, sind jedenfalls in das Inventar aufzunehmen (6 Ob 213/09f). Der Besitz des Erblassers ist nur eines von mehreren Indizien für die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstands zum Nachlassvermögen. Die Aufnahme in das Inventar soll daher nach § 166 Abs. 2 AußStrG auch in anderen Fällen möglich sein, in denen die Nachlasszugehörigkeit ebenso klar ist, wie in dem durch den Besitz offenkundig gewordenen Fall. Unzweifelhaft sind all jene Vermögenswerte zu inventarisieren, die sich im Besitz des Erblassers befunden haben. Sparbücher, Wertpapiere und Konten, die auf den Erblasser lauten (Mitzeichnungsberechtigung reicht nicht aus), sind in das Inventar aufzunehmen; dies gilt auch dann, wenn ein weiterer Mitbesitzer zu diesen Vermögenswerten geführt wird (Spruzina in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 166 Rz 6, 9 und 14).

§ 166 Abs. 2 Satz 2 AußStrG stellt die Vermutung auf, dass eine Sache zum Verlassenschaftsvermögen gehört, wenn sie sich zuletzt im Besitz des Verstorbenen befand. Sie ist in diesem Fall nur dann aus dem Inventar auszuscheiden, wenn durch unbedenkliche Urkunden bewiesen wird, dass sie nicht zur Verlassenschaft gehört. Bei Sparbucheinlagen, deren Guthabensstand mindestens Euro 15.000,00 beträgt oder die auf den Namen des identifizierten Kunden lauten, darf das Kreditinstitut nach § 32 Abs. 4 Z. 2 BWG nur an den gemäß den Bestimmungen des FM-GWG (früher § 40 BWG) identifizierten Kunden ausbezahlen. Solche Forderungen werden durch Abtretung der verbrieften Forderung und nicht durch Übergabe des Wertpapiers nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragen (RIS-Justiz RS0010938; 2 Ob 64/17a). Die ganz überwiegende Lehre geht davon aus, dass Sparbücher, die auf den Erblasser lauten, unabhängig davon, wo sich das Sparbuch im Zeitpunkt des Todes des Erblassers befindet, in das Inventar aufzunehmen sind. Dies entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers, der in den Materialien zu § 166 AußStrG 2005 (RV 224 der Beilagen XXII. GP 108 f) darauf verweist, dass bei der Inventarisierung nicht darüber entschieden wird, ob eine Sache zum Verlassenschaftsvermögen gehört, sondern nur darüber, ob sie in das Inventar aufgenommen bzw. aus diesem ausgeschieden wird. Der Besitz des Erblassers ist dafür aber nur eines von mehreren Indizien. Die Aufnahme in das Inventar soll daher auch in anderen Fällen möglich sein, in denen die Nachlasszugehörigkeit ebenso klar ist wie in den durch den Besitz indizierten Fällen (vgl 2 Ob 95/17k NZ 2017/142 [Schumacher] = EF-Z 2017/146 [Tschugguel]; 2 Ob 64/17a). Die Identifizierung des Verstorbenen beim Bankinstitut ist aber ein ebenso starkes Indiz für seine Berechtigung in Bezug auf eine Spareinlage, wie in sonstigen Fällen sein Besitz. Auf den Besitz (der Sparurkunde) kommt es in diesem Fall nicht an. Auch für solche, durch ein anderes Indiz als den Besitz dem Nachlass zuordenbare Sachen gilt aber die Intention des Gesetzgebers gleichermaßen, die Abhandlung nicht durch allzu komplizierte Eigentumsfragen zu verzögern. Auch in diesen Fällen ist daher § 166 Abs. 2 AußStrG anzuwenden (vgl auch 6 Ob 5/13y). Die Witwe konnte im hier zu beurteilenden Fall nicht urkundlich im Sinn des § 166 Abs. 2 Satz 2 AußStrG nachweisen, dass ihr die im Sparbuch verbriefte Forderung vom Erblasser wirksam übertragen worden wäre, weshalb diese in das Inventar aufzunehmen ist (2 Ob 64/17a).

