4R52/12v – LG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch Hofrat Dr. Grössl als Vorsitzenden sowie Dr. Nigg und Dr. Weber als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei H*****GmbH***** , vertreten durch Roschek Biely Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, wider die beklagte Partei Niklas M***** , Lehrling, *****, vertreten durch Dr. G. Petzer, Dr. Marschitz, Dr. P. Petzer, Mag. Bodner, Rechtsanwälte in 6332 Kufstein, wegen EUR 2.522,-- s.A. über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: EUR 2.522,--) gegen das Urteil des Bezirksgerichts Rattenberg vom 28.11.2011, 1 C 477/11s-11, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird F o l g e gegeben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten hat:
Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 569,86 (darin enthalten EUR 51,97 USt und EUR 258,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Die Revision ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .
Text
Entscheidungsgründe:
Mit der am 12.7.2011 beim Bezirksgericht Rattenberg eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei Zahlung von EUR 2.522,-- samt 8% Zinsen an Lehrgangsgebühr aus dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Fernlehr vertrag, wobei sich der Klagsbetrag aus der gesamten Lehrgangsgebühr von EUR 2.484,-- zuzüglich EUR 38,-- an Mahnspesen einschließlich Gebühren für Meldeanfragen zusammensetze. Der Vertrag sei rechtswirksam zu Stande gekommen, weil der Beklagte innerhalb der Rücktrittsfrist keinen Rücktritt erklärt habe. Der Beklagte habe keine einzige Zahlung erbracht. Trotz Mahnung und Setzung einer 14-tägigen Nachfrist unter Hinweis auf den Eintritt des Terminverlusts für den Fall, dass der ausständige Saldo nicht bezahlt werde, habe der Beklagte keine Zahlungen geleistet. Daher sei Terminsverlust eingetreten und der gesamte Kosten beitrag werde zur Zahlung fällig.
Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte zusammengefasst ein, er habe keinen gültigen Ausbildungsvertrag mit der klagenden Partei geschlossen. Er sei zwar mittels Kontaktformular auf der Homepage der klagenden Partei an diese herangetreten, jedoch habe der Außendienstmitarbeiter Herr R***** den Beklagten mit dem Hinweis auf das jederzeitige Rücktrittsrecht dazu gedrängt, diesen Ausbildungsvertrag auszufüllen und zu unterfertigen. Es sei nie der Gesamtpreis des Kurses genannt worden. Der Beklagte habe sich in einem Irrtum darüber befunden, was er genau unterfertigt habe. Auch seien die allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei nie rechtsgültig vereinbart worden. Außerdem werde der Rücktritt nach dem Verbraucherkreditgesetz erklärt, weil das von der klagenden Partei vorgelegte Vertragsformular einen verbundenen Kreditvertrag darstelle und dieses Formular nicht den Voraussetzungen des Verbraucherkredit gesetzes entspreche.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung von EUR 2.522,-- samt 8% Zinsen seit 7.7.2011 verpflichtet.
Es legte seiner Entscheidung folgende entscheidungswesentliche Feststellungen zu Grunde:
„Die klagende Partei betreibt ein Fernlehrinstitut in ***** W*****. Dieses bietet Kurse mit Weiterbildungsmöglichkeiten in den verschiedensten Wissensgebieten an; die klagende Partei ist auch im Internet mit einer Homepage vertreten.
Der Beklagte ist Bäckerlehrling im dritten Lehrjahr. An den Wochenenden wohnt er bei seinen Eltern in Brandenberg, jedoch während der Arbeitswoche bei seinem Arbeitgeber in Scheffau. Außerhalb seiner Arbeitszeiten verbringt der Beklagte viel Zeit vor seinem Computer und surft viel im Internet. Dabei stieß er auf die Homepage der klagenden Partei und entdeckte dort den Kurs „Autor werden – Schreiben lernen“. Der Kurs wird zwar von der klagenden Partei auf ihrer Homepage beworben, jedoch fehlen sämtliche relevanten Informationen und Details, insbesondere die Kosten, über den Kurs.
Möchte man als Interessent mehr über diesen Kurs erfahren bzw Detail informationen erhalten, muss man ein Kontaktformular mit seinen persönlichen Daten Online ausfüllen und an die Klägerin abschicken. Der Beklagte hat das Kontakt formular auf der Homepage der Klägerin mit seinen persönlichen Daten ausgefüllt und am 7.11.2010 an die Klägerin gesendet. Der Beklagte gab den Lehrgang „Autor werden – Schreiben lernen“ mit der Lehrgangs-Nr A1009 an, seinen Vor- und Nachnamen, seine Handynummer, sein Geburtsdatum und die Adresse seine Arbeits stätte.
