JudikaturLG Klagenfurt

1R54/11b – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
18. März 2011

Kopf

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Joham (Vorsitz), Dr. Mikulan und Dr. Steflitsch in der Verlassenschaftssache nach dem zwischen 12. Jänner 2008 und 13. Jänner 2008 verstorbenen *****, zuletzt wohnhaft gewesen *****, über den Rekurs der Erbin *****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes St. Veit/Glan vom 20. Jänner 2011, 1 A 67/08k 23, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen, über den Gebührenanspruch des Gerichtskommissärs nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden.

Text

Begründung:

Die Rechtskraft des zu 1 A 67/08k des Bezirksgerichtes St. Veit/Glan erlassenen Einantwortungsbeschlusses vom 21. Oktober 2008 wurde mit 7. November 2008 bestätigt. Mit Beschluss vom 11. Mai 2009 berichtigte das Erstgericht den Einantwortungsbeschluss. Die Bestätigung der Rechtskraft erfolgte am 4. Juni 2009. Am 14. Jänner 2011 schritt der Gerichtskommissär nach § 182 Abs 2 AußStrG ein und veranlasste die grundbücherliche Einverleibung der Erbin. Für diese Maßnahme verzeichnete er Kosten nach dem RATG im Betrag von insgesamt € 760,04. Mit Zahlungsaufforderung vom 17. Jänner 2011 schrieb das Erstgericht der Erbin die Eintragungsgebühr im Betrag von € 354, und sonstige Kosten im Betrag von € 36, (insgesamt € 390, ) vor. Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Gebühren des Gerichtskommissärs antragsgemäß.

Gegen diesen Beschluss - die Zahlungsaufforderung des Grundbuchsgerichtes ist nicht Gegenstand des Rekursverfahrens - richtet sich der Rekurs der Erbin mit einem Aufhebungsantrag. Die Erbin macht geltend, dass sie die Liegenschaft EZ 241 GB 74305 Metnitz Markt bereits am 12. November 2009 verkauft habe und mit diesem Verkauf des Baugrundes die Angelegenheit für sie erledigt sei.

Der Gerichtskommissär hat beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.) § 182 Abs 2 AußStrG enthält keine ausdrückliche Regelung der Frage über die Verpflichtung zum Kostenersatz betreffend den vom Gerichtskommissär gestellten Verbücherungsantrag, obwohl der Gesetzgeber leicht eine Vorschrift (etwa nach dem Vorbild des § 10 ZPO) vorsehen hätte können. Dazu wird die Auffassung vertreten (Knoll, RZ 2005, 6), dass der Säumige keinen "Gratiskurator" erhalte, sondern dessen Kosten nach dem NTG bzw. RATG tragen müsse, weil das GKTG diesbezüglich keinen Tarifansatz enthalte und es sich um ein Verfahren außerhalb der Abhandlung handle. § 185 AußStrG komme nicht zur Anwendung. Dieser Auffassung ist grundsätzlich beizupflichten, da § 182 Abs 2 AußStrG auch keine ausdrückliche Anordnung aufweist, dass ein Kostenersatz nicht stattfinde (vgl. § 54 Abs 1 a ZPO).

2.) Vom Gesetz ungeregelt blieb auch, in welchem Verfahren über diese Kostenersatzpflicht zu entscheiden ist. Im Hinblick darauf, dass es sich um eine Bestimmung des Außerstreitgesetzes handelt, die mit dem Verlassenschaftsverfahren in engem Zusammenhang steht, und nach dem GKTG die Kosten des Gerichtskommissärs vom Abhandlungsgericht im außerstreitigen Verfahren zu bestimmen sind, liegt es nahe, auch über den Kostenersatz nach § 182 Abs 2 AußStrG in derselben Weise zu erkennen, und nicht im ordentlichen Rechtsweg, wie es dann der Fall wäre, wenn der Erbe einen Parteienvertreter mit der Verbücherung des Abhandlungsergebnisses beauftragt hätte.

3.) Der Gerichtskommissär wird mangels Vollmacht als Säumniskurator ex lege angesehen, dessen Antragslegitimation sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Voraussetzung eines auf § 182 Abs 2 AußStrG gestützten Verbücherungsantrages ist demnach eine Säumnis des Berechtigten. Der Rechtsordnung sind zahlreiche Säumnisvorschriften bekannt, die das Handeln der Verfahrensbeteiligten an Fristen knüpfen, mangels deren Einhaltung für die Parteien nachteilige Folgen eintreten können. Derartige Säumnisfolgen treten allerdings im Regelfall nur dann ein, wenn die Parteien auf die drohenden Säumnisfolgen hingewiesen wurden, was im Normalfall durch eine Rechtsmittelbelehrung geschehen wird. Der Begriff "Säumnis" enthält auch subjektive Elemente, weshalb die Rechtsordnung Bestimmungen enthält, eine objektiv eingetretene Säumnis mangels Verschuldens nachträglich wieder zu beseitigen, wie etwa die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die in zahlreichen Verfahren vorgesehen ist. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Säumnis in aller Regel nur eintritt, wenn die betroffene Partei Kenntnis von der Frist und den Folgen ihres ungenützten Verstreichens hat.

