3R103/06s – LG Klagenfurt Entscheidung
Kopf
REPUBLIK ÖSTERREICH
Landesgericht Klagenfurt
3 R 103/06s
Spruch
Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter HR Dr. Kurt Straschuschnig (Vorsitz), Dr. Gerard Kanduth und Dr. Hubert Müller in der Exekutionssache der betreibenden Partei *****, vertreten durch Dr. Karl Rümmele und Dr. Birgit Breinbauer, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die verpflichtete Partei *****, wegen € 993,71 s. A., über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 10. Februar 2006, 7 E 3493/05i-7, den Beschluss
gefasst:
Text
Dem Rekurs, dessen Kosten die Rekurswerberin selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist gemäß §§ 528 Abs 2 Z 1 und 2 ZPO, 78 EO
jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Mit dem Beschluss des Erstgerichtes vom 10. 5. 2005, 7 E 1555/05i-2, wurde der Betreibenden aufgrund des rechtskräftigen Zahlungsbefehles des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 2. 3. 2005 zur Hereinbringung der Forderung von € 1.274,32 s. A. gegen die Verpflichtete die Forderungsexekution nach § 294 a EO bewilligt. Die Anfrage an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zum Stichtag 6. 5. 2005 ergab das Arbeitsmarktservice Spittal als möglichen Drittschuldner; diesem wurde die Exekutionsbewilligung am 12. 5. 2005 zugestellt.
Mit der elektronischen Eingabe vom 19. 10. 2005 begehrte die Betreibende, ihr zur Hereinbringung desselben Kapitalbetrages aufgrund des oben angeführten Zahlungsbefehls, der Kosten der Vorexekution sowie der Antragskosten gegen die Verpflichtete wiederum einleitend die Forderungsexekution nach § 294 a EO zu bewilligen. Dazu brachte sie vor, dass die Verpflichtete aus dem Leistungsbezug des AMS ausgeschieden sei.
Die Anfrage an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ergab mit Stichtag 24. 10. 2005 keine möglichen Drittschuldner.
Mit Beschluss vom 27. 10.2005 bewilligte das Erstgericht diese Forderungsexekution antragsgemäß und bestimmte die Antragskosten nach TP 2 mit € 172,34.
Mit der am 30. 1. 2006 eingelangten Eingabe stellte die Betreibende den Antrag auf neuerlichen Vollzug der bewilligten Forderungsexekution durch neuerliche Anfrage beim Sozialversicherungsträger. Diese Anfrage ergab mit Stichtag 1. 2. 2006 wiederum das AMS Spittal/Drau als möglichen Drittschuldner. Dieser teilte nach Zustellung der Exekutionsbewilligung mit, dass das ursprünglich mit der Vorexekution begründete Pfandrecht nach wie vor aufrecht sei.
Mit dem nun angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht das gegenständliche mit Beschluss vom 27. 10. 2005 bewilligte Exekutionsverfahren von Amts wegen gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO eingestellt. Es begründete seine Entscheidung damit, dass aufgrund eines Exekutionstitels zur Hereinbringung derselben Forderung gegen eine verpflichtete Partei nur eine Exekutionsbewilligung beantragt werden könne.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Betreibenden mit dem Antrag, diese Entscheidung ersatzlos zu beheben; allenfalls sie aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Der Rekurs erweist sich als nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wiederholt die betreibende Partei den Exekutionsantrag - selbst nach Ablauf der Sperrfrist von einem Jahr im Sinn des § 294 a EO - und stellt sich heraus, dass zur Hereinbringung derselben Forderung aus dem nämlichen Exekutionstitel die bereits gepfändete Forderung neuerlich gepfändet werden soll, ist der Exekutionsantrag zufolge Anhängigkeit einer gleichartigen Exekution zurückzuweisen (Grundsatz des "ne bis in idem"), zumal die EO-Novelle 1995 im § 294 a Abs 1 Z 2 EO zur Verfahrensvereinfachung die Möglichkeit geschaffen hat, die Drittschuldneranfrage bereits vor der Entscheidung über diesen Antrag durchzuführen. Die Rechtsfolge der Zurückweisung ergibt sich aus dem von der Judikatur zu § 3 EO entwickelten Grundsatz der Einheit der Exekutionsbewilligung, worauf das Erstgericht auch erkennbar Bezug nimmt (Jakusch in Angst, EO-Komm, Rz39 zu § 3; Heller-Berger-Stix, 163 f). Solange demnach eine aufgrund desselben Exekutionstitels bereits bewilligte Exekution noch anhängig ist, die Exekutionsbewilligung daher von Relevanz ist, darf zur Hereinbringung der gleichen Forderung eine gleichartige Exekution aus diesem Titel nicht bewilligt werden (RPflSlgE 1990/147; 1992/47 uva). Die Exekution gemäß § 294 a EO ist - auch nach deren Umwandlung zufolge Kanalisierung in eine gewöhnliche Forderungsexekution nach § 294 EO - bis zu ihrer Einstellung oder sonstigen Beendigung anhängig (Heller-Berger-Stix, 485). Da die Vorexekution 7 E 1555/05i nach der Aktenlage wieder eingestellt