Aufgrund dieser Anfrage schickte die klagende Partei dem Beklagten einen Lehrplanauszug samt Studienhandbuch über die gesamten von ihr angebotenen Kurse an die vom Beklagten angegebene Adresse zu. In diesen finden sich ergänzende Informationen über den Kurs „Autor werden – Schreiben lernen“, insbesondere was beim Fernstudium zu beachten ist, wie das Fernlehrinstitut den Kursteilnehmern hilft, um ihr Ziel zu erreichen und wie sich der organisatorische Ablauf des Fernstudiums darstellt. Ebenso erhielt der Beklagte zusätzlich ein Begleit schreiben mit dem Namen, der Adresse und der Telefonnummer des zuständigen Außendienstmitarbeiters mit dem Hinweis zugesandt, dass sich dieser mit dem Beklagten in Verbindung setzen wird. …
Der Außendienstmitarbeiter der Klägerin, Herr R*****, versuchte telefonisch und schriftlich mit dem Beklagten bezüglich einer Terminvereinbarung Kontakt aufzunehmen. Nachdem er den Beklagten nicht erreichte, suchte er die Adresse auf, die der Beklagte bei seiner Online-Anfrage angegeben hat. Da es sich dabei um den früheren Arbeitsplatz des Beklagten gehandelt hat, dieser aber nicht mehr dort beschäftigt war, teilte der damalige Chef des Beklagten dem Außendienstmitarbeiter mit, wo der Beklagte nun tatsächlich arbeitet und gab ihm die Telefonnummer des Beklagten.
Daraufhin nahm der Außendienstmitarbeiter der klagenden Partei mit dem Beklagten telefonisch Kontakt auf und vereinbarte mit diesem einen Termin am 10.12.2010 in Wörgl. Das Beratungsgespräch wurde im Auto (Ford Galaxy) des Außendienstmitarbeiters durchgeführt. Das Gespräch hat ca 15 bis 20 Minuten gedauert.
Bei diesem Gespräch wurde der Beklagte über den Kurs „Autor werden – Schreiben lernen“ informiert. Dem Beklagten wurden die Lehrunterlagen zu diesem Fernlehrkurs gezeigt, in der Folge der gesamte Ablauf des Fernlehrkurses erklärt und der Aufbau dieses Kurses näher gebracht. Ebenso wurde ihm seitens des Außen dienstmitarbeiters mitgeteilt, dass laufend Übungen bzw Hausaufgaben zu machen und diese dann an das Fernlehrinstitut einzuschicken sind. Diese Hausaufgaben werden nach erfolgter Korrektur und Beurteilung durch die Mitarbeiter der H*****GmbH an die Kursteilnehmer zurückgeschickt. Der Teilnehmer hat also ohne besonderen Antrag Anspruch auf pädagogische Betreuung bis zur eineinhalbfachen Zeit der Lehrgangsdauer ohne Erhöhung der Lehrgangsgebühr. Für die Absolvierung dieses Kurses sind keine besonderen Kenntnisse erforderlich.
Der Außendienstmitarbeiter hat dann dem Beklagten drei Zahlungsvarianten vorgelegt. Demnach kann bei einem Fernlehrvertrag zwischen dem Zahlungsplan 1 (18 monatliche Raten zu je EUR 129,--) und 2 (27 monatliche Raten zu je EUR 92,--) oder einer Gesamtzahlung gewählt werden. Dem Beklagten wurde seitens des Außendienstmitarbeiters mitgeteilt, dass der Gesamtpreis des Kurses ca. EUR 2.500,-- betragen wird, jedoch interessierte sich der Beklagte aufgrund seiner geringen Lehrlingsentschädigung nur für die zwei Zahlungspläne. Würde man die Gesamtzahlung als mögliche Zahlungsform wählen, wird ein fix bestimmter Prozentsatz in Abzug gebracht. Bei Kursen mit einer Lehrgangsdauer bis 15 Monate erfolgt ein Abzug von 5% und ab einer Kursdauer von 18 Monaten 10%. Des weiteren wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass er bei positivem Abschluss des Kurses einen Förderungsbeitrag in der Höhe von EUR 160,-- von der klagenden Partei zurückerstattet erhält. Sodann wurde der Beklagte auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Rückseite des Vertrags hingewiesen und wurden diese Bedingungen näher besprochen.
