JudikaturLG für ZRS Wien

48R334/15w – LG für ZRS Wien Entscheidung

Entscheidung
04. April 2016

Kopf

Das Landesgericht für ZRS Wien als Rekursgericht fasst durch die Richterinnen VPräs. Dr. Beatrix Engelmann als Vorsitzende sowie Dr. Christine Marka und Mag. Ulf Marschner in der Außerstreitssache nach § 1 Notwegegesetz des Antragstellers W***** G*****, *****, *****, vertreten durch Dr. Günter Niebauer, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner 1. E*****K*****, und 2. W***** K***** , *****, *****, beide vertreten durch Gruner Pohle, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kosten, infolge der Rekurse des Antragstellers und der Antragsgegner gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 24. September 2015, 1 Nc 115/13g-89, den

B e s c h l u s s :

Spruch

Der Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 26.1.2016, 48 R 334/15w, wird dahingehend ergänzt, dass er insgesamt lautet:

" 1. Dem Rekurs der Antragsgegner wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegner haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Antragsteller hat die Kosten seiner Rechtsmittelgegenschrift ebenfalls selbst zu tragen.

2. Dem Rekurs des Antragstellers wird Folge gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahingehend abgeändert, dass sie lautet:

'Der Antragsteller ist schuldig, den Antragsgegnern deren mit € 2.020,65 bestimmte Kosten des Verfahrens (darin enthalten € 331,64 USt und € 43,40 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.'

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig."

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 26.1.2016 wurde zu 48 R 334/1 5w lediglich über den Rekurs der Antragsgegner abgesprochen; die Entscheidung über den Rekurs des Antragstellers war nunmehr nachzuholen und die Rekursentscheidung entsprechend zu ergänzen.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht nach Zurückziehung des Antrages auf Einräumung eines Notwegerechtes die Kosten der Antragsgegner mit € 6.619,50 und trug dem Antragsteller deren Ersatz auf.

Der Rekurswerber bringt vor, das Erstgericht hätte seiner Kostenentscheidung als Bemessungsgrundlage nicht den vom Antragsgegner im Schriftsatz vom 10.9.2013 angeführten Betrag von € 8.720, sondern, mangels Bewertung des Verfahrensgegenstandes durch den Antragsteller, den Zweifelsstreitwert nach § 14 lit c RATG in Höhe von € 730 zugrunde legen müssen. Daraus ergebe sich ein Kostenzuspruch an die Antragsgegner in der Höhe von lediglich € 2.020,65.

Die Antragsgegner beteiligten sich nicht am Rekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Den Ausführungen des Rekurswerbers ist beizupflichten:

Das Verfahren über die Einräumung von Notwegen ist im Allgemeinen nach den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes abzuführen (§ 9 Abs 3 NWG).

Gemäß § 4 RATG richtet sich die Bemessungsgrundlage im außerstreitigen Verfahren, wenn der Gegenstand - wie hier - nicht aus einer Geldleistung besteht, nach dem Wert, den die Partei in ihrem Antrag als Wert des Verfahrensgegenstands bezeichnet hat (3 Ob 23/10v). Wird die Bewertung im Antrag unterlassen, ist der Zweifelsstreitwert des § 14 lit c RATG (€ 730) maßgeblich.

Nach § 7 Abs 1 RATG kann der Beklagte im streitigen Verfahren die Bewertung des Streitgegenstands, wenn er sie durch den Kläger zu hoch oder zu niedrig findet, spätestens bei der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung bemängeln. Auch die Nichtbewertung kann bemängelt werden, liegt doch auch darin eine - mittelbare - Bewertung (EFSlg 120.882; Obermaier , Kostenhandbuch² Rz 606 mwN). Die Bemängelung der Bewertung des Verfahrensgegenstandes im außerstreitigen Verfahren erfolgt laut ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 7 Abs 1 2. Satz RATG) durch eine unterschiedliche "Bezeichnung des Werts des Verfahrenswertgegenstandes".

