JudikaturLG Korneuburg

22R122/23f – LG Korneuburg Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2023

Kopf

Im Namen der Republik

Das Landesgericht Korneuburg als Berufungs- und Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Iglseder als Vorsitzenden sowie Mag. Jarec, LL.M. und Mag. Rak in der Rechtssache der klagenden Parteien [1] K***** B***** , [2] S***** D***** , beide vertreten durch Mag. Sylvia Weiländer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei A***** A***** AG , vertreten durch Brenner Klemm, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 1.200,-- s.A. , [I] infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 30.03.2023, 24 C 513/22d-9 sowie [II] infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen die in diesem Urteil enthaltene Kosten-entscheidung (Rekursinteresse: EUR 277,30) in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

[I] Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen jeweils die Hälfte der mit EUR 415,38 (darin EUR 69,23 USt.) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu Handen der Klagevertreterin zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

[II] Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen jeweils die Hälfte der mit EUR 155,64 (darin EUR 25,94 USt.) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu Handen der Beklagtenvertreter zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger verfügten über eine bestätigte Buchung für nachstehende Flugverbindung:

– OS 714 ab Budapest 09.09.2022, 11:25 Uhr, an Wien 09.09.2022, 12:15 Uhr, und

– OS 87 ab Wien 09.09.2022, 16:30 Uhr, an New York JFK 09.09.2022, 20:05 Uhr.

Die Beklagte annullierte den Flug OS 87 und buchte die Kläger auf die Flüge BA 703 von Wien nach London mit einer planmäßigen Abflugzeit um 16:45 Uhr und einer planmäßigen Ankunftszeit um 18:05 Uhr, sowie BA 181 von London nach New York-Newark mit einer planmäßigen Abflugzeit um 19:10 Uhr und einer planmäßigen Ankunftszeit um 22:00 Uhr um. Der Flug BA 703 verspätete sich, weshalb die Klägerin den Flug BA 181 verpassten und ihr Endziel New York erst am 10.09.2022 erreichten. Die Flugstrecke von Budapest nach New York umfasst eine Entfernung von mehr als 3.500 km.