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen lauten unter anderem wie folgt:
„Gemäß den Bestimmungen des § 3 Abs 1 KSchG kann der Teilnehmer innerhalb einer Woche ab dem Datum seiner Unterschrift und gleichzeitiger Ausfolgung des Vertragsdurchschlags vom abgeschlossenen Vertrag zurücktreten. Das H***** verlängert diese einwöchige, gesetzliche Rücktrittsfrist freiwillig auf 10 Tage, um den Teilnehmern noch größere Sicherheit zu geben. Mit der Unterschrift und Übergabe des Originals an den Berater kommt der Fernlehrvertrag zu Stande. Die Rücktrittsfrist beginnt ab diesem Zeitpunkt zu laufen. …
Die H*****-Lehrgangsgebühren sind so knapp kalkuliert und die Gebührengarantie ist so weitreichend, dass das H***** auf pünktliche Bezahlung der vereinbarten monatlichen Gebühren Wert legen muss. Vereinbart wird daher, dass das H***** bei Zahlungsverzug des Teilnehmers, dh, wenn dieser seinen Zahlungsverpflichtungen vier Wochen lang nicht nachgekommen ist, berechtigt wird, 8% Verzugszinsen ab Fälligkeit sowie die Mahnspesen von pauschal EUR 19,-- in Rechnung zu stellen. Darüber hinaus ist der Teilnehmer verpflichtet, die zweckentsprechenden und der Höhe nach festgelegten Kosten (BGBl 141/196 idgF) eines Inkassobüros zu ersetzen. Im Verzugsfall ist das H***** berechtigt, die Auslieferung von weiterem Lehrmaterial bzw Erbringung von pädagogischer Betreuung, von der Zahlung des Rückstands abhängig zu machen.
Ist der Teilnehmer mit zwei fälligen Monatsbeiträgen mehr als 6 Wochen in Rückstand und erfolgt nach einer weiteren Nachfristsetzung von 2 Wochen keine Zahlung, wird der gesamte offene Restbetrag fällig (Terminsverlust).“
Da der Beklagte sich an diesem Kurs sehr interessiert gezeigt hat, hat der Außendienstmitarbeiter den Fernlehrvertrag (Beilage A) zusammen mit dem Beklagten ausgefüllt, insbesondere die Personalien des Beklagten, die Lehrgangs bezeichnung samt Lehrgangsnummer sowie Angaben zur bisherigen Ausbildung des Beklagten bzw die Anschrift des aktuellen Arbeitgebers.
Dieser Fernlehrvertrag samt den allgemeinen Geschäftsbedingungen wurde sodann vom Beklagten unterfertigt. Aufgrund seiner niedrigen Lehrlingsentschädigung hat sich der Beklagte für den Zahlungsplan 2 mit den 27 monatlichen Raten zu je EUR 92,-- entschieden. Nach Vertragsunterfertigung wurde dem Beklagten eine Ausfertigung des Vertrags samt den darauf befindlichen allgemeinen Geschäfts bedingungen übergeben.
Aufgrund des abgeschlossenen Fernlehrvertrags sandte die klagende Partei dem Beklagten Kursunterlagen nach Hause zu, die vom Beklagten durchgearbeitet werden hätten müssen. Die darin enthaltenen Hausaufgaben hätte dieser ebenso bearbeiten müssen und dann an die klagende Partei einschicken sollen. Dies hat der Beklagte aber nicht getan.
Um weitere Kursunterlagen seitens der klagenden Partei zu erhalten, hätte der Beklagte diese bei der klagenden Partei mittels einer beiliegenden Anforderungskarte anfordern müssen. Dies hat der Beklagte ebenso nicht getan, weil er die ersten Unterlagen nicht durchgearbeitet hat und den Kurs abbrechen wollte. Er hat sich jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mit der klagenden Partei in Verbindung gesetzt.
