JudikaturLG Korneuburg

22R8/24t – LG Korneuburg Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
19. November 2024

Kopf

ENDURTEIL

Im namen der republik

Das Landesgericht Korneuburg als Berufungs- und Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Iglseder als Vorsitzenden sowie Mag. Jarec, LL.M. und Mag. Rak in der Rechtssache der klagenden Parteien [1] T***** K*****, [2] Dr. B***** K*****, [3] mj. C***** K*****, [4] mj. J***** K*****, vertreten durch Dr. Michael Wukoschitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A***** A***** AG , vertreten durch Brenner Klemm, Rechtsanwälte in Wien, wegen zuletzt insgesamt EUR 1.448,-- s.A. (Erstkläger: Prozesskosten [gemäß § 12 Abs 4 lit c RATG: EUR 200,--], Zweitklägerin: EUR 948,--, Dritt- und Viertkläger: jeweils EUR 250,--), infolge Berufung der zweitklagenden Partei in der Hauptsache und im Kostenpunkt gegen das ( richtig: End-) Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 02.11.2023, 20 C 192/22v-16 (Berufungsinteresse: EUR 500,--), sowie über die Rekurse der erst-, dritt- und viertklagenden Parteien gegen die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Berufung der zweitklagenden Partei in der Hauptsache wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es als Endurteil insgesamt zu lauten hat:

„[1] Die beklagte Partei ist schuldig,

[a] der zweitklagenden Partei EUR 948,-- samt 4 % Zinsen aus diesem Betrag ab 06.07.2022;

[b] der dritt- und der viertklagenden Partei jeweils EUR 250,-- samt 4 % Zinsen aus diesem Betrag ab 06.07.2022;

binnen 14 Tagen zu zahlen.

[2] Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die folgender-maßen bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen:

[a] der erstklagenden Partei EUR 442,76 (darin EUR 45,99 USt und EUR 166,83 Barauslagen);

[b] der zweitklagenden Partei EUR 1.113,71 (darin EUR 170,88 USt und EUR 88,44 Barauslagen);

[c] der dritt- und der viertklagenden Partei jeweils EUR 568,37 (darin jeweils EUR 85,35 USt und EUR 56,28 Barauslagen).“

Die beklagte Partei ist schuldig, der zweitklagenden Partei die mit EUR 328,10 (darin EUR 42,18 USt und EUR 75,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Berufung binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen.

Die klagenden Parteien werden mit ihrem Rekurs bzw mit ihrer Berufung im Kostenpunkt auf die Neufassung der Kostenentscheidung verwiesen.

Die Revision bzw der Revisionsrekurs sind jedenfalls unzulässig.

Text

entscheidungsgründe:

Die Kläger verfügten über eine bestätigte Buchung für die von der Beklagten durchzuführenden Flüge:

– OS 419 ab Wien 15.06.2022, 20:25 Uhr, an Paris 15.06.2022, 22:30 Uhr (Hinflug)

– OS 412 ab Paris 19.06.2022, 10:00 Uhr, an Wien 19.06.2022, 11:55 Uhr (Rückflug).

Am 15.06.2022 annullierte die Beklagte den Flug OS 419 und buchte die Kläger auf den Flug OS 415 am 16.06.2022 mit der Ankunftszeit 15:05 Uhr um. Die Zweitklägerin hatte für Eintrittstickets ins Disneyland Paris für den 16.06.2022 insgesamt EUR 698,-- bezahlt; die Kläger konnten diese Tickets wegen der verspäteten Ankunft in Paris nicht nutzen.

Die Beklagte buchte die Kläger am 18.06.2022 vom (pünktlich durchgeführten) Flug OS 412 auf den Flug OS 416 am 19.06.2022 um; in weiterer Folge buchte die Beklagte die Kläger am 19.06.2022 weiter auf den Flug OS 412 am 20.06.2022 um.

