1R358/09f – LG Klagenfurt Entscheidung
Kopf
1 R 358/09f
Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Joham (Vorsitz), Dr. Mikulan und Dr. Steflitsch in der Grundbuchssache des Antragstellers *****, vertreten durch Großmann Wagner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. in Klagenfurt, wegen Eintragung eines Wohnungsgebrauchsrechts in der Liegenschaft EZ ***** GB *****, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes St. Veit/Glan vom 11. November 2009, TZ 3343/09, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Text
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:
"Ob der Liegenschaft EZ ***** GB *****, Bezirksgericht *****, Eigentümer: *****, geb. am *****,
wird die Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts gemäß Punkt 3.) des vor dem Bezirksgericht Klagenfurt am 30. Juni 2009 zu 1 Fam 48/09x geschlossenen Vergleichs zugunsten *****, geboren am *****, bewilligt.
Hievon werden verständigt:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht geht im Grunde zutreffend davon aus, dass die nachfolgende Einverleibung eines Benützungsrechts (hier: Wohnungsgebrauchsrechts) dann unzulässig ist, wenn eine mögliche Kollision (hier: im Sinne einer räumlichen Gebrauchsüberschneidung) nicht ausgeschlossen ist (vgl. RIS-Justiz RS0016305), jedoch zulässig ist, wenn Mitbenützungsrechte nebeneinander bestehen können (vgl. 5 Ob 77/02p = immolex 2003/14, 23 = NZ 2003/560, 186 [Hoyer 188] = MietSlg 54.050). Es entspricht weiters - namentlich im Lichte des § 94 Abs 1 Z 3 GBG - ständiger Rechtsprechung, dass es dem Grundbuchsgericht verwehrt ist, eine undeutliche oder zu begründenden Zweifeln anlassgebende Urkunden auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunden erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel haben daher zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen (vgl. RIS-Justiz RS0060573). Auch § 32 Abs 1 lit a GBG normiert ein inhaltliches Erfordernis der Einverleibungsgrundlagen dahin, dass das von der Einverleibung betroffene Recht in der Grundbuchsurkunde so eindeutig und unmissverständlich bezeichnet werden muss, dass keinerlei Zweifel über den Inhalt der Erklärung aufkommen kann (vgl. RIS-Justiz RS0108861). Eine ergänzende oder gar vom Wortsinn der vorgelegten Grundbuchsurkunde abweichende Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen ist dem Grundbuchsrichter verwehrt. Das hindert ihn zwar nicht daran, aus Urkunden unmittelbare logische Schlussfolgerungen zu ziehen (5 Ob 115/92 = SZ 65/123 = NZ 1993, 180); in Spekulationen oder gar Beweisaufnahmen darüber, wie eine beurkundende Erklärung tatsächlich gewollt war, hat sich der Grundbuchsrichter aber nicht einzulassen. Diese Einschränkung der grundbuchsrichterlichen Kognitionsmöglichkeit und -befugnis gilt allerdings für jeden Aspekt der Prüfung eines Eintragungsbegehrens, also auch für die Wahrnehmung von Eintragungshindernissen (5 Ob 234/00y; 5 Ob 82/08g mwN). Im vorliegenden Fall bezieht sich das bereits intabulierte Wohnungsrecht ausschließlich auf Räumlichkeiten im Erd- und Dachgeschoss und auf einzelne Kellerabteile. Das zu intabulierende Wohnungsgebrauchsrecht bezieht sich nach dem Urkundeninhalt ausschließlich auf Räume im Tiefparterre samt der Mitbenützung des Vorgartens und einer Parkmöglichkeit sowie der Errichtung der Anschlussmöglichkeit eines WC im Kellerbereich, sodass eine mögliche räumliche Gebrauchsüberschneidung nicht vorliegt. Würde man aus dem Urkundeninhalt die Möglichkeit ableiten, dass sich die fraglichen Rechte auf dieselben Räume bezögen, würde dies einer Auslegung gleichkommen, die dem Wortlaut der vertraglichen Regelung widerspricht. Wenn also eine ergänzende oder gar vom Wortsinn der vorgelegten Grundbuchsurkunde abweichende Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen dem Grundbuchsrichter zum Zweck der Gesuchsbewilligung verwehrt ist, dann muss dies auch umgekehrt für das Wahrnehmen von Eintragungshindernissen gelten. Da daher zusammengefasst der maßgebliche Punkt 3.) des Vergleichs keinerlei Anhaltspunkte dafür liefert, das einzutragende Recht beziehe sich auf dieselben Räumlichkeiten wie das bereits intabulierte Wohnungsrecht, mithin ein Eintragungshindernis nicht zu erkennen ist, war dem Rekurs Folge zu geben und das Einverleibungsgesuch zu bewilligen. Im Hinblick auf das hier zu intabulierende Wohnungsrecht war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes jedenfalls € 30.000,-- übersteigt.
Erhebliche Rechtsfragen von der grundlegenden, über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG stellten sich mit der Rekursentscheidung nicht, weshalb der ordentliche Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zuzulassen war. Landesgericht Klagenfurt
als Rekursgericht