Mit der beim Erstgericht am 17.10.2022 eingebrachten Klage begehrten die Kläger von der Beklagten jeweils den Zuspruch von EUR 600,-- samt 4 % Zinsen zuletzt ab 11.10.2022 und brachten vor, sie hätten die Flüge mit dem Code T007RT direkt bei der Beklagten gebucht. Nachdem die erste Teilstrecke absolviert gewesen sei, habe sie die Beklagte vom Ausfall des Fluges der Folgestrecke informiert und auf den Flug über London nach Newark im Bundesstaat New Jersey (Großraum New York) umgebucht. Die Entfernung zwischen den Flughäfen New York JFK und Newark betrage 34,7 km. Das Flugzeug, das den Flug BA 703 von Wien nach London hätte ausführen sollen, sei im Zeitpunkt der Umbuchung bereits mit einer Verspätung von 46 Minuten von London nach Wien unterwegs gewesen. Selbst wenn der Flug BA 703 rechtzeitig gestartet wäre, hätten sie lediglich 1:05 Stunden Aus- und Umstiegszeit in London zur Verfügung gehabt. Die erforderliche Mindestumstiegszeit am Flughafen London-Heathrow betrage eine Stunde. Im Zeitpunkt der Umbuchung sei der Beklagten bekannt gewesen, dass sie den Anschlussflug BA 181 nicht rechtzeitig erreichen könnten. Sie seien in London auf einen Ersatzflug auf den Folgetag umgebucht worden und hätten einen Hotelgutschein für die Nächtigung in einem Flughafenhotel erhalten. Die Beklagte habe ihren Direktflug grundlos annulliert und sie auf eine sinnlose stressige Tortur über London an einen völlig anderen Zielflughafen geschickt.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, der Flug OS 87 habe annulliert werden müssen. Sie habe die Kläger auf die nächstmögliche gleichwertige Verbindung umgebucht, wodurch diese ihr Endziel nur um 1:55 Stunden verspätet erreicht hätten. Die EU-FluggastVO ziele auf das Anbieten einer Alternativbeförderung und nicht auf das faktische Erreichen des Endziels ab. Sie habe keine operationelle Verantwortung für die umgebuchten Flüge gehabt, es habe sich nicht in ihrem Machtbereich befunden, ob die Flüge dann tatsächlich durchgeführt würden oder Unregelmäßigkeiten aufweisen würden. Ihr stünden zur Verspätung des Fluges BA 703 keine näheren Informationen zur Verfügung, sodass sie den Grund der Verspätung nicht angeben könne. Sie habe erst im Nachgang erfahren, dass die Kläger mit den von ihr organisierten Alternativflügen ihr Endziel nicht erreichen würden. Hinsichtlich der Verspätung der angebotenen Alternativbeförderung sei sie nicht passiv legitimiert, sie sei nicht ausführendes Luftfahrtunternehmen.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt, weiters verpflichtete das Erstgericht mit der angefochtenen Kostenentscheidung die Beklagte, den klagenden Parteien die mit EUR 1.163,23 bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen. Es traf (allein) eine Feststellung zu einem Aufforderungsschreiben und folgerte in rechtlicher Hinsicht, dass nach Art 5 Abs 1 lit c iVm Art 7 Abs 1 lit c EU-FluggastVO bei der Annullierung eines Fluges über eine Entfernung von mehr als 3.500 km eine Ausgleichszahlung von EUR 600,-- gebühre. Das ausführende Luftfahrtunternehmen könne sich von der Pflicht zur Ausgleichsleistung befreien, wenn Fluggäste ein Angebot zur anderweitigen Beförderung erhielten, dass es ihnen ermögliche, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen. Dabei seien die tatsächliche Abflug- bzw. Ankunftszeit der planmäßigen Abflug- bzw. Ankunftszeit des ursprünglichen gebuchten Fluges gegenüber zu stellen. Für die Entlastung reiche es nicht aus, dass das Luftfahrtunternehmen dem Fluggast eine anderweitige Beförderung lediglich anbiete, der Fluggast müsse auch die tatsächliche Möglichkeit der Ersatzbeförderung dazu haben. Die Beklagte habe eine Beförderung zum Flughafen JFK geschuldet. Da eine Verbringung innerhalb von fünf Minuten (verbleibende Zeit zwischen der Planankunft OS 87 und der Planankunft BA 181 bis zur Überschreitung der Zweistundenmarke) vom Flughafen Newark zum Flughafen JFK ausgeschlossen sei, seien die Zeitgrenzen auch aus diesem Grund nicht eingehalten worden. Die Kostenentscheidung gründete das Erstgericht auf § 41 Abs 1 ZPO. Entsprechend des Einwandes der Beklagten sei die Replik vom 14.03.2023 nicht zu honorieren gewesen, weil sie nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters regt die Berufungswerberin an, zwei (näher formulierte) Fragen dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Gegen die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung richtet sich der Kosten- rekurs der Kläger mit dem Antrag, jene dahin abzuändern, dass die Beklagte zum Kostenersatz von EUR 1.440,53 verpflichtet werde.

Die Rechtsmittelgegner beantragen jeweils, den Rechtsmitteln nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Sowohl die Berufung der Beklagten als auch der Kostenrekurs der Kläger sind nicht berechtigt.

[I] Zur Berufung :

[a] Die Berufungs gegner vermissen die Feststellung, dass schon im Zeitpunkt der Umbuchung durch die Beklagte klar gewesen sei, dass sich der Ersatzflug verspäten werde, und sich die geforderte Mindestumstiegszeit am Flughafen London zum Erreichen des Ersatzfluges nicht hätte eingehalten werden können.

Wie noch in der Behandlung der Rechtsrüge der Berufungswerberin auszuführen sein wird, kommt es auf die gewünschte Feststellung nicht an. Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt daher nicht vor.

[b] Die Berufungswerberin führt für ihren Standpunkt ins Treffen, dass sie eine Ersatz-beförderung angeboten habe, die es theoretisch ermöglicht hätte, nicht mehr als zwei Stunden später anzukommen (Art 5 Abs 1 lit c dritter Spiegelstrich EU-FluggastVO). Die Qualifikation eines von der Ausgleichsleistung befreienden Ersatzanbotes müsse auf die geplante Zeit und nicht auf die tatsächlichen Zeiten abstellen. Es stünde den Klägern frei, gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, der British Airways, eine Ausgleichsleistung geltend zu machen.

Die Kläger haben sich (bereits in der Mahnklage) auch darauf gestützt, erst nach rund 18 Stunden im Großraum New York angekommen zu sein. Damit haben die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren auch einen Ausgleichsanspruch aus der Leistungsstörung der großen Ankunftsverspätung (im Sinne der Rechtsprechung des EuGH seit dem Urteil vom 19.11.2009 in der Rechtssache C-402/07 Sturgeon u.a. ) geltend gemacht. Es ist ausdrücklich außer Streit gestellt, dass die Kläger mit dem Flug BA 181, der zur Ersatzbeförderung eingesetzt wurde, ihr Endziel New York erst am Folgetag und damit jedenfalls mit mehr als dreistündiger Verspätung erreichten.