Mit der beim Erstgericht am 01.08.2022 eingebrachten Klage begehrten die Kläger zunächst den Zuspruch von insgesamt EUR 5.479,98 samt 4 % Zinsen zuletzt ab 06.07.2022 und brachten vor, sie seien für den Hinflug am 15.06.2022 bereits online eingecheckt gewesen und hätten mehrfach Nachrichten erhalten, dass der Flug OS 419 verspätet sei. Letztlich sei die Nachricht gekommen, dass der Flug annulliert worden sei. Sie hätten daher mitten in der Nacht ohne ihr Gepäck die Rückfahrt nach O***** angetreten, nachdem sie EUR 33,40 für das Parkhaus am Flughafen bezahlt hatten – ein Aufwand, der aufgrund der Annullierung des Fluges der Beklagten frustriert gewesen sei. Für diese Ab- und Anreise sei dem Erstkläger unter Zugrundelegung des amtlichen Kilometergelds von EUR 0,42 und einer Entfernung von 130 km pro Strecke ein Schaden von EUR 109,20 entstanden. Aufgrund der Verspätung seien die Kosten der nicht mehr stornierbaren Hotelunterkunft in Paris von 15./16.06.2022 von EUR 1.070,--, der Stornierung des gebuchten Transfers vom Flughafen zum Hotel von EUR 100,--, der Tickets für Disneyland Paris von insgesamt EUR 698,-- frustriert. Der Flug OS 415 von Wien nach Paris am 16.06.2022, auf den sie umgebucht worden seien, sei verspätet gewesen; ein aufgegebenes Gepäckstücke habe gefehlt. Sie hätten das Gepäckservice des Hotels in Anspruch genommen, um den Koffer vom Flughafen abzuholen, wofür EUR 530,-- verrechnet worden seien.

Am 18.06.2022 seien sie davon benachrichtigt worden, dass ihr Flug OS 412 von Paris nach Wien am 19.06.2022, auf welchen sie anlässlich der Umbuchung des Hinfluges ebenfalls umgebucht worden wären, wiederum annulliert worden wäre. Sodann sei eine Umbuchung auf den Flug am 19.06.2022 erfolgt. Der Erstkläger habe am Morgen dieses Tages bemerkt, dass der Rückflug mit Montag 20.06.2022, OS 412 angeführt gewesen sei, und die Auskunft erhalten, die ihm ausgestellte Bestätigung für den Flug OS 416 wäre „falsch“ gewesen. Sie hätten auf eigene Kosten für Nächtigung und Verpflegung für den Zeitraum 19./20.06.2022 sorgen müssen. Es seien Kosten für die Nächtigung vom 19./20.06.2022 von EUR 940,-- und für die Verpflegung von EUR 133,-- angefallen. Dazu seien Kosten für den um einen Tag verlängerten Aufenthalt im Parkhaus Flughafen Wien von EUR 29,38 angefallen.

Sie hätten Anspruch auf Ausgleichsleistungen von jeweils EUR 250,--, und zwar für die Annullierung des Fluges OS 419 vom 15.06.2022, für die Nichtbeförderung mit dem Flug OS 416 vom 19.06.2022 und für die Annullierung des Fluges OS 412 vom 19.06.2022. Die Kosten für Hotel, Parkgebühren, Verpflegung, Kofferservice und Fahrtkosten habe der Erstkläger, jene für die Disneyland-Karten die Zweitklägerin getragen. In der Klage sei die Anrechnung der Ausgleichsleistung auf die Schaden-ersatzforderung berücksichtigt.

Die Beklagte anerkannte die Ansprüche der Kläger auf Ausgleichsleistung aufgrund der Annullierung des Fluges OS 419 vom 15.06.2022 und OS 412 vom 19.06.2022 von insgesamt EUR 2.000,-- und begehrte die Anrechnung der Ausgleichsleistung auf einen allfälligen über den Ausgleichsanspruch hinausgehenden Anspruch. Sie beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, sie habe die Annullierungen nicht zu vertreten. Österreich sei von einer COVID-19-Ansteckungswelle betroffen gewesen; es habe aufgrund der zahlreichen Absonderungen der Mitarbeiter der Kabinenbesatzung zu den Annullierungen kommen müssen; sie treffe daher kein Verschulden an der Annullierung der Flüge. Die Umbuchung des Rückfluges von OS 412 am 18.06.2022 auf OS 412 am 19.06.2022 hätten die Kläger selbst vorgenommen. Die Kläger hätten eine neue Form der Ausgleichsleistung schlichtweg erfunden. Die Forderungen von EUR 1.149,60 seien nicht schlüssig. Ein Ersatzanspruch für die Eintrittskarten von EUR 698,-- stehe nicht zu, weil es sich um nicht ersatzfähige Folgekosten handle. Hinsichtlich der Ersatzeinkäufe hätten die Kläger keinen Schaden, weil sich die erworbenen Gegenstände weiterhin in ihrem Vermögen befänden, und sich dieses nicht verringert habe. Die Forderung von EUR 1.102,38 werde dem Grunde nach anerkannt, der darauf entfallende Betrag von EUR 969,38 sei auf die Ausgleichsleistung anzurechnen.