Der Beklagte hat die vereinbarten Ratenzahlungen in der Höhe von monatlich EUR 92,-- nicht eingehalten. Er hat keine Zahlungen an die klagende Partei geleistet. Der Beklagte bekam daraufhin eine von der klagenden Partei zugestellte Mahnung, diese konnte aber nicht zugestellt werden, weil der Beklagte seine Adresse geändert hat und dies der Klägerin nicht bekannt gab. Eine weitere Mahnung wurde dem Beklagten nach erfolgreicher Meldeanfrage vom Klagsvertreter an einem nicht näher feststellbaren Tag im Mai 2011 zugestellt. In diesem Mahnschreiben des Klagsvertreters wurde der Beklagte darüber informiert, dass er sich mit zwei fälligen Monatsraten länger als 6 Wochen im Rückstand befindet und dass ihm zur Bezahlung der rückständigen Beträge eine Nachfrist von 14 Tagen gesetzt wird. Sollte dieser Rückstand von ihm nicht binnen der Nachfrist überwiesen werden, tritt Terminsverlust ein und wird der gesamte Kursbeitrag fällig. Daraufhin setzte sich der Beklagte am 23.5.2011 telefonisch mit der klagenden Partei in Verbindung und ersuchte um Stornierung des Vertrags, woraufhin ihm seitens der klagenden Partei mitgeteilt wurde, dass dies nicht mehr möglich sei. Er hat sodann in der Buchhaltung der klagenden Partei die Mitteilung hinterlassen, dass er den gesamten aushaftenden Betrag nicht begleichen kann, dies nur in Raten möglich ist und er deshalb einen Dauerauftrag für die Bezahlung der Raten einrichten wird. Der Beklagte hat aber sodann auch keine wie immer geartete Zahlung geleistet. Aufgrund dessen brachte die klagende Partei die Klage ein.“
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass es sich beim Vertrag auf Erteilung von Fernunterricht um einen Vertrag sui generis handle. Bei Abschluss dieses Vertrags würden die klagende Partei Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten treffen. Diesen Pflichten sei die klagende Partei nachgekommen, sodass der Beklagte gewusst habe, welchen Vertrag und zu welchen Bedingungen er diesen mit der klagenden Partei abgeschlossen habe. Die klagende Partei habe den Beklagten über den Vertrag auch nicht in Irrtum geführt, weil sich der Beklagte bewusst gewesen sei, was er unterfertigt habe und er auch ausreichend über den Vertrag aufgeklärt worden sei. Der erklärte Rücktritt nach den §§ 12, 13 VKrG sei nicht gerechtfertigt, weil es sich nicht um einen verbundenen Kreditvertrag handle. Vielmehr würde es sich um einen Zahlungsaufschub gemäß § 25 VKrG handeln, jedoch falle der Fernlehrvertrag unter die ausgenommenen Verträge des § 25 VKrG. Deshalb sei das Klagebegehren berechtigt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Berufung des Beklagten aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die erstgerichtliche Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung abzuändern.
In der rechtzeitigen Berufungsbeantwortung beantragt die klagende Partei, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist berechtigt .
Der Berufungswerber führt aus, gemäß § 13 VKrG sei ein verbundener Kredit vertrag ein Vertrag, der ganz oder teilweise der Finanzierung eines Vertrags über die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung diene und womit der finanzierte Vertrag objektiv betrachtet eine wirtschaftliche Einheit bilde. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen spreche die gesetzliche Vermutung des § 13 Abs 1 Z 2 lit a VKrG, weil Kreditgeber und Dienstleistungserbringer dieselben Vertragspartner seien. Dem Beklagten stehe daher das Rücktrittsrecht gemäß § 12 VKrG zu, weil sich aus dem Sachverhalt ergebe, dass ihm die verpflichtenden Informationen des § 9 VKrG niemals zugegangen seien. Aber selbst wenn man die Anwendbarkeit des § 13 VKrG verneinen würde, würde ein entgeltlicher Zahlungsaufschub gemäß § 25 VKrG vorliegen und aufgrund dieser Bestimmung der Rücktritt möglich sein. Der vorliegende Vertrag sei entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht ausgenommen. Ausgenommen sei ein Vertrag nur dann, wenn es sich um Verträge über die wieder kehrende Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Waren gleicher Art handle, bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung oder Lieferung Teilzahlungen für diese Dienstleistungen oder Waren leiste. Dies könnte nur der Fall sein, wenn der Verbraucher die Zahlungsvariante von 18 Monatsraten gewählt habe. Bei einer Kursdauer von 18 Monaten und einer Zahlungsdauer von 27 Monaten könne jedoch nicht von Zahlungen für die Dauer der Erbringung der Dienstleistung gesprochen werden. Auch aus diesem Grund sei daher der Rücktritt des Beklagten gerechtfertigt.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Am 11.6.2010 ist das Bundesgesetz über Verbraucherkreditverträge und andere Formen der Kreditierung zugunsten von Verbrauchern (Verbraucherkreditgesetz – VKrG) in Kraft getreten. Es ist gemäß § 29 Abs 2 VKrG grundsätzlich nur auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 10.6.2010 geschlossen bzw gewährt werden. Wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat, ist das VKrG daher auf den vorliegenden, am 10.12.2010 abgeschlossenen, Vertrag anzuwenden.
