6R285/96w – LG Ried/Innkreis Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch Dr. Roman Bergsmann als Vorsitzenden sowie Dr. Ernst Knoglinger und Dr. Walter Koller in der Rechtssache der klagenden Partei R***** S*****,
vertreten durch Dr. R***** H*****, Rechtsanwalt in *****, dieser
vertreten durch Mag. N***** L*****, Rechtsanwalt in *****, wider die beklagte Partei M***** W*****, *****, wegen S 32.684,33 s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Engelhartszell vom 10.07.1996, C 230/96 b-5, in nichtöffentlicher Sitzung den
B e s c h l u ß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird dahin Folge gegeben, daß der angefochtene Beschluß über die Zurückweisung der Klage im Umfang eines Begehrens von S 1.367,12 s.A. aufgehoben und diesbezüglich dem Erstgericht die gesetzmäßige Fortsetzung des Verfahrens - unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund - aufgetragen wird.
Die Rekurskosten gelten als weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit der gegenständlichen Mahnklage begehrte die klagende Partei vom Beklagten die Zahlung eines Betrages von S 32.684,33, wobei für einen Forderungsteil von S 31.317,21 als Anspruchsgrund "Vertragsschuld vom 13.07.1995 für offenen Kredit Konto Nr. 19455" angegegeben wurde. Das weitere Begehren von S 1.367,12 wurde "als Schadenersatz, Kosten der außergerichtl. Eintreibungsbemühungen lt. vertragl. Vereinbarung" ausgewiesen.
Das Erstgericht erließ hinsichtlich eines Betrages von S 31.317,21 (samt 1,7 % Zinsen monatlich, kapitalisiert ab 13.07.1995) einen Zahlungsbefehl und sprach darin auch Kosten von S 3.453,84 zu (Punkt 1.). Im Umfang eines Begehrens von S 1.367,12 s.A. wurde gleichzeitig die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen (Punkt 2.).
Zur Begründung führte das Erstgericht aus, die Kosten der Anspruchsbetreibung (Kosten für Mahn- bzw. Anspruchsschreiben) würden als vorprozessuale Kosten angesehen. Nach ständiger Judikatur könnten diese nicht gesondert in der Klage geltend gemacht werden, sondern würden das Schicksal der Prozeßkosten teilen. Würden sie dennoch als Hauptanspruch verlangt, dann sei dieses Teilbegehren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen (EvBl. 1988/99).
Gegen diese Zurückweisungsentscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß auch der Betrag von S 1.367,12 zugesprochen werde, sohin der beantragte Zahlungsbefehl im gesamten begehrten Umfang (von S 32.684,33 s.A.) erlassen werde.
Der Rekurs ist im Sinne der spruchgemäß erfolgten Aufhebung berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst ist dem Erstgericht beizupflichten, daß vorprozessuale Kosten nicht gesondert mit Klage geltend gemacht werden können (vgl. MGA, JN/ZPO14, E 5 zu § 41 ZPO; RZ 1995/92). Auch im Mahnverfahren können vorprozessuale Kosten nur im Rahmen des Kostenersatzes begehrt werden (HG Wien, 11.06.1986 WR 224). Wohl aber können vorprozessuale Kosten gesondert eingeklagt werden, wenn die Akzessorietät durch Abschluß einer Vereinbarung aufgehoben wurde (vgl. MGA, JN/ZPO14, E 7 zu § 41 ZPO).
Alleine der Umstand, daß Prozeßkosten als öffentlich-rechtliche Ansprüche anzusehen sind, schließt nämlich keineswegs aus, daß auch über einen Anspruch prozeßrechtlicher Natur eine Vereinbarung getroffen werden kann. Wird aber damit der Anspruch seines öffentlich-rechtlichen Charakters entkleidet und auf Vertragsgrundsätze gestützt, so kann er, auch wenn er Aufwendungen betrifft, die zur Vorbereitung der Geltendmachung der Vertragserfüllung etwa durch Inanspruchnahme rechtsfreundlicher Tätigkeit, erforderlich waren, unabhängig von diesen Ansprüchen, somit selbständig geltend gemacht werden (M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozeß, 148; JBl. 1954, 568).
Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin bezüglich der angesprochenen Eintreibungskosten von S 1.367,12 auf eine vertragliche Vereinbarung berufen. Ob tatsächlich eine solche Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde, ist im Rahmen des Mahnverfahrens aber nicht zu untersuchen, weil ein Zahlungsbefehl ohne Prüfung der Richtigkeit der Klagsbehauptungen (und auch ohne vorherige Anhörung des Beklagten) zu erlassen ist (vgl. Bosina-Schneider, Mahnverfahren, Rz 101). Nach den Klagsangaben ist für die Durchsetzung der gesamten Klagsforderung der Rechtsweg zulässig, weil auch die angesprochenen vorprozessualen Kosten auf den Abschluß einer Vereinbarung gestützt wurden. Es kann daher weder von einer Unschlüssigkeit des Begehrens (oder eines Teiles davon) noch von einer Unklagbarkeit eines Anspruchsteiles im Sinn des § 448 Abs. 2 Z 2 ZPO gesprochen werden. Ausgehend von den Klagsbehauptungen hätte die Klage auch nicht einmal zum Teil zurückgewiesen werden dürfen. Ein Hindernis für die Erlassung eines Zahlungsbefehls im Sinn des § 448 Abs. 2 ZPO hat also auch nicht in Ansehung der Teilforderung von S 1.367,12 vorgelegen, weshalb das Erstgericht den Zahlungsbefehl im gesamten begehrten Umfang erlassen hätte müssen.
Aber selbst wenn man die vom Erstgericht vertretene Ansicht teilt, wonach die geltend gemachten Eintreibungskosten nicht selbständig eingeklagt werden könnten, war die Erlassung eines "Teilzahlungsbefehls" verfehlt. In diesem Fall hätte das ordentliche Verfahren eingeleitet werden müssen und es hätte auch über den "unbedenklichen Teil" der Hauptforderung kein Zahlungsbefehl erlassen werden dürfen (vgl. hg. 6 R 2/96 b). Auch von Bosina-Schneider (Mahnverfahren, Rz 102) wird die Meinung vertreten, daß es in einem Fall, in dem das Klagebegehren aus einer Forderung, die nur zum Teil fällig, klagbar oder von einer Gegenleistung unabhängig sei, bestehe, es sinnvoll erscheine und auch dem Zweck der Norm entspreche, kein Mahnverfahren durchzuführen, sondern zugleich über die gesamte Forderung das ordentliche Verfahren durch Zustellung der Klage und Anberaumung einer mündlichen Verhandlung einzuleiten. Das Verfahren solle nämlich möglichst rasch und einheitlich abgewickelt werden. Die vom Erstgericht gewählte Vorgangsweise, nämlich einen "Teilzahlungsbefehl" zu erlassen, war daher jedenfalls unrichtig.
Es war daher in Stattgebung des Rekurses mit einer Aufhebung des angefochtenen Zurückweisungsbeschlusses vorzugehen, wobei im weiteren Verfahren nur mehr über das restliche Klagebegehren von S 1.367,12 s. A. abzusprechen sein wird. Hinsichtlich des bereits zuerkannten Betrages von S 31.317,21 s.A. blieb der Zahlungsbefehl nämlich unangefochten und ist daher in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen. Da das Rekursgericht selbst keinen Zahlungsbefehl erlassen kann, ist der darauf abzielende Rekursantrag verfehlt. Es konnte lediglich eine Aufhebung, aber keine Abänderung der bekämpften Entscheidung erfolgen. Allerdings schließt ein Abänderungsantrag auch einen Aufhebungsantrag in sich (vgl. MGA, JN/ZPO14, E 12 zu § 467 ZPO).
Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf § 52 ZPO.
Landesgericht Ried im Innkreis,