In der vorbereitenden Tagsatzung vom 26.05.2023 anerkannte die Beklagte die Kosten für das Parkhaus am 15.06.2022 von EUR 33,40, die Kosten für die An- und Abreise vom Flughafen nach O***** von EUR 9,20 und die Kosten der Hotelunterkunft in Paris vom 15./16.06.2022 von EUR 1.070,--.

Über Antrag der Kläger fällte das Erstgericht das Teilanerkenntnisurteil und verpflichtete die Beklagte, dem Erstkläger EUR 2.314,98, der Zweitklägerin EUR 250,-- und dem Dritt- und Viertkläger jeweils EUR 500,--, jeweils zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die Kostenentscheidung behielt das Erstgericht seiner Endentscheidung vor.

Nach Erlassung des Teilanerkenntnisurteiles dehnten die Kläger ihr Klagebegehren um weitere € 63,-- aus; dieser Betrag ergebe sich aus einer Fehlberechnung hinsichtlich des Anspruchs in der Mahnklage. Weiters schränkten die Kläger ihr Klagebegehren ein, und zwar der Erstkläger auf EUR 530,--, die Zweitklägerin auf EUR (korrigiert) 948,--, der Dritt- und der Viertkläger auf jeweils EUR 250,--, jeweils zuzüglich 4 % Zinsen ab 06.07.2022.

Mit Schriftsatz vom 29.06.2023 (ON 14) schränkte der Erstkläger das Zahlungsbegehren auf Kostenersatz ein, und die Kläger beantragten über das bereits gefällte Teilanerkenntnisurteil hinaus den Zuspruch von EUR 948,-- an die Zweitklägerin und jeweils EUR 250,-- an den Dritt- und Viertkläger, jeweils zuzüglich 4 % Zinsen ab 06.07.2022.

Mit dem angefochtenen (richtig:) Endurteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagte, der Zweitklägerin EUR 448,-- und dem Dritt- und Viertkläger jeweils EUR 250,--, jeweils zuzüglich 4 % Zinsen seit 06.07.2022 zu zahlen; das Mehrbegehren der Zweitklägerin von EUR 500,-- samt 4 % Zinsen seit 06.07.2022 wies es ab. Es verpflichtete die Beklagte, den Klägern die mit EUR 1.499,33 bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen. Es traf die auf Seiten 4 und 5 der Urteilsausfertigung ON 16 ersichtlichen Feststellungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Es ging davon aus, dass nach dem Anerkenntnis noch die „Disneyland-Kosten“ der Zweitklägerin von insgesamt EUR 948,-- und die Ausgleichsleistung von Dritt- und Viertkläger für den Flug OS 416 von jeweils EUR 250,-- offen seien. Die Kläger hätten über eine bestätigte Buchung samt Buchungsnummer und Ticketnummern für den Flug OS 416 verfügt, seien jedoch am selben Tag ohne deren Wissen und Willen von der Beklagten selbst auf einen anderen Flug umgebucht worden. Es liege eine Nichtbeförderung iSd Art 4 iVm Art 2 lit j EU-FluggastVO vor. Aus der Umbuchung des Fluges OS 419 auf den Folgetag resultiere ein Schaden in Form der von der Zweitklägerin bereits vor Antritt der Reise bezahlten „Disneyland-Kosten“, die der Höhe nach außer Streit stünden. Über Einwand des Schädigers seien sachlich und zeitlich kongruente Leistungen anzurechnen, die Anrechnung sei Teil der Ermittlung der Schadenshöhe. Den Ausgleichsanspruch für den Flug OS 412 habe die Beklagte anerkannt, der Ausgleichsanspruch zum Flug OS 416 stehe der Zweitklägerin im Hinblick auf die Nichtbeförderung zu. Auf die „Disneyland-Kosten“ von EUR 698,-- seien EUR 500,-- anzurechnen.