Anträge, auch andere Sachen oder Rechte in das Inventar aufzunehmen, wurden nach Errichtung des Inventars (durch den Gerichtskommissär) nicht gestellt. Insofern gab es für das Erstgericht keine Grundlage, einen Rückforderungsanspruch gegenüber dem Sohn J* von Euro 60.000,00 und einen solchen von Euro 102.000,00 gegenüber der Tochter S* oder einen Pkw in das Inventar aufzunehmen. Forderungen wären darüberhinaus nur dann in das Inventar aufzunehmen, wenn ihr Bestand bescheinigt ist (Spruzina aaO Rz 20), wovon hier keinesfalls ausgegangen werden kann.

In Bezug auf die Inventarisierung war also dem Rekurs des Sohnes J* vollinhaltlich und dem der Tochter M* teilweise Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Sparbuch mit einem Einlagestand von Euro 101.000,00 in das Inventar aufgenommen wird.

Nachdem gemäß § 185 AußStrG im Verlassenschaftsverfahren – außer im Verfahren über das Erbrecht – kein Ersatz von Vertretungskosten stattfindet, haben die Rekurswerber die Kosten ihrer Rechtsmittel gegen die Abweisung ihrer Anträge auf Abänderung der Inventarisierung jeweils selbst zu tragen.

Ausgehend vom Guthabensstand auf dem Sparbuch zum Todeszeitpunkt war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands Euro 30.000,00 übersteigt.

Weil sich die Entscheidung an der herrschenden aktuellen Judikatur des Höchstgerichts orientiert, war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

Zum Rekurs des Sohnes J* gegen die Entscheidung über das Erbrecht:

Der Rekurs ist weitgehend berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass nunmehr im Vergleich zum Inventar, das nur Aktiva im Betrag von Euro 1.049,60 ausgewiesen hat, der Wert der Aktiven der Verlassenschaft Euro 5000,00 übersteigt, sodass gemäß § 162 AußStrG Anwaltspflicht besteht, nunmehr aber ohnehin alle beteiligten Erben - wie aus dem Kopf der Entscheidung ersichtlich – durch Anwälte vertreten sind.

Wie bereits in der Rekursentscheidung im ersten Rechtsgang dargelegt wurde und auch als Ergebnis dem Rechtsgutachten zu entnehmen ist, kommt der Freundschafts- und Niederlassungsvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Kaiserreich Iran (BGBl. Nr. 45/166) zur Anwendung, nach dessen Art. 10 in Angelegenheiten der Eheschließung, des ehelichen Güterrechts, der Ehescheidung und Ehetrennung, der Mitgift, der Vaterschaft, der Abstammung, der Annahme an Kindes statt, der Rechts- und Handlungsfähigkeit, der Großjährigkeit, der Vormundschaft, der gesetzlichen und testamentarischen Erbfolge die Angehörigen einer Hohen Vertragsschließenden Partei auf dem Gebiete der anderen Partei den Bestimmungen des in ihrem Heimatstaat geltenden Rechts unterworfen bleiben. Von der Anwendung dieser Gesetze kann die andere Vertragsschließende Partei nur in Ausnahmefällen und lediglich insoweit abweichen, als dies einer allgemeinen, auch allen anderen ausländischen Staaten gegenüber gepflogenen Übung entspricht. Die Tatsache, dass eine Ehe gemäß den Formvorschriften des Eheschließungsorts abgeschlossen wurde, oder dass ein Testament gemäß den Formvorschriften des Errichtungsorts verfasst wurde und nicht gemäß den Formvorschriften des Rechts des Heimatstaates, berührt nicht die Gültigkeit dieser Handlungen.