Gemäß § 13 Abs 1 VKrG ist ein verbundener Kreditvertrag ein Kreditvertrag, der ganz oder teilweise der Finanzierung eines Vertrags über die Lieferung bestimmter Waren oder die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung dient, und mit dem finanzierten Vertrag objektiv betrachtet eine wirtschaftliche Einheit bildet. Gemäß § 13 Abs 1 Z 2 lit a VKrG ist von einer wirtschaftlichen Einheit insbesondere dann auszugehen, wenn der Kredit dem Verbraucher vom Warenlieferanten oder Dienstleistungserbringer selbst gewährt wird.
Der österreichische Gesetzgeber hat mit § 13 VKrG in Umsetzung des Art 15 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge (VerbraucherkreditRL) den Versuch unternommen, für die unterschiedlichen Fragenkreise um die Wechselbeziehung zwischen einem Warenlieferungs- oder Dienstleistungsvertrag und einem dazu konnexen Kreditvertrag eine möglichst eindeutige Rechtsgrundlage zu bieten. § 13 VKrG tritt an die Stelle des bisherigen § 18 und § 26c KSchG ( Stabentheiner , Das Verbraucherkreditgesetz: Gestaltungsrechte und Informationspflichten während des Kreditverhältnisses; verbundene Verträge, ÖJZ 2010/69, 639).
§ 13 VKrG beruht auf der Erwägung, dass ein Schutzregime, das nur die Kreditierung isoliert in den Blick nimmt und sich darauf beschränkt, häufig ebenso zu kurz greift wie umgekehrt die bloße Konzentration auf ein Verbrauchergeschäft zum Erwerb von Waren oder der Erlangung von Dienstleistungen. Die Zurverfügung stellung von Geldmitteln (Finanzierung) und der Kauf- oder Dienstleistungsvertrag, für den diese Geldmittel benötigt werden (das finanzierte Geschäft) sind oft so miteinander verwoben, dass ein den Verbraucher nur auf einer dieser beiden zusammengehörigen Seiten begünstigendes Regime für ihn nur wenig Nutzen bringt ( Stabentheiner , ÖJZ 2010/69, 638).
Der finanzierte Vertrag muss nach dem Wortlaut des § 13 Abs 1 Z 1 VKrG ein solcher über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen sein. Dabei ist zu beachten, dass die Begriffe „Ware“ und „Dienstleistung“ richtlinienkonform und damit im europäischen Sinn auszulegen sind ( Wendehorst in Zöchling-Jud/ Wendehorst , VKrG § 13 Rz 10). Bei den meisten klassischen Zweifelsfällen, etwa der Lieferung von Gas, Wasser und Elektrizität oder auch von Software, kann die Einordnung im Ergebnis offen bleiben: Sollten diese Gegenstände doch nicht als Waren zu qualifizieren sein, wäre ihre Bereitstellung doch jedenfalls eine Dienst leistung und damit wieder eindeutig erfasst ( Wendehorst in Zöchling-Jud/Wendehorst , VKrG § 13 Rz 10). Der vom Beklagten mit der klagenden Partei abgeschlossene Fernlehrvertrag ist damit unzweifelhaft als ein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen zu qualifizieren.
§ 13 VKrG setzt weiters das Vorliegen eines Kreditvertrags (mit einem Gesamtbetrag von zumindest EUR 200,--, vgl § 4 Abs 1 VKrG) an dem ein Unternehmer als Kreditgeber und ein Verbraucher als Kreditnehmer beteiligt sind (§ 2 Abs 3 VKrG), voraus, der ganz oder teilweise der Finanzierung eines Vertrags über die Lieferung bestimmter Waren oder die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung dient. Nach § 988 ABGB heißt der entgeltliche Darlehensvertrag über Geld Kreditvertrag (vgl auch § 2 Abs 3 VKrG). In § 4 Abs 2 VKrG werden bestimmte Kreditverträge ausgenommen, die jedoch im vorliegenden Fall nicht relevant sind.
