6R205/04w – LG Ried/Innkreis Entscheidung
Kopf
6 R 205/04 w
Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch Dr. Johannes Payrhuber als Vorsitzenden sowie Dr. Walter Koller und Dr. Roman Bergsmann in der Exekutionssache der betreibenden Partei O*****, vertreten durch Puttinger, Vogl Partner, Rechtsanwälte, Rainerstraße 6, 4910 Ried im Innkreis, wider die verpflichtete Partei M***** S*****, wegen € 738,21 s.A., infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Obernberg am Inn vom 05.08.2004, 1 E 602/03a-8, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird F o l g e gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:
„Der Antrag der betreibenden Partei vom 30.07.2004, einen neuerlichen Vollzug der Forderungsexekution durch neuerliche Anfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gemäß § 294 a Abs. 1 Ziffer 2 EO vorzunehmen, wird bewilligt. Die Kosten des Antrages vom 30.07.2004 werden mit € 18,62 als weitere Kosten dieses Exekutionsverfahrens bestimmt“.
Die Rekurskosten der betreibenden Partei werden mit € 222,33 als weitere Kosten dieses Exekutionsverfahrens bestimmt. Der Revisionsrekurs ist gemäß den §§ 78 EO, 528 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 22.05.2003 war der betreibenden Partei zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von €
738,21 s.A. wider die verpflichtete Partei die Fahrnisexekution und die Forderungsexekution gemäß § 294 a EO bewilligt worden. Der Vollzug der Fahrnisexekution erbrachte kein Ergebnis; auch die Anfrage an den Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger war zunächst negativ.
Aufgrund einer neuerlichen am 28.04.2004 vom Erstgericht bewilligten Drittschuldneranfrage (ON 4) wurde am 11.05.2004 vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger ein Unternehmen aus Salzburg als möglicher Drittschuldner bekannt gegeben. Von diesem Unternehmen wurde im Zuge der Drittschuldnererklärung die Auskunft erteilt, dass der Verpflichtete dort nur in der Zeit vom 01.12.2003 bis 31.12.2003 beschäftigt gewesen und ihm die zustehenden Bezüge bereits im Jänner 2004 ausbezahlt worden seien.
Am 30.07.2004 (ON 7) beantragte die betreibende Partei den neuerlichen Vollzug der Lohnexekution gemäß § 294 a EO, weil laut Auskunft des zuvor bekannt gegebenen Drittschuldners das dort bestehende Dienstverhältnis bereits am 31.12.2003 beendet worden sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht diesen Antrag abgewiesen, weil dem bekannt gegebenen Drittschuldner das Zahlungsverbot am 14.06.2004 zugestellt und damit - auch wenn die Begründung eines Pfandrechtes nicht gelungen sei - die Exekution kanalisiert worden sei und nicht mehr fortgesetzt werden könne. Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der betreibenden Partei mit dem Begehren, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihr Antrag auf neuerliche Abfrage beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gemäß § 294 a EO bewilligt werde.
Der Rekurs ist begründet.
Rechtliche Beurteilung
Verschiedene Rekursgerichte (LG Eisenstadt, RPfl E 1991/123, LG Salzburg, RPfl E 1992/137, LGZ Wien, RPfl E 1992/35) aber auch Teile der Lehre (Oberhammer in Angst, EO, Randzahl 5 zu § 294) vertreten die Ansicht, es sei unzulässig, im Wege einer neuerlichen Anfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger den nunmehrigen Dienstgeber zu erfragen, wenn bereits an einen vom Hauptverband bekannt gegebenen Drittschuldner das Zahlungsverbot zugestellt worden sei. Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass sich mit Zustellung des Zahlungsverbotes an einen konkreten, aufgrund des Anfrageergebnisses hervorgekommenen Drittschuldners die Exekution nach § 294 a EO spätestens zu diesem Zeitpunkt in eine „normale Forderungsexekution“ umgewandelt hätte. Zu diesem Zeitpunkt sei kein Exekutionsverfahren nach § 294 a EO auf alle Forderungen im Sinne des § 290 a EO mehr anhängig, weshalb ein neuerlicher Vollzugsversuch durch Drittschuldner-anfrage unzulässig sei. Zugestanden wird allerdings auch in der zuletzt zitierten Lehrmeinung (a.a.O., Randzahl 6 zu § 294 a), dass ein neuerlicher Vollzugsversuch durch Drittschuldneranfrage möglich sein soll, wenn sich bereits aus den Angaben des Hauptverbandes klar ergibt, dass es sich um unpfändbare Forderungen im Sinne des § 290 EO handelt.
Die überwiegende Rechtsprechung (LGZ Wien, RPfl E 1996/95, LG Ried, RPfl E 1991/11, LG Korneuburg RPfl E 1992/32, LG Graz RPfl E 1992/59 und RPfl E 1995/44) vertritt die weitergehende Ansicht, dass in jenen Fällen, in denen die Auskunft des Hauptverbandes objektiv falsch ist, weil etwa der Verpflichtete im Zeitpunkt der Auskunftserteilung nicht mehr bei dem bekannt gegebenen Dienstgeber beschäftigt war, die Exekution durch die Zustellung des Zahlungsverbotes an diesen Drittschuldner nicht kanalisiert wird. Es darf nämlich nicht darauf ankommen, ob die erste Anfrage keinen Drittschuldner ergibt, oder etwa einen Drittschuldner, in Ansehung dessen Leistungen gegenüber dem Verpflichteten ein Pfandrecht nicht begründet werden kann, etwa weil ein Dienstverhältnis bereits beendet wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Exekution nach § 294 a EO so lange nicht ins Leere gegangen ist, so lange die Begründung eines Pfandrechtes nicht gelungen ist (vgl. Mohr, Anfrage an den Hauptverband bei Gehaltsexekution, RDW 1988/91).
Im vorliegenden Fall ist der Verpflichtete bei dem vom Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger bekannt gegebenen Drittschuldner schon Monate vor Bewilligung der Forderungsexekution nach § 294 a EO ausgeschieden. Das vom Hauptverband dennoch dieser Drittschuldner bekannt gegeben wurde, ist entweder auf eine verspätete Speicherung oder auf eine verzögerte Abmeldung von Seiten des Drittschuldners zurückzuführen. Jedenfalls konnte gegen den bekannt gegebenen Drittschuldner kein Pfandrecht mehr begründet werden, sodass eine „Kanalisierung der Exekution“ nicht eingetreten ist. Damit erweist sich aber der neuerliche Vollzugsantrag der betreibenden Partei als berechtigt, weshalb trotz der Kritik von Teilen der Lehre in Beibehaltung der bisherigen Rechtsprechung des Rekursgerichtes der Antrag der betreibenden Partei auf neuerliche Abfrage zu bewilligen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich sowohl betreffend die Verfahrenskosten I. als auch II. Instanz auf die Bestimmung des § 74
EO.
Landesgericht Ried im Innkreis,