Es zeigt sich also zunächst, dass hier entsprechend dem zitierten Vertrag iranisches Erbrecht zur Anwendung zu kommen hat. Das bedeutet, dass vorweg zu prüfen ist, ob das vom Erblasser am 12.12.2013 errichtete Testament nach iranischem Recht formgültig zustande gekommen und nach diesem Recht auch inhaltlich gültig ist. Ein formgültiges Zustandekommen nach den Bestimmungen des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) ist nach den Ergebnissen des Rechtsgutachtens nicht gegeben (auf ein solches nach österreichischem Recht stützt sich aktuell keiner der Beteiligten und es würde in diesem Zusammenhang nach den Angaben der Testamentszeugen auch an der zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung erforderlich gewesenen Nuncupatio fehlen [RIS-Justiz RS 0128630; 2 Ob 134/17w]). Allerdings kennt das FGG den Heilungstatbestand des Anerkenntnisses durch die anspruchsberechtigten Personen. Nach den insoweit unbekämpften Ergebnissen des Verfahrens über das Erbrecht haben lediglich der Sohn J* und die Tochter M* die letztwillige Verfügung des Erblassers nicht anerkannt, sodass diese in Bezug auf die anderen Erben – den Sohn R*, die Tochter S* und die Witwe – Wirksamkeit entfaltet, allerdings nur betreffend das Drittel, über das nach iranischem Recht mit letztwilliger Verfügung bestimmt werden kann. Eine Interpretation der Zustimmung seitens der Tochter S* und des Sohnes R* in der Tagsatzung vom 26. Februar 2018 in dem Sinn, sie würden die letztwillige Verfügung in Bezug auf den gesamten Nachlass (in diesem Fall wäre die Witwe Alleinerbin) anerkennen, ist nach Ansicht des Rekursgerichts nicht zulässig. Nach dem iranischen Erbrecht erbt der überlebende Ehegatte immer als Quotenerbe, die Töchter und Söhne hingegen als Resterben. Die Quote der überlebenden Ehefrau beträgt bei Vorhandensein von Nachkommen ein Achtel des Nachlasses, während dem überlebenden Ehemann ein Viertel zustünde. Während die Witwe mit ihrer Quote am beweglichen Vermögen partizipiert, hat sie in Bezug auf das unbewegliche Vermögen nur Anspruch auf einen Wertausgleich in Höhe der Quote, sie ist also in Bezug auf das unbewegliche Vermögen – im Gegensatz zum Witwer – nicht Erbin. Den nach Abzug der Quote der Ehefrau verbleibenden Rest des Nachlasses (sieben Achtel des beweglichen Vermögens und das gesamte unbewegliche Vermögen) erhalten die Kinder des Erblassers als Resterben, wobei Söhne gegenüber den Töchtern den doppelten Erbteil erhalten und die Witwe hinsichtlich des unbeweglichen Vermögens einen schuldrechtlichen Wertausgleichsanspruch in Höhe ihrer Quote (ein Achtel) gegenüber den Kindern hat. Die letztwillige Verfügung ist dahin zu deuten, dass der Erblasser ein Drittel des Nachlasses der Ehefrau vermacht hat. Sie ist also zusammen mit den Erben im Verhältnis ihrer Quote Miteigentümerin am Nachlass, wobei zu berücksichtigen ist, dass die letztwillige Verfügung nur von drei Erben (R*, S* und die Witwe) anerkannt worden ist. Gegenüber J* und M* wirkt sie hingegen nicht. Das bedeutet, dass ein Drittel der jeweiligen Erbteile der anerkennenden Erben auf die Witwe übergeht, während dem Sohn J* und der Tochter M* ihre vollen Erbenanteile zustehen.