Die klagende Partei ist als GmbH jedenfalls Unternehmerin (vgl § 2 UGB), der Beklagte ist unstrittig Verbraucher. „Entgeltlichkeit“ liegt grundsätzlich dann vor, wenn die Höhe des vom Verbraucher zu zahlenden Gesamtbetrags danach differenziert, ob der Verbraucher den Betrag bei gesetzlicher Fälligkeit zur Gänze bezahlt oder ob die Zahlung (teilweise) später erfolgt (RV 650 BlgNr 24. GP 33; Stabentheiner , Das Verbraucherkreditgesetz: EU-Vorgaben, Geltungsbereich, vorvertragliche Information, Bonitätsprüfung, Vertragsdokument, ÖJZ 2010/59, 535). Nach den Materialien ist allerdings ein handelsübliches Skonto außer Acht zu lassen; ein möglicher Skontoabzug bei früherer Bezahlung soll also nicht zur Entgeltlichkeit einer vereinbarungsgemäß später zulässigen Bezahlung führen (RV 650 BlgNr 24. GP 33). Dagegen wurde eingewendet, dass das Skonto – sozusagen auf den Kopf gestellt – das Nichtanfallen der Entgelte für die Inanspruchnahme eines an sich möglichen Zahlungsaufschubs darstellen und daher grundsätzlich schon als entgeltlicher Zahlungsaufschub qualifiziert werden könnte ( Stabentheiner , Das Verbraucherkreditgesetz: Andere Kreditierungsformen; Leasing; ergänzende Regelungen ÖJZ 2010/79, 746). Jedoch sei nach dieser Auffassung ein Vertrag mit handelsüblicher Skontoeinräumung deshalb nicht vom VKrG erfasst, weil die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 2 Z 1 VKrG regelmäßig eingreifen würde. Nach Zöchling-Jud sei nach dem (hypothetischen) Parteiwillen zu differenzieren. Ein Vertrag mit Skontogewährung falle nur dann in den Anwendungsbereich des VKrG, wenn in der Ermöglichung der späteren Bezahlung nach dem Parteiwillen ein Kreditierungs element liege und nicht nur umgekehrt das Skonto deshalb gewährt werde, weil sich der Unternehmer bei sofortiger Bezahlung verschiedene Verwaltungskosten erspare. Damit werde ein handelsübliches Skonto tatsächlich in der Regel außer Betracht zu bleiben haben ( Zöchling-Jud in Zöchling-Jud/Wendehorst , VKrG § 25 Rz 8).
Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der exakte Gesamtpreis des Kurses nicht bekannt ist. Das Erstgericht hat lediglich festgestellt, dem Beklagten wurde seitens des Außendienstmitarbeiters der klagenden Partei mitgeteilt, dass der Gesamtpreis des Kurses ca EUR 2.500,-- betragen wird. Für die Gesamtzahlung hat sich der Beklagte jedoch von vorne hinein nicht interessiert, weil er nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügte. Ein dem Beklagten angebotener „Zahlungsplan 1“ hätte ihn zur Zahlung von 18 monatlichen Raten zu je EUR 129,--, also insgesamt zur Leistung eines Betrags von EUR 2.322,-- verpflichtet. Der darüber hinaus dem Beklagten angebotene „Zahlungsplan 2“ sah 27 monatliche Raten zu je EUR 92,-- vor, was eine Gesamtsumme von EUR 2.484,-- ausmacht. Nach den Feststellungen kam für den Beklagten aufgrund seiner niedrigen Lehrlingsent schädigung nur der Zahlungsplan 2 in Betracht. Zwischen dem Gesamtentgelt des Zahlungsplans 1 und jenem des Zahlungsplans 2 liegt eine Differenz von EUR 162,--, was in etwa zwischen 5% und 6% der Gesamtsumme ausmacht. Auch zielte die verlängerte Zahlungsmöglichkeit des Zahlungsplans 2 allein darauf ab, es dem Beklagten zu ermöglichen, den Fernlehrvertrag abzuschließen. Aufgrund seiner geringen Lehrlingsentschädigung wären nämlich die beiden anderen Varianten (Gesamtzahlung und Zahlungsplan 1) nicht in Betracht gekommen. Der Zahlungsplan 2 ist daher als Kreditierung im Sinn des § 13 VKrG zu werten.