4.) Nach dem Willen des Gesetzgebers wurde die Frist des § 182 Abs 2 ZPO ebenso "großzügig" (etwa ein Jahr) wie "flexibel" ("angemessen", "nicht erheblich übersteigend") zur Erfüllung der Antragsobliegenheit gestaltet. Es handelt sich hiebei um eine gesetzliche Frist und zweifelsfrei um keine Notfrist. Nach § 128 Abs 1 ZPO können gesetzliche Fristen (die nicht Notfristen sind) vom Gericht verlängert werden, insbesondere dann, wenn etwa sehr erhebliche Gründe hiefür bestehen oder die Partei mangels Fristverlängerung einen nicht wieder gutzumachenden Schaden erleiden würde (§ 128 Abs 2 ZPO). Wie die Praxis zeigt, sind Fristverlängerungen gerade im Verlassenschaftsverfahren häufig. Wird etwa ein Notar (als Gerichtskommissär) ohne Rechtfertigung säumig und bleibt er dies auch, nachdem ihm unter gleichzeitiger Androhung des Widerrufes des Auftrages eine angemessene Nachfrist gesetzt worden ist, so ist der Auftrag zu widerrufen und ein anderer Notar zum Gerichtskommissär zu bestellen (§ 7 Abs 2 GKoärG). Gerade diese Bestimmung (wie viele andere auch, beispielsweise Nachfristsetzung im Gewährleistungsrecht) zeigt, dass Fristablauf im Allgemeinen so flexibel zu handhaben ist, dass Säumnisfolgen nur dann eintreten sollen, wenn Parteien trotz Kenntnis des Fristablaufes und seiner Folgen oder trotz angemessener Nachfrist weiterhin untätig bleiben. Der Rekurssenat gelangt zu dem Ergebnis, dass die gesetzliche Frist des § 182 Abs 2 AußStrG aus erheblichen Gründen verlängert werden kann und dass die Partei Kenntnis davon haben muss, welche Folgen ihr bei ungenütztem Verstreichen der Frist drohen. Die Herstellung der Grundbuchsordnung ist zwar ein Anliegen der Rechtssicherheit, aber kein Selbstzweck. In den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf wurde auf den Fall der Weiterveräußerung einer Liegenschaft (mit nachfolgender Sprungeintragung) ausdrücklich hingewiesen. Dabei handelt es sich um ein durchaus übliches Vorkommnis, wobei die Parteien in vielen Fällen von ihrer Ingerenz entzogenen Vorgängen an der Einhaltung der (verlängerbaren) Frist gehindert sein können, etwa dem Eintritt der Rechtskraft eines im Verwaltungsverfahren ergangenen Bescheides, auf die sie keinen oder nur geringen Einfluss haben.

5.) Die Grundsätze der Möglichkeit zur Fristverlängerung aus wichtigen Gründen sowie der Kenntnis der Partei von den drohenden Folgen der Versäumung der Frist, sind auch im vorliegenden Fall tragfähig. Wenn dem nach § 182 Abs 2 AußStrG einschreitenden Gerichtskommissär in analoger Anwendung anderer Rechtsvorschriften Kostenersatz in einem einfachen Kostenbestimmungsverfahren durch das Abhandlungsgericht (und nicht im Prozesswege) zugebilligt wird, dann muss auch der betroffenen Partei das Recht eingeräumt werden, von einem drohenden Fristablauf Kenntnis zu erlangen und darauf zu reagieren. Es kann nicht Sinn des Gesetzes sein, den Fristablauf nur aus dem Grundbuchsstand zu überprüfen, und die Herstellung der Grundbuchsordnung quasi "überfallsartig" vorzunehmen. Eine Anleitung, wie dies gehandhabt werden kann, bietet etwa § 28 Abs 1 und Abs 2 LiegTeilG. Eben diese Vorgehensweise ist geboten, um den Parteien, deren Verbücherungsanträge in einem Verfahren nach Rechtskraft der Einantwortung möglicherweise unmittelbar bevorstehen, nicht durch unnötige Zwischeneintragungen Kosten und Gebühren und damit einen Schaden zu verursachen. Ob die zu fordernde Rechtsbelehrung durch den vom § 182 Abs 2 AußStrG legitimierten Gerichtskommissär oder durch das Abhandlungsgericht zu erfolgen hat, muss hier nicht entschieden werden.

6.) Die dargelegten Grundsätze führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil die vom Gerichtskommissär eingehaltene Vorgangsweise aus der Aktenlage nicht erkennbar und demnach noch aufklärungswürdig ist.

Die Vorschreibung der Eintragungsgebühr erfolgt im Justizverwaltungswege und kann vom Rekursgericht mangels Zulässigkeit des Rechtsweges nicht geprüft werden.

Landesgericht Klagenfurt, Abteilung 1

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