Um nun endgültig die jeweiligen Erbteile festlegen zu können, ist zur Frage der ordre-public- Widrigkeit der iranischen Erbrechtsbestimmungen Stellung zu nehmen. Diese Frage wurde von der Verfasserin des Rechtsgutachtens als zu lösende Rechtsfrage klar und eindeutig dem Gericht überlassen. Auch wenn das iranische Erbrecht mit dem Parentelenerbrecht des ABGB keine Gemeinsamkeiten hat und auch geschlechtsspezifische Differenzierungen aufweist, indem es die weiblichen Verwandten des Erblassers benachteiligt, verstößt es aber wohl nicht gegen den österreichischen ordre public, wenn es beim Tod eines in Österreich dauerhaft niedergelassenen Staatsbürgers eines islamischen Staates, dessen Rechtsordnung dem fara'id folgt, zur Anwendung gelangt (Willibald Posch: Spannungsfeld zwischen Scharia und österreichischem Zivilrecht, öarr 2010, 66). Der Umstand, dass nach islamischen Erbrecht die Männer für gewöhnlich doppelt so viel wie Frauen erhalten, macht auch letztwillige Verfügungen, die diese islamische Regel enthalten, nicht sittenwidrig, weil nach islamischem Recht nur Männer, nicht aber Frauen zum Unterhalt bedürftiger Familienmitglieder verpflichtet sind (Priv.-Doz. Dr. Harun Pacic, Islamisches und islamisch geprägtes Recht in Österreich in Zak 2013,111). Berufenes fremdes Recht ist im Inland auch anzuwenden, wenn es von österreichischem Recht erheblich abweicht. Von dieser Anwendungspflicht sind nur jene konkreten Bestimmungen ausgenommen, deren Anwendung im Ergebnis zu einer unerträglichen Verletzung tragender Grundwerte der österreichischen Rechtsordnung führen würde. Von dieser Ausnahme ist sparsamster Gebrauch zu machen, weil es sich um eine systemwidrige Ausnahme vom Grundsatz der Gleichwertigkeit aller Rechtsordnungen handelt. Ein Abweichen von zwingenden österreichischen Vorschriften allein ist kein ordre-public-Verstoß. Schlichte Unbilligkeit des nach fremdem Recht gefundenen Ergebnisses rechtfertigt ebenso wenig die Anwendung der ordre-public-Klausel. Schutzobjekt sind primär die „Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung“, nicht subjektive Rechtspositionen von Inländern. Der Inhalt der geschützten Grundwertungen des österreichischen Rechts lässt sich nicht exakt definieren und ist zeitlichen Veränderungen unterworfen. Als Grundwertungen kommen die unverzichtbaren Wertvorstellungen in Betracht, die das österreichische Recht prägen. Verfassungsgrundsätze (insbesondere durch die EMRK geschützte Menschenrechte) spielen jedenfalls eine tragende Rolle; selbstverständlich sind aber nicht alle Verfassungsnormen vom ordre public geschützt, sondern nur solche, die Ausdruck unverzichtbarer Grundwertungen des rechtlichen und sozialen Zusammenlebens sind. Wesentliche Voraussetzung für das Eingreifen der Vorbehaltsklausel ist, dass das Ergebnis der Anwendung fremden Rechts (nicht bloß das fremde Recht als solches) inländische Grundwertungen verletzt, wozu eine ausreichende Inlandsbeziehung gehört. Es ist unerheblich, ob das fremde Recht durch eine verletzende Norm oder durch das Fehlen einer erforderlichen Schutzbestimmung gegen die österreichischen Grundwertungen verstößt, weil sich beide Konstellationen im Ergebnis gleich auswirken (Verschraegen in Rummel ABGB3 § 6 IPRG Rz 1,2 und 3). Nachdem das iranische Recht nicht nur die männlichen Nachkommen und überlebenden Ehegatten gegenüber den weiblichen bevorzugt, sondern gleichzeitig auch die männlichen Familienmitglieder zumindest stärker zum Unterhalt gegenüber bedürftigen Familienangehörigen verpflichtet, verstoßen diese Regelungen nach Ansicht des Rekursgerichts im konkreten Fall nicht gegen unverzichtbare Grundwertungen des rechtlichen und sozialen Zusammenlebens in Österreich, sodass man zu einer Nichtanwendung dieser Bestimmungen käme. In diesem Zusammenhang darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass ein Erblasser auch durch letztwillige Verfügungen nach österreichischem Recht eine Situation herbeiführen könnte, die den Regeln des iranischen Rechts gleichkäme. Auch aus diesem Grund vermag nach Ansicht des Rekursgerichts eine geringere Erbquote der Witwe bzw. auch der Töchter für sich genommen noch keinen Grundrechtsverstoß zu begründen (Prof. Dr. Michael Stürner, Die Bedeutung des ordre public in der EuErbVO in GPR 2014, 317). Insgesamt ist somit keine ordre-public-Widrigkeit bei Anwendung der iranischen Erbrechtsbestimmungen im konkreten Fall unter Berücksichtigung der teilweisen Anerkennung der letztwilligen Verfügung durch zwei Kinder und die Witwe zu erkennen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ändert auch der Umstand, dass sich die gesamte Familie seit mehreren Jahren in Österreich (bzw. Belgien) aufhält und hier auch Vermögen erworben hat, nach Meinung des Rekursgerichts nichts daran, dass die sich unter Heranziehung der iranischen Rechtsvorschriften ergebenden Erbquoten im konkreten Fall unter Berücksichtigung der zu prüfenden Intensität des Inlandsbezugs nicht dem ordre public widersprechen. Einerseits bestehen nach wie vor offensichtlich nicht unbeträchtliche auch vermögensrechtliche Verbindungen in das Heimatland, was sich schon aus den vorgelegten Gerichtsentscheidungen (ON 127: Die Witwe hat die Kinder auf Morgengabe und auch auf Alimente aus der Ehezeit geklagt, wobei es nach den im Akt erliegenden Urkunden offensichtlich zu einer Verurteilung der Kinder zur Zahlung entsprechend ihrer Erbenanteile gekommen ist, die Söhne also tatsächlich mehr zu leisten haben als die Töchter), die allesamt auch eine iranische Anschrift der Parteien ausweisen, ergibt. Auch ist in der letztwilligen Verfügung eindeutig auf Vermögen in Y* Bezug genommen worden. Andererseits war zumindest innerhalb der Familie auch die deutsche Sprache nicht vorherrschend und die letztwillige Verfügung wurde in der Muttersprache und der im Heimatstaat gängigen Schrift verfasst.