Zuletzt setzt die Anwendung des § 13 VKrG voraus, dass der Vertrag über die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung mit dem finanzierten Vertrag objektiv betrachtet eine wirtschaftliche Einheit bildet. Ob zwischen Kreditvertrag und finanziertem Vertrag eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, ist daher allein nach objektiven Kriterien zu ermitteln. Wie die Formulierung „insbesondere“ deutlich macht, haben dabei die in lit a bis lit d angeführten Varianten nur die Bedeutung von Regel beispielen und ist es durchaus denkbar, im Einzelfall eine wirtschaftliche Einheit anzunehmen, obgleich der Tatbestand keines der Regelbeispiele im vollen Umfang erfüllt ist (RV 650 BlgNr 24. GP 23). Die hM ist mit den Gesetzesmaterialien der Ansicht, dass umgekehrt auch die volle Erfüllung des Tatbestands eines der Regelbeispiele lediglich die widerlegliche Vermutung für eine wirtschaftliche Einheit begründen soll ( Stabentheiner , ÖJZ 2010/69, 640; Stabentheiner/Dimmel , ÖBA 2009, 708; Wendehorst in Zöchling-Jud/Wendehorst , VKrG § 13 Rz 19; RV 650 BlgNr 24. GP 23). Selbst wenn man von einer widerleglichen Vermutung ausgeht, ist im vorliegenden Fall von einer wirtschaftlichen Einheit zwischen dem Fernlehrvertrag und dem Kreditvertrag auszugehen, weil der Erbringer der finanzierten Dienstleistung und der Kreditgeber personenidentisch sind (die klagende Partei) und keine Umstände vorliegen, die gegen die Vermutung der wirtschaftlichen Einheit sprechen.
Nun enthält das VKrG in § 25 Regelungen zum „entgeltlichen Zahlungsaufschub“, wobei im Wesentlichen auf die Regelungen des 2. Abschnitts des VKrG verwiesen wird. Diese ergänzende Bestimmung ist deshalb notwendig, weil nach der Begriffsdefinition des § 2 Abs 3 VKrG unter einem Kreditvertrag „nur“ das entgeltliche Gelddarlehen zu verstehen ist, während die VerbraucherkreditRL den Kreditvertrag in Art 3 lit c weiter definiert und der „Zahlungsaufschub“ schon per definitionem davon umfasst ist. Nun stellt sich die Frage nach dem Unterschied eines „verbundenen Kreditvertrags“ nach § 13 VkrG und eines „Zahlungsaufschubs“ nach § 25 VkrG, was insofern von Bedeutung ist, als gemäß § 25 Abs 1 zweiter Satz ABGB bestimmte Verträge von § 25 VkrG ausgenommen sind, nicht jedoch von § 13 VKrG.
Nach Wendehorst besteht der Unterschied zwischen der Konstellation des § 13 Abs 1 Z 2 lit a VkrG und dem Zahlungsaufschub gemäß § 25 VKrG darin, dass der Unternehmer mit dem Verbraucher beim verbundenen Geschäft zwei Verträge abschließt, beim Zahlungsaufschub hingegen nur ein Vertrag vorliegt ( Wendehorst in Zöchling-Jud/Wendehorst , VKrG § 13 Rz 20; dieselbe , ecolex 2010, Einwendungsdurchgriff, 529 (531); ihr folgend Zöchling-Jud in Zöchling-Jud/Wendehorst , VKrG § 25 Rz 16).
Auch wenn diese Differenzierung den erkennenden Senat nicht überzeugt (es erscheint wenig sachgerecht, dass der Unternehmer in den „Genuss“ der Ausnahmebestimmungen des § 25 Abs 1 zweiter Satz ABGB allein deshalb kommt, weil er formal einen Vertrag schließt), kann diese Beantwortung dieser Frage im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil auch die Voraussetzungen des § 25 VKrG gegeben sind.
Unter Zahlungsaufschub wird das vertragliche Hinausschieben der Fälligkeit oder der Durchsetzbarkeit der gegen den Verbraucher gerichteten (Geld-)Forderung zu seinen Gunsten durch Vereinbarung eines vom dispositiven Recht abweichenden Fälligkeitszeitpunkts oder Modifikation sonstiger dispositiver Leistungsmodalitäten, verbunden mit der Begründung einer Vorausleistungspflicht des Unternehmers oder der Abbedingung einer gesetzlichen Vorausleistungspflicht des Verbrauchers verstanden ( Zöchling-Jud in Zöchling-Jud/Wendehorst , VKrG § 25 Rz 9; Dehn , Die neue Verbraucherkredit-Richtlinie: Geltungsbereich - Umsetzungsoptionen – Sanktionen, ÖBA 2009, 185 (187)). Auch der Zahlungsaufschub muss „entgeltlich“ sein. Wenn man im vorliegenden Fall mit Wendehorst aufgrund der Tatsache, dass nur „ein“ Vertrag vorliegt, einen verbundenen Kreditvertrag nach § 13 Abs 1 VkrG verneint, liegt aber jedenfalls ein entgeltlicher Zahlungsaufschub gemäß § 25 VkrG vor.