Der erkennende Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass sich aus dem Urteil des EuGH vom 12.03.2020 in der Rechtssache C-832/18 Finnair ergebe, dass die EU-FluggastVO auf Ersatzbeförderungen uneingeschränkt anzuwenden sei (LG Korneuburg 22 R 298/21k; 22 R 36/23h). In der zuerst genannten Entscheidung wurde der Schluss gezogen, dass die dort Beklagte, nämlich das ausführende Luftfahrtunternehmen des (verspäteten) Zubringerfluges der Ersatzbeförderung (was zum Versäumen des Anschlussfluges führte), für die mehr als dreistündige Ankunftsverspätung am Endziel nach Art 7 Abs 1 EU-FluggastVO einzustehen habe.

Ursprünglich verfügten die Kläger über eine bestätigte Buchung für die von der Beklagten durchzuführenden Flüge OS 417/OS 87 von Budapest über Wien nach New York. Die „Ersatzbeförderung“ [siehe sogleich] fand mit den Flügen OS 417/ BA 703/ BA 181 von Budapest über Wien und London-Heathrow nach New York-Newark statt. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist sie somit aufgrund der Durchführung des ersten Flugsegmentes als ausführendes Luftfahrtunternehmen (auch) der hier vorliegenden Ersatzbeförderung anzusehen. Die vorliegende Flugreise (Ersatz-beförderung) entspricht dem Sachverhalt, der vom EuGH mit Urteil vom 11.07.2009 in der Rechtssache C-502/18 České aerolinie entschieden wurde. In diesem Urteil sprach der EuGH aus, dass Flüge, die Gegenstand einer einzigen Buchung waren, als Einheit anzusehen sind. Das ausführende Luftfahrtunternehmen, das für die erste Teilstrecke verantwortlich ist, kann sich nicht darauf berufen, dass die mangelhafte Durchführung auf einer späteren Teilstrecke erfolgte, für die sie nicht verantwortlich war ( Jarec , Zur Haftung für Verspätungen am Endziel trotz pünktlichen Zubringerfluges, RRA 2019, 251 [252]).

Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin hat sie für die Verspätung der Ersatz- beförderung für das zweite Flugsegment einzustehen, weil sie ausführendes Luftfahrunternehmen der Flugreise OS 417 / BA 703 / BA 181 von Budapest über Wien und London-Heathrow nach New York-Newark war. In diesem Zusammenhang ist es auch ohne Bedeutung, ob der Beklagten im Zeitpunkt der Umbuchung klar war, dass sich der Ersatzflug verspäten werde.

[c] Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art 2 lit l EU-FluggastVO dahin auszulegen, dass ein Flug dann als annulliert zu werten ist, wenn die festgelegte Flugroute aufgegeben wird. Darunter ist die Strecke vom Ausgangsflughafen zum Bestimmungsflughafen zu verstehen (Urteil Rs C-83/10 Sousa Rodriguez ua Rn 28).

Daher ist zu prüfen, ob sich die Beklagte durch die angebotene (und auch angenommene) Ersatzbeförderung auf Art 5 Abs 1 lit c dritter Spiegelstrich EU-FluggastVO berufen kann. Nach dieser Bestimmung entfällt der Anspruch auf Ausgleichsleistung bei einer Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit, wenn die angebotene Ersatzbeförderung ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und das Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen. Dies bedeutet, dass selbst dann, wenn eine Annullierung vorliegt, der Anspruch auf Ausgleichszahlung entfällt. Bei der Prüfung, ob die Zeitkorridore überschritten werden, ist die tatsächliche Abflug- bzw Ankunftszeit der anderweitigen Beförderung am Endziel der planmäßigen Abflug- bzw Ankunftszeit des ursprünglich gebuchten Fluges gegenüber zu stellen ( Schmid Schmid, BeckOK Fluggastrechte-VO [27. Edition] Art 5 Rn 42). Daraus ergibt sich aber, dass es auf die Ankunft an ein- und demselben Endziel ankommen muss. Landet der Fluggast an einem anderen Ort als dem ursprünglichen Endziel, scheidet eine Berufung auf Art 5 Abs 1 lit c dritter Spiegelstrich EU-FluggastVO aus.

