25R4/14m – LG Korneuburg Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht Korneuburg als Rekursgericht hat durch seine Richter Präsident HR Dr. Tschugguel als Vorsitzenden sowie Dr. Suchanek-Zehetmayr und Vizepräsidentin HR Dr. Zemanek in der Sachwalterschaftssache *****, vertreten durch das VertretungsNetz Sachwalterschaft Niederösterreich, Wiener Straße 12, 2120 Wolkersdorf, infolge Rekurses *****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Mistelbach vom 20.11.2013, 16 P 52/12x-29, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:
"Die ***** wird angewiesen bekanntzugeben, zu welchem Zeitpunkt, mit welchem Einlagestand und zu welchen Kontonummern auf die Betroffene lautende bzw. identifizierte bzw. aus Sicht des Instituts ihrem Vermögen zuzuordnende Spareinlagen eröffnet wurden, dies binnen vierzehn Tagen ab Rechtskraft dieses Beschlusses."
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung
Für *****, ist das VertretungsNetz Sachwalterschaft gemäß § 268 ABGB zum Sachwalter bestellt. Der Wirkungskreis umfasst die Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten sowie die Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen.
Aufgrund der Berichte des Sachwalters ergab sich, dass bei der ***** drei nicht identifizierte Sparbücher mit Losungswort vorhanden seien, deren Nummern sowie Guthabensstand aufgrund des Bankgeheimnisses nicht preisgegeben wurden.
Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 19.04.2013 wurde der Sachwalter ermächtigt, über die drei bei der ***** angelegten Sparbücher zu verfügen. Zunächst zeigte sich die Betroffene nicht bereit, diese Sparbücher dem Sachwalter zu zeigen oder auszuhändigen, auch die Bank verweigerte alle Informationen über diese Sparbücher. Über weitere Aufforderung des Erstgerichtes an die Betroffene, die Sparbücher dem Sachwalter zu übergeben, stellte sich heraus, dass die Betroffene diese Sparbücher nicht auffinden konnte, lediglich ein Losungswort sei dem Sachwalter und dem Gericht bekannt.
Über Anfrage an die ***** teilte diese mit, dass ein gemäß § 40 Abs 1 BWG auf die Besachwalterte identifizierter Vermögenswert geführt werde, weiterführende Auskünfte jedoch ausschließlich gegen körperliche Vorlage der Sparurkunden erteilt werden dürften (ON 28).
Mit dem angefochtenen Beschluss entband das Erstgericht gemäß § 38 Abs 2 Z 4 BWG die ***** vom Bankgeheimnis und wies sie 1.) an, alle Kontennummern und -stände der auf die Betroffene lautenden bzw. identifizierten bzw. aus der Sicht des Instituts ihrem Vermögen zuzuordnenden Spareinlagen binnen vierzehn Tagen nach Rechtskraft dieses Beschlusses dem Pflegschaftsgericht bekanntzugeben. 2.) wurde die ***** angewiesen, diese Spareinlagen so zu sperren, dass eine Verfügung darüber nur mit Zustimmung des Pflegschaftsgerichtes möglich sei. Die angeordneten Sperren wurden als einstweilige Vorkehrung gemäß § 133 Abs 4 AußStrG sofort in Vollzug gesetzt. Zur Begründung verwies das Erstgericht darauf, dass die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses unter anderem gegenüber dem Pflegschaftsgericht nicht bestehe, wenn der Kunde minderjährig oder sonst pflegebefohlen sei (§ 38 Abs 2 Z 4 BWG), weshalb die Entbindung vom Amtsgeheimnis auszusprechen war. Gemäß § 133 Abs 1 AußStrG sei das Gericht verpflichtet, vom Amts wegen das Vermögen Pflegebefohlener zu erforschen, wenn Anhaltspunkt bestünden, dass dieses nennenswert sei. Diese Bestimmung gelte auch im Sachwalterschaftsverfahren. Gemäß § 133 Abs 4 AußStrG könne das Gericht zur Erforschung des Vermögens und zur Überwachung seiner Verwaltung einschließlich zu seiner Sicherung unter anderem Auskünfte von Kreditunternehmen einholen und die Sperre von Guthaben anordnen. Die Sperre eines Sparbuches als Sicherungsmaßnahme sei etwa schon gerechtfertigt, wenn die Zugehörigkeit des Sparbuches zum Mündelvermögen zumindest dadurch indiziert sei, dass es mit dem Vornamen des Kindes bezeichnet sei. Im vorliegenden Fall sei zumindest ein Sparbuch auf die Betroffene identifiziert. Die Aussage der Bank, dass weiterführende Auskünfte ausschließlich gegen körperliche Vorlage der Sparurkunden erteilt werden dürften, entbehre daher im Lichte der vorgenannten rechtlichen Ausführungen jeglicher Grundlage, dies umso mehr, als die Bank gemäß § 38 Abs 1 iVm § 38 Abs 2 Z 4 BWG ausdrücklich gegenüber dem Pflegschaftsgericht vom Bankgeheimnis entbunden sei. Da das Pflegschaftsgericht zur Sicherung des Vermögens gemäß § 133 Abs 4 AußStrG auch einstweilige Vorkehrungen treffen könnte, sei anzuordnen, dass die angeordnete Sperre sofort in Vollzug zu setzen sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs der ***** mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben, in eventu in dahingehend abzuändern, dass der Bekanntgabeverpflichtung und Sperrverpflichtung des angefochtenen Beschlusses nur Zug-um-Zug gegen Vorlage der betroffenen Sparbücher nachzukommen sei.
Rekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Die Rekurswerberin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, dass es sich bei den im angefochtenen Beschluss genannten Sparbüchern um Inhaberpapiere handle, sodass Auskünfte und Leistungen grundsätzlich nur gegen Vorlage dieser Sparbücher zu leisten seien. Dies ergebe sich aus § 32 Abs 2 BWG. Es sei daher unzulässig etwa aus der Verpflichtung des BWG zur Identitätsfeststellung Rückschlüsse auf das Eigentumsrecht an Sparurkunde zu ziehen. Gemäß § 32 Abs 4 Z 1 BWG dürfe bei Kleinbetragssparbüchern an jeden Buchvorleger gegen Nennung des Losungswortes ausbezahlt werden, wobei sich dieser vor Auszahlung korrekt gegenüber dem Kreditinstitut zu identifizieren habe. Der Auszahlung begehrende Buchvorleger müsse jedoch nicht mit der zu dieser Sparurkunde identifizierten Person identisch sein. Die Erfüllung des vom Erstgericht erteilten Auftrages, der nach Ansicht der Rekurswerberin rechtswidrig sei, würde dazu führen, dass dem Pflegschaftsgericht auch Kleinbetragssparbücher, zu denen sich seinerzeit bei Eröffnung des Sparbuches die betroffene Person identifiziert habe, bekanntgegeben würden, obwohl nicht feststehe, dass diese zum jetzigen Zeitpunkt noch im Eigentum der betroffenen Person stünden. Die angeordnete Auskunftserteilung sei somit ein Verstoß gegen die Geheimhaltungsverpflichtung des § 38 BWG gegenüber dem tatsächlichen Eigentümer der betroffenen Kleinbetragssparbücher.
Festzuhalten ist zunächst, dass aufgrund der Ausführungen der Rekurswerberin in ihrem Rechtsmittel feststeht, dass die Rekurswerberin drei Sparbücher ausgegeben hat, zu welchen die betroffene Person identifiziert wurde, und dass alle drei Sparbücher einen Einlagestand von unter EUR 15.000,-- aufweisen und nicht auf den Namen der Betroffenen lauten.
In zahlreichen Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die aus § 38 Abs 2 Z 4 BWG ersichtliche Auskunftspflicht der Bank gegenüber dem Gericht jedenfalls nicht weitergehen kann als jene gegenüber dem Kunden selbst (vgl etwa 4 Ob 36/01z, 7 Ob 100/03m uva). Wie sich schon aus dem Sinn und Zweck des verfassungsrechtlich geschützten (§ 38 Abs 5 BWG) Bankgeheimnisses ergibt, obliegt der Beweis der Kundeneigenschaft demjenigen, der sich darauf gegenüber der Bank beruft und Auskunft erhalten will (7 Ob 610/95 mwN ua). Eine Auskunftspflicht der Bank kann daher nur in Betracht kommen, soweit ein Konto ausreichend individualisiert ist und im Besitz des Betroffenen steht.
Im hier vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Betroffene selbst derzeit nicht im Besitz der Sparbücher ist. Daher ist die Kundeneigenschaft der Betroffenen im Hinblick auf diese Sparbücher nicht ausreichend bewiesen, sodass eine Auskunftserteilung über den derzeitigen Stand bzw. die Kontennummern dieser Sparguthaben nicht gegeben ist und auch nicht die Möglichkeit besteht, diese Sparbücher zu sperren, zumal auch nicht feststeht, ob die Betroffene über diese Spareinlagen verfügungsberechtigt ist.
Allerdings besteht die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses gemäß § 38 Abs 2 Z 4 BWG im vorliegenden Fall insoweit nicht, als das Pflegschaftsgericht sehr wohl Auskunft darüber verlangen kann, zu welchem Zeitpunkt, zu welchen Kontonummern und mit welchem Einlagestand die Betroffene seinerzeit Sparbücher angelegt bzw. die Rekurswerberin diese Sparbücher, zu welchen die betroffene Person identifiziert wurde, ausgegeben hat. Durch diese lediglich auf das Pflegschaftsverfahren bezughabenden Auskünfte wird auch das BWG nicht verletzt. Diese Auskünfte ermöglichen jedoch die Einleitung eines Aufgebotsverfahrens im Sinne des Kraftloserklärungsgesetzes 1951 und sind daher im Interesse der Betroffenen gelegen und zur Absicherung ihrer finanziellen Situation unbedingt erforderlich.
Allerdings kommt eine Sperre der Sparbücher im Hinblick auf die derzeit unklare rechtliche Situation dieser Sparbücher nicht in Betracht.
Dem Rekurs der ***** war daher teilweise Folge zu geben.
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes gründet sich auf § 59 Abs 2 AußStrG.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf §§ 59 Abs 1 Z 2, 62 Abs 1 AußStrG; eine Rechtsfrage der dort geforderten Qualifikation liegt nicht vor.