Allerdings sind vom Anwendungsbereich des § 25 VKrG Teilzahlungsverträge über wiederkehrende Leistungen ausgenommen, weil solche Verträge von einem Leistungs- und Gegenleistungsakt bestimmt sind, diesen aber keine Kreditierungsfunktion zukommt ( Dehn , ÖBA 2009, 187; Stabentheiner , ÖJZ 2010/79, 747). Voraussetzung ist aber, dass der Verbraucher für die Dauer der Erbringung oder Lieferung Teilzahlungen für diese Dienstleistungen oder Waren leistet. Nach Zöchling-Jud (in Zöchling-Jud/Wendehorst , VKrG § 25 Rz 20) sind davon – abhängig von der konkreten Gestaltung – Verträge mit Fitness- und Sportstudios oder Verträge über Fernlehrgänge erfasst.
Nun weist aber der Berufungswerber zutreffend darauf hin, dass die Lehrgangsdauer 18 Monate, der „Zahlungsplan“ hingegen 27 Monate beträgt, so dass nicht davon gesprochen werden kann, dass der Verbraucher für die Dauer der Erbringung der Dienstleistung Teilzahlungen leistet. Dass die „Korrekturdauer“ 27 Monate beträgt ist irrelevant, weil die bloße Korrektur allein nicht „die Dienstleistung“ darstellt.
Zusammengefasst ist daher in der Gewährung der 27 monatlichen Raten á EUR 92,-- an den Beklagten zumindest ein Zahlungsaufschub gemäß § 25 VKrG zu sehen, sodass die Bestimmungen des zweiten Abschnitts über Verbraucherkredit verträge und damit insbesondere das Rücktrittsrecht des Verbrauchers nach § 12 VKrG anzuwenden sind.
Gemäß § 12 Abs 1 VKrG kann der Verbraucher von einem Kreditvertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten. Die Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts beginnt mit dem Tag, an dem der Kreditvertrag abgeschlossen wurde. Erhält der Verbraucher die Vertragsbedingungen und die Informationen gemäß § 9 VKrG erst später, so beginnt die Frist mit diesem Tag. Bei fehlender oder mangelhafter Belehrung über das Rücktrittsrecht wird daher die Rücktrittsfrist nicht in Gang gesetzt und kann daher auch nicht ablaufen. Dies gilt auch, wenn wesentliche Punkte, deren Kenntnis die Entscheidung des Verbrauchers über die Ausübung oder Nichtausübung des Rücktrittsrechts potentiell beeinflussen kann, fehlen ( Wendehorst in Zöchling-Jud/Wendehorst , VKrG § 12 Rz 10).
Im vorliegenden Fall wurde der Beklagte von der klagenden Partei nicht entsprechend über das Rücktrittsrecht gemäß § 12 VKrG belehrt. Da der Beklagte die Informationen im Sinn des § 9 VkrG (zB über den Gesamtkreditbetrag, den Sollzinssatz, den effektive Jahreszins) bisher nicht erhalten hat, hat auch die Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts noch nicht zu laufen begonnen.
Der Beklagte hat im vorbereitenden Schriftsatz vom 9.9.2011 – und damit fristgerecht – den Rücktritt vom Vertrag erklärt, so dass der klägerische Anspruch nicht zu Recht besteht. Das Klagebegehren war daher abzuweisen.
Die Änderung der Entscheidung in der Hauptsache bewirkt auch eine Änderung der Kostenentscheidung des Verfahrens erster Instanz. Diese gründet sich auf §§ 41, 54 Abs 1a ZPO. Die klagende Partei hat dem Beklagten seine rechtzeitig und richtig verzeichneten Kosten zu ersetzen.
Die Entscheidung im Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte hat seine Kosten rechtzeitig, jedoch nicht richtig verzeichnet. In Berufungs verfahren, in denen § 501 Abs 1 ZPO anzuwenden ist, gebührt nicht der dreifache, sondern lediglich der einfache Einheitssatz (§ 23 Abs 10 RATG).
Die Revision ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.