JudikaturLG Klagenfurt

3R380/07b – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
09. Januar 2007

Kopf

3 R 380/07 b

Spruch

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter HR Dr. Kurt Straschuschnig (Vorsitz), Dr. Gerard Kanduth und Dr. Hubert Müller in der Grundbuchssache der Antragstellerin ***** Gesellschaft m.b.H., *****, *****, vertreten durch Schuppich Sporn Winischhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** St. Veit an der Glan, über den Rekurs des *****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes St. Veit an der Glan vom 22. Oktober 2007, TZ 2996/07, den Beschluss

gefasst:

Text

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekursbeantwortung der Antragstellerin wird zurückgewiesen. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt € 20.000,--. Der ordentliche Revisionsrekurs nach § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG ist nicht zulässig.

Begründung:

Mit notariell bekräftigtem Sacheinlagevertrag vom 11. Juli 2005 brachten die Gesellschafter ***** Gesellschaft m.b.H., FN *****, ihre zu je ein Fünftel Eigentumsanteile ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** St. Veit an der Glan, als Sacheinlage in oben genannte Gesellschaft ein.

Ob dieser Liegenschaft ist unter C-LNr. 1 a je das Vorkaufsrecht für *****, eingetragen.

Mit dem am 20.09.2007 beim Erstgericht eingelangten Grundbuchsantrag begehrt die Antragstellerin unter Berufung auf den Sacheinlagevertrag vom 11. Juli 2005, der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes Klagenfurt vom 23. Februar 2006 und dem Firmenbuchauszug der Antragstellerin vom 18. September 2007, dass ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** St. Veit an der Glan die Einverleibung des Eigentumsrechtes zur Gänze für die ***** Gesellschaft m.b.H., FN *****, Ebentaler Straße 139, 9020 Klagenfurt, bewilligt werde. Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht diesen Grundbuchsantrag und verbücherte das Eigentumsrecht wie beantragt. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Vorkaufsberechtigten *****, mit dem erkennbaren Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die beantragte Grundbuchshandlung abgewiesen werde.

Die Antragstellerin erstattete eine Rekursbeantwortung. Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass das Rekursgericht grundsätzlich mangels anderer Anhaltspunkte davon ausgeht, dass im gegenständlichen Fall ein Vorkaufsrecht im Sinne des § 1072 ABGB ohne Vorliegen einer Verabredung gemäß § 1078 ABGB unter anderem zugunsten des Rekurswerbers verbüchert ist. Zusätzlich wird aber im folgenden auch auf die Konsequenzen bei Annahme einer Vereinbarung eines Vorkaufsrechtes im Sinne des § 1078 ABGB noch kurz eingegangen. Ist eine Sache mit einem Vorkaufsrecht im Sinn des § 1072 ABGB - wie im gegenständlichen Fall vorliegend - belastet, so bildet nach ständiger Rechtsprechung nur der Abschluss eines Kaufvertrags den Vorkaufsfall (SZ 71/60 ua). Diese Einschränkung ergibt sich nicht etwa terminologisch aus dem Wort "Vorkaufsrecht", sondern ist darauf zurückzuführen, dass beim Kauf typischerweise die Person des Käufers als solche und in Bezug auf die Gegenleistung gleichgültig ist. Ein Kauf setzt im Allgemeinen keine besonderen persönlichen (immateriellen) Beziehungen oder Gründe voraus. Die Leistung des Käufers besteht in Geld, kann also von jedermann vollkommen substituiert werden. Nach Lehre (Aicher in Rummel3, ABGB, § 1078 Rz 2) und Rechtsprechung (SZ 23/250; JBl 1966, 35; SZ 71/60) fällt daher unter anderem z. B. der Tausch nicht unter die das Vorkaufsrecht auslösende Veräußerungsarten. Hiezu bedürfte es einer Ausdehnung des Vorkaufsrechtes (kraft vertraglicher Vereinbarung/besonderer Verabredung) auf "andere Veräußerungsarten" im Sinn des § 1078 ABGB. Unter diese Bestimmung zählen Lehre und Rechtsprechung alle Geschäfte, die das endgültige Ausscheiden einer Sache aus dem Vermögen des einen und ihre Übertragung auf einen anderen bezwecken oder bewirken (Aicher in Rummel3, ABGB, § 1078 Rz 8; Faistenberger,

Das Vorkaufsrecht 109), und zwar auch Vertragstypen, bei denen sich aus dem Vertragsinhalt ergibt, dass die typischen Vertragszwecke aus der Sicht des Verpflichteten im besonderen Maß an der Person des Partners oder an der von ihm zu erbringenden individuellen Gegenleistung orientiert sind, der Veräußerung somit typischerweise immaterielle, an die Person des Erwerbers gebundene Motive zu Grunde liegen oder die typischerweise auf eine nicht substituierbare Gegenleistung gerichtet ist (SZ 70/50; SZ 71/60 ua). Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang auch bereits mehrfach ausgesprochen, neben dem Tausch und der Schenkung sei auch die Sacheinlage in eine Gesellschaft (vgl. auch Aicher in Rummel3, ABGB, § 1078 Rz 2 mwN; SZ 28/54) gegen Gewährung von Anteilsrechten als "andere Veräußerungsart" im Sinn des § 1078 ABGB zu werten. Dies deshalb, da der Verpflichtete bei der Sacheinlage durch den Vorkaufsberechtigten nicht das erhalten kann, was er durch das beabsichtigte Geschäft erhalten sollte (vgl. OGH in 1 Ob 66/01 i; 6 Ob 45/97 d).