Seine Kostenentscheidung gründete das Erstgericht auf § 43 Abs 1 ZPO und bildete drei Verfahrensabschnitte. Die Kosten der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung ordnete das Erstgericht dem ersten Verfahrensabschnitt zu, in diesem hätten die Kläger mit rund 80 % obsiegt. Das Teilanerkenntnisurteil wirke sich auf den Anfang der vorbereitenden Tagsatzung aus, die Kläger hätten je mit rund 50 % der Ansprüche obsiegt. Im dritten Abschnitt ab der Klagseinschränkung im Schriftsatz vom 29.06.2023 hätten die Kläger mit 65 % ihres Begehren obsiegt, wobei der Klagevertreter fälschlicherweise EUR 200,-- als Bemessungsgrundlage für den Anspruch des Erstklägers auf Kostenersatz für die anerkannten Ansprüche angeführt habe.

Gegen dieses Urteil (richtig: gegen seinen klagsabweisenden Teil) richtet sich die Berufung der Zweitklägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie der unrichtigen Entscheidung im Kostenpunkt mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren der Zweitklägerin zur Gänze stattgegeben werde. Mit der Berufung im Kostenpunkt strebt die Berufungswerberin die Abänderung der erstgerichtlichen Kostenentscheidung dahin an, dass ihr ein Kostenersatz von EUR 390,29 zugesprochen werde.

Gegen die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs des Erst-, Dritt- und Viertklägers mit dem Antrag, dem Erstkläger EUR 937,34 und dem Dritt- und Viertkläger jeweils EUR 580,72 zuzusprechen.

Die Beklagte beantragt, weder der Berufung noch dem Kostenrekurs Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung der Zweitklägerin in der Hauptsache ist berechtigt.

Die Berufungsauführungen lassen sich dahin zusammenfassen, dass sie sich gegen die Anrechnung der Ausgleichsleistungen aus dem Rückflug (Nichtbeförderung mit dem Flug OS 416 und Annullierung des Fluges OS 412) wendet. Der Schaden, frustrierte Eintrittskosten, sei ausschließlich durch die Annullierung des Hinfluges OS 419 am 15.06.2022 verursacht worden; es könnte höchstens eine für diesen Flug gebührende Ausgleichsleistung angerechnet werden, die sie aber gar nicht geltend gemacht, sondern insoweit schon selbst vorab eine Anrechnung vorgenommen habe.

Die Berufungsgegnerin hält dem entgegen, dass es sich beim Beförderungsvertrag für einen Hinflug von Wien nach Paris und ein Rückflug von Paris nach Wien um eine einheitliche Buchung und um einen einheitlichen Beförderungsvertrag gehandelt habe. Die Berufungswerberin habe zwar die Kosten der Eintrittskarten von EUR 698,-- getragen, diese seien jedoch allen Klägern zugute gekommen. Diese hätten bereits Ausgleichsleistungen erhalten, weitere Ausgleichsleistungen seien zugesprochen worden. Die Berufungswerberin habe aus der resultierenden Vertragsverletzung einen Schadenersatzbetrag von EUR 750,-- erhalten, die erlittenen Unannehmlichkeiten seien abgegolten und die Anrechnung vorgenommen worden.

Das Erstgericht hat zutreffend erkannt, dass über Einwand des Schädigers auf allfällige Schadenersatzleistungen der Anspruch auf Ausgleichsleistung anzurechnen ist. Auf diese Ausführungen wird grundsätzlich verwiesen (§ 500a ZPO). Ganz allgemein muss für eine Anrechnung der anzurechnende Vorteil ebenso wie der entsprechend zu kürzende Schadenersatzanspruch äquivalent-kausal und nach dem Grundsatz der Korrespondenz oder Kongruenz mit Vor- und Nachteilen sachlich und zeitlich kongruent sein (OGH 16.12.2021, 4 Ob 177/21i Rn 22). Wie die Berufungswerberin zutreffend aufzeigt, ist eine solche Kongruenz jedenfalls mit einer allfälligen Ausgleichsleistung aus der Annullierung des Hinfluges OS 419 anzunehmen. Darüber hinaus fehlt für eine Anrechnung der Ausgleichsleistungen im Zusammenhang mit dem Rückflug bereits der Ursachenzusammenhang. Weder die Nichtbeförderung mit dem Flug OS 416 noch die Annullierung des Fluges OS 412 am 19.06.2022 waren ursächlich für den Schaden, der dadurch eingetreten ist, dass Eintrittskarten für den 16.06.2022 nicht mehr nutzbar waren. Eine sachliche und zeitliche Kongruenz (wie die Berufungsgegnerin vermeint) braucht daher nicht mehr geprüft werden.

