46R246/11h – LG für ZRS Wien Entscheidung
Kopf
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat als Rekursgericht durch Dr. Streller als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Schaumberger und die Richterin Mag. Rossmeisel in der Exekutionssache der betreibenden Partei U***** , *****, vertreten durch Dr. Ludwig Draxler Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Christian Z***** , *****,wegen € 101.902,71 s.A. über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 27.4.2011, 19 E 1600/11y-3, den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:
„Aufgrund des vollstreckbaren Versäumungsurteiles des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 8.2.2011, 15 Cg 124/10f, mit Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 15.3.2011, wird der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung einer Forderung von € 101.902,71 samt 18,25% Zinsen p.a. aus € 3.514,61 seit 15.2.2010 und 8,125% Zinsen p.a. aus € 98.388,10 seit 4.3.2010, der Kosten von € 4.374,64 samt 4% Zinsen p.a. seit 8.2.2011, sowie der Kosten des Exekutionsantrages von € 1.298,36
die Exekution durch Pfändung und Verkauf der beweglichen körperlichen Sachen aller Art, die sich in Gewahrsam des Verpflichteten befinden, und Pfändung und Überweisung zur Einziehung der in § 296 EO angeführten Papiere bewilligt, sowie
die Exekution durch Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten gegen den vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger bekannt zu gebenden Drittschuldner angeblich zustehenden Geldforderungen, soweit diese den unpfändbaren Freibetrag des § 291a EO übersteigen, mit der Beschränkung bewilligt, dass dem Verpflichteten der sich aus § 291b EO bei der Exekution wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche ergebende Teil des unpfändbaren Freibetrags verbleiben muss. Die unpfändbaren Beträge sind aus der im Internet auf der Seite
www.justiz.gv.at abrufbaren Informationsbroschüre für Arbeitgeber als Drittschuldner ersichtlich.
Den Drittschuldnern wird aufgetragen, sich binnen vier Wochen gemäß § 301 EO zu äußern.
Den Drittschuldnern wird verboten, aus dem gepfändeten Arbeitseinkommen an die verpflichtete Partei Zahlungen zu leisten.
Der verpflichteten Partei wird jede Verfügung über das gepfändete Arbeitseinkommen (die gepfändete Forderung) und insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung untersagt.
Mit der Zustellung ist die bewilligte Pfändung als bewirkt anzusehen und zu Gunsten der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei ein Pfandrecht erworben.
Als Exekutionsgericht hat das Bezirksgericht Leopoldstadt einzuschreiten.“
Die Rekurskosten der betreibenden Partei werden mit € 2.452,90 (darin € 297,15 USt und € 670,-- Pauschalgebühren) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
B e g r ü n d u n g :
Mit nicht im ERV eingebrachtem Antrag begehrte die betreibende Partei wider den Verpflichteten die Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution zur Hereinbringung von € 101.902,71 s.A. aus dem vollstreckbaren Versäumungsurteil des LG für ZRS Wien vom 8.2.2011, 15 Cg 124/10f.
Mit Beschluss vom 1.4.2011, ON 2, stellte das Erstgericht den Exekutionsantrag urschriftlich zur Verbesserung durch Einbringung im ERV zurück. Zugleich sprach es aus, dass der Exekutionstitel, der mit dem Antrag vorgelegt worden war und dem Verbesserungsauftrag zurückgestellt wurde, bereits überprüft worden sei und dem Akt entnommen werden könne.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Exekutionsantrag nach neuerlicher Antragsübermittlung durch die betreibende Partei zurück. Eine ordnungsgemäße Verbesserung sei nicht erfolgt, weil der Antrag nicht neu im ERV, sondern lediglich als Folgeeingabe nach Einscannen des zurückgestellten Schriftsatzes eingebracht worden sei.
Dagegen richtet sich der Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Bewilligung der Exekution abzuändern. In eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Rekurswerberin brachte u.a. vor, dass wegen der Höhe der betriebenen Forderung die Bestimmungen des vereinfachten Bewilligungsverfahrens nicht anzuwenden seien. Daher sei dem Exekutionsantrag eine Ausfertigung des Exekutionstitels beizulegen gewesen, sodass eine elektronische Antragstellung von vorne herein nicht in Frage gekommen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Gemäß § 89c Abs 5 GOG sind Eingaben und im Original vorzulegende Beilagen im Grundbuchs- oder Firmenbuchverfahren, welche elektronisch eingebracht werden dürfen, von Rechtsanwälten und Notaren nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten im elektronischen Rechtsverkehr einzubringen.
Gemäß § 54 Abs 2 EO ist dem Exekutionsantrag eine Ausfertigung des Exekutionstitels samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit anzuschließen. Dies bedeutet, dass der Exekutionstitel in Urschrift (Ausfertigung) vorzulegen ist; die Vorlage bloß einer wenn auch beglaubigten Ablichtung reicht nicht aus (Jakusch in Angst, EO², Rz 51 zu § 54 mwN).
Eine Ausnahme von der Verpflichtung der Vorlage einer Ausfertigung des Titels besteht lediglich im vereinfachten Bewilligungsverfahren (§ 54 Abs 2 Z 2 EO). Dessen Anwendung kommt gegenständlich aber nicht in Frage, weil die betriebene Forderung € 50.000,-- übersteigt (§ 54b Abs 1 Z 2 EO).
Somit ist klargestellt, dass die betreibende Partei gegenständlich verpflichtet war, mit dem Exekuktionsantrag eine Original-Ausfertigung des Titels vorzulegen. Dies bedeutet aber, dass eine aus § 89c Abs 5 GOG allfällig abzuleitende Verpflichtung zur elektronischen Einbringung nicht zur Anwendung kommt, weil nach dem Wortlaut dieser Bestimmung im Original vorzulegende Beilagen nur im Grundbuchs- oder Firmenbuchverfahren per ERV einzubringen sind. Der Exekutionsantrag wurde daher schon ursprünglich richtig eingebracht.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass der vom Erstgericht zitierten Entscheidung des LG Innsbruck offenbar ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren zugrunde lag.
Der angefochtene Beschluss war im Sinne einer Bewilligung der begehrten Exekution abzuändern.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 74 EO.
Der Ausspruch zur Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses folgt aus den §§ 78 EO iVm 528 Abs 1 ZPO. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne der zuletzt zitierten Bestimmung war nicht zu lösen.