Da wie oben gezeigt somit im gegenständlichen Fall mangels Vorliegens eines Kaufvertrages, wie von § 1072 ABGB gefordert, nicht der Vorkaufsfall eingetreten ist, war dem Rekurs der Erfolg zu versagen. Würde man nun annehmen, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein Vorkaufsrecht im Sinne des § 1078 ABGB handelt, wäre für den Rekurswerber aus folgenden Gründen auch nichts gewonnen. Die Ausdehnung des Vorkaufsrechtes auf "andere Veräußerungsarten" bedarf wegen dem Erfordernis einer gleichwertigen Gegenleistung einer besonderen Vereinbarung. Die Einlösung setzt voraus, dass der Einlösungspreis schon bei Einräumung des Vorkaufsrechtes bestimmt (oder bestimmbar) vereinbart wurde. Ist dies nicht der Fall und kann die vom Dritten gebotene Gegenleistung nicht durch einen Schätzwert ausgeglichen werden, kann der Berechtigte das (erweiterte) Vorkaufsrecht nicht ausüben (so z.B. bei Einbringung einer Liegenschaft als Sacheinlage in eine Gesellschaft) (vgl. auch Aicher in Rummel3, ABGB, § 1078 Rz 8; OGH in 6 Ob 45/97 d). Unter "Gegenleistungen, die sich durch einen Schätzwert nicht ausgleichen lassen" im Sinn des von der Lehre hier analog angewendeten § 1077 Satz 2 ABGB sind sowohl unschätzbare Leistungen erfasst, als auch schätzbare, die ohne Interessenverletzung des Vorkaufsverpflichteten nicht in Geld ausgleichbar sind (OGH in 6 Ob 45/97 d). Gegenstand der Sacheinlage ist im gegenständlichen Fall die Liegenschaft der Vorkaufsverpflichteten. Das Vermögen der GmbH wird durch die Liegenschaftseinbringung vermehrt. Die den Einbringenden gewährte Beteiligung an der GmbH ist somit Gegenleistung für die Einbringung der Liegenschaft. Mit dieser Gegenleistung sind nicht nur Mitgliedschaftsrechte, sondern auch Pflichten dem Unternehmen gegenüber verbunden. Die von den Vorkaufsverpflichteten beabsichtigte Maßnahme stellt daher nicht bloß einen Fall der Veräußerung von Vermögenswerten dar. Durch die Einbringung der Liegenschaft in die GmbH wird gerade nicht die Veräußerung der Liegenschaft an dritte Personen bezweckt, sondern vielmehr deren Erhalt im Bereich des eigenen Unternehmens. Die dafür vereinbarte Gegenleistung ist aufgrund ihrer individuellen Eigenart ohne Interessensverletzung der Vorkaufsverpflichteten nicht in Geld ausgleichbar und kann somit im Sinn des analog anzuwendenden § 1077 Satz 2 ABGB "durch einen Schätzwert nicht ausgeglichen werden" (vgl. auch Aicher in Rummel3, ABGB, § 1078 Rz 8; OGH in 6 Ob 45/97 d). Daran scheitert aber auch die Einlösung des Vorkaufsrechtes. Es bleibt in seinem Bestand unberührt, geht mit der Übertragung des Eigentumsrechts auf die GmbH über und kann ausgeübt werden, wenn diese ihrerseits verkauft (Aicher in Rummel3, ABGB, § 1073 Rz 7 und 12; § 1078 Rz 1 mwN). Somit wäre im gegenständlichen Fall auch unter Annahme einer Vereinbarung im Sinne des § 1078 ABGB samt vereinbarter Einlösesumme für den Rekurswerber nichts gewonnen, da die dafür erhaltene Gegenleistung nicht durch einen Schätzwert ausgeglichen werden kann, somit könnte ein allenfalls „erweitertes“ Vorkaufsrecht durch einen Schätzwert nicht ausgeglichen werden. Der Bestand des Vorkaufsrechtes bleibt aber jedenfalls erhalten.

Da das Rechtsmittelverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Grundbuchssachen einseitig ist (OGH in 5 Ob 602/89; 5 Ob 34/94; RIS-Justiz RS0116902), der Oberste Gerichtshof die Unvereinbarkeit der Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens in Grundbuchssachen mit Art 6 EMRK bereits ausdrücklich verneint hat (OGH in 5 Ob 205/03p; vgl. auch 5 Ob 55/06h mwN), und die Unzulässigkeit einer Rekursbeantwortung seit der Novellierung des § 124 GBG durch das AußStr-BegleitG auch gesetzlich verankert wurde, war die Rekursbeantwortung der Antragstellerin zurückzuweisen (OGH in 2 Ob 132/06k).

Bei der gemäß § 59 Abs 2 AußStrG (§ 126 Abs 1 GBG) vorzunehmenden Bewertung des Entscheidungsgegenstandes war unter Anwendung des § 60 Abs 2 JN (§ 59 Abs 3 AußStrG) und im Hinblick darauf, dass der einfache erhöhte Einheitswert der gegenständlichen Liegenschaft, welcher vom Gericht beim Finanzamt St. Veit an der Glan erhoben wurde, schon € 68.021,77 beträgt, auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes € 20.000,-- übersteigt.

Erhebliche Rechtsfragen von der grundlegenden, über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG (§ 126 Abs 2 GBG) stellen sich auch im Hinblick auf die zitierte oberstgerichtliche Rechtsprechung mit der Rekursentscheidung nicht, weshalb der ordentliche Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zuzulassen war.

Landesgericht Klagenfurt

als Rekursgericht

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