Der Berufung war daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der Zweitklägerin der gesamte der Höhe nach unstrittige Schadenersatz von EUR 948,-- (EUR 698,-- „Disneyland-Kosten“ zzgl EUR 250,-- Ausgleichsleistung für die Annullierung des Fluges OS 412 vom 19.06.2022) zuzusprechen war.

Die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung macht es erforderlich, auch die erstinstanzliche Kostenentscheidung neu zu fassen.

Zutreffend hat die Berufungswerberin erkannt, dass eine Zusammenrechnung der Obsiegens- und Verlustquoten der Kläger nur dann zulässig ist, wenn die Streit-genossen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts in der Hauptsache solidarisch zu haften haben ( M. Bydlinski in Fasching/Konency, ZPG 3 , § 46 ZPO Rz 5). Werden in einer Klage mehreren Personen zustehende (Ausgleichs-) Ansprüche geltend gemacht, sind diese nur dann zusammenzurechnen, wenn diese Personen Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO wären, also materielle Streitgenossenschaft vorliegen würde. Dies ist jedoch hier nicht der Fall, selbst dann nicht, wenn der Vertragsabschluss allein durch den Ehemann bzw Vater erfolgt ist (1 Ob 217/21z Rn 10). Im Falle einer formellen Streitgenossenschaft ist die Kostenentscheidung auf § 46 Abs 1 ZPO zu stützen (5 Ob 166/19a [ErwGr 4.2]).

Daher ist – unter Zugrundelegung der erheblichen Verschiedenheit der Ansprüche der Kläger – den Klägern der Kostenersatz nach deren Verhältnis der Beteiligung am Rechtsstreit zuzusprechen ( M. Bydlinski , aaO Rz 3). Dies bedeutet, dass – für jeden Verfahrensabschnitt gesondert – das Verhältnis der Streitwerte der einzelnen Kläger am jeweiligen Gesamtstreitwert zu ermitteln, und gemäß diesem Anteil an Gesamt-streitwert ein Teil des Nettohonorars den Klägern zuzuordnen ist. Bei der Bildung der Verfahrensabschnitte ist der Argumentation des Erstgerichtes zu folgen, wonach die Kosten der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung der Klagen von Dritt- und Viertkläger dem ersten Verfahrensabschnitt zuzuordnen sind (LG Korneuburg 27.04.2021, 22 R 334/20b). Auch die Pauschalgebühr ist dem ersten Verfahrensabschnitt zuzurechnen. Weiters ist die Rechtsansicht des Erstgerichtes zutreffend, dass die Änderungen des Streitgegenstandes in der vorbereitenden Tagsatzung (Klagseinschränkung, Klagsausdehnung und Anerkenntnis) bereits ab Beginn der Tagsatzung wirksam werden (§ 12 Abs 3 RATG), sodass die vorbereitende Tagsatzung vom 26.05.2023 den zweiten Verfahrensabschnitt bildet. Die Urkundenvorlage vom selben Tag wurde nicht verzeichnet. Schließlich stellt – nach Einschränkung des Klagebegehrens des Erstklägers auf Kosten mit Schriftsatz vom 29.06.2023 (deren Ersatz nicht mehr Gegenstand der Rechtsmittelschriftsätze war) – die Tagsatzung vom 11.07.2023 den dritten Verfahrensabschnitt dar.

Die von den Streitteilen vorgelegten Kostenverzeichnisse blieben von den Gegner jeweils unbeeinsprucht, von Amts wegen wahrzunehmende Unrichtigkeiten liegen nicht vor. Sie können daher der Kostenentscheidung zugrunde gelegt werden (§ 54 Abs 1a ZPO).