Mangels einer Einigung der Parteien hat das Gericht - möglichst ohne weitere Erhebungen und ohne die Erledigung wesentlich zu verzögern oder Kosten zu verursachen - die Bewertung des Verfahrensgegenstandes für die Anwendung des RATG im Rahmen der von den Parteien behaupteten Beträge zu bewerten (LGZ Wien 42 R 530/12w unter Verweis auf § 7 Abs 2 RATG). Dieser Beschluss kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden.

Wie bereits erwähnt, ist im Streitverfahren eine Bemängelung der Bewertung spätestens bei der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung vorzunehmen (§ 7 Abs 1 RATG). Für das Außerstreitverfahren enthält der Gesetzestext keine Anordnung. In einem außerstreitigen Zweiparteienverfahren wie dem vorliegenden, in dem die Parteien von Beginn an anwaltlich vertreten sind, besteht auf Grund der vergleichbaren Interessenlagen kein Anlass, von dem für das streitige Verfahren festgelegten Zeitpunkt der Streitwertbemängelung abzugehen (7 Ob 143/12y = RIS-Justiz RS0128579). Auch hier liegt es im Interesse der Rechtssicherheit, so früh wie möglich den Verfahrenswert zu klären, um den Parteien zu ermöglichen, das Kostenrisiko abzuschätzen (vgl auch Obermaier in ÖJZ 2014/166).

Im gegebenen Fall haben die Antragsgegner in ihrem zwei Tage vor der ersten Verhandlung eingebrachten Schriftsatz vom 10.9.2013 (ON 6) auf dessen letzter Seite als Bemessungsgrundlage für die für den Schriftsatz verzeichneten Kosten den Betrag von € 8.720 angeführt. Entscheidend ist, ob dies einer "Bezeichnung des Wertes des Verfahrensgegenstandes" iSd § 7 Abs 1 RAT entspricht.

Unter "Bezeichnung" ist nichts anderes zu verstehen als eine Bewertung (vgl ErläutRV zum Wohn-AußStrG zu § 7 RATG, abgedruckt in Obermaier, Kostenhandbuch² S 334, wo die Begriffe "bezeichnen" und "bewerten" synonym verwendet werden). Eine "Bezeichnung des Werts des Verfahrensgegenstandes" ist daher die Bekanntgabe der

Höhe des Interesses am Streitgegenstand ( Fasching, Lehrbuch2 Rz 265). Während der Beklagte im streitigen Verfahren das vom Kläger angegebene klägerische Interesse bemängelt, und darzulegen hat, warum der Wert dem Interesse des Klägers nicht entsprechen solle (Obermaier aaO Rz 606), gibt die andere Partei im außerstreitigen Verfahren, wenn sie die Bewertung des Antragstellers nicht teilt, die Höhe ihres eigenen Interesses am Verfahrensgegenstand bekannt; dieses muss sie nicht näher begründen ( Obermaier aaO Rz 704). Obermaier folgt daraus, dass diese Bekanntgabe auch

formlos erfolgen könne (

ÖJZ 2013/21). Werde daher zB im Kopf eines Schreibens einer anderen Partei ein anderer Verfahrenswert angegeben, so liege bereits eine wirksame Bekanntgabe des Interesses am Verfahrensgegenstand vor (Kostenhandbuch² Rz 704 unter Verweis auf die ErläutRV). Das soll seiner Auffassung zufolge auch für das Legen der Kostennote gelten, wenn dort eine andere Bemessungsgrundlage angegeben wird (aaO; ders in ÖJZ 2012/84). In seinem Erkenntnis 7 Ob 143/12y führte der Oberste Gerichtshof aus, dass die bloße Anführung eines Tarifsatzes ohne Hinweis auf die zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage einer Streitwertbemängelung im Außerstreitverfahren nicht genüge, da eine solche Vorgehensweise keine zwingenden Rückschlüsse auf eine gewählte Bemessungsgrundlage zulasse. Das deutet darauf hin, dass der Oberste Gerichtshof bereits die Angabe der Bemessungsgrundlage in einer Eingabe (zB auf Beischaffung eines Aktes) als wirksame Bekanntgabe des Interesses am Verfahrensgegenstand iSd § 7 Abs 1 leg cit ansehen will. Dem vermag sich der erkennende Rekurssenat nicht anzuschließen.