Zum selben Ergebnis kommt man aus systematischen Überlegungen. Auch eine anderweitige Ersatzbeförderung auf Wunsch des Fluggastes gemäß Art 8 Abs 1 lit c EU-FluggastVO liegt nur dann vor, wenn diese den Fluggast auch zum vereinbarten Endziel bringt ( Degott aaO Art 8 Rn 14). Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber eine Regelung schaffen wollte, dass eine Änderung der Flugroute in dieser Bestimmung nicht vorgesehen ist.

Mit der Änderung des Endzieles von New York JFK auf New York-Newark liegt keine Ersatzbeförderung nach Art 5 Abs 1 lit c dritter Spiegelstrich EU-FluggastVO vor. Der Anspruch auf Ausgleichsleistung wegen der Annullierung besteht daher zu Recht (sofern sich das Luftfahrtunternehmen nicht auf Art 8 Abs 3 EU-FluggastVO berufen kann).

[d] Die Frage, ob zwei Flughäfen zueinander in dem in Art 8 Abs 3 EU-FluggastVO beschriebenen Verhältnis stehen, ist eine Tatsachenfrage, zu der von der Partei, die sich darauf beruft, mangels Gerichtsnotorietät (schon in erster Instanz) entsprechende Prozessbehauptungen aufzustellen sind (RKO0000042; zust. Degott in Schmid aaO Art 8 Rn 46a). Das Luftfahrtunternehmen ist für das Nichtbestehen des Ausgleichs- anspruches wegen Annullierung behauptungs- und beweispflichtig, dass für den Fluggast die im Fall der Annullierung als dem Regelfall vorgesehenen Ansprüche nicht bestehen ( Jarec , Die Rechtsfolgen einer Flugumleitung zu einem Ausweichflughafen in einer Region, RRa 2021, 163 [166]).

Die Ersatzbeförderung war daher nicht geeignet, den Entfall des Anspruchs auf Ausgleichsleistung nach Art 5 Abs 1 lit c dritter Spiegelstrich EU-FluggastVO herbeizuführen.

Der Sachverhalt lässt sich somit ohne Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens klären. Das Erstgericht hat – jedenfalls im Ergebnis – den Klägern zu Recht die Ausgleichsleistung samt den eingeschränkten Zinsen zugesprochen. Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Für die Berufungsbeantwortung gebührt nur der einfache Einheitssatz (§ 23 Abs 10 ZPO).

Die Revision ist nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

[II] Zum Kostenrekurs :

Nach Erhebung der Mahnklage und Zustellung des Einspruches gegen den Zahlungsbefehl erstatteten die Kläger am 06.12.2022 (ON 4) einen vorbereitenden Schriftsatz. In der Ladung zur vorbereitenden Tagsatzung für den 21.03.2023 trug das Erstgericht den Parteien auf, soweit dies noch nicht geschehen sei, „bis zu dem Termin ihr Vorbringen abschließend zu erstatten, die als Beweismittel zu benützenden Urkunden dem Gericht zu erlegen und dem Vor- und Zunamen sowie die Anschrift der einzuvernehmenden Zeugen und Parteien bekanntzugeben (§ 180 Abs 2 ZPO)“ (ON 5).

Mit Schriftsatz vom 14.03.2023 (ON 7) erstatteten die Kläger eine Replik, die von ihnen im Kostenverzeichnis nach TP3A verzeichnet wurde. In der Tagsatzung vom 21.03.2023 sprach sich die Beklagte gegen die Honorierung der Replik aus, weil sie nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich gewesen sei und bereits im vorbereitenden Schriftsatz vom 06.12.2022 oder in der vorbereitenden Tagsatzung hätte erstattet werden können.

Mit der nunmehr angefochtenen Kostenentscheidung sprach das Erstgericht aus, dass entsprechend dem Einwand die Replik nicht zu honorieren gewesen sei.

Die Rekurswerber wenden sich aus folgenden Erwägungen gegen das Argument des Erstgerichtes, der Schriftsatz sei nicht zu honorieren.

[a] Zunächst bringen die Rekurswerber vor, dass sie dem gerichtlichen Auftrag nachgekommen seien. Diesem habe nur durch Vorlage der mit dieser Replik elektronisch vorgelegten Urkunden entsprochen werden können.