Zusammengefasst ist also davon auszugehen, dass trotz Formungültigkeit der letztwilligen Verfügung diese – im Umfang von jeweils einem Drittel sowohl des beweglichen als auch des unbeweglichen Vermögens – zu Lasten der die Verfügung anerkennenden Erben R* und S* C* insofern Wirkung entfaltet, als von deren Erbanteil jeweils ein Drittel der Witwe zufällt (vergleiche Aufteilung im Gutachten S. 26 und 27 bzw. AS 211 und 213 mit der Abweichung, dass der Drittelabzug in Bezug auf die Tochter M* nicht stattzufinden hat). Es war daher dem Rekurs des Sohnes J* Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Einantwortung der Verlassenschaft im Sinn des Spruchs abzuändern.

Was die Ausführungen des Rekurswerbers zu den nicht entscheidungswesentlichen Feststellungen des Erstgerichts zur Eigentumswohnung in der E*straße betrifft, ist er nur darauf zu verweisen, dass eine Bindung an die Entscheidungsgründe ohnehin nicht gegeben ist bzw. diese von der materiellen Rechtskraft nicht umfasst sind (RIS-Justiz RS0102102). Eine Beschwer des Rekurswerbers durch die gerügten Feststellungen ist somit nicht zu erkennen.

Die Abänderung der Entscheidung über das Erbrecht in der Hauptsache macht auch eine neue Entscheidung im Kostenpunkt erforderlich. Nachdem sich R* und S* C* schon im erstinstanzlichen Verfahren letztlich für eine Einantwortung unter Heranziehung der iranischen Erbrechtsvorschriften unter Berücksichtigung der letztwilligen Verfügung ausgesprochen haben, sind sie ebenso wie J* und M* C* im Ergebnis als großteils obsiegend anzusehen, während die Witwe, die den Standpunkt vertreten hat, aufgrund des Testaments sei sie Universalerbin, allen anderen gegenüber unterlegen ist. Sie hat daher J* und M* C* deren Kosten zu ersetzen, wobei in Bezug auf J* die verzeichneten Barauslagen auf Euro 1.292,60, der Gesamtbetrag sohin auf Euro 4.471,21 zu kürzen war. Hinsichtlich des Kostenersatzanspruchs der M* C* waren die Kosten insofern zu kürzen, als mangels Bewertung nur von einem Streitwert von Euro 730,00 auszugehen war.

Was die Kosten des Rekurses des J* C* im Umfang der Entscheidung über das Erbrecht betrifft, sind die Witwe und die Tochter M* jeweils zur Hälfte ersatzpflichtig. Beide sind in Bezug auf das Rekursbegehren als unterlegen anzusehen. Die Witwe, weil sie aufgrund des Testaments Anspruch auf die gesamte Verlassenschaft erhoben hat, und die Tochter M*, weil sie in ihrer Rekursbeantwortung entsprechend der erstinstanzlichen Entscheidung die Ansicht vertreten hat, eine Einantwortung nach den islamischen Erbrechtsvorschriften wäre ordre public widrig. Sie haben daher dem Rekurswerber seine Rekurskosten je zur Hälfte zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt nach dem nunmehrigen Inventar Euro 30.000,00.

Weil eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen war, war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

Mit ihrem Kostenrekurs werden die Witwe P* C* sowie die erbl. Kinder S* und R* C* auf die Entscheidung zu Punkt 2) verwiesen.

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