Im ersten Verfahrensabschnitt beträgt die Bemessungsgrundlage EUR 5.479,98. Davon entfallen auf den Erstkläger rund 50 %, auf die Zweitklägerin rund 22 % und auf Dritt- und Viertkläger jeweils rund 14 %. Im zweiten Verfahrensabschnitt beträgt die Bemessungsgrundlage EUR 1.978,--, davon entfallen auf den Erstkläger 27 %, auf die Zweitklägerin 48 % und auf Dritt- und Viertkläger jeweils 12,5 %. Im dritten Verfahrensabschnitt begehren die Zweitklägerin, Dritt- und Viertkläger insgesamt EUR 1.448,--, der Erstkläger nur mehr Nebengebühren. Diese sind – wie der Berufungswerber zutreffend erkannt hat – mit dem Nebengebührenstreitwert von EUR 200,-- zu bewerten (§ 12 Abs 4 lit c RATG), sodass der gesamte Streitwert im dritten Verfahrensabschnitt EUR 1.648,-- beträgt. Davon entfallen rund 12 % auf den Erstkläger, rund 58 % auf die Zweitklägerin und jeweils rund 15 % auf Dritt- und Viertkläger.

Der Erstkläger drang im ersten Verfahrensabschnitt mit 83 % seiner Forderung durch, unterlag im zweiten Verfahrensabschnitt und obsiegte im dritten Verfahrensabschnitt. Die Zweitklägerin, der Dritt- und Viertkläger drangen mit ihren Ansprüchen jeweils zur Gänze durch.

Für den ersten Verfahrensabschnitt bedeutet dies: Das Nettohonorar für die Klage und den vorbereitenden Schriftsatz beträgt insgesamt EUR 1.078,63; auf den Erstkläger entfallen EUR 539,32 und auf die Zweitklägerin EUR 237,30. Dem Erstkläger steht aufgrund der Obsiegensquote von 83 % eine Ersatzquote von 66 % zu, das sind EUR 355,95; der Zweitklägerin ihr ungekürzter Anteil von 237,30. Der jeweils 14 %-ige Anteil des Dritt- und Viertklägers entspricht Beträgen von EUR 151,01. Ihnen steht auch der Ersatz von jeweils der Hälfte der mit EUR 231,07 netto verzeichneten Kosten und der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung, das sind EUR 115,54, zu.

Im zweiten Verfahrensabschnitt beträgt der Nettohonoraranspruch EUR 686,92. Darauf entfallen auf die Zweitklägerin EUR 329,72 und auf Dritt- und Viertkläger jeweils EUR 85,87. Der Erstkläger unterlag in diesem Verfahrensabschnitt und hat der Beklagten daher anteilige Kosten zu ersetzen. Der Beklagten fielen Kosten für die vorbereitende Tagsatzung vom 26.05.2023 von netto EUR 686,92 an. Der 27%-ige Anteil des Erstklägers beträgt EUR 185,47.

Im dritten Verfahrensabschnitt beträgt der Nettohonoraranspruch der Kläger EUR 495,47. Der 12%-ige Anteil des Erstklägers beträgt EUR 59,46, der 58%-ige Anteil der Zweitklägerin EUR 287,37 und der jeweils 15%-ige Anteil von Dritt- und Viertkläger EUR 74,32.

Die Nettoersatzansprüche betragen daher für den Erstkläger (saldiert) EUR 229,94, für die Zweitklägerin EUR 854,39 und für Dritt- und Viertkläger jeweils EUR 426,74.

Zu den jeweiligen Nettobeträgen waren 20 % USt zuzuschlagen, das sind EUR 45,99 für den Erstkläger, EUR 170,88 für die Zweitklägerin und EUR 85,35 für Dritt- und Viertkläger.

Die Pauschalgebühr wurde mit EUR 402,-- verzeichnet. Davon entfallen gemäß dem Anteil des Erstklägers am Gesamtstreitwert im ersten Verfahrensabschnitt auf ihn 50 % oder EUR 201,--. Gemäß der Obsiegensquote des Erstklägers im ersten Verfahrensabschnitt von 83 % waren ihm auch 83 % dieses Betrages zuzusprechen (§ 43 Abs 1 S 3 ZPO), das sind EUR 166,83. Die Zweitklägerin hatte einen Anteil am Gesamtstreitwert im ersten Verfahrensabschnitt von 22 %, das entspricht einem Anteil an der Pauschalgebühr von EUR 88,44. Gemäß den Anteilen von Dritt- und Viertkläger von jeweils 14 % am Gesamtstreitwert steht ihnen jeweils 14 % der Pauschalgebühr zu, das sind EUR 56,28.

Aufgrund der Neuschöpfung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung war über die Berufung im Kostenpunkt bzw den Rekurs nicht mehr abzusprechen (vgl OLG Wien 1 R 17/23m uvm).

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

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