wurde, nicht zur (vollen) Befriedigung der betreibenden Gläubigerin geführt hat, blieb sie anhängig. Nach § 299 Abs 1 EO erstreckt sich das Pfandrecht, welches durch die Pfändung einer Gehaltsforderung erworben wird, auch im Fall einer Unterbrechung von nicht mehr als sechs Monaten auch auf die gegen denselben Drittschuldner nach der Unterbrechung entstehenden und fällig werdenden Forderungen. § 299 Abs 1 letzter Satz EO, wonach es auch als Unterbrechung gilt, wenn der Anspruch neuerlich geltend zu machen ist, stellt insbesondere auf Ansprüche auf Arbeitslosengeld ab, sodass damit klargestellt wird, dass das Pfandrecht auch dann erhalten bleibt, wenn ein Anspruch auf Arbeitslosengeld gepfändet wurde, der Verpflichtete diesen verliert, aber durch neuerliche Antragstellung innerhalb von sechs Monaten wieder einen solchen Anspruch erwirbt. Im Fall einer nicht mehr als sechsmonatigen Unterbrechung besteht somit der Pfandrang des betreibenden Gläubigers weiter; das "unterbrochene" Rechtsverhältnis ist so zu behandeln, als ob es durchgehend bestanden hätte. Hat es aber in diesem Sinn durchgehend bestanden, kommt wegen des vorhin erwähnten Grundsatzes "ne bis in idem" eine neuerliche (einleitende) Exekutionsbewilligung nicht in Betracht. Der gegenteiligen Ansicht des Landesgerichtes Eisenstadt (RPflSlgE 1996/106, der Oberhammer in Angst aaO Rz 4 zu § 299 folgt) und des Landesgerichtes für ZRS Wien (RPflSlgE 2002/39) kann nicht beigetreten werden, weil eine neuerliche Bewilligung der Exekution auf dasselbe Exekutionsobjekt zur Hereinbringung derselben Forderung mit dem genannten Grundsatz "ne bis in idem" in Widerspruch stünde.
Die (allfällige) Verständigung nach § 301 Abs 4 EO kann den betreibenden Gläubiger zwar nicht hindern, einen neuen (einleitenden) Antrag nach §294 a EO zu stellen, um gegebenenfalls einen Pfandrang bei einem neuen Drittschuldner zu erwirken. Allerdings trägt er im Sinn der obigen Ausführungen auch das Risiko eines allfälligen Wiederauflebens seines bereits seinerzeit erworbenen Pfandrechtes nach § 299 Abs 1 EO und der damit verbundenen Zurückweisung seines Antrages. Die Bewilligung des neuerlichen Exekutionsantrages bloß deswegen, weil der betreibende Gläubiger aufgrund der Verständigung nach § 301 Abs 4 EO über das Bezugsende allenfalls vermuten hätte können, der Verpflichtete habe in der Zwischenzeit weitere pfändbare Forderungen im Sinne des § 294 a EO erworben, steht nach Ansicht des Rekursgerichtes mit dem Gesetz nicht in Einklang. Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur EO-Novelle 2000 gehen selbst davon aus, dass die zweite Exekution einzustellen sei, sollte sich herausstellen, dass das vorige Arbeitsverhältnis weiter bestanden hat.
Im gegenständlichen Exekutionsverfahren hat die Anfrage an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ergeben, dass mit Stichtag 24. 10. 2005 keine möglichen Drittschuldner gespeichert sind. Wenn nun auch die Exekutionsbewilligung aufgrund dieser Auskunft gerechtfertigt erscheint, so widerspricht sie infolge der nicht mehr als sechsmonatigen Unterbrechung des Anspruches auf Entgeltbezug seitens des AMS und des daher nach wie vor aufrechten Pfandrechtes gemäß § 299 Abs 1 EO dennoch dem Grundsatz "ne bis in idem", sodass aufgrund dessen seitens des Erstgerichtes das Exekutionsverfahren zu Recht eingestellt wurde. Diese Einstellung ist auch richtigerweise nach § 39 Abs 1 Z 2 EO von Amts wegen erfolgt. Danach ist die Exekution einzustellen, wenn sie auf Forderungen geführt wird, die nach den geltenden Vorschriften der Exekution überhaupt entzogen sind. Dieser Tatbestand ist sinngemäß auf solche Fälle anzuwenden, in denen ein unzulässiges Exekutionsmittel in Anspruch genommen wird (Heller-Berger-Stix 503). Ein derartiger Anwendungsfall ist auch der Verstoß gegen den Grundsatz "ne bis in idem" (RPflSlgE 1992/47 ua).
Soweit die Rekurswerberin vermeint, dass mit dem Beschluss des Erstgerichtes auch die ihr mit der Exekutionsbewilligung zugesprochenen Kosten aberkannt worden seien, so ist dies nicht richtig, zumal diesbezüglich ein Beschluss im Sinne des § 75 EO notwendig wäre, der jedoch seitens des Erstgerichtes nicht erlassen wurde. Der in Rechtskraft erwachsene Kostentitel hinsichtlich der Exekutionsbewilligung wurde daher der Betreibenden mit dem gegenständlichen Beschluss nicht aberkannt.
Aus diesen Erwägungen erweist sich daher die Entscheidung des Erstgerichtes als richtig, sodass dem dagegen gerichteten Rekurs der Betreibenden ein Erfolg nicht beschieden sein konnte. Die Entscheidung über die Selbsttragung der Rekurskosten ergibt sich aus §§ 40 und 50 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO.
Landesgericht Klagenfurt
als Rekursgericht