Zwar betrifft die durch die Bezeichnung des Werts des Verfahrensgegenstandes angestrebte Änderung desselben nach § 7 RATG nur die Bemessungsgrundlage für das Anwaltshonorar, weshalb sie thematisch durchaus in das Kostenverzeichnis passt; andererseits ist zu beachten, dass es sich um eine Bekanntgabe, also eine Mitteilung vor allem an das Gericht über eine divergierende Bewertung handelt, die - mangels Einigung der Parteien - die Entscheidungspflicht des Gerichts nach § 7 Abs 2 RATG auslöst. Auch wenn die Bekanntgabe gemäß § 7 Abs 1 im Außerstreitverfahren wohl keiner Begründung bedarf, liegt ihr Zweck doch in der Mitteilung. Dieser Zweck wird verfehlt, wollte man bereits das Anführen einer anderen Bemessungsgrundlage im Kostenverzeichnis einer Eingabe als Bekanntgabe eines (vom Antragsteller) divergierenden Interesses am Verfahrensgegenstand iSd § 7 Abs 1 leg cit werten. In diesem Zusammenhang ist aufzuzeigen, dass die "Rügepflicht" im Außerstreitverfahren nach dem Gesetzestext nicht befristet ist (vgl dazu auch die ErläutRV). Wäre das Anführen im Kostenverzeichnis ausreichend, müsste das Gericht im Falle, dass noch keine Einigung bzw Entscheidung über den Wert des Verfahrensgegenstandes erfolgt ist, in jeder Eingabe der anderen Partei(en) das Kostenverzeichnis auf eine abweichende Bemessungsgrundlage prüfen, was insbesondere in Mehrparteienverfahren bzw in Verfahren, in denen Parteien erst sukzessive diesem beitreten, zu einer vollkommen unübersichtlichen Situation führt, womit der Zweck des § 7 Abs 1 RATG, nämlich eine Bemessungsgrundlage durch Einigung bzw durch Gerichtsentscheid herbeizuführen, vereitelt würde.

Nach Ansicht des erkennenden Rekurssenates fordert der Zweck der abweichenden Bezeichnung des Werts des Verfahrensgegenstandes nach § 7 Abs 1 RATG, nämlich das Gericht - mangels einer Einigung der Parteien - aufzufordern eine Entscheidung zu fällen (Abs 2), dass auf die abweichende Bewertung entweder ausdrücklich hingewiesen wird, oder diese jedenfalls für das Gericht eindeutig erkennbar ist. Die Angabe einer (anderen) Bemessungsgrundlage im Kostenverzeichnis erfüllt dieses Kriterium nach Auffassung des Rekurssenates nicht.

Da die Antragsgegner den abweichenden Wert des Verfahrensgegenstandes nicht in dem oben aufgezeigten Sinne (ausreichend) bezeichnet haben, ist der Kostenentscheidung - mangels Bewertung durch den Antragsteller - der Zweifelsstreitwert des § 14 RATG zugrunde zu legen, der sich in Rechtssachen vor dem Bezirksgericht auf € 730 beläuft.

Davon ausgehend war die Kostenentscheidung des Erstgerichts entsprechend dem Antrag des Rekurswerbers abzuändern.

Da der Eigentümer des notleidenden Grundstücks im Verfahren über die Einräumung oder Erweiterung von Notwegen zufolge § 25 NWG niemals Kosten beanspruchen kann, hat er die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen (vgl Obermaier aaO Rz 823; RIS-Justiz RS0071335).

Gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

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