JudikaturLG Ried/Innkreis

14R107/13f – LG Ried/Innkreis Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2013

Kopf

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch Dr. Roman Bergsmann als Vorsitzenden sowie Dr. Walter Koller und Dr. Ernst Knoglinger in der Rechtssache der klagenden Partei F***** J*****, ***** , vertreten durch Estermann Partner KG, Rechtsanwälte, Stadtplatz 6, 5230 Mattighofen, wider die beklagte Partei P***** B*****, ***** , vertreten durch DDr. Karl Robert Hiebl, Mag. Alexander Lirk, Rechtsanwälte, Stadtplatz 50/2, 5280 Braunau am Inn, wegen EUR 1.300,00 s.A., infolge Kostenrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 4.11.2013, 4 C 246/13 b-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss, der in seinem Punkt 1) unbekämpft aufrecht bleibt, wird in seinem Punkt 2) dahin abgeändert, dass er einschließlich seiner unbekämpft gebliebenen Teile zu lauten hat:

„2) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 716,03 (darin enthalten EUR 73,60 an Barauslagen und EUR 107,67 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen“.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 126,38 (darin enthalten EUR 21,06 an Umsatzsteuer) bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen.

Text

Begründung:

Aufgrund der am 22.5.2013 von der klagenden Partei eingebrachten Mahnklage erließ das Erstgericht am 3.6.2013 wider den Beklagten einen Zahlungsbefehl über EUR 1.300,00 samt Zinsen und Kosten. Aufgrund des in Rechtskraft erwachsenen Zahlungsbefehles wurde der klagenden (betreibenden) Partei zu 7 E 362/13 i des Bezirksgerichtes Braunau am Inn die Fahrnis- und Gehaltsexekution wider den Beklagten (Verpflichteten) bewilligt.

Mit Schriftsatz vom 2.10.2013 (ON 3) beantragte der Beklagte unter anderem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist gegen den Zahlungsbefehl. Er hätte aufgrund eines Versehens minderen Grades von der Verständigung der Hinterlegung des Zahlungsbefehles keine Kenntnisse erlangt. Erstmals durch die Zustellung der Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution sei er auf den erlassenen Zahlungsbefehl aufmerksam geworden.

Im Zuge der Tagsatzung vom 4.11.2013 (ON 12), in welcher der Klagevertreter die ihm bisher entstandenen Kosten, darunter auch die Kosten des Exekutionsantrages im Gesamtbetrag von EUR 228,50 verzeichnete, bewilligte das Erstgericht der beklagten Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruches gegen den bedingten Zahlungsbefehl vom 3.6.2013; zugleich hob das Erstgericht die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehles auf.

In der (zunächst vorbehalteen) Kostenentscheidung erkannte das Erstgericht den Beklagten schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 487,53 bestimmten Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens zu ersetzen. Den Zuspruch der Kosten des Exekutionsantrages erachtete das Erstgericht – ohne nähere Begründung – nicht für berechtigt.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der klagenden Partei mit dem Begehren, eine Abänderung dahin vorzunehmen, dass ihr auch die Kosten des Exekutionsverfahrens in Höhe von EUR 228,50, sohin gesamt EUR 716,03, zuerkannt werden.

Der Beklagte hat eine Rekursbeantwortung erstattet und beantragt dahin, dem Rekurs der klagenden Partei keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist begründet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurswerber weist zutreffend darauf hin, dass gemäß § 154 ZPO der Partei, welche die Wiedereinsetzung beantragt hat, ohne Rücksicht darauf, ob dem Antrage stattgegeben wurde oder nicht, der Ersatz aller Kosten, welche dem Gegner durch die Versäumung und durch die Verhandlung über den Wiedereinsetzungsantrag verursacht wurden, sowie der Ersatz der Kosten des infolge der Wiedereinsetzung unwirksam gewordenen Verfahrens aufzuerlegen ist.

In der Vergangenheit war das Schicksal der Kosten eines durch die Wiedereinsetzung frustrierten Exekutionsverfahrens lange strittig. Einige Rekursgerichte (vgl. RIS-Justiz FE0000040; RWE0000009) vertraten auch schon vor der EO-Novelle 2000 die Ansicht, dass § 75 EO (alte Fassung) bei einer Einstellung nach § 39 Abs 1 Z 1 EO aufgrund einer bewilligten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht anwendbar sei, weil § 154 ZPO gegenüber § 75 EO eine „lex specialis“ sei; der Wiedereinsetzungswerber hätte daher dem Gegner auch die frustrierten Kosten des Exekutionsverfahrens zu ersetzen.

Durch die Anfügung des letzten Satzes des § 75 EO durch Artikel I Z 6 der EO-Novelle 2000 BGBl I 2000/59 ist zusätzlich klargestellt, dass auch die Kosten eines durch die Wiedereinsetzung frustrierten Exekutionsverfahrens vom Wiedereinsetzungswerber zu tragen sind. Dies betrifft sowohl die Exekutionskosten aufgrund eines Versäumungsurteiles wie auch aufgrund eines im Mahnverfahren ergangenen Zahlungsbefehls. Die Bestimmung des § 75 letzter Satz EO ist teleologisch nur dahin zu reduzieren, dass der Wiedereinsetzungswerber jedenfalls nicht die Kosten jener Exekutionsschritte zu tragen hat, die der betreibende Gläubiger trotz Kenntnis oder trotz Kennen-Müssens von der bewilligten Wiedereinsetzung gesetzt hat, und zwar auch jene Kosten, die dadurch entstanden sind, dass er der Exekution weiterhin ihren Lauf ließ (Jakusch in Angst², § 75 EO RZ 6, 10; Obermaier, Kostenhandbuch², RZ 282 f).

Dem Vorbringen des Wiedereinsetzungswerbers (vgl. ON 3) ist zu entnehmen, dass die Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution zu 7 E 362/13 i des Bezirksgerichtes Braunau am Inn bereits vor Einbringung seines Wiedereinsetzungsantrages stattgefunden hat. Demnach ist der klagenden Partei nicht vorzuwerfen, dass sie die Einleitung des Exekutionsverfahrens trotz Kenntnis oder trotz Kennen-Müssens der bewilligten Wiedereinsetzung veranlasst hätte. Ganz im Gegenteil hat die Bewilligung der Exekution deutlich vor Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages stattgefunden. Im Sinne der seit der EO-Novelle 2000 bestehenden Gesetzeslage besteht daher kein Zweifel, dass vom Wiedereinsetzungswerber auch die Kosten der von der klagenden (betreibenden) Partei auch rechnerisch richtig verzeichneten Kosten des Exekutionsverfahrens in Höhe von EUR 228,50 (darin enthalten EUR 26,42 an Umsatzsteuer und EUR 73,50 an Barauslagen) zu ersetzen sind. Dem Rekurs der klagenden Partei war daher zur Gänze zu entsprechen.

Die Kostenentscheidung des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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