Die Bejahung der prozessualen Zulässigkeit eines vorbereiteten Schriftsatz bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Schriftsatz auch zweckmäßig und notwendig iSd § 41 Abs 1 ZPO ist (vgl. Obermaier , Kostenhandbuch 3 ; Rz 3.59). Ein vorbereitender Schriftsatz ist nur dann zu honorieren, wenn er der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient hat. Auch wenn sich daraus ohnehin ergibt, dass ein Schriftsatz nicht schon deshalb zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war, weil er vom Erstgericht – gemäß § 440 Abs 3 ZPO – aufgetragenen worden war, ist vorauszuschicken, dass es sich bei dem vom Erstgericht in die Ladung zur vorbereitenden Tagsatzung aufgenommenen Beisatz bestenfalls um eine allgemein gehaltene Prozessleitungsanordnung im Sinne der im Auftrag genannten Bestimmung handelt, nicht aber um einen Auftrag gemäß § 440 Abs 3 ZPO. Einerseits differenziert der Auftrag nicht danach, ob das Vorbringen samt Beweisanbot mündlich oder schriftlich zu erstatten ist; andererseits ergibt sich aus der Wendung „bis zu dem Termin“ , dass es sich allenfalls um einen gesetzwidrigen Auftrag zur Einbringung vorbereitender Schriftsätze handeln würde, weil solche gemäß § 257 Abs 3 ZPO spätestens eine Woche vor der vorbereitenden Tagsatzung bei Gericht und Gegner eingelangt sein müssen (zur Anwendbarkeit des § 257 Abs 3 ZPO im bezirksgerichtlichen Verfahren: Kodek in Fasching/Konecny, ZPG 3 § 440 ZPO Rz 16/1). Die Anwendung des § 180 Abs 2 ZPO setzt überdies Verstöße der Partei bei der Erfüllung ihrer Prozessförderungspflicht voraus ( Fucik in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 180 ZPO Rz 4; Rassi in Fasching/Konecny, ZPG 3 § 180 ZPO Rz 35 ff).

Der Argumentation der Rekurswerber ist weiters entgegenzuhalten, dass die angesprochenen Urkunden planmäßige Darstellungen der Entfernungen zwischen den Flughäfen Wien und Bratislava einerseits sowie New York JFK und Newark andererseits beinhalten. Warum die Entfernungen zwischen den genannten Flughäfen entscheidungsrelevant sein sollte, vermögen weder das Tatsachenvorbringen im Schriftsatz noch die Ausführungen im Kosten- rekurs darzulegen.

[b] Die Rekurswerber stützen sich auch darauf, dass die erste Verhandlung nur für 30 Minuten anberaumt gewesen sei, was insgesamt nicht ausgereicht hätte, um sämtliches Vorbringen erstatten zu können.

Darauf ist zu erwidern, dass die in der Ladung angeführte Dauer nur eine voraussichtliche Zeit darstellt. Wie die Beklagte in ihrer Kostenrekursbeantwortung darstellt, wäre das ohnedies knapp gehaltene Vorbringen in der verbliebenen Zeit der vorbereitenden Tagsatzung problemlos zu erstatten gewesen.

[c] Schließlich stützen sich die Rekurswerber darauf, dass der Schriftsatz notwendig geworden sei, weil sich die Beklagte im Schriftsatz vom 14.03.2023 auf Art 5 Abs 1 lit c dritter Spiegelstrich EU-FluggastVO gestützt habe. Weiters habe sie in dem Schriftsatz behauptet, dass die Entfernung zwischen dem geschuldeten und dem [tatsächlichen] Zielflughafen nur 33,4 km betragen habe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Einwand der Ersatzbeförderung, die nicht mehr als zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunft des annullierten Fluges angekommen sei, bereits im Einspruch enthalten war (Punkt 3. in ON 3). Auf die Entfernung zwischen dem ursprünglich vorgesehenen Zielflughafen und dem tatsächlichen Zielflughafen kommt es, wie bereits ausgeführt, gar nicht an. Die Beklagte hat sich im gesamten Verfahren weder auf eine unmittelbare noch auf eine analoge Anwendung des Art 8 Abs 3 EU-FluggastVO gestützt und aus diesem Grund den Ausgleichs- anspruch wegen Annullierung bestritten.

Die Rekursgegnerin hat daher zutreffend aufgezeigt, dass das entsprechende Tatsachenvorbringen in der Replik vom 14.03.2023 entweder bereits im eingebrachten vorbereitenden Schriftsatz oder in der unmittelbar darauffolgenden vorbereitenden Tagsatzung hätte erstattet werden können, sodass die Einbringung des Schriftsatzes nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 41 Abs 1 ZPO erforderlich war.

Dem Kostenrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

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